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Ihre Papiere bitte!: Gedichte zur Zeit
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Ebook169 pages43 minutes

Ihre Papiere bitte!: Gedichte zur Zeit

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About this ebook

Vor vier Jahren traf sich eine Gruppe engagierter Lyriker und Lyrikerinnen zum ersten Mal. Sie waren sich einig: "Unser Schreiben soll etwas bewirken." Diese Anthologie soll dazu beitragen, die Lyrik aus ihrem Nischendasein zu befreien. Zeigen, wie wichtig politische Lyrik auch heute ist.

Wir zeigen unsere Papiere. Mögen sie uns die Landeerlaubnis erteilen in diese hektische Welt.

Mit Gedichten von Günther Bach, Ute Eckenfelder, Wolfgang Endler, Wolfgang Fehse, Frederike Frei, Gabriele Fritsch-Vivié, Dorle Gelbhaar, Renate Gutzmer, Joachim von Hildebrandt, Christine Kahlau, Henning Kreitel, Salean A. Maiwald, Steffen Marciniak und Reinhild Paarmann.
LanguageDeutsch
PublisherHirnkost
Release dateMar 3, 2020
ISBN9783948675073
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    Ihre Papiere bitte! - Hirnkost

    Paarmann

    Günther Bach

    Günther Bach, 1935 in Stendal geboren, Beruf Architekt und Designer, schreibt Prosa und Lyrik. Vier Romane beim Verlag Angelika Hörnig seit 2000, eine Sammlung früher Gedichte Toter Briefkasten 2007, danach 2010 der Gedichtband Wirrwahr, 2014, Artbook Lesezeichen beim Tobusch Verlag für Kunst und Medien.

    Art. 1 Abs. 1

    Die Würde des Menschen

    ist unantastbar. Na gut –

    mehr oder weniger,

    solange sie denn bezahlbar bleibt.

    Falls nicht – für ein Leben in Würde,

    besonders wenn es zu lange dauert,

    will manche Rente nicht reichen –

    wird würdiges Sterben empfohlen.

    Ballade von den Elementen

    ERDE

    Am Anfang gehörte die ERDE niemand.

    Als der Erste damit begann,

    einen Zaun zu errichten

    um Haus und Hof,

    gab es noch Bären und Wölfe

    in den Wäldern, die es umgaben,

    und das Beil, mit dem er die Bäume fällte,

    es war aus Stein.

    Das war der Beginn jener Zeit,

    in der nicht mehr alles allen gehörte.

    Und die Zahl der Zäune nahm zu,

    die die Erde teilten,

    und sie wurden höher und fester

    und irgendwann

    wurden aus ihnen Mauern aus Stein.

    WASSER

    Zu Beginn jener Zeit,

    war das WASSER noch rein

    in den Flüssen und Bächen.

    Wer Durst hatte, kniete am Ufer

    und trank aus der hohlen Hand.

    Jahrhundertelang

    strömte in Dörfern und Städten

    das Wasser frei zum Gebrauch

    für jedermann.

    Doch auch das Wasser

    gehörte schon bald nicht mehr allen,

    denn in den großen Städten

    starben die Flüsse und Bäche.

    Aus tiefen Brunnen

    floss nun das Wasser in endlosen Röhren.

    Wer davon trinken will,

    zahlt nun dafür an den,

    der den Brunnen besitzt.

    Und bald hatten alle vergessen,

    dass es einst eine Zeit gab,

    in der das Wasser allen gehörte,

    denn Erde und Wasser

    ließen sich messen und teilen.

    LUFT

    Es heißt, ohne zu essen

    könne ein Mensch überleben

    eine Zeit von drei Wochen.

    Ohne zu trinken, so sagt man,

    sind es vielleicht nur drei Tage.

    Doch ohne zu atmen

    bemisst sich die Frist nach Minuten.

    So ist zu bedenken,

    dass die am Hunger verdienen,

    die Teile der ERDE besitzen,

    so wie die am Durst sich bereichern,

    die das WASSER verteilen.

    Wie lange wird es noch dauern,

    bis uns die LUFT verkauft wird,

    die wir atmen müssen?

    Dementi

    Nein,

    ich habe sie nicht gepachtet,

    die Wahrheit. Vielmehr

    bin ich gelegentlich auf ihrer Spur,

    um ihr die Ehre zu geben.

    Doch liegt ihr wohl nichts daran:

    sie hält sich gerne bedeckt.

    Manchmal erinnert ein fernes Leuchten

    an ihre Nähe. Doch selten nur

    kommt sie wirklich ans Licht.

    Bei genauer Betrachtung

    scheint sie oft seltsam verbogen

    und auch ihr Gewand

    wirkt manchmal ein wenig fremd.

    Es mag daran liegen, dass ihre nackte Form

    nicht immer gefällt. In aller Eile

    wirft man ihr dann etwas über,

    was ihr leidlich zu passen scheint.

    Der Aufwand jedoch, sie zu verbergen,

    ist minimal zu halten, denn meist

    ist sie zuvor auf der Strecke geblieben.

    Dies ist die Zeit

    Dies ist die Zeit

    der prophylaktischen Revolutionen,

    des Aufstands der Reichen gegen die Armen;

    dies ist die Zeit,

    in der das Unrecht Gesetz wird

    und das Recht zur Straftat;

    dies ist die Zeit,

    in der die Betrüger bewundert werden,

    die Betrogenen aber belächelt;

    dies ist die Zeit,

    in der Vertrauen verachtet wird,

    weil es als Dummheit gilt.

    Dies ist eine Zeit,

    die schon viel zu lang dauert.

    Machen wir ihr ein Ende.

    G20-Gipfel

    All dieser Zorn,

    der sich gegen die Falschheit richtet,

    dieser ehrliche Zorn,

    der das Übel erkennt

    und es doch nicht vermag,

    sich dagegen zu einen –

    all dieser Zorn,

    der sich verbrennt in sinnlosem Streit

    zwischen links und rechts

    um das gleiche Ziel:

    das Falsche zu stürzen,

    sorgsam bewacht von 15.000 Behelmten,

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