Dear Girlboss, we are done
By Bianca Jankovska and Julia Feller
5/5
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About this ebook
Doch was, wenn unsere Schwestern gar nicht bereit sind, ausbeuterische Strukturen grundsätzlich zu verändern? Wir finden: solange die Girlbosse dieser Welt am spätkapitalistischen Banana-Bread mitnaschen, können sie sich ihre pseudo-emanzipatorischen T-Shirts, Productivity-Hacks und hübsch bebilderten Periodenkrämpfe ins Bullet-Journal schmieren.
Zeit für radikale Dekonstruktion.
We ain't buying your shit no more.
Bianca Jankovska
Bianca Jankovska schreibt ins Internet, seit es Beepworld gibt. Inzwischen hauptberuflich auf @groschenphilosophin über Bürostuhlterror und Popkultur. Hin und wieder unterrichtet sie auch an wichtigen Instituten, die schlecht zahlen, und spricht im Podcast Tired Women mit anderen Frauen über Probleme. Zuvor studierte sie Politikwissenschaft und Publizistik an der Universität Wien und Antwerpen, bevor sie in gegenseitigem Einvernehmen an einer klassischen Journalismus-Karriere scheiterte.
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Dear Girlboss, we are done - Bianca Jankovska
Bianca Jankovska schreibt ins Internet, seit es Beepworld gibt. Inzwischen hauptberuflich auf @groschenphilosophin über Bürostuhlterror und Popkultur. Hin und wieder unterrichtet sie auch an wichtigen Instituten, die schlecht zahlen, und spricht im Podcast Tired Women mit anderen Frauen über Probleme.
Zuvor studierte sie Politikwissenschaft und Publizistik an der Universität Wien und Antwerpen, bevor sie in gegenseitigem Einvernehmen an einer klassischen Journalismus-Karriere scheiterte.
Julia Feller studierte Kommunikationsdesign, Kunstgeschichte sowie Deutsche Sprache und Literatur – und brach diese erfolgreich ab. Als treue Anhängerin der Generation Y arbeitet sie seitdem in prekären Arbeitsverhältnissen und streitet sich freiberuflich mit Redakteur*innen um die finanzielle Vergütung ihrer Illustrationen. Zu sehen sind ihre Arbeiten in Magazinen, dem Internet und in den Wohnzimmern stilbewusster Privatleute.
Für alle,
die gerade ihr „The Future is Female"-Shirt entsorgt haben.
Ich habe immer die Bereitschaft des Feminismus
geliebt, wütend in das Fleisch der Frauenfeindlichkeit
zu beißen, trotzig das Kinn zu recken [...]. Aber er
muss ein Gesamtpaket sein [...]. Er hat versagt, wenn
er als unbewusst exklusive Bewegung daherkommt,
die nicht selbstbewusst genug ist zu erkennen, wo ihre
Mitglieder vom derzeitigen System profitieren.
An dem Punkt, an dem der Feminismus eine
friedliche weiße Bewegung geworden ist, die
behauptet, alle Frauen zu vertreten, [...] müssen wir
darüber nachdenken, ob es nicht besser wäre,
von vorne anzufangen.
Reni Eddo-Lodge
Inhalt
Vorwort
Call me Girl-Lawyer
Das Online-Kapitalist*innen-Mindset
Der Anarchist auf meinem Sofa
Das Private ist voyeuristisch und gewaltsam
Glitzer in deiner Unterhose
Friendly Women Who Fucked Me Over
Meine Schreibblockade ist eine Kämpferin
Literaturverzeichnis
Polemisches Vorwort, das niemanden angreifen möchte, wirklich nicht
Weißt du noch, Julia, als Instagram keine Visitenkarte und kein esogeschwängertes Auffangbecken für Menschen mit chronischem Aufmerksamkeitsdefizit war, sondern eine Quelle der anspruchsvollen Inspiration? Kannst du dich noch an die Zeit erinnern, als wir begeistert vor unseren Smartphones klebten und auf der Suche nach authentisch bebilderten Periodenkrämpfen neues Selbstbewusstsein entdeckten? Ich auch nicht.
Manchmal vermisse ich die Ära zwischen 2012 und 2017, in der es als berufsgefährdend galt, an einem Tag literarische Snippets über seine Depressionen und am nächsten über die perfekte Anordnung von Sitzkissen zu posten. Hach. Die Zeiten der strategielosen Selbstdarstellung sind vorbei. Inzwischen haben die Frauen of Instagram alles auch nur ansatzweise Authentische tausendfach in ihren Schlafzimmern reproduziert und für kommerzielle Zwecke und Medienformate verwendet.
60-Kilo-Frauen, die ihre Mini-Speckröllchen quetschen und dabei in ausufernden Captions von bedingungsloser Selbstliebe faseln. Ihre ökologisch abbaubaren Smartphonecover live bemalen. Deckenhohe Bücherregale mit grammable Ratgeberliteratur ausgestattet haben. Natürlich brav sortiert nach Farben.
Weiße Frauen, die sich leidenschaftlich dafür einsetzen, dass andere weiße Frauen auf Podien sitzen und mit Glitzer dekorierte Unterhosen als Statement ins Museum hängen. Stolz verkünden, dass sie sogar mit (!) Zahnlücke schön sind und trotz Beinrasur Feministin. Ihr aufs Wesentliche komprimiertes Innerstes in kleinen, gut konsumierbaren Häppchen nach außen kehren, um kurzfristig vom Algorithmus für die Selbstoffenbarung belohnt zu werden.
Frauen, die ganz langsam und unschuldig damit anfingen, sich selbst zu verkaufen. Erst für Detox-Tee warben, den sie in selbstgetöpferten Keramiktassen auf weißen Hay-Möbeln servierten, und später für ein ganzes Lebensgefühl. Einen Way of Living, der über geschickt inszenierte Produktplatzierungen hinausging.
Die Frauen of Instagram haben die Wahl, wird ihnen gesagt. Sie sind schließlich selbstbestimmt und feministisch oben drauf. Sie embracen den Boss-Hustle und können sich wie bei den Sims einen Karriereweg zwischen Beauty, Fashion, Travel, Backen, Betrügerin oder Guru aussuchen. Sie sind dabei immer das, was gerade am besten funktioniert. In einem Jahr digitale Nomadin und im nächsten Down-to-Earth-Mamabloggerin – nichts ist unmöglich in Zeiten der kreativen, persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung. Surfwear! Upcycling! Yoga-Retreats in Portugal am Meer! Autos mit integrierter Campingfunktion und Dachzelten. Schnittblumen on demand. Contouring. Mentoring.
Just a girl who decided to go for it und sich dann verläuft. Bis zum finalen Weckruf sind zu viele Belfies und unbeholfene Surfversuche gepostet worden, um „Stopp" zu rufen. Wohin auch zurückkehren, wenn alles, was frau hat, eine sorgfältig kuratierte Personal Brand in diesem Internet ist?
Das Abbild ihres Selbst, das die Frauen of Instagram geschaffen haben, ist konzentriertes Marktpotenzial und kalkulierte Interessenbefriedigung – wenn auch nicht immer die der eigenen. Den Stream of Revenue gilt es jetzt aufrechtzuerhalten. Egal, ob es hinter der Fassade bröckelt, das Fitnessmodel 20 Kilo zugelegt oder keine Lust mehr auf gekünstelte Follow-me-arounds für eine Horde geiziger Anhänger*innen hat.
Glaubst du, Julia, werden uns die Kritiker*innen hinterher Frauenhass vorwerfen? Betonen, dass es doch auch „tolle Frauen da draußen" gibt? Sagen, dass wir doch nur neidisch seien und eben härter an unserem Mindset arbeiten müssen? Dass die Frauen of Instagram doch auch nichts dafür können, wie sie Geld verdienen? Dass sie erfolgreicher sind als wir? Oder werden die angehenden 1-Stern-Rezensent*innen erkennen, dass das, was sie am Feminismus so sehr lieben, ihre eigenen, unantastbaren Privilegien sind?
Was werden wir denken, Julia. 2040, wenn die Erde kurz vor ihrer Kapitulation steht? Dass wir uns in überteuerten Onlinekursen haben erklären lassen, was uns zum sechsstelligen Business fehlt? Dass wir begeistert zugesehen haben, wie andere #zerowaste Urlaub machen? Was werden wir uns vorwerfen müssen? Dass wir nichts getan haben? Dass wir nichts gesagt haben. Nein.
Call me Girl-Lawyer
Ich hatte selten ein so liebloses Zimmer wie jenes meiner Mitbewohnerin Margo gesehen. Keine Poster. Keine Fotos. Lediglich die Löcher abgerissener Regale zierten