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Die Achatnen Kugeln
Die Achatnen Kugeln
Die Achatnen Kugeln
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Die Achatnen Kugeln

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About this ebook

"Die Achatnen Kugeln" von Kasimir Edschmid. Veröffentlicht von Good Press. Good Press ist Herausgeber einer breiten Büchervielfalt mit Titeln jeden Genres. Von bekannten Klassikern, Belletristik und Sachbüchern bis hin zu in Vergessenheit geratenen bzw. noch unentdeckten Werken der grenzüberschreitenden Literatur, bringen wir Bücher heraus, die man gelesen haben muss. Jede eBook-Ausgabe von Good Press wurde sorgfältig bearbeitet und formatiert, um das Leseerlebnis für alle eReader und Geräte zu verbessern. Unser Ziel ist es, benutzerfreundliche eBooks auf den Markt zu bringen, die für jeden in hochwertigem digitalem Format zugänglich sind.
LanguageDeutsch
PublisherGood Press
Release dateApr 26, 2021
ISBN4064066116415
Die Achatnen Kugeln

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    Die Achatnen Kugeln - Kasimir Edschmid

    Kasimir Edschmid

    Die Achatnen Kugeln

    Veröffentlicht im Good Press Verlag, 2022

    goodpress@okpublishing.info

    EAN 4064066116415

    Inhaltsverzeichnis

    Vorspiel

    Der erste Abschnitt

    Der zweite Abschnitt

    Der dritte Abschnitt

    Der vierte Abschnitt

    Der fünfte Abschnitt

    Vorspiel

    Inhaltsverzeichnis

    Nun stiegen sie schon die zweite Stufenreihe hinunter. Immer sahen sie auf der anderen Seite die schwarzen Schatten, die sich wie sie selbst bewegten.

    Die Wasser rauschten langsam. Als sie die dritte Terrasse erreichten, kehrten sie um nach der anderen Seite, die schwarzen Schatten schwenkten und traten auf sie zu. Da kam aus dem See unten ein silberner Strahl, er glühte auf, Licht strömte die Neigung der Rasenterrasse herauf.

    Das Schloß über ihnen schlug eine Mondflamme in den Himmel.

    Zwei Herren traten zur Seite, die anderen bogen Halbkreise um die Gegner, die die Mäntel abwarfen und in weißen Samthosen, die Brust offen unter dem Hemd, sich gegenüberstanden. Ein flüsterndes Signal überklirrte das Metall. Aus dem dunklen Laubgang stöhnte ein Vogel. Ein Mann fiel um, den Säbel in der Gurgel, die Augen nach oben gebrochen.

    Der andere warf sich aufs Knie. Schob mit dem Daumen die Lider des Liegenden probend herunter, sie schnellten wieder über die gläserne Pupille zurück und hefteten sich auf den Knauf des Degens, der ihn durch die Kehle auf das Rasenbeet kreuzigte. Da stand der andere auf, schüttelte die Haare. Das war vorbei.

    Er sah sich um, empfand atmend die helle Nacht, die mächtig gewölbt war.

    „Mein Herr ..." sagte der Sekundant des Gegners. Er deutete mit lockerem Handgelenk auf den Toten.

    Der Marquis neigte den Kopf nach ihm. Was ihn erfüllte, verschwand. Die steife Gebärde des Todes löschte die Wut des Abenteuers. Er sah auf, die Seele nicht mehr zusammengezogen. Wie schien der Mond feurig und entflammte purpurrot die Zweige.

    „Zaudern Sie nicht — flüsterte der Sekundant, „sofort zu begreifen, daß Sie im königlichen Garten sind. Jetzt noch zu leben, heißt nur bedingt und halb ein Lebender zu sein.

    Vaudreuil trat mit einer Verbeugung zurück. Ein spöttisches Lächeln kniff in seinen abwesenden Mund. Dann kam der Laubengang. Das Dunkel der Nacht saß darin, unaufgescheucht vom Licht. Die weißen Hermen glommen aus der blauen Dämmerung. Nun paradierte ihn die Wache.

    Die Rondells mit den Fontänen waren beinahe rot, und die Tritone schäumten vor sich hin. Auf den Seiten verschwammen die Alleen flaumiger Dämmerung. Eine quecksilberne Säule stand das Schloß aufgerichtet neben ihm. Zwischen dem Schwung von zwei Koniferenästen zog sich der ganze Garten noch einmal zusammen. Dicht über dem tiefen Wasserspiegel am Ende der gesenkten Terrassen hing riesenhaft der Mond.

    Im runden Ausschnitt der Tanne hing eine Spiegelung, wie aus Silber eine metallene Platte.

    Nächte voll Schwärmerei und Lichtern hoben sich über dem Park, zogen rasch vorüber. Zuckende Frauenleiber sträubten sich vor ihm auf. Ein großer Ritt, der ihn mit Ruhm behängte, glitt durch die Luft, sein Bein hing blutend in der Bügelung. Ehrgeizige Spiele, sehr erleuchtete gläserne Säle ... Teile des Gartens dampften, brachen auf, Nischen entlaubten sich, Gänge warden ohne Dunkel. Gab es nicht eine Frau?

    Eine Frau, ohne Geheimnis am Körper, verlogenen reizlosen Hirnes, ohne Leidenschaft der Erfindung, gut für Lakaien. Dennoch schlug er sich heut um ihre roten Haare. Dies ist das Dasein. Er lächelte, als ob er die weiße Zofe in den Flieder herunterpfiff oder die Pikardin berührte, die bleich durch eine Laube in der Parkecke auf ihn wartete.

    Das Bild brach ab.

    Aus allen Bosketts flossen Blumenrüche. Eine Nachtigall jagte einen süßen wilden Schrei schlaftrunken ins Gebüsch.

    Er sah ohne den Schleier der Spiegelung in den Park. Die Grimasse des Totengesichts, von seinem stählernen Witzwort in der Gurgel gefaßt, stak am Boden, bläkte ihn an. Das Schicksal riß durch sein Herz. Waren diese Terrassen nicht verbraucht bis zum Irrsinn, entblättert die Lauben beim dritten Knie schon, das er darin geöffnet. Blieb ohne die Erregung des eigenen Blutes, das sein Feuer zu fremden Abenteuern sich schuf, nichts übrig wie nackte Enttäuschung, schon oft Gelebtes, sinnlos Wiederholtes. Er zog den Degen an sich, fror am Eisen. Da sah der Marquis hinuntergleiten in den See, was ihn ausgefüllt hatte die Jahre. Die Herren, mit denen er soff und spielte und sich schlug, Damen daneben und Hunde, die an ihren Knieen wehmütig zitterten und leicht mit dem Kopf nickend ihn verließen. Dann trat das alles schon nicht mehr ihm zugehörig von der Neigung der letzten Rasenfälle in Berührung mit dem Wasser. Der Mond nahm es auf und bog es aus dem Park. Der Marquis sah zu, raffte sich auf, ohne Zorn, ohne Reue.

    Als er sich aber umbog, überfiel ihn alles, und er krümmte sich vor Schmerz über den Abschied, so sehr hing sein Herz an der Erde, auch wenn sie verbraucht war.

    Angst kam auf ihn, wenn er bleibe, daß er, eingekerkert in steinerne Mauern, keine Sonne mehr sehe. Wie liebte er die Freiheit.

    Er machte zwei große Schritte, reckte sich steif, hoch, das Gesicht in Ruhe, ging überlegen und sicher .... wankte und zog den Mantel über den Kopf und weinte. „Nicht weinen Vaudreuil, rief er sein Herz an, stieß den Degen fluchend auf den Boden, biß in den Mantel, zerrte an dem Tuch, „was weinst du, Affe ... Allein er konnte seinen Schmerz nicht kränken und schluchzte, als er, den Seitenflügel umschreitend, den großen Empfangshof betrat, der unter seinen Schritten leise aufscholl. Er blieb da stehen. Kein Garten stand mehr vor ihm. Das große Gebäude verdeckte ihm den Mond. Er hatte noch nie Abschied genommen.

    In der Kehle ein Zittern riß ihm den Schmerz bis zu den Zehen. Dies flimmernde Weiß an den Rändern des Schlosses, die Pflastersteine, die der Mond blau schlug ... er wollte sich daran halten, sein Herz klammerte sich an das Licht, an die Luft. Sie hielt nicht.

    Lautlos, taumelnd ging er zum Tor. In weißen Samthosen, die Brust frei unter dem zerrauften Hemd. Die Wache trat vor, grüßte und grinste. Ein Soldat sprang in seinen Schatten und bog den Bauch in Verrenkungen hin und her. Sie hielten ihn für betrunken.

    In der Dämmerung rannten die Pferde nach der Küste. Das zweite trug den Diener, das dritte Gepäck, Geldrollen, Hemden, Waffen.

    Die Stirnen der Gäule wandten sich im Kreis, zuerst gegen Havre zur Täuschung, dann ganz herum gedreht nach Dieppe. Paris fiel zurück unberührt. Dann warfen sie die Gäule nach Westen, schoben eine südliche große Linie nach Rochelle. Als sie bogen, flammte die Sonne über Versailles. Tief im Süden sahen sie, rastend in einem Dorf, fern das Sommerschloß des Marquis. Er ritt davon weg. Dann von eigenwilligen Dämonen getrieben, ging die Fahrt im Zickzack. Eine Erhebung hinauf, schräg herunter ... nach einer schweren Stunde waren sie wieder auf dem Hügel von der anderen Richtung her. Baptiste sagte kein Wort und folgte. Gegen Mittag fluchte der Marquis, sie jagten um einen See. Durch Schilf, über Wiesen mit Rehböcken, die spielten, ging es stundenlang. Baptiste zog die Riemen der Ledertaschen auf und zu. Am Mittag brachen sie aus Weidenunterholz und waren wieder an dem See. Der Marquis ließ die Gäule saufen, ritt rechts in ein Tal, sprang plötzlich wild über einen Gießbach und jagte zurück, an dem See vorbei in die Landschaft der Küste. Gegen Abend lahmte das Pferd. Baptiste stieg ab, massierte das Bein. Der Marquis stieg auf. Er ritt zweimal im Kreis, dann jagte er in den eigenen Spuren zurück. Gegen Abend kamen sie an den Hügel, später durch das Dorf. Die Sonne ging unter. Links lag das Sommerschloß. Sie ritten direkt darauf zu. Sanft stiegen über die Mauern die hellen Bogen der Springbrunnen. Aus der einstöckigen Front schimmerten die vielen bis zum Boden gesenkten Fenster. Die Kieswege, angelegt für die Zärtlichkeit von Frauenschenkeln, lagen träumerisch im Schein des südlichen Abends. Der Marquis ließ Baptiste vorreiten. Er ritt in den Bügeln stehend, die Mauer war hoch. Sie hielten nicht an, sprengten am Ende die Mauer wieder zurück, dann hatte der Marquis ein Messer verloren. Sie fanden es nicht. Sie ritten hinunter, dann in die Nacht, die anfing. Die Pferde liefen wie die Teufel.

    Das Meer kam, vom Wind geschlagen. Nebel klatschten graue Wellen über die Küste. Der Segler lag weit draußen und löste die Anker. Matrosen warfen die Mantelsäcke in die Barke, griffen zu den Rudern. Vaudreuil sprang hinein. Der Steuermann stieß das eine Bein gegen den Pflock, sah auf. Oben stand Baptiste. Der Marquis erbleichte. Der Diener stand schlaff. Dann trat er einen Schritt zurück.

    „Zwölf Jahre waren Sie bei mir ... hielt ich Sie nicht wie einen Pagen ...?"

    Der Marquis stand aufgerichtet im Boot, das schwankte unter krachenden Wellen. Aber der Diener ballte die Faust, wies auf das Meer, das sich dunkel donnernd zusammenballte! „Bin ich ein Hund, daß Sie mich mitreißen auch da hinaus ... zwölf Jahre habe ich Bügel gehalten, vor Frauenhäusern gelauert ...", er röchelte und verzerrte sein Gesicht vor Haß.

    Da stieg dem Marquis das Grauenvolle des Abschieds bitter in die Kehle wie kein Schmerz. Einen Augenblick hob er wie bittend die Hand. Als er von diesem letzten schlechten Stück sich riß, versagte sein Herz, daß er es demütigte. Er bat eine Sekunde. Dann warf der Wind ihm die Haare über das Gesicht.

    „Bleiben Sie ruhig, sagte er, „behalten Sie die Pferde. Gehen Sie zurück nach Versailles. Er schrie, denn die Flut machte die Luft voll unruhigem Geräusch. Das Boot schoß los, sauste eine grüne Welle hinunter. Der Marquis nickte vom Rücken der nächsten dem Diener zu.

    Der Segler rollte auf hohen Wellen. Der Marquis sah zurück. Auf dem erhöhten Hügel der Mole lag Baptiste, das Gesicht stumm gegen den Herrn gerichtet, der ihn verließ. Nebel kamen, verwirrten. Lösten sich und immer brach sein Bild, auf den Knieen, die Arme verkreuzt, durch den Wasserstaub.

    „Wie feig er ist, sagte der Marquis, „und doch wie groß seine Sehnsucht. Da begann Baptiste zu schreien, als die Barke an den Segler rollte, die Arme in die Luft zu stoßen, sein Haß und das Schmierige stritten mit dem guten Gefühl. Vaudreuil litt mit dem Niederen. Aber er empfand seine Stärke mehr zu leiden mit schmerzlichster Beschwingung. Die Tiefe der Erschütterung gab ihm ungeahnte Kraft.

    Taue klatschten aufs Wasser. Dreimal schoß eine breite Woge zwischen die Fregatte und sie, teilte sie. Dann faßte Vaudreuil die Schlinge. Wie ein Affe erkletterte er das Verdeck. Matrosenhände erfaßten seine nasse Taille, schoben ihn herein. Das Schiff hatte sich weiß beflaggt, bog sich und rauschte. Er sah die Küste nicht mehr. Möven lagen auf den Wellenspitzen. Dann kamen Tage, wo die Sonne nur da war, der Himmel sich seidig zusammenzog. Er sog den Geruch des Meeres ein, schaute auf das Spielen von Welle mit Welle, der letzte Strich des Horizontes gab seinem Gefühl die ruhig sich schaukelnde Sicherheit der Ruhe und des Glückes.

    Am fünften Tag wurden die Segel gerefft, ein Sturm legte die Fregatte auf die andere Seite, stieß ein Leck in den Speicher. Seekrank lag Vaudreuil auf einem Haufen Taue in seiner Kabine. Sein Magen spie über Bett und Tisch. Sein Geist litt unter der Beschmutzung seiner Kleider. Sein kraftloser Körper, den nur einmal in Barbizon nach einer ausschweifenden Woche mit Lilotte, der Tänzerin des Dauphin, ein Purgier mit Schweiß befreite, litt unter der Ohnmacht und stemmte sich mit Wut dagegen. Aber die Dauer des Zustandes führte ihn in die Überwindung. Ohne Zorn fand er sich darein, daß seine Kabine stank wie ein Stall, daß er tagelang kotzte. Als er geduldig ward, befreiten ihn helle Tage. Die Angel lag auf dem spiegeligen Wasser. Matrosen saßen in den Takelungen. Mit weiß knatternden Spitzen schlug das Meer gegen den blau aufbrechenden Horizont. Er fing Germanen, köpfte sie, warf die Körper den Kabeljaus zum Fressen hinunter, briet die Köpfe. Nie aß er früher so weißes Fleisch. Erfinderisch geworden in der Ruhe, erfand er neue Speisen. Er röstete Flossen, briet Herzen. Der Tag ward ihm phantastisch, spielend überwand er die Melancholie der Abende.

    Das Schiff wendete. Die Segel klatschten, standen dick voll Wind. Matrosen liefen mit Haken und Büchsen nach Backbord. Da stand am Horizont ein Schiff in der Form saletanischer Piraten, das braune Segelzeug schoß scharf drachenhoch vor dem Gelb. Der Kapitän schrie. Aus den Verstauräumen kamen Kanonen angeschleppt, die sonst das Gleichgewicht des Schiffs gegen den Wind stärkten. Da brauste es aus dem Sprachrohr des Drachenschiffs: „Vila".

    Da begannen die Matrosen zu grinsen, einer sang. Sie zogen die Hemden aus und winkten in ihren bronzenen Brüsten hell zwischen den Leinen und dem blühenden Himmel. Denn das Schiff war gascognisch. Vaudreuil blies die Backen auf und ging hin und her den Abend.

    Zwischen zwei Felsen fuhren sie in den St. Lorenz. Die Wände standen wie Pyramiden. Schwärme langgehalster Vögel hoben sich, zogen endlose Spiralen immer höher und schrieen. Morgens booteten sie aus nach Quibek. Vaudreuil ging sofort zum Fort. Die Straße war kotig. Mit schmutzigen Schuhen und Strümpfen kam er, nach Tang riechend, an die Palisaden und nannte seinen Namen.

    Abends erschien der Kommandant zum Bankett. Er hatte den ganzen Mittag die Finger seiner Hände hin und zurück gezählt, um nicht sofort hinzulaufen. Jedoch der Drang seiner Würde war größer als seine Neugier. Auf Vaudreuils anderer Seite saß der Bischof in violettblauer Sutane. Ihre Fragen umzingelten ihn, faßten ihn von immer neuen Seiten. Sie schlürften jedes Wort. Der Geruch Europas war noch an ihm. Sie hielten sich gerade, aßen mit Bewegungen, die ihren Namen entsprachen, wenn auch ihre Stoffe derb waren, ihre Schuhe aus Rindsleder, das roch. Er gab, was er wußte, vom Hof, den Städten, den Frauen, teilnahmslos, halb Gelöschtes aus seinem Gedächtnis. Der Bischof riß einen Fisch mit beiden Händen am Schwanz auseinander und frug: „Was planen Sie hier?" Aber Vaudreuil zuckte die Schultern. Sie wurden verlegen. Der Kommandant trank rasch. Der Bischof leckte an seinen fetten Fingern. Sie schwiegen eine Zeitlang.

    Beim Dessert verloren sie ihre Haltung. Vaudreuil kam beim Pharao in Verlust. Als sie zwei Rollen Louis gewonnen hatten, wurden sie höflicher vor seinen Mitteln. Um vier begannen sie, gebranntes Wasser zu saufen. Boys brachten Kübel. Um fünf saßen sie hinter den Karten. Vaudreuil hielt Bank, gewann zurück. Ein Fähnrich kam in Verlust, man verweigerte seine Bons. Er hockte sich in die Ecke, schrie: Germaine ... sah nur Waden, beschrieb sie mit dem Finger, leckte das Maul. Ein Offizier fiel um wie vom Schlag gerührt. Der Kommandant zuckte die Achseln: „Er liebt, seinen Gewinst festzuhalten." Seine Hand schrieb eine Anweisung, die er rotglühenden Auges Vaudreuil hinüberreichte. Sie machten eine Pause, aßen kleine scharfe Fische.

    Der Bischof hob den Arm. Schwenkte den andern auf, hob sie und senkte sie heftig, bis der Apparat rauschte, seine blecherne Stimme anfing zu singen. „Fettes Schwein", sagte der Kommandant und schlug im Takt die Fäuste auf den Tisch. Ein Hauptmann taufte einen Eingeborenen. Das Zimmer dick vor Rauch.

    Sie kehrten zurück zu den Karten. Die Sonne stand draußen. Der Bischof setzte die Sutane. Verlor. Der zweite Fähnrich begann ihn sofort zu entkleiden, wollte ihn als Adam durch den Morgen führen. Der Bischof quietschte mit Faseltönen, flatterte mit den Händen, umwirbelt von Dampf. Er stank aus jeder Pore. Dann weinte er und psalmodierte eine Beichte. Der Kommandant bog sich von seinem Stuhl, fiel krachend zurück in die Lehne, beugte sich wieder, krampfte die Arme über den Bauch und bekam das Maul nicht zu vor Geheul. Vaudreuil ging hinaus.

    An der Palisade erreichten ihn Schreie. Die Fähnriche brachten die Sutane geschleift. Am Fenster hing der Mondbauch des nackten Bischofs. Eine Hand hob sich über ihm, klatschte auf feine fette Schulter. Des Bischofs Arme zeterten herunter, er wand sich. Seine Schinken hingen zum Fenster heraus. „Also doch ... Vaudreuil bot Ohrfeigen mit, der flachen Hand. Sie zogen. „Germaine, brüllte der eine und fuchtelte in der Luft. Vaudreuil schonte ihn, wandt sich zum anderen, der stieß ihm, schmalnasig und hager, im selben Augenblick leicht in die Achsel, warf seinen Degen weg, salutierte mit der Hand. „Es hätte auch die Kehle sein können." Vaudreuil packte die Sutane mit den Fingerspitzen, trug sie hinaus. In der Mitte des Zimmers lag ein Haufen Fett, das den Himmel vertrat, vor dessen Umarmung jede trübe Zofe flöhe. Er legte den blauen Rock auf den Haufen.

    Den Rückweg verlegte der Kommandant an den Palisaden. „Den Degen." Der Fähnrich, zwölf Soldaten hinter ihm. Vaudreuil lachte, denn seine Stimme lallte und überschlug sich vor Besäufung. Er richtete die Spitze des Degens nach hinten, ging so auf die Wache zu. Sein Lachen steckte an. Zuerst prustete ein Soldat. Dann lachten sie alle, schlugen sich auf die Schultern, auf den Bauch, ohrfeigten sich, begannen eine Prügelei. Der Fähnrich zog ein Lächeln um den dünnen Mund und salutierte. Der Kommandant, Sergeant an Wuchs, donnerte wütend, die Soldaten johlten weiter. Der Kommandant torkelte einem an den Hals, umarmte ihn, fiel um, ward aufgehoben, schlug sich den Bauch vor Lachen. Er kommandierte die Wache zum Salutieren, es geschah unter Schwanken. Arm in Arm mit Vaudreuil verließ er das Fort.

    An der Ecke blieb er stehen, stampfte auf, um fest zu stehen. „Ich muß Sie verhaften, ohne Zweifel. Er stemmte sich mit dem Rücken gegen ein Haus, rülpste Gelächter. „Ich warte bis zum Abend. Sie zogen durch die Kneipen. In der dritten entlieh er eine Rolle Louis. Vaudreuil schlug sie ab. Es gab einen Skandal. Mitten in der Szene vergaß er es wieder, versprach Vaudreuil Weiber, frug nach Paris, schlief schnarchend ein. Die Nase fiel auf den Tisch, begann zu bluten. Eine Rinne lief ganz langsam über die Platte, schwenkte nach rechts, lief nach links. Vaudreuil blieb sitzen, bis es ihn erreichte. Dann stand er auf.

    Am Bootshaus lag sein Gepäck. Vor der Mole schaukelte ein großes Segelboot. Wohin? Nach Montreal. Er erklomm das Schiff an der Seite, wo Männer loteten; setzte sich unter ein Sonnensegel, zog ein Buch aus der Manteltasche, begann zu lesen. Die Eingeborenen sangen vor sich hin, indem sie die Segel besorgten. In der Stille verengte sich der Fluß, das Meer blieb stürmisch mit schlagenden Wellen zurück.

    Plötzlich stand ein Mann vor ihm, sprach ihn an, verdrehte die Augen, schnitt Fratzen und bog die Nase nach oben. Zuckte mit den Achseln und zwitscherte wie ein Vogel. Öffnete die Hand, schloß die Hand, verkrümmte sich und blinzelte. Wandt sich von Vaudreuil, der weiter las, nach der anderen Seite der Bank, verneigte sich, schwang die Arme nach hinten. Da saß ein Offizier mit einem Orden, winkte mit der Hand, das Individuum verschwand unter den Fäusten der Matrosen. Vaudreuil sah auf, beugte sich etwas gegen den Offizier. Der erhob sich: „Courbisson", der Gouverneur. Vaudreuil blinzelte, schob den Mund schief, begann weiterzulesen. Die Adlernase kam im Bogen, hing vor ihm, schnitt die Luft:

    „Sie brachen heute mein Gesetz."

    „Es waren Schweine. Soll dieser Irrtum ..."

    „Haben Sie zu verlieren?"

    „Das Leben."

    „Sie wissen es einzusetzen."

    „Der Ehre halber."

    „Das genügt nicht. Bei diesen Menschen bedarf es mehr."

    „Ich bin am Ende. Sah den Arsch des Bischofs die erste Nacht."

    Der Gouverneur griff an seinen Hut, grüßte, die Matrosen begannen zu schreien. Baumstämme kamen angeschwommen, sie halsten, bogen aus, im Schwung umschwebte sie eine betäubende Insel. Der Gouverneur strich den Knauf, aus dem ein Löwe in die Luft biß.

    „Ich bitte um zwei Fragen ... haben Sie Mittel?"

    „Die Diskretion der ersten läßt mich auf die zweite verzichten."

    „Ich rede in einer dringlichen Sache meines Herzens geschäftlich," der Gouverneur verneigte sich. Ein Haar breit.

    „Ich habe keine Geschäfte."

    Da stieß der Gouverneur einen Fluch in die schmalen Lippen. Vaudreuil machte eine unwillkürliche Bewegung. „Nein, sagte der Gouverneur, lächelte zerstreut, gewinnend, Unruhe wölkte seine Stirn. Da legte Vaudreuil sein Buch hin, kam ihm entgegen: „Verhandeln wir.

    Courbisson errötete gegen die grauen Schläfen, begann sofort mit Charme zu reden. Vaudreuil sah ihn aus aufgerissenen Augen an. Beim zweiten Satze des Gouverneurs schlief er ein.

    Als er erwachte, war es hoch im Mittag. Er war allein. Die Ketten rasselten, die Segel hingen eingerefft, gebunden, der Anker hielt. Eine Landschaft kam mit Wiesen heruntergespielt zum Fluß. Er sah große Fasane, stieg aus zur Jagd. Die Nacht brach er durch Büsche auf dem Rückwege, fand ein Blockhaus. Auf Heu schlief er. Morgens lockten die Stimmen der Tiere sein Blut, er bestieg das Schiff nicht, blieb acht Tage, streifte, jagte, brach in das Dickicht, das ihn schluckte, einsog.

    Am neunten Tage trieb er

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