Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

Wenn Ihr nicht werdet wie die Kinder …: Kindliche Entwicklung als Vorbild der Selbstentwicklung
Wenn Ihr nicht werdet wie die Kinder …: Kindliche Entwicklung als Vorbild der Selbstentwicklung
Wenn Ihr nicht werdet wie die Kinder …: Kindliche Entwicklung als Vorbild der Selbstentwicklung
Ebook123 pages1 hour

Wenn Ihr nicht werdet wie die Kinder …: Kindliche Entwicklung als Vorbild der Selbstentwicklung

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

Der vorliegende Band dokumentiert die Beiträge zum BildungsKongress 2017 und möchte die Grundphänomene der kindlichen Entwicklung und deren Pendants in der Selbstentwicklung, insbesondere durch die anthroposophische Meditation, genauer erforschen und damit Wege der spirituellen Weiterbildung für alle pädagogisch Tätigen aufzeigen.
In den ersten drei Lebensjahren vollzieht das Kind drei wesentliche Schritte seiner Entwicklung, indem es beginnt sich aufzurichten und zu gehen, zu sprechen und zu denken. Diese Entwicklung vollzieht das Kind unbewusst. Nie wieder im Leben werden so große Entwicklungsschritte vollzogen wie in der frühen Kindheit. Der Erwachsene kann aber beginnen, durch genauere Betrachtung der kindlichen Entwicklung die in diesen Schritten unbewusst wirksamen Kräfte sich bewusst anzueignen. Rudolf Steiner bezeichnet diese als imaginative, inspirative und intuitive Kräfte. Sie bilden zugleich grundlegende Elemente der Selbstentwicklung. Und auch sonst kann der Erwachsene vom Kind sehr viel lernen.
«So ihr nicht werdet wie die Kindlein, könnt ihr nicht in die Reiche der Himmel kommen!» (Mt 18,3) Denn was erscheint als das höchste Ideal für den Menschen, wenn das als richtig angenommen wird, was in dem Vorhergehenden gesagt ist? Doch wohl dieses: sich immer mehr und mehr dem zu nähern, was man ein bewusstes Verhältnis zu den Kräften nennen kann, die in den ersten Kindheitsjahren unbewusst am Menschen wirken. (Rudolf Steiner)
Inhaltsverzeichnis:
Andreas Neider: «Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder …»
Dr. med. Michaela Glöckler: Welche geistigen Kräfte wirken im kleinen Kind?
Johannes Greiner: Das innere Kind und der Quell der Kreativität
Dr. Christoph Hueck: Das «innere Kind» lieben lernen – eine professionelle Aufgabe für Lehrer und Erzieher
Prof. Dr. David Martin: Wie kann sich der Erwachsene die im Kind wirksamen Kräfte zu eigen machen?
LanguageDeutsch
Release dateFeb 26, 2020
ISBN9783939374718
Wenn Ihr nicht werdet wie die Kinder …: Kindliche Entwicklung als Vorbild der Selbstentwicklung

Related to Wenn Ihr nicht werdet wie die Kinder …

Related ebooks

Study & Test-Taking Skills For You

View More

Related articles

Reviews for Wenn Ihr nicht werdet wie die Kinder …

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    Wenn Ihr nicht werdet wie die Kinder … - Pädagogische Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen e.V.

    Inhalt

    ANDREAS NEIDER:

    «Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder …»

    DR. MED. MICHAELA GLÖCKLER:

    Welche geistigen Kräfte wirken im kleinen Kind?

    JOHANNES GREINER:

    Das innere Kind und der Quell der Kreativität

    DR. CHRISTOPH HUECK:

    Das «innere Kind» lieben lernen – eine professionelle Aufgabe für Lehrer und Erzieher

    PROF. DR. DAVID MARTIN:

    Wie kann sich der Erwachsene die im Kind wirksamen Kräfte zu eigen machen?

    Über die Autoren

    ANDREAS NEIDER

    «Wenn ihr nicht werdet

    wie die Kinder …»

    Wenn man den Titel dieses Bandes und des Stuttgarter Bildungskongresses 2017 nur oberflächlich liest und versteht, könnte man meinen: «Wieso sollen wir denn wie die Kinder werden? Das wäre doch wirklich sehr naiv, gerade in der heute immer komplexer werdenden, digitalisierten Welt, da kann man doch nicht kindlich-blauäugig daherkommen und meinen, damit die Probleme lösen zu können!» Genauer und tiefer gehend betrachtet, sagt uns das Wort aus dem Neuen Testament aber: «Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht in die Reiche der Himmel eingehen!» (Mt 18,3) Es geht also um unser Verhältnis zu «den Reichen der Himmel», zur geistigen Welt. Denn davon verspüren wir als Erwachsene gerade im irdischen Alltag doch fast gar nichts mehr. Darauf zielt aber dieses Wort Jesu hin, indem es uns darauf hinweist, dass wir im Irdischen eben dadurch eine Beziehung zur geistigen Welt gewinnen können, dass wir uns ein Beispiel an den Kindern nehmen.

    Wie aber erlebt denn das Kind die geistige Welt? Wenn wir diese Frage stellen, kann sich darin schon ein Irrtum einschleichen, wenn wir meinen, die geistige Welt, die Reiche der Himmel, seien etwas weit Entferntes, Jenseitiges, und das kleine Kind lebe ergo noch mehr in diesem Jenseitigen als im Irdischen. So sollten wir uns die Sache eben gerade nicht vorstellen, sondern zunächst einmal beobachten, was wir am kleinen Kind wahrnehmen und was in sehr schöner Weise Michaela Glöckler in ihrem nachfolgenden Beitrag beschrieben hat. Das kleine Kind erlebt sich nämlich nicht getrennt von seiner Umgebung, es lebt geradezu in und mit seiner Umgebung und fühlt sich dadurch mit dieser wie eins.

    Dieses Einheitserleben aber führt dazu, dass das Kind, solange es von den Erwachsenen entsprechend umsorgt und behütet wird, ein Urvertrauen in seine Umgebung, vor allem in uns Erwachsene hat. Es erlebt sich ja als eins mit allem, was ihm entgegenkommt, und so lebt es eben wie im Vertrauen in sich selbst, in das eigene, höhere Selbst, von dem wir Erwachsenen in unserem Normalbewusstsein eben deshalb nichts mehr mitbekommen, weil wir uns getrennt von der Umgebung erleben. Warum aber lebt das Kind noch in einer solchen Einheit mit seiner Umgebung? Weil an ihm eben noch die Kräfte arbeiten, die vor allem an seiner Leibesbildung wirksam sind. Der ganze kindliche Organismus ist ja besonders in den ersten drei Lebensjahren noch nicht fertig entwickelt, er gestaltet sich ja erst noch aus.

    Und wonach wird er ausgestaltet? Nach den kosmischen Gesetzmäßigkeiten, die eben nicht nur im Kosmos, sondern eben auch im Menschen wirksam sind, darin besteht ja eben die Einheit von Mensch und Welt, von Mikro- und Makrokosmos. Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie, der Weisheit vom Menschen, bringt das in seinem kleinen Büchlein «Die geistige Führung des Menschen und der Menschheit»¹ wie folgt zum Ausdruck:

    «Daraus aber geht uns ein Gedanke hervor, der große Bedeutung hat, wenn er richtig verstanden wird. Er ist im Neuen Testament mit den Worten ausgesprochen: ‹So ihr nicht werdet wie die Kindlein, könnt ihr nicht in die Reiche der Himmel kommen!› Denn was erscheint als das höchste Ideal für den Menschen, wenn das als richtig angenommen wird, was in dem Vorhergehenden gesagt ist? Doch wohl dieses: sich immer mehr und mehr dem zu nähern, was man ein bewusstes Verhältnis zu den Kräften nennen kann, die in den ersten Kindheitsjahren unbewusst am Menschen wirken. […]

    Der Sinn der Entwickelung durch die aufeinanderfolgenden Erdenleben hindurch ist also, den ganzen Menschen, somit auch den bewussten Teil, allmählich zum Ausdruck der Kräfte zu machen, die in den ersten Lebensjahren unter Einwirkung der geistigen Welt an ihm – ihm unbewusst – walten. Der Gedanke, der aus solchen Betrachtungen heraus sich der Seele bemächtigt, muss mit Demut, aber auch mit richtigem Bewusstsein der Menschenwürde erfüllen. Es ist der Gedanke: Der Mensch ist nicht allein; in ihm lebt etwas, was ihm immerdar den Beweis liefern kann: Es kann der Mensch sich über sich selbst erheben, zu etwas, was gegenwärtig schon über ihn hinauswächst und was wachsen wird von Leben zu Leben. Immer bestimmtere und bestimmtere Gestalt kann dieser Gedanke annehmen; er liefert dann etwas ungeheuer Beruhigendes und Erhebendes; aber er durchdringt auch die Seele mit entsprechender Demut und Bescheidenheit. – Was hat in diesem Sinne der Mensch in sich? Wahrhaftig einen höheren, einen göttlichen Menschen, von dem er sich lebendig durchdrungen fühlen kann, sich sagend: Er ist mein Führer in mir.»²

    In diesem Sinne also ist unser Thema gemeint, «kindliche Entwicklung als Vorbild der Selbstentwicklung», wie es auch im Untertitel zum Ausdruck kommt. Wie man diesem Motiv nun konkret nachkommen und danach wirklich leben kann, davon erzählen die nachfolgenden Beiträge dieses Kongressbandes, die die vier Vorträge, die während des Bildungskongresses 2017 gehalten wurden, entweder in der bearbeiteten Form des mündlichen Vortrages (Glöckler, Greiner, Martin) oder in schriftlich ausgearbeiteter und etwas gekürzter Form (Hueck) wiedergeben.

    Michaela Glöckler macht uns aus der Sicht der Kinderärztin auf die im oben angesprochenen Sinn in den ersten drei Jahren im Kind wirksamen geistigen Kräfte aufmerksam und hebt dabei besonders die Kraft des Vertrauens hervor. Johannes Greiners Beitrag veranschaulicht anhand eines Märchens, wie wir lernen können, diese im kleinen Kind wirksamen Kräfte wiederzuerlangen. Christoph Hueck zeigt in seinem Beitrag zum «inneren Kind», welche Hindernisse sich dieser Verbindung mit den schöpferischen Kräften der Kindheit in den Weg stellen können und wie diese Hindernisse durch innere Arbeit aufgelöst werden können. Abschließend zeigt uns David Martin anhand der sogenannten «Nebenübungen», wie wir durch praktisches Üben diese kindlichen Kräfte in unseren Alltag integrieren können.

    Der vorliegende Band möchte mithin keinen theoretischen Diskurs über das Thema der Kindheitskräfte halten, sondern durch praktische Anregungen und anschauliche Beispiele dazu anregen, dem im Titel des Bandes anklingenden Motto des «Kind-Werdens» zur Realisierung zu verhelfen: Realisierung in einem doppelten Sinn, nämlich des Gewahrwerdens dieser Kindheitskräfte und der Verwirklichung, der Umsetzung der mit diesen Kräften einher gehenden Möglichkeiten. Dass dieses Realisieren den Leserinnen und Lesern dieses Bandes gelingen möge, das wünscht ihnen der Schreiber dieser Zeilen von Herzen.


    1 GA 15, Dornach 1987.

    2 Ebd., S. 19 – 21.

    DR. MED. MICHAELA GLÖCKLER

    Welche geistigen Kräfte

    wirken im kleinen Kind?

    Als Kinderärztin hat es mich erstaunlich lange unberührt gelassen, wie wahr das Thema dieses Kongresses ist. Für mich waren kleine Kinder so etwas Normales: Täglich 20, 30, 40 in der großen Kinderambulanz in Herdecke über viele Jahre, im Nachtdienst, man war ständig mit den kleinen Kindern beschäftigt. Diese Frage, was es eigentlich heißt: «So ihr nicht werdet wie die Kinder …», fand ich wunderschön, aber so richtig begriffen, muss ich ehrlich sagen, habe ich sie nicht, und auch mein kinderärztliches, fachärztliches Studium, Ausbildung, dann praktische Tätigkeit haben mir das nicht so nahe gebracht, dass ich wirklich verstanden hätte, was das eigentlich bedeutet. Man denkt bei Kindern an Unschuld, ans So-rührend-offen-Sein, ans So-hilflos-Sein, ans Den-Erwachsenen-Brauchen; sie vergeben einem ja alles noch, wenn sie klein sind. Sobald man wieder lieb ist, ist das Schlimme, was geschehen war, vergessen. Es gibt so viele Tugenden, die die Kinder in ihrer Hilflosigkeit uns zeigen, aber die ganze Tiefe dieses Wortes «Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder …», das hat wirklich ein paar Jahre auch Berufsalltag gebraucht, bis mich plötzlich eines Tages ein Säugling auf die Spur gebracht hat.

    Ich werde das nie vergessen; man macht ja diese Vorsorgeuntersuchungen – alle Eltern unter Ihnen wissen das –, und dann, Gott sei Dank, ist da meistens nichts Problematisches, man hat also Zeit, sich an dem Kind zu freuen, es gemütlich auszupacken, mit der Mama zu reden, es wieder einzupacken und dann kurz das Formular auszufüllen. Das war so ein Säugling, der lag da vor

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1