Abschiedsbriefe eines Sterbenden: Versöhnung mit der eigenen Biografie
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Es gelingt ihm, seine Situation zu akzeptieren.
Er nutzt die Zeit, die ihm noch bleibt, um sein gesamtes Leben noch einmal Revue passieren zu lassen. Dabei erinnert er sich an viele Menschen, denen er noch unbedingt etwas mitteilen möchte, denen gegenüber er sich etwa noch in einer gewissen Schuld wähnt.
Er verspürt den dringenden Wunsch, sich mit seinem Leben, mit seiner Biografie zu versöhnen.
All diesen Zeitgenossen schreibt er einen Brief, einen Abschiedsbrief, in dem er ihnen mitteilt, was ihm noch ein Herzenswunsch oder zumindest ein großes Bedürfnis ist.
Die Briefe werfen ein Licht auf sein Leben und lassen seine Biografie sichtbar werden.
Josef F. Justen
Josef F. Justen wurde 1950 in Gelsenkirchen geboren. Nach der Mittleren Reife absolvierte er eine Ausbildung zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. Nachdem er auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nachgeholt hatte, studierte er Mathematik und Informatik an den Universitäten Dortmund und Hagen. Von 1980 bis 2008 war er als Dozent und Ausbilder im IT-Bereich tätig. Schon in seiner Kindheit und Jugend wurde er in seinem privaten Umfeld mit vielen Todesfällen konfrontiert. Die Frage, wie es mit diesen Verstorbenen nun weitergehe, beschäftigte ihn sehr stark und ließ ihm keine Ruhe. Er musste erkennen, dass weder die Lehren der Wissenschaften noch die der katholischen Kirche die ihn bewegende Frage befriedigend zu beantworten vermochten. So machte er sich schon als junger Mann auf den Weg, spirituelle Erkenntnisse zu gewinnen. Auf diesem Weg kam er mit vielen religiösen, okkulten und esoterischen Strömungen in Berührung, deren Lehren er studierte und miteinander verglich. Schließlich kam ihm das Schicksal zu Hilfe. In der Schaufensterauslage eines kleinen Buchgeschäftes fiel sein Blick auf eine völlig unscheinbare Broschüre mit dem Titel »Rudolf Steiner: Anthroposophie«. Obwohl ihm weder der Autor noch der Titel etwas sagten, nahm er eine »innere Stimme« wahr, die ihm nahe legte, das Buch zu kaufen. So fand er zur Anthroposophie, der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners, deren Erkenntnisse seinem Naturell, auch spirituelle Themen mit nüchternem Verstand und ohne Schwärmerei zu behandeln, besonders gut entsprechen. Schon bald wurde ihm klar, dass Rudolf Steiner mit den Resultaten seiner Geistesforschung eine schier unfassbare Fülle spiritueller Weisheiten in die Welt gebracht hat und dass ein einziges Erdenleben kaum ausreichen dürfte, um auch nur annähernd alles verstehen zu können. Aber bekanntlich ist ja oftmals der Weg das Ziel... Der Verfasser war lange Zeit als ehrenamtlicher Hospiz-Helfer in der Sterbe- und Trauerbegleitung tätig. Heute sieht er es als seine Aufgabe an, Bücher für Menschen zu schreiben, die Sehnsucht nach wahrhaften spirituellen Erkenntnissen haben und die sich bisher noch nicht mit der so eminent wichtigen anthroposophisch orientierten Geisteswissenschaft Rudolf Steiners befasst haben.
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Abschiedsbriefe eines Sterbenden - Josef F. Justen
Einen langen Brief
schreibt man nur,
wenn einem nicht mehr
genug Zeit übrig bleibt,
viele kurze zu schreiben.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
27. Februar 2019
3. März 2019
4. März 2019
7. März 2019
8. März 2019
10. März 2019
14. März 2019
17. März 2019
20. März 2019
25. März 2019
26. März 2019
2. April 2019
4. April 2019
4. April 2019
7. April 2019
8. April 2019
10. April 2019
11. April 2019
Vorwort
Jeder Mensch, der schon sehr nahe an der Schwelle des Todes steht, der weiß, dass ihm nur noch eine kurze Zeit auf der Erde beschieden sein wird, hat eine andere Art, mit dieser Situation umzugehen.
Schließlich ist jeder Mensch ein Individuum!
In unserem Kulturkreis ist es leider immer noch sehr häufig zu beobachten, dass sich viele Sterbende recht schwertun, ihr Schicksal anzunehmen.
Die einen wollen es einfach nicht wahrhaben und verdrängen es so lange, bis sie es nicht mehr ignorieren können.
Anderen scheint es wichtig zu sein, ihre restliche Lebenszeit so normal wie möglich zu verbringen und verfahren nach dem Motto »Business as usual«.
Es gibt allerdings auch einige, die ihr Schicksal akzeptieren und die verbleibende Zeit nutzen, um auf unerledigte Aufgaben zu schauen und diese zu erfüllen versuchen, sofern es noch möglich ist.
Wie jemand, der noch bei klarem Bewusstsein und weitestgehend handlungsfähig ist, seine letzten Lebenswochen und -monate gestaltet, hängt natürlich von dessen Mentalität ab.
Es ist aber ganz wesentlich auch eine Frage seiner spirituellen Gesinnung.
Der 78-jährige Johann Tollmann weiß, dass sein Krebsleiden nicht mehr heilbar ist und dass er in Kürze die Pforte des Todes durchschreiten wird.
Da er sich in seinem Leben viel mit spirituellen Themen befasst hat, macht ihm das keine Angst.
Ihm ist bekannt, dass es für sein nachtodliches Leben von großer Bedeutung ist, noch vor dem Übergang mit sich und seinen Mitmenschen ins Reine zu kommen.
Jetzt hat er viel Zeit, um sein gesamtes Leben noch einmal Revue passieren zu lassen.
Dabei taucht in seiner Erinnerung vieles auf, das in seinem Leben nicht so gut gelaufen ist. Auch kommen ihm etliche Situationen in den Sinn, in denen er sich falsch oder zumindest unangemessen verhalten hat.
Durch einen solchen schonungslosen und objektiven Rückblick auf sein Erdenleben wird seine Fähigkeit zur Selbsterkenntnis erhöht, was für sein Leben nach dem Tod von großer Bedeutung ist.
Bei dieser Betrachtung und Bewertung seines Lebens erinnert sich Johann Tollmann auch an viele Menschen, denen gegenüber er sich noch in einer gewissen Schuld wähnt.
All diesen schreibt er nun einen Brief, in dem er die Gründe für sein damaliges Fehlverhalten zu erklären versucht und in dem er sich insbesondere dafür entschuldigt und um Verzeihung bittet.
Darüber hinaus kommen ihm jetzt auch viele seiner Weggefährten in den Sinn, denen er zu großem Dank verpflichtet ist. Ihm wird klar, dass er vieles immer als selbstverständlich aufgefasst und es stets versäumt hatte, ihnen Dank zu sagen.
Auch diesen Menschen schreibt er jetzt einen Brief, in dem er das Versäumte nachholt.
Durch diese Briefe kann sich dem Leser die Biografie ihres Schreibers enthüllen.
Gute Briefe sind wie gute Freunde. Sie dürfen es heute eilig haben, aber sie müssen sich morgen Zeit nehmen.
Oscar Wilde
27. Februar 2019
Mein lieber Sohn,
ich habe mich über deinen Besuch vor sechs Wochen sehr gefreut.
Ich genieße es immer, mit dir beieinander zu sein, was leider nur recht selten möglich ist, da du am anderen Ende der Welt lebst und beruflich so sehr eingespannt bist.
Vielleicht ist es dir aufgefallen, dass ich deine Frage, wie es mir gehe, etwas ausweichend beantwortet habe.
Das möchte ich mit diesem Brief ändern. Nun