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Drachen, Magier und Gestaltwandler: Das Fantasy Sommer Paket 2020 – 2000 Seiten Spannung
Drachen, Magier und Gestaltwandler: Das Fantasy Sommer Paket 2020 – 2000 Seiten Spannung
Drachen, Magier und Gestaltwandler: Das Fantasy Sommer Paket 2020 – 2000 Seiten Spannung
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Drachen, Magier und Gestaltwandler: Das Fantasy Sommer Paket 2020 – 2000 Seiten Spannung

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Drachen, Magier und Gestaltwandler

Das Fantasy Sommer Paket 2020 – 2000 Seiten Spannung

von Alfred Bekker

Dieses Buch enthält die Romane:

Alfred Bekker: Die Drachenreiter von Dharioona

Alfred Bekker: Das Höllentor

Alfred Bekker: Zeit der Werwölfe

Alfred Bekker: Angriff der Orks

Alfred Bekker: Der Fluch des Zwergengolds

Alfred Bekker: Die Drachen-Attacke

Alfred Bekker: Sturm auf das Elbenreich

Alfred Bekker: Überfall der Trolle

Alfred Bekker: Die Magie der Zwerge

Alfred Bekker: Die Zauberaxt der Zwerge

Alfred Bekker: Die Dracheninsel der Zwerge

Alfred Bekker: Der Kristall der Zwerge

Alfred Bekker: Das Elbenkrieger-Profil

Geschichten um Drachen, Gestaltwandler, Lichtwesen, Elben, Orks und Zwerge – in unserer und in anderen Welten.

Eine einzigartige Fantasy-Abenteuer Sammlung von Alfred Bekker, dem Autor der Zyklen um DAS REICH DER ELBEN, die ELBENKINDER, GORIAN, die DRACHENERDE-SAGA und viele andere mehr.

Das Zwischenland ist in großer Gefahr. Um sie abzuwenden, folgt der Elbenkrieger Lirandil einer alten Prophezeiung. Drei Zwergenkinder muss er finden: Eines ist ein Zauberlehrling, eines kennt die Zukunft und eines hat die Kraft und das Geschick eines Schmieds. Diese drei ahnen noch nicht, dass nur sie allein die Macht haben, ihre Welt vor dem Untergang zu bewahren. Wird ihnen das gelingen?

Alfred Bekker ist Autor zahlreicher Romane und Erzählungen mit einer Gesamtauflage von über 4,5 Millionen Exemplaren. Außerdem ist er Verleger und Jazz-Musiker.

LanguageDeutsch
PublisherAlfred Bekker
Release dateApr 10, 2020
ISBN9781393905424
Drachen, Magier und Gestaltwandler: Das Fantasy Sommer Paket 2020 – 2000 Seiten Spannung
Author

Alfred Bekker

Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

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    Drachen, Magier und Gestaltwandler - Alfred Bekker

    Dieses Buch enthält die  Romane:

    ALFRED BEKKER: DIE Drachenreiter von Dharioona

    Alfred Bekker: Das Höllentor

    Alfred Bekker: Zeit der Werwölfe

    Alfred Bekker: Angriff der Orks

    Alfred Bekker: Der Fluch des Zwergengolds

    Alfred Bekker: Die Drachen-Attacke

    Alfred Bekker: Sturm auf das Elbenreich

    Alfred Bekker: Überfall der Trolle

    Alfred Bekker: Die Magie der Zwerge

    Alfred Bekker: Die Zauberaxt der Zwerge

    Alfred Bekker: Die Dracheninsel der Zwerge

    Alfred Bekker: Der Kristall der Zwerge

    Alfred Bekker: Das Elbenkrieger-Profil

    Geschichten um Drachen, Gestaltwandler, Lichtwesen, Elben, Orks und  Zwerge – in unserer und in anderen Welten.

    Eine einzigartige Fantasy-Abenteuer Sammlung von Alfred Bekker, dem Autor der Zyklen um DAS REICH DER ELBEN, die ELBENKINDER, GORIAN, die DRACHENERDE-SAGA und viele andere mehr.

    Das Zwischenland ist in großer Gefahr. Um sie abzuwenden, folgt der Elbenkrieger Lirandil einer alten Prophezeiung. Drei Zwergenkinder muss er finden: Eines ist ein Zauberlehrling, eines kennt die Zukunft und eines hat die Kraft und das Geschick eines Schmieds. Diese drei ahnen noch nicht, dass nur sie allein die Macht haben, ihre Welt vor dem Untergang zu bewahren. Wird ihnen das gelingen?

    Alfred Bekker ist Autor zahlreicher Romane und Erzählungen mit einer Gesamtauflage von über 4,5 Millionen Exemplaren. Außerdem ist er Verleger und Jazz-Musiker.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

    © by Author / Cover Werner Oeckl

    © dieser Ausgabe 2020 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Die Drachenreiter von Dharioona

    von Alfred Bekker

    DHARIOONA, DIE WELT der Drachen und anderer phantastischer Geschöpfe, befindet sich in einem Doppelsternsystem, das wiederum ein Schwarzes Loch umkreist. Hier verläuft die Zeit langsamer, als im Rest des Universums. Die ersten Menschen kamen einst mit Raumschiffen der krakenartigen Ktoor hierher. Die Ktoor betreiben auf  Dharioona einen Raumhafen.  Ein zweiter Raumhafen wird von den gestaltwandelnden Nugrou betrieben, die mit den Ktoor um das Handelsmonopol auf Dharioona kämpfen. Der dritte Machtfaktor sind die Bhalakiden - Energiewesen, die jenseits des Ereignishorizontes beheimatet sind. Sie schützen Dharioona  mit einem Energieschirm vor den Strahlenausbrüchen des Schwarzen Lochs - und lassen sich dafür von Menschen, Ktoor, Nugrou und allen anderen Bewohnern Dharioonas auf eine ganz besondere Weise bezahlen: Sie fordern ihre Geschichten, um das Multiversum zu vergrößern, denn sie glauben daran, dass alles, was denkbar ist, auch in irgendeiner der zahllosen, miteinander verschränkten Raumzeiten existiert.

    Die menschlichen Siedler dieser Welt widmen sich unterdessen überwiegend der Drachenzucht und dem Krieg untereinander, denn sie sind vollkommen zerstritten. Unter ihnen gilt das Recht des Stärkeren, aber letztlich bleiben selbst die mächtigsten Drachenrancher nur Spielbälle im Kampf höherer Mächte.

    ALFRED BEKKER IST AUTOR zahlreicher Romane und Erzählungen mit einer Gesamtauflage von über 4,5 Millionen Exemplaren. Außerdem ist er Verleger und Jazz-Musiker.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author / COVER DIETER ROTTERMUND

    © dieser Ausgabe 2020 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Folge auf Twitter:

    https://twitter.com/BekkerAlfred

    Zum Blog des Verlags geht es hier:

    https://cassiopeia.press

    Alles rund um Belletristik!

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    1

    Beide Sonnen standen hoch am Himmel, die gelbe und die rote.  Und darüber war die dritte Sonne von Dharioona zu sehen. Die schwarze Sonne—oder genauer: Das Schwarze Loch. Dass alle drei von Dharioona aus gesehen scheinbar so dicht beieinander standen, war selten.

    Nicht so selten war, dass sich der Himmel langsam grünlich verfärbte. Eine Corona aus Lichterscheinungen, herkömmlichen Polarlichtern ähnlich, tanzte am Horizont. Ein tödlicher Partikelstrom traf den Energieschirm der Bhalakiden, der Dharioona schützte.

    Die Bhalakiden, jene geheimnisvollen Wesen aus der Dunkelzone des Schwarzen Lochs, würden dafür ihren Preis verlangen.

    Von allen.

    Von all den empfindlichen Wesen, für die die Strahlungsausbrüche ansonsten tödlich gewesen wären.

    Das galt für die Menschen ebenso wie für Nugrou und Ktoor.

    Ohne die Bhalakiden hätte es auf Dharioona kein dauerhaftes Leben geben können, das nicht extrem strahlungsresistent gewesen wäre.

    Ein paar Kleinstlebewesen und Flechten vielleicht.

    Die Bhalakiden betrachteten sich selbst als edle Wesen des Lichts. Aber sie taten nichts umsonst.

    Früher oder später kamen die Bhalakiden zu jedem, egal ob Mensch, Nugrou, Ktoor oder was es sonst noch an vernunftbegabten Wesen auf Dharioona gab, um ihren Lohn einzufordern.

    Von jedem Einzelnen.

    Niemand konnte sich dem entziehen.

    Für diese Welt waren sie die Götter des Lichts, denen man den Tribut nicht verweigern durfte.

    DER TOD ERSCHIEN ZWEIFACH am Horizont.

    Einmal in Gestalt der durch den Strahlungsausbruch verursachten Lichterscheinungen. Vor diesem Tod bewahrten einen die Bhalakiden, die Götter des Lichts.

    Der andere Tod, der dort erschien, war profaner.

    Und er hatte menschliche Gestalt.

    „Sie kommen!", knirschte Lhesly Mhoorgyn grimmig zwischen den Zähnen hindurch.

    Instinktiv war ihm klar, dass es nichts anderes als der Tod war, der da über den Horizont kroch. Und es gab kein Entrinnen... Lhesly kniff die Augen zusammen und sah in der Ferne eine Reiterschar über die Hügelkette herannahen.

    Fast zwei Dutzend Männer waren es, alle bis auf die Zähne bewaffnet. Einige von ihnen hatten die Gewehre bereits aus den ledernen Futteralen geholt, die sie an den Sätteln befestigt hatten.

    Sie können es nicht erwarten, uns über den Haufen zu schießen, ging es Lhesly Mhoorgyn bitter durch den Kopf. Seine Hand ging unwillkürlich in Richtung des Revolvers, der in dem tiefgeschnallten Holster an seiner Seite hing.

    „Wenn ich das richtig sehe, dann ist das da vorne Dan Ghaars persönlich!", hörte Lhesly die Stimme seines jüngeren Bruders Rhaai, der sein Gewehr fest umklammert hielt.

    Lhesly Mhoorgyn nickte.

    „Ja, du hast recht. Und Jhesseh Shoohs feistes Gesicht sehe ich auch."

    „Ich sage Mum und Dad Bescheid", meinte Rhaai.

    Lhesly nickte.

    „Mach das."

    Rhaai zögerte noch und Lhesly Mhoorgyn wandte leicht den Kopf.

    „Was ist noch?"

    „Glaubst du, es kommt diesmal zum Kampf, Lhesly?"

    „Es sieht ganz so aus."

    Von Anfang an hatten Ghaars und Shooh versucht, die Mhoorgyns aus der Gegend um Ollirama zu vertreiben, aber die waren zäh und hatten bislang allem widerstanden, womit man sie schikaniert hatte.

    Die Leute von Ghaars und Shooh hatten die Horndrachen der Mhoorgyn-Ranch zerstreut, sie hatten die Männer der Umgebung so eingeschüchtert, sodass es keiner von ihnen gewagt hätte, bei den Mhoorgyns als Drachenhüter anzufangen und sie hatten die Geschäftsleute von Ollirama angewiesen, den Mhoorgyns kein Werkzeug zu verkaufen. Aber Belak Mhoorgyn, seine Frau Bet-Sii und die Söhne Lhesly und Rhaai waren geblieben.

    „Sie wollen uns aus dem Weg räumen, Rhaai. Endgültig", murmelte Lhesly.

    „Diese Schufte!"

    „Wir werden es Ihnen nicht leichter machen, als unbedingt nötig!"

    „Glaubst du, wir haben eine Chance, wenn es wirklich hart auf hart kommt, Lhesly?"

    Lhesly Mhoorgyn schwieg und sah der herannahenden Meute mit schmalen Augen entgegen.

    2

    Die Mhoorgyns verschanzten sich im Wohnhaus der Ranch. Lhesly postierte sich am Fenster und beobachtete, wie die Reiter herannahten.

    Seine Mutter lud eifrig Gewehre, während Belak Mhoorgyn sich gerade den Revolvergurt umschnallte.

    Rhaai hatte sich neben der Tür verschanzt, das Gewehr im Anschlag und den Blick starr hinaus gerichtet.

    „Wir sollten gleich losballern!", meinte Rhaai.

    Aber sein Vater war anderer Ansicht.

    „Nein, bestimmte er. „Ich werde mit Dan Ghaars reden. Wir schießen erst, wenn es nicht anders geht!

    „Dad! Glaubst du, die sind hier mit einer solchen Streitmacht herausgeritten, um sich zu unterhalten?"

    „Du tust, was ich sage, Rhaai!", versetzte Belak unmissverständlich.

    Indessen hatte sich auch die Mutter der Mhoorgyn-Söhne ein Gewehr genommen und sich bei einem der Fenster postiert. Bet-Sii Mhoorgyn war eine gute Schützin, die es mit den meisten Männern der Umgebung in dieser Hinsicht ohne weiteres aufnehmen konnte.

    Dann waren die Reiter heran.

    Grimmige Gestalten, bis auf die Zähne bewaffnet und zu allem entschlossen.

    Staub wurde durch fast zwei Dutzend Laufdrachentiere aufgewirbelt. Einige der Kerle sprangen aus den Sätteln und verschanzten sich in der Umgebung. Einen sah Lhesly hinter der Scheune lauern, ein anderer versteckte sich hinter hinter einem Wagen.

    Aber Dan Ghaars blieb im Sattel und kam etwas näher, umringt von seinen Leuten.

    Ghaars hatte schon deutlich angegrautes Haar und ein hageres, lederhäutiges Gesicht. Seine Züge waren hart und in den tiefen Höhlen blitzten zwei eisgraue Augen.

    Ghaars war der größte Drachenrancher in der Gegend um Ollirama. Keiner konnte ihm im ganzen County auch nur entfernt das Wasser reichen.

    Dan Ghaars war so etwas wie der ungekrönte König im County und wer immer es wagte, ihm in die Quere zu kommen, musste mit dem Schlimmsten rechnen...

    Neben ihm ritt Jhesseh Shooh, ein Mann, der ein wenig aufgedunsen wirkte.

    Seine Ranch war ein paar Nummern bescheidener, als die von Ghaars, aber immer noch um einiges größer als das, was die Mhoorgyns in den letzten, harten Jahren hier aus dem Nichts aufgebaut hatten.

    Jedenfalls war Shooh immer noch mächtig genug, sodass ein Mann wie Dan Ghaars es sich nicht erlauben konnte, ihn einfach davonzujagen. Zwischen den beiden herrschte ein gespannter Frieden. Um im Moment waren sie sogar Verbündete. Beide Ghaars und Shooh - waren nämlich der Meinung, dass für einen dritten in diesem Land kein Platz war. In diesem Punkt waren sie einer Meinung

    „Belak Mhoorgyn! Bist du zu Hause?", brüllte Dan Ghaars' heisere Stimme. Als er dann fortfuhr, klang Hohn in seinen Worten mit.

    „Komm raus! Oder willst du lieber deine Frau vorschicken?"

    „Ich knall ihn über den Haufen!", knirschte Rhaai unterdessen.

    „So darf er mit dir nicht reden, Dad!"

    „Nein!, bestimmte Belak Mhoorgyn. In seiner Stimme lag eine Art von Autorität, die keinen Widerspruch duldete. „Ich werde mit Ghaars reden!

    „Trau diesem Hundesohn nicht", mischte sich Lhesly ein.

    „Dieser Mann denkt, dass er sich hier alles erlauben kann. Außerdem hat er keine Skrupel... Und er hat die Wölfe dort sicher nicht mit hier hergebracht, um mit dir einen Plausch zu halten!"

    Belak schüttelte energisch den Kopf.

    Er schien sich seiner Sache ganz sicher zu sein.

    „Ich muss mit ihm reden, Lhesly, erwiderte er, während er seinem ältesten Sohn einen kurzen Blick zuwandte. „Du kannst dir selbst ausrechnen, wie unsere Chancen stehen, wenn Ghaars seine Meute wirklich loslässt! Belak machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich nehme an, er will uns nur einschüchtern. So war es bislang immer! Aber bei mir ist Ghaars da an den Falschen geraten!"

    „Diesmal sieht es anders aus, Dad, knurrte Lhesly Mhoorgyn düster. „Sie meinen es ernst. Ich hab's im Gefühl...

    Belak lachte heiser.

    „Du bist ein Schwarzseher, Lhesly!"

    „Geh nicht hinaus, Dad!"

    „Ich weiß schon, was ich tue!"

    „Dad!"

    Aber Lhesly wusste, dass er dem Willen seines Vaters in dieser Sekunde nichts Ebenbürtiges entgegensetzen konnte. Und so trat Belak Mhoorgyn hinaus, der Schar von Ghaars' hungrigen Hyänen entgegen.

    Aber Belak schien das wenig zu beeindrucken.

    „Was wollen Sie, Ghaars?"

    „Ich will, dass Sie verschwinden, Mhoorgyn!, bellte der Groß-Drachenrancher heiser. „Sie haben genügend Warnungen bekommen! Jetzt ist meine Geduld zu Ende!

    Belaks Stimme klang fest und entschlossen, als er antwortete: „Ich habe dasselbe Recht wie Sie, meine Horndrachen auf diesem Land weiden zu lassen. Dasselbe Recht, haben Sie gehört? Und es gibt nichts, was Sie dagegen tun können!"

    Ghaars' Gesicht blieb regungslos.

    „Ach, nein?, fragte er mit einem Unterton, der vor Zynismus nur so troff. „Mir scheint, Sie übersehen, wie hier im County die Kräfteverhältnisse stehen...

    Belak Mhoorgyn spuckte aus.

    „Sie können sich aufblasen wie Sie wollen! Mich beeindrucken Ihre Mätzchen schon lange nicht mehr!"

    In Ghaars' Gesichtszügen zeigte sich deutlich der Ärger, der in ihm aufstieg.

    „Sie werden schon, was Sie davon haben!", knurrte er wütend.

    „Ich habe Ihnen die Chance gelassen, abzuziehen..."

    Belak Mhoorgyn ließ sich nicht so einfach einschüchtern.

    „Es gilt das Gesetz der freien Weide, Ghaars!"

    „Hier gilt nur mein Gesetz, Belak Mhoorgyn! Und sonst gar nichts!"

    „Hier ist kein Platz für einen Dritten!, mischte sich jetzt der feiste Shooh ein. „Das sollten Sie endlich begreifen, Mhoorgyn!

    Sein schwammiges Gesicht verzog sich zu einem höhnischen Grinsen.

    Die Tatsache, dass er mit fast zwei Dutzend Bewaffneten hier her gekommen war, verlieh ihm offenbar ein Gefühl von Überlegenheit, dass er jetzt genüsslich auskostete.

    „Sie werden sich damit abfinden müssen, dass es einen dritten Drachenrancher in der Gegend gibt, erwiderte Belak Mhoorgyn. „Die Weide ist frei!

    Dafür hatte Dan Ghaars nur ein zynisches Lachen. Dann beugte er sich im Sattel ein wenig vor und zischte: „Entweder, Sie nehmen Ihre Horndrachen und Ihren sonstigen Plunder und verschwinden so schnell Ihre Laufdrachentiere Sie tragen, oder ich werde Ihnen Beine machen müssen! Und das wird nicht angenehm für Sie!"

    „Sie können mit ihren Leuten ruhig wieder abziehen, Ghaars! Meine Meinung werden Sie nicht ändern!"

    „Ist das Ihr letztes Wort, Mhoorgyn?"

    „Ja."

    Ghaars zuckte die Achseln und ließ seinen gutdressierten Laufdrachen ein paar Yards rückwärts gehen.

    „Wie Sie wollen..., murmelte er, wobei er die dünnen, aufgesprungenen Lippen kaum bewegte. „Alles, was jetzt geschieht, haben Sie sich selbst zuzuschreiben, Mhoorgyn! Ich habe Sie gewarnt!

    „Falls Sie jetzt Ihre Meute loslassen wollen, um hier alles in Schutt und Asche zu legen, kann ich nur sagen, dass Sie das bereuen würden!", versprach Belak.

    Ghaars lachte.

    „Ach, ja? Was sollte mich daran hindern?"

    „Meine Söhne haben auf Ihren Kopf angelegt, Ghaars! Wenn Sie hier den wilden Mann spielen wollen, sind Sie der erste, der dran glauben wird!"

    Einen Moment lang floh die Farbe aus Ghaars' Gesicht. Er blickte zu der Fensterfront des Ranchhauses hin und sah einen später Rhaais Gewehrlauf in seine Richtung deuten. Dan Ghaars schluckte.

    Unterhalb seines linken Auges zuckte es nervös.

    „Wir werden sehen!, knurrte er düster. „Aber Sie sollten nicht denken, dass Sie so davonkommen, Mhoorgyn!

    Damit riss er seinen Laufdrachen herum und stob davon. Seine Leute folgten ihm und auch diejenigen, die sich hinter der Scheune und beim Wagen versteckt hatten, sprangen in die Sättel und ritten davon.

    Belak atmete erleichtert auf, als er die Meute mit ihrer riesigen Staubwolke davonpreschen sah.

    Lhesly Mhoorgyn kam jetzt aus dem Haus und trat neben seinen Vater.

    Belak Mhoorgyn klopfte seinem Sohn auf die Schulter und meinte: „Siehst du, Lhesly! Hab ich's doch gesagt! Ein aufgeblasener Gockel ist dieser Ghaars! Aber sobald man ihn von seinem Misthaufen herunterstürzt, ist ein Winzling!"

    Aber der ältere der Mhoorgyn-Söhne blieb skeptisch.

    „Die Sache ist noch nicht ausgestanden", war Lhesly sich sicher.

    Sein Vater zuckte die Achseln.

    „Mal den Teufel nicht an die Wand, mein Sohn!"

    „Und wenn er Ernst macht?"

    „Bislang hat er nur geblufft, Lhesly!, gab er zu bedenken. „So, wie ich vermutet hatte!

    Aber Lhesly Mhoorgyn schüttelte leicht den Kopf. Dann deutete er auf die Reiterschar, die sich schon ganzes Stück entfernt hatte. Die Ghaars-Mannschaft sammelte sich. Dan Ghaars schien einige Anweisungen zu geben.

    Einen Augenblick später teilte sich der Drachenreiter-Pulk in kleine Gruppen auf, von denen einige eine Art Bogen ritten. Man brauchte nicht rätseln, um zu erkennen, was da vor sich ging!

    Ein Angriff!

    „Sie kommen zurück, Dad!, stellte Lhesly tonlos fest. „Jetzt wird es ernst!

    Er wechselte mit seinem Vater einen kurzen Blick. Belak stand mit fassungslosem Gesicht da und konnte nichts sagen. Der Schrecken stand ihm in den Augen.

    „Diese Bastarde", flüsterte Belak dann und riss den Revolver aus dem Holster.

    Wenig später peitschten die ersten Schüsse.

    3

    Belak und Lhesly Mhoorgyn waren zurück ins Wohnhaus gelaufen, um sich dort zu verschanzen.

    Die Angreifer preschten wild um sich schießend von allen Seiten heran. Ein wahrer Geschosshagel prasselte auf die Mhoorgyns hernieder, die sich in ihrem Haus verbarrikadiert hatten. Jetzt ging es ums Überleben.

    Ein oder zwei der Reiter wurden aus den Sätteln geholt und lagen einen Augenblick später reglos im Staub. Der Angriff hatte kaum eine Minute gedauert, da gingen bereits die Scheune und der Laufdrachenstall in Flammen auf.

    Die Laufdrachentiere fauchten markerschütternd. Einige der Tiere konnten sich befreien, rissen das Gatter nieder und stoben in heller Panik davon. Andere hatten weniger Glück und starben einen qualvollen Tod.

    Lhesly hatte sich inzwischen ein Winchester-Gewehr genommen und war zur Rückfront des Ranchhauses gestürmt. Durch den den engen Flur gelangte er in das Schlafzimmer seiner Eltern.

    Ein Hagel von Blei ließ das Fensterglas zerspringen. Lhesly Mhoorgyn pirschte sich bis zur Außenwand vor und postierte sich neben dem Fenster.

    Dann tauchte er blitzartig aus seiner Deckung hervor und ließ kurz hintereinander mehrere Schüsse aus seiner Winchester krachen.

    Winchester...

    Diese Gewehre hatte es angeblich schon auf der Erde gegeben, als die Ktoor die ersten Siedler nach Dharioona brachten. Siedler, die sich im Jahr 1874 in der Wüste New Mexicos verirrt hatten und dann auf ein gelandetes Raumschiff der Krakenartigen gestoßen waren.

    Angeblich waren Winchester-Gewehre seit damals immer wieder nahezu unverändert nachgebaut worden.

    Ebenso wie die Colt-Revolver.

    Es gab Dinge, die ließen sich eben kaum noch verbessern.

    Einen der Reiter holte Lhesly aus dem Sattel. Mit einem gellenden Schrei wurde er nach hinten gerissen, das Gewehr segelte im hohen Bogen davon und landete auf dem Boden. Der Mann war bereits tot, als er dumpf aufschlug. Sein Fuß verfing sich im Steigbügel, sodass die Leiche von dem durchgehenden Laufdrachentier noch ein ganzes Stück über den Boden geschleift wurde.

    Einem anderen der Kerle holte Lhesly den Laufdrachen unter dem Hintern weg und einen Dritten traf er am Waffenarm. Der Mann fluchte lauthals, als ihm der Revolver entglitt. Als der nächste Bleihagel in seine Richtung ging, war Lhesly Mhoorgyn bereits wieder in Deckung gegangen. Die Geschosse peitschten durch das Fenster und zerfetzten das Holz, aus dem der Kleiderschrank auf der gegenüberliegenden Seite des Schlafzimmers gemacht war.

    Manche der Kugeln gingen sogar durch die Hauswand. Sie schlugen glatt durch das dünne Holz der Wände.

    Lhesly hatte ziemlich großes Glück, bislang ungeschoren davongekommen zu sein.

    Er hörte das Geräusch eines davonpreschenden Laufdrachentieres. Einer der Kerle schien sich ziemlich nahe heranzutrauen, aber Lhesly konnte im Moment nichts dagegen tun. Zu stark stand er unter Beschuss.

    Dann segelte irgendetwas Schweres, Langsames durch das Fenster...

    Es war eine Fackel.

    Sie landete direkt auf dem breiten Ehebett von Belak und Bet-Sii Mhoorgyn.

    Lhesly wollte aufspringen, um die Fackel zu ergreifen und wieder hinauszuwerfen.

    Ein Schuss, der dicht an seinem Kopf vorbeistrich, ließ ihn in der Bewegung innehalten.

    Es dauerte nur Sekunden, und das Bett hatte Feuer gefangen. Es war zu spät.

    In seinem Inneren wusste Lhesly dies, aber er wusste auch, dass dieser Kampf so gut wie verloren war, wenn sich das Feuer im Wohnhaus ausbreitete. Und so schnellte vor, warf die Winchester zur Seite und versuchte, die Decke zusammenzurollen und das Feuer zu ersticken.

    Schüsse sirrten von draußen herein, aber darauf nahm Lhesly in diesem Moment keine Rücksicht.

    Er musste es versuchen.

    Aber es war aussichtslos. Das Feuer kroch bereits die Wand empor. Wie ein hungriges Ungeheuer fraß es sich voran, unersättlich und rasend schnell.

    Das Holz, aus dem dieses Haus erbaut war, war staubtrocken. Eine ideale Beute der Flammen. Seit Monaten hatte es keinen Regen gegeben.

    Lhesly sah aus den Augenwinkeln heraus eine Gestalt vor dem Fenster.

    Ein Reiter. Einer von Ghaars' Männern.

    Lhesly kannte ihn. Es war der blonde Bhil Whyyten, seines Zeichens Vormann auf der Ghaars-Ranch.

    Whyyten hatte seinen langen Peacemaker-Revolver in der Rechten und zielte damit direkt auf Lhesly, dessen Hand sofort zur Hüfte ging.

    Lhesly ließ sich instinktiv seitwärts fallen und riss den Revolver aus dem Holster. Er tat dies, obwohl er wusste, dass es aussichtslos war, denn er hatte kaum eine Chance, seine eigene Waffe noch rechtzeitig in Anschlag zu bringen.

    Jedenfalls nicht, bevor der Vormann der Ghaars-Ranch abgedrückt hatte.

    Und Whyyten war in der Gegend ein gefürchteter Schütze. Dass er auf diese Entfernung sein Ziel verfehlte war unwahrscheinlich.

    Lhesly hatte sein Eisen kaum zur Hälfte aus dem Holster gerissen, da krachte bereits Whyytens Schuss.

    Aber annähernd gleichzeitig feuerte noch jemand anderes. Rhaai stand in der Schlafzimmertür und ließ sein Repetiergewehr sprechen. Sein erster Schuss ging Whyyten in die Schulter.

    Der Revolverarm des Vormanns zuckte unwillkürlich nach oben, sodass die Kugel, die eigentlich für Lhesly bestimmt war, ins Nichts ging.

    Aber Whyyten reagierte blitzartig.

    Er feuerte sofort ein zweites Mal und dieser Schuss traf Rhaai Mhoorgyn mitten in der Stirn. Rhaai blieb wie erstarrt stehen. Seine Augen blickten ins Nichts, während sich auf seiner Stirn ein rotes Loch gebildet hatte.

    Auch Lhesly feuerte.

    Dreimal kurz hintereinander.

    Der Vormann schrie getroffen auf, der Revolver entfiel ihm. Er klammerte sich verzweifelt an seinem Laufdrachen fest, der in vollem Galopp davonstob. Nach ein paar Dutzend Yards wurde das Laufdrachentier langsamer. Lhesly sah, wie der getroffene Vormann aus dem Sattel rutschte und reglos im Präriegras liegenblieb. Er hat es nicht besser verdient, ging es Lhesly grimmig durch den Kopf.

    Lhesly Mhoorgyn beugte sich kurz über seinen Bruder. Aber dem konnte er nicht mehr helfen.

    „Verdammt!"

    Tränen des Zorns stiegen Lhesly Mhoorgyn in die Augen. Rhaai hatte ihm das Leben gerettet und jetzt lag er hier mit einer Kugel im Kopf.

    Diese Verbrecher!, dachte er verzweifelt und ballte dabei unwillkürlich die Hände zu Fäusten. Ohnmächtige Wut hatte ihn erfasst. Dafür würden Ghaars und seine Meute bezahlen!, schwor sich Lhesly.

    Und wenn es das Letzte war, was er tat...

    Ein bedrohliches Knistern drang an seine Ohren. Die Flammen fraßen sich voran. Und wahrscheinlich gab es im Moment nichts, das sie noch aufhalten konnte... Es wurde heiß, verdammt heiß.

    Lhesly Mhoorgyn erhob sich.

    Er ging durch den engen Flur und erreichte schließlich die Vorderfront des Ranchhauses. Sein Vater und seine Mutter hatten sich dort verschanzt und feuerten Schuss um Schuss hinaus. Aber die Lage war verzweifelt.

    Lhesly schnellte in geduckter Haltung voran und ging bei einem Fenster in Deckung, in dem kaum noch ein Stück Glas war. Jemand von den Bluthunden da draußen schien die Bewegung gesehen zu haben und ließ ein paar Bleikugeln dicht über ihn hinwegpfeifen.

    Dann verebbte der Beschuss ein wenig und Lhesly nutzte die Gelegenheit dazu, seinen Revolver nachzuladen.

    „Hier!"

    Sein Vater warf ihm eine Winchester zu und Lhesly fing sie sicher mit der Linken.

    „Danke, Dad!"

    „Ist Rhaai noch da hinten?" Belak deutete mit der Hand in Richtung der Rückfront des Wohnhauses.

    Lhesly zögerte eine Sekunde.

    Dann sagte er: „Ja."

    Es war besser, wenn sie die schlimme Nachricht erst später erfuhren, denn jetzt mussten sie alle Kräfte darauf konzentrieren, selbst zu überleben.

    Lhesly tauschte mit seinem Vater einen kurzen Blick. In Belaks Gesicht zuckte es kaum merklich.

    „Im Schlafzimmer ist Feuer!", sagte Lhesly.

    „Verdammt, was machst du dann hier!"

    „Es ist zu spät, Dad! Eine Mannschaft von mindestens einem Dutzend Männern und ein freier Zugang zu unserem Brunnen da drüben - vielleicht wäre das Haus noch zu retten. Aber so wird es uns über den Köpfen wegbrennen, Dad! Ohne, dass wir etwas tun können."

    Und dann war plötzlich Drachengetrappel zu hören. Lhesly tauchte aus seiner Deckung heraus und wurde sofort von einer Gewehrsalve empfangen.

    Das Blei zischte ihm nur so um die Ohren, aber auch Lhesly feuerte.

    Zwei Schüsse aus seiner Winchester konnte er in Richtung des Drachenreiters abgeben, der da mit einer brennenden Fackel in der Hand herangeprescht kam.

    Dieser konnte noch die Fackel durch eines der Fenster schleudern, da holte Lheslys Kugel ihn aus dem Sattel, während das Laufdrachentier sich auf die Hinterbeine stellte. Der Kerl fiel mit einem dumpfen Geräusch in den Staub. Die Fackel war indessen auf dem blanken Holzboden des Ranchhauses gelandet.

    Belak Mhoorgyn hatte das gesehen und verließ seine Deckung, um zu verhindern, dass es auch hier an zu brennen fing.

    „Gebt mir Feuerschutz!", rief er heiser seiner Frau und seinem Sohn zu, die verzweifelt versuchten, dem grausamen Kugelhagel, der von draußen hereinschlug, irgendetwas entgegenzusetzen.

    „Nein!", rief Lhesly, der ahnte, dass das nicht gut gehen konnte. Sein Vater hechtete zu der Fackel, ergriff sie und wollte sie gerade zurückschleudern, als ihn kurz hintereinander drei Kugeln erwischten.

    Die Wucht der Geschosse ließ Belak Mhoorgyn der Länge nach auf den harten Holzboden schlagen. Vergeblich versuchte er noch, die Fackel durch das Fenster zu schleudern. Aber seine Arme gehorchten ihm schon nicht mehr.

    Sein Blick war starr geworden und ging ins Nichts. Die Fackel kam an die Tischdecke, die sofort Feuer fing. Lhesly schluckte.

    Einen Sekundenbruchteil war er wie gelähmt. Sein Vater war tot und es gab nichts, was er noch für ihn tun konnte. Wütend lud er das Winchester-Gewehr durch und feuerte ein paar Kugeln nach draußen. Vorn irgendwoher gellte ein unterdrückter Schrei - halb vor Schmerz, halb vor Wut. Offenbar hatte es einen der Schufte erwischt.

    Lhesly feuerte Schuss um Schuss.

    Bezahlen sollen sie!, ging es ihm grimmig durch den Kopf. Einen der Kerle erwischte er noch, dann fühlte Lhesly plötzlich, wie er nach hinten gerissen wurde. Noch ein Schuss löste sich aus der Winchester, aber der ging ins Nichts. Noch in derselben Sekunde ahnte Lhesly, was geschehen war. Es hatte ihn erwischt.

    An der linken Schulter wurde es blutrot. Das Hemd war zerfetzt.

    Die Wucht des Geschosses ließ Lhesly Mhoorgyn rückwärts taumeln, sodass er für einen winzigen Augenblick ohne Deckung dastand. Eine zweite Kugel fraß sich in seinen Oberkörper und so sank Lhesly kraftlos in sich zusammen.

    Verzweifelt hielt er die Winchester umklammert. Er atmete heftig und versuchte, sich auf dem Gewehrlauf aufzustützen. Sein Blick ging dabei zur Seite. Er sah seine Mutter starr auf dem Boden neben dem Fenster sitzen, an dem sie ihren Posten bezogen hatte.

    „Nein...", flüsterte er.

    Lhesly Mhoorgyn starrte sie mit dem Ausdruck ungläubigen Entsetzens an. Auf den ersten Blick hätte man denken können, dass Bet-Sii Mhoorgyn noch lebte.

    Aber ihr Blick war starr.

    Und ihr Kleid rot.

    Ein dickes Kaliber war glatt durch die Außenwand des Ranchhauses geschlagen und hatte sie getötet. Verzweiflung und kalte Wut erfassten Lhesly Mhoorgyn. Aber er spürte, wie die Kraft aus seinem Körper floh. Er versuchte, sich aufzurichten, aber vor seinen Augen begann sich alles zu drehen. Und dann war da dieser furchtbare, pulsierende Schmerz, der ihn ergriffen hatte.

    Es ist zu Ende!, dachte er.

    Und im Hintergrund hörte er es knistern. Das Feuer heulte sich seine Beute.

    Nichts würde übrigbleiben von der Mhoorgyn-Ranch. Nichts, als ein paar verkohlte Balken und ein bisschen Asche, die der Wind zerstreuen würde...

    Lhesly Mhoorgyn sank auf den rohen Holzboden des Ranchhauses. Schweiß trat auf seine Stirn. Er fühlte die Hitze. Beißender Qualm stieg ihm in die Nase und ließ ihn husten. Es wurde kaum mehr als ein erbärmliches Röcheln. Nein, das durfte nicht das Ende sein!, schrie es in ihm. Aber es schien nichts zu geben, was er noch tun konnte. Ein letztes Mal versuchte er, die Muskeln und Sehnen seines Körpers anzuspannen. Vergebens.

    Vor seinen Augen wurde es schwarz.

    Tiefe Nacht umgab ihn dann und er rechnete nicht damit, dass diese Nacht je enden würde...

    Eine Nacht, schwärzer als die schwarze Sonne am Himmel.

    4

    Dan Ghaars trat mit gezogenem Revolver in das Ranchhaus der Mhoorgyns. Die Gegenwehr war verebbt. Das konnte wohl nur bedeuten, dass es alle Mhoorgyns erwischt hatte.

    „Passen Sie auf, Boss", hörte Ghaars eine heisere Stimme in seinem Rücken.

    Sie gehörte einem blassgesichtigen Mann namens Kharthaer, der für Ghaars arbeitete. Kharthaer hustete. Der Qualm biss in der Lunge. Ghaars lachte zynisch.

    „Hast du etwa Angst?"

    „Man kann nie wissen, Boss! Die Mhoorgyns haben sich zäh gewehrt. Ich traue ihnen alles zu..."

    Ein Knarren ließ die beiden Männer herumfahren. Kharthaer riss sein Gewehr hoch. Ein brennender Balken ging zu Boden und ließ ein Funkenmeer umhersprühen.

    Dann entspannten sich Ghaars' harte Züge, als er Belak Mhoorgyns Leiche sah.

    „Da liegt er also, murmelte er rau. „Er hat es nicht anders gewollt, dieser verdammte Bastard... Er deutete mit dem langen Lauf seines Peacemaker-Revolvers auf einen anderen Körper, der reglos dalag. „Das ist Lhesly, nicht wahr?"

    „Ja", nickte Kharthaer.

    „Wo ist der andere Mhoorgyn-Sohn?"

    „Es hat ihn bestimmt auch erwischt."

    Dan Ghaars atmete tief durch.

    Ja, das war wahrscheinlich.

    Aus dem brennenden Haus hätte niemand unbemerkt hinausgelangen können...

    „Ich hoffe, dass das allen eine Warnung ist, die in Zukunft sich einbilden, einem Dan Ghaars auf der Nase herumtanzen zu können!"

    „So schnell wird das keiner mehr wagen, Boss, murmelte Kharthaer düster. Einen Augenblick später fuhr er dann fort: „Kommen Sie, Mister Ghaars! Es ist verdammt heiß hier! Und ich wette, es dauert nicht mehr allzu lange, bis hier alles wie ein Kartenhaus in sich zusammenstürzt...

    Einen Moment noch glitt Ghaars' Blick über das lodernde Chaos. Dann nickte er leicht und wandte sich zum Gehen. Draußen sah er Jhesseh Shooh, der hoch zu Ross geblieben war. Der feiste Mann verzog das Gesicht, als ihm der Rauch in die Nase stieg.

    „Was ist?", fragte er, obwohl es da eigentlich nur eine Antwort geben konnte.

    „Sie werden uns nie wieder in die Quere kommen, die Mhoorgyns!", meinte Ghaars und verzog dabei das Gesicht zu einem schiefen Grinsen.

    Dabei entblößte er zwei Reihen blitzender Zähne, die ihm etwas Raubtierhaftes gaben.

    Jhesseh Shooh schob sich den Hut ein wenig in den Nacken und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

    Ghaars lachte indessen rau und meinte: „Dafür, dass du zu den Siegern gehörst, machst du ein ziemlich merkwürdiges Gesicht, Jhesseh!"

    „Nun, ich überlege nur so...", knurrte Shooh, der sich in einer Haut irgendwie nicht so recht wohl zu fühlen schien. Ghaars und Kharthaer stiegen in die Sättel.

    „Worüber denkst du nach, Jhesseh?", fragte Ghaars dann, während er sein Laufdrachentier herumriss.

    „Darüber, ob das hier nicht ein bisschen zu hart war, erwiderte Shooh und deutete dabei auf das brennende Ranchhaus. „Hätte es nicht genügt, den Mhoorgyns einen Schrecken einzujagen?

    „Das haben wir doch mehrfach probiert. Dazu waren sie einfach zu zäh. Nein, wir hatten keine andere Wahl", war Ghaars überzeugt.

    „Trotzdem..."

    „Mach dir nicht in die Hosen, Jhesseh!"

    „Ich hoffe nur, dass das keinen Ärger gibt! Es sind schließlich ein paar Menschen draufgegangen!"

    Jhesseh Shooh hatte bei seinen letzten Worten sehr leise gesprochen. Und er wandte sofort den Blick zur Seite, als ihn die eisgrauen Augen von Dan Ghaars zu fixieren begannen. Aus Ghaars Blick sprach eine Mischung aus unverhohlener Verachtung und Wut.

    Der Drachenrancher ballte grimmig die Faust.

    „Hör zu, Jhesseh! Dies ist mein Land! Der ganze County! Die Stadt Ollirama! Nichts geschieht hier, wenn ich es nicht will! Ich dachte, dass du das inzwischen begriffen hättest!"

    „Sicher..."

    „Solange du auf meiner Seite bist, Jhesseh, kann dir nichts passieren!"

    Damit gab Ghaars seinem Laufdrachen die Sporen und ließ ihn voranpreschen.

    Aus Jhesseh Shoohs schwammigen Gesicht floh der letzte Rest von Farbe. Er schluckte.

    Shooh hatte die Drohung, die in Ghaars' letzten Worten lag sofort gespürt. Und irgendwie war ihm auf einmal nicht nicht wohl dabei, an der Seite eines Mannes zu reiten, der seine Freunde kaum besser zu behandeln schien, als andere Leute ihre Feinde.

    5

    Das erste, was Lhesly Mhoorgyn spürte war, dass irgendeine Kraft ihn in die Höhe riss. Er hörte ein Krachen, offenbar das Bersten eines Balkens. Und dazwischen - ganz leise - das Keuchen eines Menschen, der immer wieder leise vor sich hin fluchte...

    Lhesly Mhoorgyn versuchte die Augen zu öffnen. Alles schmerzte. Seine Seite, sein Oberkörper. Und als er die Augen öffnete schmerzte auch das. Es kam ihm grell und heiß entgegen und so kniff er die Augen sofort wieder zu.

    Überall schienen Flammen zu sein. Die Hitze war schier unerträglich...

    Lhesly hustete und erschrak dabei. Es klang entsetzlich schwach.

    Zwei kräftige Hände hatten ihn unter den Achseln gepackt und zogen Lhesly mit sich.

    Dann ging es nach draußen, wo die Luft besser war. Lhesly rang nach Atem. Er wurde noch ein Stück mitgeschleift und dann auf dem Boden liegengelassen.

    Lhesly versuchte sich zu erheben, kam aber nicht weit. Dann sah er über sich ein Gesicht.

    Es war ein schwarzes Gesicht. Schwarz, runzelig und alt. Das Haupthaar und der dünne Bart waren grau.

    Lhesly kannte den Mann.

    Er hieß Mheggyii und bewirtschaftete jetzt mit seiner Frau eine kleine Farm in der Nähe. Einmal hatte Lhesly ihm aus der Klemme geholfen, als Ghaars sich einen Spaß daraus gemacht hatte, den alten Mann mit dicht neben die Füße gezielten Schüssen über sein Feld zu treiben.

    „Hier!", sagte der Schwarze, während er sich zu Lhesly niederbeugte.

    Mheggyii hielt Lhesly seine Feldflasche an den Mund und dieser sog begierig das Wasser in sich hinein. Seine Kehle war wie ausgedörrt.

    Unterdessen sagte Mheggyii: „Die Rauchfahne ist meilenweit zu sehen... Ich habe meinen Wagen mitgebracht!"

    Lhesly versuchte, etwas zu sagen, aber es kam nichts über seine Lippen.

    „Das war Dan Ghaars, nicht wahr", erkundigte sich der Schwarze in Richtung des brennenden Hauses. Es war keine Frage.

    Lhesly Mhoorgyn nickte leicht.

    „Ja, flüsterte er. „Dieser Hund! Er hat sie alle umbringen lassen! Dad, Mum, Rhaai...

    „Ich hatte ihrem Vater gesagt, dass es besser ist, von hier zu verschwinden, meinte der Schwarze. „Gegen Dan Ghaars kommt keiner an!

    „Ghaars wird für das bezahlen, was er getan hat", krächzte Lhesly und verzog dabei das Gesicht vor Schmerz.

    „Ich werde mich um Ihre Wunde kümmern, versprach der Schwarze. „Und dann bringe ich Sie hier weg!

    „Warum tun Sie das, Mheggyii?, fragte Lhesly. „Sie bringen sich damit nur in Gefahr! Schließlich hatten Sie bereits Ärger mit Ghaars!

    Auf Mheggyiis Gesicht erschien ein dünnes, abgeklärtes Lächeln, das einer erst dann bekommt, wenn er schon viel gesehen hat.

    „Ich werde es nie schaffen, einer von Ghaars Lieblingen zu werden, meinte er. „Schon wegen meiner Hautfarbe nicht! Er zuckte die Achseln. „Wenn ich jünger wäre, wäre ich schon längst verschwunden. Aber in meinem Alter überlegt man es sich dreimal, ob man seine sieben Sachen packt und ganz woanders noch einmal von vorne beginnt. Dazu muss man wohl ein paar Jahre weniger auf dem Buckel haben, schätze ich!"

    „Vielleicht...", murmelte Lhesly halblaut.

    Währenddessen gab es beim Ranchhaus einen Riesenkrach. Wände stürzten um, Balken brachen.

    „Ich werde Sie zu mir nach Hause bringen", erklärte Mheggyii.

    „Ich weiß nicht, ob Sie sich damit einen Gefallen tun, Mheggyii!"

    „Ich bin es Ihnen schuldig, Mhoorgyn! Außerdem - wenn ich es nicht täte, dann hätte ich Sie gar nicht erst zu retten brauchen. Allein haben Sie nämlich keine Überlebenschance."

    Lhesly atmete schwer.

    Er wusste, dass Mheggyii recht hatte.

    Der Schwarze ging davon, um seinen Wagen zu holen. Es war ein einfacher Drachen-Zweispänner, hinten mit einer Ladefläche. Lhesly Mhoorgyn versuchte vergeblich, sich aufzurichten. Mheggyii kam herbei und packte ihn unter den Armen. Schließlich gelang es dem alten Mann, Lhesly auf den Wagen zu hieven.

    „Nicht schlecht für einen, der nun wirklich nicht mehr der jüngste ist, was?", rief er.

    Vor Lheslys Augen drehte sich alles.

    Er konnte sich nicht erinnern, sich je dermaßen schwach gefühlt zu haben. Er presste die Hand gegen den Oberkörper und spürte, wie das Blut zwischen seinen Fingern hindurchsickerte... Es musste schnell gehen, war Lhesly klar.

    Sonst würde er sein Leben aushauchen, noch ehe Mheggyiis Wagen irgendwo angekommen war. Anscheinend war diesem das aber ebenfalls klar, denn er schwang sich mit einem Satz auf den Bock und trieb dann die Laufdrachentiere unbarmherzig voran.

    „Heya! Vorwärts, ihr lahmen Laufdrachen!"

    Mheggyii fuhr wie der Teufel und nahm dabei auf nichts und niemanden Rücksicht. Nicht auf sich selbst oder den Wagen, noch auf die Laufdrachentiere, die ihr Letztes geben mussten... Das Gefährt humpelte über den unebenen Boden. Jede Erschütterung bedeutete unsagbare Schmerzen für Lhesly. Aber da war etwas, das den jungen Mann das alles durchstehen ließ, ohne dass ein Laut über seine Lippen kam. Es war der Gedanke an Rache, der in Lhesly brannte!

    Ein Feuer, das gelöscht werden musste.

    Irgendwann!

    6

    Das Bett, in dem Lhesly Mhoorgyn lag, war ein bisschen zu kurz für ihn, aber das war im Moment das geringste Problem. Mrs. Mheggyii hatte ihm einen provisorischen Verband angelegt, nachdem ihr Mann seinen Whiskey-Vorrat geopfert hatte, um die Wunde zu desinfizieren.

    „Es ist nicht das erste Mal, dass ich so etwas mache", sagte er.

    „Allerdings sah es bei keinem schlimm aus wie bei Ihnen, Mister Mhoorgyn!"

    Lhesly war unfähig, etwas zu erwidern.

    Er fühlte den kalten Schweiß auf seiner Stirn. Gut möglich, dass sich die Wunde trotz des Whiskeys entzündete und ihn hinwegraffte...

    Aber er wollte leben!

    „Er braucht einen Arzt, hörte er Mrs. Mheggyii sagen. Sie glaubte wohl, dass er schlief oder ohnmächtig war. „Sonst schafft er es nicht, Jhonn!

    „Ich weiß, erwiderte Mheggyii und seufzte. „Aber ich kann nicht nach Ollirama fahren und Doc Kelly holen!

    „Warum nicht, Jhonn?"

    „Weil der Kerl seinen Mund nicht halten kann und sich wie ein Lauffeuer verbreiten würde, wo der letzte der Mhoorgyn-Familie sich aufhält. Was glaubst du, wie schnell wir hier Besuch bekämen."

    Mrs. Mheggyii atmete tief durch. „Das ist wahr. Aber ohne Doc ist er so gut wie tot..."

    „Ich hole einen aus Lokkwuth!"

    „Dann bist du zwei Tage unterwegs! Ob er es bis dahin schafft?"

    Mheggyii zuckte die Achseln.

    „Wenn Dan Ghaars oder einer seiner Spießgesellen ihm den Rest gibt, wird seine Chance dadurch auch nicht besser, oder?"

    Jhonn Mheggyiis Schritte, als er den Raum verließ - das war das letzte, was Lhesly Mhoorgyn hörte. Dann umgab ihn tiefe Dunkelheit. Schwarze Bewusstlosigkeit senkte sich über ihn und erlöste ihn für eine Weile von seinen Qualen.

    7

    Die folgenden zwei Tage verbrachte Lhesly Mhoorgyn in einem Dämmerzustand zwischen Fiebertraum und Bewusstlosigkeit. Ab und zu tauchte er aus diesem Zustand auf und sah in das Gesicht von Mrs. Mheggyii, die ihm kalte Tücher auf die Stirn gelegt hatte, um das Fieber zu dämpfen.

    „Ist Ihr Mann noch nicht zurück?", hauchte Lhesly in einem seiner wenigen Wachmomente.

    Mrs. Mheggyii schüttelte den Kopf.

    „Ich bete darum, dass er einen Doc gefunden hat!"

    Es war gegen Mittag des dritten Tages, als Jhonn Mheggyii endlich zurückkehrte.

    Und mit ihm kam ein hagerer, hoch aufgeschossener Mann in einem abgeschabten dunklen Anzug. Der Staub von der Fahrt durch das trockene Brassada-Land war unverkennbar.

    „Das ist Doc Lhynkleyter aus Lokkwuth", stellte Mheggyii ihn vor.

    Lhynkleyter verzog keine Miene.

    Der Doc wandte sich sofort seinem Patienten zu, stellte seine Tasche auf einen Stuhl und zog sich die Jacke aus.

    „Er hat Fieber", sagte Mrs. Mheggyii.

    Aber das sah der Doc sicher auch selbst.

    Er krempelte die Ärmel hoch. „Machen Sie heißes Wasser!"

    „Ja."

    Der Doc untersuchte kurz die Wunde

    „Ich muss operieren", murmelte er dann.

    Und in der nächsten Stunde holte er zwei Kugeln aus Lhesly Mhoorgyns Körper.

    Als er fertig war, packte er seine Sachen und wandte sich zum Gehen.

    „Sie können sich nicht einfach davonmachen, sagte Mheggyii. „Jetzt nicht!

    „Ich kann nichts mehr tun, sagte der Doc. „Alles, was getan werden konnte, habe ich getan. Vielleicht kommt er durch. Er sieht kräftig aus. Und er hat viel Lebenswillen. Das sind gute Voraussetzungen. Bevor Doc Lhynkleyter ging, wandte er sich noch einmal an Mheggyii. „Wer bezahlt übrigens meine Auslagen?"

    „Warten Sie, sagte Mheggyii. „Wie viel bekommen Sie?

    Der Doc nannte seinen Preis. Und Mheggyii ging an Lheslys Tasche und nahm die letzten Dollars heraus, die sich darin befanden. Er musste selbst noch ein paar Cent dazulegen, damit es stimmte.

    Dann ging der Doc wortlos hinaus, bestieg seinen Laufdrachen und preschte davon.

    8

    Die Tage gingen dahin und Lhesly Mhoorgyns Zustand besserte sich zusehends.

    Das Fieber ging zurück, die Wunde begann zu heilen, aber Lhesly war immer noch sehr schwach.

    Stundenweise stand er auf, lief etwas herum und wirkte wie ein gefangenes Tier, das nur darauf brannte, in die Freiheit entlassen zu werden.

    „Können Sie mir irgendwie ein Laufdrachentier überlassen, Mheggyii?", fragte er den Schwarzen eines Tages.

    „Sie sind noch nicht gut genug beieinander, um aufzubrechen zu können", erwiderte der alte Mann.

    Lhesly lächelte dünn.

    „Je eher, desto besser!"

    „Damit Sie in der Brassada verrecken?"

    „Ich bin ein harter Brocken, Mheggyii."

    „Das schon..."

    „Also, was ist? Ich habe keine Lust zu Fuß zu laufen..."

    „Und keinen Dollar mehr!"

    „Sie werden es von mir zurückbekommen, Mheggyii! Alles, was Sie für mich getan haben! Sobald ich ein paar Dollar habe..."

    Mheggyii legte ihm eine Hand auf die Schulter.

    „Damit lassen Sie sich ruhig Zeit! Ich weiß, dass Sie nichts schuldig bleiben!"

    „Ich werde zurückkehren. Eines Tages!"

    „Sicher..."

    Am nächsten Tag ritt Lhesly Mhoorgyn los. Mheggyii überließ ihm zu dem Laufdrachentier einen alten Sattel und Lhesly schaffte es mit einiger Mühe, in die Steigbügel zu steigen und oben zu bleiben.

    „Das Hemd meines Mannes steht Ihnen nicht schlecht", meinte Mheggyiis Frau.

    „Ich danke Ihnen für alles", sagte Lhesly.

    „Gegen die Wölfe müssen die Schafe zusammenhalten, sagte Jhonn Mheggyii. „Sonst haben sie überhaupt keine Chance!

    Es gibt nur wenige Schafe und noch weniger Wölfe auf Dharioona, sagte Lhesly. Vielleicht gibt es sie auch gar nicht mehr. Und vielleicht hat es sie nie hier gegeben.

    Aber es sind Tiere, von denen die Bibel erzählt, sagte Mheggyii.

    Lhesly Mhoorgyn schwieg.

    Natürlich kannte er die Geschichten von Schafen.

    Nein, dachte er. Er gehörte keineswegs zu den Schafen. Und dieser Kampf war auch noch nicht zu Ende...

    Lhesly winkte den Mheggyiis kurz zu und ließ den Laufdrachen dann über das weite Grasland laufen.

    Einmal drehte Lhesly sich kurz im Sattel herum, kurz bevor er hinter dem Horizont verschwand.

    „Ich frage mich, ob wir ihn je wiedersehen", meinte Mrs.Mheggyii.

    Drei Monate später ging auf der Bank von Ollirama eine Überweisung für Jhonn Mheggyii ein. Anonym, nur mit dem Vermerk versehen: Für den Laufdrachen!

    Das war für lange Zeit das letzte Lebenszeichen von Lhesly Mhoorgyn.

    9

    Drei Jahre waren vergangen ...

    Gelbe Jahre.

    Damit waren die Jahre der Gelben Sonne gemeint. In dieser Zeit umkreiste Dharioona einmal die Gelbe Sonne. Wenn der Planet zwischen der gelben und der roten Sonne herzog, begannen die roten Nächte, denn dann wurde es nicht dunkel. In der Nacht stand dann die rote Sonne am Himmel und überstrahlte den Mond.

    Es gab auch die Jahre der schwarzen Sonne, innerhalb dessen Dharioona und seine beiden Sonnen gemeinsam das Schwarze Loch umkreisten. Erstaunlicherweise war das Jahr der schwarzen Sonne kürzer als das Jahr der gelben Sonne.

    Das ganze System raste mit geradezu rasender Geschwindigkeit um das Schwarze Loch.

    Dan Ghaars stand auf der Veranda seines Ranch-Hauses und blickte über das weiße Grasland, als dessen Herr er sich fühlte. Hinter den Hügeln lag irgendwo Ollirama, eine Stadt, die in den letzten Jahren stark gewachsen war

    Und auch dort war sein Wort nach wie vor maßgebend. Mit seinem Geld waren die Kirche und das Rathaus gebaut worden. Zwei von drei Saloons gehörten ihm und beim Drugstore war er Teilhaber.

    Und wenn das alles nicht genug war, um Einfluss zu nehmen und etwas so hinzubiegen, wie es Dan Ghaars in den Kram passte, dann blieb ihm immer noch seine knochenharte Ranchmannschaft. Viele der Männer, die Ghaars angeheuert hatte, waren keine gewöhnlichen Drachenhüter, sondern Männer mit dunkler Vergangenheit und einem lockeren Schießeisen. Männer, die bereit waren, für ein Trinkgeld zu töten... Dan Ghaars führte langsam die Blechtasse mit dem heißen Kaffee zum Mund und beobachtete einige seiner Leute dabei, wie sie Laufdrachentiere einritten.

    Dann ging sein Blick zum Horizont.

    Einige Reiter kamen über die sanften Hügel. Ihre Gestalten wurden rasch größer und es dauerte nicht lange, da war Ghaars klar, dass das nicht seine eigenen Leute waren.

    „Kharthaer!", rief er nach seinem neuen Vormann. Und schon einen Augenblick später kam dessen blasse Gestalt aus einem der Nebengebäude heraus, in dem die Mannschaft ihre Unterkünfte hatten.

    Kharthaer kam zur Veranda.

    „Was gibt's, Boss?"

    „Dahinten! Dan Ghaars deutete mit der Blechtasse auf die Reiter. „Das sind Jhesseh Shooh und seine Leute! Es wird Ärger geben!

    „Shooh ist ein Feigling, Mister Ghaars. Er wird es nicht wagen, sich gegen Sie zu erheben!"

    „Nein, aber kann mir Schwierigkeiten machen", knurrte Ghaars grimmig.

    Kharthaer überprüfte indessen den Sitz seines Revolvers. Sicher war sicher.

    Auch die anderen Männer waren auf die Ankömmlinge aufmerksam geworden.

    Als die Reiter bis zur Veranda des Ranchhauses herangekommen waren, hob Jhesseh Shooh die Hand. Der Trupp kam zum Stehen, während Ghaars Leute sich nicht weiter um die Wildlaufdrachens hinter dem Gatter scherten, sondern näherkamen und die Neuankömmlinge interessiert musterten.

    Dan Ghaars blieb sehr ruhig.

    Er trug im Moment keinen Revolver an der Seite, aber das war nicht weiter schlimm.

    Wenn es hart auf hart ging und ein Schießeisen benutzt werden musste, dann würde er sich auf seinen Vormann Kharthaer verlassen können.

    „Was ist los, Shooh?, rief Ghaars. „Sie haben ja eine ganze Armee mitgebracht! Trauen Sie sich nicht mehr allein hier her!

    Jhesseh Shoohs feistes Gesicht verzog sich ärgerlich.

    „Ich muss mit Ihnen reden, Ghaars!"

    „Kommen Sie ins Haus, Shooh!"

    „Nein!"

    Ghaars hob die Augenbrauen. Aber seine kantigen Züge zeigten keinerlei Regung. „Wie Sie wollen!"

    „Die Sache lässt sich schnell regeln, wenn Sie vernünftig sind! Es geht um die Nordweide..."

    „Was ist damit?"

    „Tun Sie nicht so! Seit Jahren schon nutzen meine Drachenhüter sie..."

    „Damit ist nun Schluss", erwiderte Ghaars kalt und schnitt Shooh damit das Wort ab.

    Shooh war außer sich.

    „Ich konnte es erst kaum glauben! Sie haben Ihre Bastarde losgeschickt und meine Tiere zerstreut..."

    „Schon möglich, zischte Ghaars und dabei fixierte sein kalter Blick den anderen Drachenrancher. „Ich brauche die Weide jetzt! Und die beiden Drachenhüter von Ihnen, die meine Leute auf der Nordweide antrafen, waren klug genug, um zu erkennen, wie hier die Kräfteverhältnisse sind. Ich hoffe, Sie sind es auch, Shooh!

    „Sie haben kein Recht dazu!"

    „Ach, nein?"

    „Ich brauche die Weide!"

    „Sehen Sie zu, dass Ihre Tiere und Ihre Drachenhüter sich dort in Zukunft nicht mehr blicken lassen. Habe ich mich klar ausgedrückt?"

    Shoohs Nasenflügel bebten vor zorniger Erregung. Die Hand wurde unwillkürlich zur Faust.

    „Damit kommen Sie nicht durch, Ghaars!"

    Ghaars lachte rau.

    „Was Sie nicht sagen..."

    Der Drachenrancher drehte sich halb herum und trank den Kaffee aus. Er schien keine Lust mehr zu haben, sich weiter mit Shooh zu streiten.

    „Sehen Sie mich an, Ghaars!"

    „Es ist alles gesagt!"

    „Sie arroganter Kerl! Sie glauben wohl, Sie könnten sich alles erlauben, aber irgendwann werden Sie einen Schritt zu weit gehen! Irgendwann..."

    Shooh war rot angelaufen. Er wirkte wie eine Dynamitstange kurz vor der Explosion.

    „Seien Sie vernünftig, Shooh!"

    „Sie meinen, ich soll den Schwanz vor Ihnen einziehen!

    Aber..."

    Ghaars hörte nicht weiter zu, sondern ging in Richtung Tür und ließ Shooh wie einen begossenen Pudel stehen.

    Das brachte das Fass zum Überlaufen!

    „Verdammt, sehen Sie mich an, Ghaars!"

    Und dann ging Shoohs Hand zur Hüfte. Er hatte den Griff seines 45er Revolvers kaum berührt, da hatte Kharthaer, der neue Vormann der Ghaars-Ranch bereits sein Eisen herausgebracht und abgefeuert.

    Shooh schrie auf, als ihm die Kugel in den Körper vor. Die Wucht des Geschosses riss ihn nach hinten und streckte ihn zu Boden. Irgendwo im Bereich der Schulter musste es ihn erwischt haben, denn sein Hemd färbte sich dort blutrot. Sein Revolver steckte noch immer im Holster und im Moment war er auch gar nicht in der Lage, ihn noch zu erreichen. Sein rechter Arm schien ihm nämlich nicht mehr zu gehorchen. Einige aus der Shooh-Mannschaft waren zusammengezuckt und hatten die Hände zu den Revolvern gleiten lassen. Aber sie waren sofort zu Salzsäulen erstarrt, als sie in die offenen Revolvermündungen blickten, die von allen Seiten auf sie gerichtet waren.

    Ghaars' Leute hatten eine Art Halbkreis um den Reitertrupp gebildet.

    Shoohs Leute waren klug genug, nichts zu unternehmen. Ihr Boss wand sich indessen im Staub und stöhnte vor Schmerz.

    Dan Ghaars drehte sich langsam herum und knurrte dann: „Was ist? Wollt ihr euren Boss hier liegenlassen?"

    Zwei der Reiter sprangen nach einigem Zögern aus dem Sattel. Die Angst steckte ihnen im Nacken, das war ihnen deutlich anzusehen. Sie beugten sich über Shooh, halfen ihm auf und hievten ihn auf seinen Laufdrachen.

    „Ihr Tag wird auch noch kommen, Ghaars!, krächzte Shooh. Ghaars konnte dafür nur ein müdes Lächeln erübrigen.„Das, was Sie heute versucht haben, sollten Sie nie wieder versuchen, Shooh! Ich habe Männer schon aus viel nichtigeren Anlässen ins Jenseits geschickt, wenn es nötig war...

    Jhesseh Shooh lenkte mühsam sein Laufdrachentier herum und gab ihm die Sporen. Seine Männer folgten ihm, verängstigt wie ein Schar Hasen.

    Shooh und seine Leute schienen es eilig zu haben, diesen Ort zu verlassen.

    Nicht lange und die Reitergruppe war hinter den nächsten Hügeln verschwunden.

    Dan Ghaars wandte sich an seinen Vormann Kharthaer.

    „Danke, Rhooy!"

    „Sie wissen doch, dass Sie sich auf mich verlassen können, Boss!"

    Ghaars nickte. „Sicher."

    Auf Rhooy Kharthaers bleichem Gesicht zeigte sich die Ahnung eines Lächelns. Es wirkte mehr wie eine Grimasse. Er strich sich den dünnen Oberlippenbart glatt und meinte dann: „Sie haben jetzt einen weiteren Feind, Ghaars!"

    „Sprichst du von Shooh, diesem feigen Hund?"

    „Er hasst Sie, Mister Ghaars! Und wenn sich eine Gelegenheit ergibt, wird er gegen Sie vorgehen!"

    Ghaars lachte schallend und schüttelte energisch den Kopf.

    „Er ist ein Feigling, Rhooy! Er wird es nicht wagen, die Hand gegen mich zu erheben, so sehr ihn das mit der Nordweide auch wurmt!"

    „Ich hoffe, Sie haben recht, Mister Ghaars!"

    Ghaars hob die Augenbrauen und musterte seinen Vormann eine Weile. Dann fragte der Drachenrancher: „Was würdest du vorschlagen?"

    Rhooy Kharthaers Gesicht blieb völlig unbewegt.

    Dann machte er eine eindeutige Geste, indem er seine Handkante am hervorstehenden Adamsapfel vorbeischnellen ließ.

    „Wenn's nach mir ginge: Kurzer Prozess, Boss! Wie damals, bei diesem widerspenstigen Belak Mhoorgyn und seinen nichtsnutzigen Söhnen!"

    „Die hatten auch nicht ein Dutzend Drachenhüter auf ihrer Seite", gab Dan Ghaars zu bedenken. Er hatte auch schon mit dem Gedanken gespielt, scheute aber das Risiko.

    Ein hässliches schiefes Grinsen spielte um Rhooy Kharthaers Mundwinkel.

    „Zahlen Sie jedem der Männer einen Jahresverdienst. Was glauben Sie, wie schnell die über alle Berge sind!"

    10

    Es war bereits dunkel , als der einsame Drachenreiter die Stadt Ollirama erreichte.

    Er war tagelang geritten. Den dunklen Hut trug er tief ins Gesicht gezogen, den Kragen seiner Jacke hatte er hochgeschlagen. An der Seite blitzte der Revolver hervor, den er im tiefgeschnallten Holster stecken hatte.

    Der Reiter hielt geradewegs auf den Dead Dragon-Saloon zu, in dessen Räumen sich Hotelzimmer befanden.

    Sein Laufdrachentier machte er an der Querstange neben den anderen Laufdrachen fest, dann hängte er sich die Satteltaschen über die linke Schulter und nahm die Winchester aus dem Sattelschuh. So ging er durch die Schwingtüren.

    Drinnen herrschte ausgelassene Stimmung. Ein paar Männer standen an der Theke, an den Tischen wurde Karten gespielt. Der Fremde blieb einen Augenblick in der Tür stehen und ließ den Blick über die Männer schweifen. Dann ging er gerade durch den Raum und legte seine Sachen auf die Theke.

    „Ich will ein Zimmer mit Blick zur Straße", sagte er zu der schönen Saloonerin mit den hellblonden Haaren, die zusammen mit einem langen, dürren Kerl hier den Laden zu schmeißen schien.

    Sie war ziemlich jung und außerordentlich hübsch. Wahrscheinlich kam ein Teil der Männer nur ihretwegen hier her, denn der Whiskey war teurer als in den anderen drei Saloons von Ollirama.

    Die Blonde schenkte dem Fremden ein reizendes Lächeln und meinte: „Kein Problem!"

    Das ist in Wahrheit ein Nugrou-Gestaltwandler, meinte einer der anderen Männer. Fall nicht auf die rein, Fremder.

    Ich pass schon auf.

    Sieht man denen nicht an!

    Ich weiß.

    Weißt du, wie die in Wahrheit aussieht?

    Wie denn?

    Wie eine riesengroße, schleimige Amöbe, die so groß wie ein Mehlsack ist.

    Red keinen Unsinn!, meinte die Blonde.

    Ist die Wahrheit!

    Du hast zuviel getrunken!

    Schütt mir das Glas wieder voll und ich nehme alles zurück!

    Sie schüttete ihm das Glas nochmal voll.

    Dann wandte sie sich an den Fremden.

    Glauben Sie dem Idioten kein Wort.

    In diesem Moment wurden alle im Raum kurzzeitig geblendet. Ein Bhalakide betrat den Schankraum. Ein Lichtwesen, das in einen Zustand reiner Energie übergehen konnte. Die humanoiden Umrisse wurden jetzt klarer. Der Bhalakide gewann Substanz. Energie wandelte sich in eine Form.

    Ich bin gekommen, den Preis zu fordern, den ihr alle zu entrichten habt, sagte der Bhalakide, dessen humanoider Körper jetzt nur schwach schimmerte.

    Es war plötzlich vollkommen ruhig. Niemand sagte noch ein Wort.

    Der Bhalakide wandte den Kopf.

    Erzählt mir eure Geschichten. Wir Bhalakiden schützen euch vor der Strahlung. Dafür schuldet ihr uns Geschichten. Es reicht, wenn du mir deinen Gedankenstrom sendest. Aber du kannst sie auch erzählen. Ob sie erlogen ist oder wirklich erlebt, spielt keine Rolle—denn alles, was denkbar ist, existiert auch in irgendeiner Variante des Multiversums. Der Gedanke allein schafft die Wirklichkeit. Gut imaginiert ist wertvoller als schlecht wiedergegeben.

    Die Bhalakiden kamen gerne in die Saloons. Denn da fanden sich immer viele, die mit großen Taten prahlten, die nie stattgefunden hatten.

    Gerade solche Geschichten, liebten die Bhalakiden besonders.

    Angeblich halfen sie ihnen, die Komplexität des Multiversums mit seinen unendlich vielen verschränkten Raumzeiten noch besser zu verstehen, als sie es ohnehin schon taten. Aber vielleicht war ihnen in ihrer Heimat jenseits des Ereignishorizontes auch einfach nur langweilig.

    Jeder Geschichte wurde von den Bhalakiden ein Wert zugemessen. Dieser Wert wurde in ein Konto eingetragen, dass sie für jeden Bewohner Dharioonas führten. Und wenn dieses Konto einen zu kleinen Betrag aufwies, dann machten die Lichtgestalten auch Hausbesuche, um die Geschichten einzufordern, die ihnen zustanden.

    Manch ein grober Drachenhüter hätte es vielleicht gewagt, Gott zu lästern.

    Aber einem Bhalakiden die ihm zustehende Geschichte zu verweigern, das wagte normalerweise niemand.

    Normalerweise...

    Es hätte dafür auch nur einen einzigen legitimen Grund gegeben...

    DER BHALAKIDE WANDTE den Kopf, so dass man denken konnte, dass er den Blick schweifen ließ. Aber das war nur eine menschliche Analogie. Ob der Bhalakide überhaupt so etwas wie Augen und einen Blick hatte, wusste niemand.

    Wir nehmen eure Geschichten ins Reich des Lichtes, wo wir sie in der Xaradim-Station auf ewig bewahren, sagte der Bhalakide.

    Die Bhalakiden unterhielten in diesem und in anderen Universen ein Netz von Xaradim-Stationen, die einen Transfer über das Wurmloch an beliebige Koordinaten der Raumzeit ermöglichte. Die Raumschiffe der Ktoor nutzten diesen Weg bisweilen für ihre weiten Reisen. Es war eine Art Verkehrsnetz für das Multiversum. Und um dieses Multiversum ständig zu erweitern, sammelten sie Geschichten. Alles, was denkbar war, existierte auch—so lautete ihr oberstes Axiom.

    Ein Mhoorm, den es auf verschlungenen Wegen nach Dharioona verschlagen hatte, meldete sich zu Wort und riss sein Maul mit den großen Hauern auf.  Ich habe eine Geschichte für dich!, rief er dröhnend. Ich bin auf einem Flugdrachen geritten - obwohl alle sagen, dass das nicht möglich sei! Aber ist möglich! Ich habe es bewiesen! Hiermit! Er zog sein Schwert mit der leuchtenden Monoklinge. Wenn man einen Flugdrachen damit piekt, macht er, was man will! Ich habe halb Dharioona überquert und alle haben es gesehen! Niemals zuvor hat es einen gegeben, der einen gegeben, der einen Flugdrachen ritt!

    Der Bhalakide schien weniger angetan.

    Langweilig, sagte er. Stattdessen wandte er sich an den Fremden und richtete seinen leuchtenden Arm auf ihn. Deine Geschichte will ich hören.

    Der Fremde drehte sich nicht um.

    Du bekommst meine Geschichte nicht.

    Was?

    Du hast richtig gehört.

    Du weißt, dass es nur einen legitimen Grund gibt, mir deine Geschichte zu verweigern!

    Meine Geschichte ist noch nicht zu Ende, raunte der Fremde.

    Der Bhalakide ließ einen blassen Strahl aus seinem Lichtarm herausschießen. Der Strahl traf den Kopf des Fremden. Für Augenblicke war der Kopf des Fremden in helles Licht eingehüllt. Dann war es vorbei.

    Du hast wahr gesprochen, sagte der Bhalakide. Deine Geschichte ist noch nicht zu Ende.

    Sag ich doch, sagte der Fremde.

    Ich werde sie mir von dir holen, wenn es soweit ist, kündigte der Bhalakide an. Er wandte sich an den Mhoorm-Barbaren, der sein Monoschwert wieder weggesteckt hatte. Dann werde ich mich jetzt mit deiner Geschichte langweilen.

    Was heißt hier langweilen?, meinte der Mhoorm und stieß einen zornigen Gurgellaut aus. Der Speichel troff von seinen Hauen, als er sein Maul öffnete. Ihr könnt alle mithören!, rief er. Aber die anderen im Saloon wandten sich ab. Offenbar hatte der Mhoorm schon reichlich mit seinem Drachenritt geprahlt.

    So ein Angeber, murmelte der Fremde währenddessen und trank sein Glas leer.

    PLÖTZLICH KAM EINER der anderen Kerle herbei. Seiner Kleidung nach war ein Drachenhüter. Er trug die ledernen Chaps noch um die Beine.

    Er packte den Fremden an der Schulter und riss ihn herum. Er blickte ihm direkt in die dunklen Augen. Ein Drei-Tage-Bart stand in dessen Gesicht.

    Aber der Drachenhüter erkannte ihn dennoch und erbleichte.

    „Lhesly Mhoorgyn, flüsterte er und schüttelte fassungslos den Kopf. Der Drachenhüter wich ein paar Schritte zurück und stierte den Fremden an, als hätte er ein Gespenst vor sich. „Das ist unmöglich...

    Mit einem Mal herrschte Totenstille im Schankraum. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können.

    „Ich kenne dich, sagte Lhesly Mhoorgyn mit ruhiger, tiefer Stimme an den Drachenhüter gewandt. „Du bist Heeyndz - einer von Dan Ghaars' Männern!

    Der Drachenhüter sagte gar nichts.

    Er stand mit offenem Mund da und schüttelte nur stumm den Kopf. Lhesly Mhoorgyns Gesicht blieb regungslos. Seine dunklen Augen musterten Heeyndz abschätzig.

    „Du wunderst dich, dass noch einer der Mhoorgyns am Leben ist, nicht wahr?"

    „Ich..."

    „Ja, es war wirklich großes Glück dabei! Und es hat eine Weile gedauert, bis ich wieder einigermaßen auf den Beinen war. Aber ich habe es geschafft!"

    „Hören Sie...", flüsterte Heeyndz, brach dann aber ab. Er schien selbst nicht so recht zu wissen, was er sagen sollte und deshalb stammelte er nur irgendetwas vor sich hin. Er hatte Angst. Vielleicht war es auch so etwas wie ein Gewissen, was sich bei ihm meldete. Die Gespenster der Vergangenheit waren zurückgekehrt und verlangten nach Gerechtigkeit... Heeyndz wich noch zwei Schritte zurück.

    Lhesly Mhoorgyn bemerkte sehr wohl, wie sich die Hand des Drachenhüter immer weiter in Richtung des Revolverholsters stahl, dass er an der Seite trug...

    „Drei Jahre ist es jetzt her, seit meine Eltern und mein Bruder umgebracht und unsere Ranch niedergebrannt wurde!, fuhr Lhesly indessen fort. Dabei ließ der den Blick nicht von Heeyndz, der noch immer nicht so recht verdaut zu haben schien, was vor sich sah. „Drei Jahre!, sagte Lhesly und die ganze Bitterkeit kam in ihm wieder hoch. „Und du warst dabei, Heeyndz! Ich habe dich unter den Reitern gesehen!"

    Heeyndz atmete tief durch.

    Er hörte, wie die anderen Männer zu tuscheln begannen.

    „Er ist es!"

    „Kein Zweifel, er ist es!"

    „Hieß es nicht, alle Mhoorgyns wären umgekommen?"

    Heeyndz war schon fast bei der Schwingtür.

    Er schien sich noch nicht entschieden zu haben, ob er den Revolver ziehen oder sich davonmachen sollte.

    „Du bist hier, um Ärger zu machen, nicht wahr?", fauchte er Lhesly dann an, nachdem er einigermaßen Luft geschnappt hatte.

    „Ich bin hier, um die Mhoorgyn-Ranch wieder aufzubauen, erklärte Lhesly kühl und setzte dann noch hinzu: „Und um Gerechtigkeit zu fordern! Du kannst meinetwegen gleich zu deinem Boss rennen, um ihm das zu sagen!

    „Du musst wahnsinnig sein, Mhoorgyn!", zischte Heeyndz.

    „Das wird sich zeigen!"

    Damit wandte Lhesly sich zum Schanktisch um und sagte zu der blonden Saloonerin: „Geben Sie mir das Gästebuch, Miss, damit ich mich eintragen kann. Außerdem brauche ich eine Mahlzeit, die unter die Rippen geht und ein Bad. Ich habe die letzten vier Tage im Sattel verbracht!"

    Erst hatte es so ausgesehen, als wollte Heeyndz durch die Schwingtüren ins Freie.

    Aber urplötzlich überlegte er es sich anders. Heeyndz' Rechte ging griff blitzartig zum Revolver. Nur den Bruchteil einer Sekunde später krachte bereits der erste Schuss. Aber Heeyndz hatte überhastet losgeballert.

    Die Kugel durchschlug dicht neben Lhesly den Schanktisch und ließ dessen Holz splittern. Gleichzeitig waren die Salooner in Deckung gegangen.

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