Der Erbhof: Toni der Hüttenwirt Classic 29 – Heimatroman
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Liebe und Gefühle, nach Heimat und bodenständiger Natur bildet Kern und Botschaft dieser unvergleichlichen Romanserie.
Meta und Xaver Baumberger begleiteten ihren Sohn Toni zum Auto. »Sebastian! Franziska! Nun kommt! Wir müssen los! Die Anna wartet auf uns.« Die Bichler Kinder, die seit dem Unglückstod ihrer Eltern beim Hüttenwirt und seiner Frau Anna ein Zuhause gefunden hatten, stiegen ins Auto. Tonis Eltern, die in Waldkogel eine kleine Pension mit einer Gaststätte hatten, waren die Ersatzgroßeltern. Meta winkte mit dem Taschentuch, als das Auto davonfuhr. Ihr Mann schwenkte seinen alten Filzhut, den er während der Woche trug. »Grüß Gott, Meta! Grüß dich, Xaver!« »Mei, die Lisbeth! Des is auch schon eine Zeitlang her, daß wir uns gesehen haben. Hast ein bissel Zeit, willst reinkommen, Betty?« fragte Meta Baumberger. Ihr Mann begrüßte die Ertlbäuerin und ging in den Garten. Er hatte seiner Frau versprochen, ein Beet umzugraben. »Naa, Meta! Ich habe keine Zeit!«
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Der Erbhof - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt Classic
– 29 –
Der Erbhof
Das liebe Geld und die Liebe
Friederike von Buchner
Meta und Xaver Baumberger begleiteten ihren Sohn Toni zum Auto.
»Sebastian! Franziska! Nun kommt! Wir müssen los! Die Anna wartet auf uns.«
Die Bichler Kinder, die seit dem Unglückstod ihrer Eltern beim Hüttenwirt und seiner Frau Anna ein Zuhause gefunden hatten, stiegen ins Auto. Tonis Eltern, die in Waldkogel eine kleine Pension mit einer Gaststätte hatten, waren die Ersatzgroßeltern. Meta winkte mit dem Taschentuch, als das Auto davonfuhr. Ihr Mann schwenkte seinen alten Filzhut, den er während der Woche trug.
»Grüß Gott, Meta! Grüß dich, Xaver!«
»Mei, die Lisbeth! Des is auch schon eine Zeitlang her, daß wir uns gesehen haben. Hast ein bissel Zeit, willst reinkommen, Betty?« fragte Meta Baumberger.
Ihr Mann begrüßte die Ertlbäuerin und ging in den Garten. Er hatte seiner Frau versprochen, ein Beet umzugraben.
»Naa, Meta! Ich habe keine Zeit!«
»Immer mußt hetzen, Betty! Des is doch kein Leben.«
»Wem sagst du das, Meta! Jeder muß eben seinen Preis im Leben bezahlen. Ich wollte den Ertlerben als Mann – und ich habe ihn bekommen. Der alte Ertlbauer war schon geizig. Ich hab’ die Hoffnung gehabt, daß mein Clemens mal net so wird. Aber er wird seinem alten Vater immer ähnlicher. Nur schaffen und Geld scheffeln! Wir haben doch genug, Clemens, sage ich immer. Laß uns ein paar Hilfen einstellen. Aber davon will er nix wissen. So hängt jeden Tag, den mir unser Herrgott auf der Erde schenkt, mehr Arbeit an mir. Es ist alles nur noch eine Hetze. Ach, Meta, wo soll des alles noch hinführen?«
Meta Baumberger wunderte sich nicht, daß Lisbeth Ertl so offen mit ihr sprach und ihr Herz ausschüttete. Meta und Lisbeth waren zusammen in die Schule gegangen und Freundinnen gewesen. Sie hatten auch noch heute eine Vertrautheit, auch wenn sie sich nicht oft sahen.
»Ich muß noch zur Post und dann will ich sehen, ob ich bei den Bollers eine neue Trachtenbluse bekomme. Die sollen des Lager räumen von der letzten Saison. Du weißt ja, wie kurz mich mein Mann halten tut. Es ist schon eine Schande. Aber was soll ich machen?«
»Was ist mit deinem Bub, Betty?«
»Der Kurt, der ist ein fleißiger Bursch. Der Bauer setzt ihn unter Druck, daß er endlich eine Jungbäuerin auf den Hof bringen soll. Aber des ist net so einfach. Der Kurt war schon oft verliebt. Es waren liebe einfache Madln, aber sie waren meinem Clemens alle net vermögend genug. Da hat er jedes Mal einen Keil dazwischen getrieben. Ich habe eben net so viel Glück, wie du mit deinem Xaver! Dein Toni und deine Tochter sind gut geraten. Beide sind glücklich verheiratet. Es herrscht Harmonie in eurer Familie. Da kannst dem Himmel dankbar dafür sein, Meta!«
»Des bin ich! Ja, wirklich, des bin ich, Betty! Und du, du sollst die Hoffnung auch net aufgeben, daß dein Bub doch noch einmal ein Madl trifft, des sich net abschrecken läßt und zu der er steht. Ich wünsche dir von Herzen eine liebe Schwiegertochter, damit du nimmer so allein bist. Dann hast jemanden, mit der du den Kummer und die Sorgen bereden kannst. Der Himmel wird dir schon die Richtige schicken. Da mußt nur fest daran glauben. Ich bete für dich, Betty, und zünde eine Kerze für dich an.«
»Du bist immer noch die liebe Freundin, Meta!«
»Du mußt auch ein bissel an dich denken! Dein Mann kommt jeden Sonntag zum Stammtisch! Dafür nimmt er sich Zeit. Nimm du dir auch Zeit und tu mich öfter besuchen, Betty!«
»Des tät ich gern, aber die Arbeit!« seufzte Betty.
Meta Baumberger hatte Mitleid.
»Dann machen wir des anders: Ich besuche dich öfter.«
»Des is eine gute Idee! Ich freue mich schon drauf. Jetzt muß ich aber los. Grüß Gott, Meta! Grüß mir deinen Xaver und grüß’ mir den Toni und seine Familie.«
Meta Baumberger verabschiedete sich von ihrer Freundin und schaute ihr nach, wie sie mit dem Fahrrad weiterfuhr.
Der Ertl Hof lag etwas außerhalb. Es war schon ein mühsamer Weg ins Dorf. Aber der Ertlbauer erlaubte seiner Frau nicht, das Auto zu nehmen. Dazu war er zu geizig.
Meta dachte an diesem Tag noch oft an ihre Freundin. Sie nahm sich vor, mit Toni zu sprechen. Vielleicht könnte er einmal mit Kurt reden, damit wenigstens er dafür sorgte, daß das Leben seiner Mutter etwas leichter wurde. Geld war doch genug da, und Geld konnte auch der Ertlbauer nicht mit ins Jenseits nehmen.
*
Pfarrer Zandler saß in seiner Studierstube und schrieb an seiner Predigt für den Sonntag. Er hörte die Haustür gehen. Seine Haushälterin, Helene Träutlein, kam zurück. Der Besuch beim alten Schwaningerbauern hatte länger gedauert.
»Wie geht es ihm heute?« rief Pfarrer Zandler.
Die Haushälterin blieb im Türrahmen stehen.
»Net gut geht’s ihm, Herr Pfarrer! Des wird immer schlimmer mit ihm. Versorgen tun wir ihn ja gut. Sie wissen ja, daß alle Frauen des Kaffeekränzchens sich stundenweise beteiligen. Er kann nimmer aufstehen und liegt schwach und elend im Bett. Ganz weiß tut er ausschauen im Gesicht. So gläsern, als hätte der Gevatter Tod schon die Hand nach ihm ausgestreckt. Schlimm ist es mit ihm, und sagen läßt er sich nichts, auch net vom Dr. Engler. Der Martin war heute da. Er wollte ihm ein paar Spritzen geben. Aber der Sturkopf, der will net. Sieht fast so aus, als wollte er mit dem Leben abschließen. Es ist so, als hätte er allen Lebensmut verloren. Sie sollten noch einmal mit ihm reden, Herr Pfarrer. Vielleicht tut er auf Sie hören. Der Egon Schwaninger ist doch noch net so alt. Der ist erst sechzig Jahr! Des ist wirklich kein Alter, um sich ins Bett zu legen und drauf zu warten, bis der Herrgott ihn rufen tut.«
»Es scheint mir, als wärst du ein bissel ärgerlich auf den alten Egon?«
»Ja, des bin ich! Der Martin ist ein guter Arzt. Einen besseren, den können wir uns in Waldkogel net wünschen. Aber zaubern kann der auch net. Wenn der Egon net endlich ins Krankenhaus gehen tut, dann ist es bald mit ihm vorbei.«
»Ich will sehen, was ich tun kann!«
Pfarrer Zandler drehte seinen Füllhalter zu, denn er schrieb all seine Notizen für die Predigten mit Tinte.
»Ich gehe mal gleich zu ihm. Bin bald wieder da«, rief er seiner Haushälterin zu.
Der Schwaninger Hof lag am Ortsende von Waldkogel, dort wo die Gemarkung zu dem kleinen Nachbarort Markwasen verlief. Es war ein schöner und sehr gepflegter Hof. Pfarrer Zandler blieb davor stehen und schaute sich um. Ein Knecht kam über den Hof und begrüßte den Geistlichen.
»Grüß Gott, Herr Pfarrer! Gut, daß da sind! Mit dem Bauern ist es kaum noch auszuhalten. Er tut nimmer mit uns reden. Net, daß wir eine Anweisung von ihm bräuchten. Wir alle, die wir hier arbeiten, wissen, was wir zu tun haben. Aber er liegt da oben in der Schlafstube und starrt an die Decke. Er kann seit gestern kaum noch was essen und trinken, so schwach ist er.«
Der alte Knecht, der schon viele Jahre auf dem Schwaninger Hof war, bekam Tränen in die Augen. Pfarrer Zandler legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter.
»Ich werde mit ihm reden!«
Die Stufen der Holztreppe ächzten, als der Pfarrer hinaufstieg. Die Tür zum Schlafzimmer stand offen. Pfarrer Zandler trat ein. Er erschrak, so sehr hatte sich Egon Schwaninger seit dem letzten Besuch verändert.
Der Kranke öffnete die Lider und versuchte zu lächeln:
»Es geht langsam zu Ende. Gib mir die letzte Ölung!«
»Die kann ich dir net verweigern. Aber noch lieber würde ich dich über des Knie legen und dir etwas anderes geben!«
Pfarrer Zandler wußte, wie er mit seinen Schäfchen umzugehen hatte.
»Willst wohl mit aller Gewalt unseren Herrgott zwingen, dich zu holen? Du, Schwaninger, des ist eigentlich eine Sünd’!«
Der Bauer winkte mit einer schwachen Handbewegung ab.
»Der Herrgott, der weiß schon, daß des kein Leben mehr ist. Es ist net schön, so allein zu sein. Des Leben war net gut zu mir. Erst spät habe ich meine liebe Frau getroffen. Dann bin bald Witwer geworden. Solange man jung ist, da macht einem des net so viel aus. Aber im Alter ist es einsam. Was soll ich noch auf der Welt? Ist niemand da, für den sich des Leben lohnt. Ich habe keine Kinder, keine Verwandte. Niemand ist da! Was soll ich also weitermachen?«
Pfarrer Zandler schaute sein Schäfchen an. Er verstand ihn. Das Schicksal hatte ihm seine junge Frau genommen und ihr ungeborenes Kind. Egon Schwaninger hatte den Verlust mit großer Fassung getragen. Niemals hatte er geklagt. Jetzt nach einem langen arbeitsreichen Leben sprach er zum ersten Mal über die Leere in seinem Herzen und seinem Leben. Diese Leere schien ihm allen Lebensmut zu nehmen.
»Ich hab’s bald hinter mir, Herr Pfarrer! Nur was mit dem Hof werden soll, des macht mir Kummer und schlaflose Nächte. Ich habe ihn der Gemeinde vererbt. Soll sich der Fellbacher darum kümmern. Geld ist genug da. Dem Fritz wird schon