Die Memoiren der Fanny Hill: Band 64
By John Cleland
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About this ebook
John Cleland
John Cleland wrote 'Fanny Hill', also known as 'Memoirs of a Woman of Pleasure', in two instalments whilst serving time in Fleet Prison for a bad debt. In 1749, Cleland was arrested for obscenity, yet denied responsibility for the novel. The book was officially withdrawn, and not officially published again for a hundred years. However, it continued to sell well and was published in pirate editions.
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Book preview
Die Memoiren der Fanny Hill - John Cleland
Inhaltsverzeichnis
I. Brief
II. Brief
I. Brief
Meine liebe Freundin!
Um Dir einen Beweis zu geben, wie gern ich Dir gefällig bin, schreibe ich auf Deinen Wunsch diese Erinnerungen für Dich nieder. Und so peinlich die Aufgabe auch für mich ist, so betrachte ich es doch als meine Pflicht, Dir mit der grössten Aufrichtigkeit die wüsten Szenen eines ausschweifenden Lebens zu schildern, dem ich mich jetzt endlich glücklich entzogen habe, um das Glück zu gemessen, das Liebe Gesundheit und ein nettes Vermögen mir bieten. Du weisst ja übrigens, dass ich von Natur aus wirklich verdorben gewesen bin und dass ich selbst in den Stunden wildester Ausschweifung nie aufgehört habe, Betrachtungen über Sitten und Charakter der Männer anzustellen, Beobachtungen, die bei Personen meines Standes gewiss nicht eben häufig sind.
Aber da ich jede unnütze Vorrede hasse, will ich Dich nicht lange mit Einleitungen langweilen und Dich nun darauf aufmerksam machen, dass ich alle meine Abenteuer mit derselben Freiheit erzählen werde, mit der sie begangen sind. Nur die Wahrheit soll meine Feder leiten, ohne Furcht vor den Gesetzen einer »Anständigkeit«, die für so intime Freundinnen, wie wir beide sind, nicht existiert. Ausserdem kennst Du ja selbst die Freuden der sinnlichen Liebe zu genau, als dass ihre Schilderungen Dich erschrecken könnten. Und Du weisst ferner, wie viele Leute von Geist und Geschmack, Nuditäten aus ihren Salons verbannen, um sie – mit Vergnügen in ihren Privatgemächern aufzuhängen. – Nun aber zu meiner Geschichte.
Man nannte mich als Kind Francis Hill. Ich bin in einem Dörfchen bei Liverpool von armen Eltern geboren. Mein Vater, den Kränklichkeit an schweren Landarbeiten hinderte, gewann durch Garnmachen einen massigen Verdienst, den meine Mutter durch Halten einer kleinen Kinderschule im Dorfe nur wenig vermehrte. Sie hatten mehrere Kinder gehabt, von denen ich jedoch allein am Leben blieb.
Meine Erziehung war bis zu meinem vierzehnten Lebensjahr die denkbar einfachste. Lesen, stricken, kochen – das war alles was ich lernte. Was meinen Charakter angeht, so war sein Hauptmerkmal eine vollständige Reinheit und jene Furchtsamkeit unseres Geschlechtes, die wir gewöhnlich erst auf Kosten unserer Unschuld verlieren.
Meine gute Mutter war immer mit ihrer Schule und unserem Haushalt so beschäftigt, dass ihr wenig Zeit blieb, mich zu unterrichten. Übrigens kannte sie selbst das Böse auf der Welt zu wenig, um uns darin Lehren erteilen zu können.
Ich war eben in mein fünfzehntes Lebensjahr getreten, als meine teuren Eltern wenige Tage hintereinander an den Pocken starben. Durch ihr Ableben ward ich eine arme Waise ohne Hülfe und ohne Freunde; denn mein Vater, der in der Grafschaft Kent zu Hause war, hatte sich auf gutes Glück in meinem Geburtsort niedergelassen. Übrigens wurde auch ich von der ansteckenden Krankheit ergriffen, aber so leicht, dass nicht die geringste Spur sichtbar blieb. Ich gehe mit Stillschweigen über diesen herben Verlust hinweg. Die rasche Wandlungsfähigkeit der Jugend verwischte die traurigen Eindrücke dieser Zeit nur zu bald aus meinem Gedächtnis.
Eine junge Frau mit Namen Esther Davis, die um diese Zeit nach London, wo sie in Diensten stand, zurückkehren musste, schlug mir vor, mich zu begleiten und versprach mir, mir nach besten Kräften beim Aufsuchen einer Stellung behilflich zu sein.
Da niemand auf der Welt sich um meine Zukunft scherte, so nahm ich das Anerbieten dieses Weibes ohne Zögern an, entschlossen, mein Glück zu versuchen. Ich war entzückt von all den Wundern, die mir Esther Davis von London erzählte und brannte vor Begierde, ebenfalls die königliche Familie, das Mausoleum von Westminster, die Komödie, die Oper, kurz all die schönen Dinge, mit denen sie meine Neugierde reizte, zu sehen.
Aber das Interessanteste an ihren Geschichten war, dass so viele arme Landmädchen, allein durch ihre gute Führung, reich und angesehen geworden waren; dass viele tugendhafte Dienstmädchen ihre Herren heirateten und dann Pferd und Wagen hielten; dass manche sogar Herzoginnen geworden seien – kurz, dass das Glück alles könne und wir eben so gut darauf bauen müssten, wie andere.
Ermutigt durch so schöne Profezeiungen, machte ich eilends meine kleine Erbschaft zu Gelde. Der Erlös belief sich nach Abzug der Schulden und Begräbniskosten auf acht Guineen und siebzehn Shilling.
Dann packte ich meine sehr bescheidene Garderobe in eine Hufschachtel und wir fuhren mit der Postkutsche ab. Meine Führerin diente mir während der Fahrt als Mutter und liess sich dafür ihr Billett von mir bezahlen. Überhaupt verfügte sie über meine Börse, wie über ihr Eigentum.
Sobald wir angekommen waren, hielt mir Esther Davis, auf deren Hilfe ich so fest gerechnet hatte, folgende kurze Rede, die mich fast zu Stein erstarren liess:
»Gott sei Dank, wir haben eine gute Fahrt gehabt. Ich gehe jetzt schnell nach Hause; suche du dir nur so rasch als möglich einen Dienst. Ich rate dir, in ein Mietbureau zu gehen. Wenn ich was höre, werde ichs dir mitteilen. Einstweilen wirst der gut tun, dir irgendwo ein Zimmer zu nehmen. Ich wünsche dir viel Glück und hoffe, dass du immer brav bleiben und deinen Eitern keine Schande machen wirst.«
Nach diesen Ermahnungen grüsste sie kurz und ging einfach weg. Kaum war sie fort, als ich in bitterliche Tränen ausbrach. Das erleichterte mich etwas, konnte mich aber über mein Schicksal nicht beruhigen. Einer der Gasthauskellner machte mich noch verwirrter, indem er mich fragte ob ich etwas wünsche. Naiv antwortete ich »nein« und bat nur um eine Unterkunft für die Nacht. Die Wirtin erschien und sagte mir kühl, dass das Bett einen Shilling koste. Sobald ich Unterkunft hatte, schöpfte ich wieder etwas Mut und beschloss, gleich am nächsten Tage in das Mietbureau zu gehen, dessen Adresse mir Esther aufgeschrieben hatte.
Die Ungeduld brachte mich schon früh aus den Federn. Ich legte eiligst meine schönsten Dorfkleider an, übergab der Wirtin mein kleines Paket und begab mich stracks in das Bureau.
Eine alte Dame führte das Geschäft. Sie sass am Tisch vor einem riesigen Register, dass in alphabetischer Ordnung unzählige Adressen zu enthalten schien. Ich näherte mich der achtbaren Dame mit züchtig gesenkten Augen, wobei ich durch eine Menge Leute mich hindurchwinden musste, und machte ihr ein halbes Dutzend linkische Verbeugungen. Sie erteilte mir Audienz mit der ganzen Würde und dem Ernst eines Staatsministers und entschied nach einem prüfenden Blick und nachdem sie mir als Anzahlung einen Shilling abgenommen hatte, dass die Stellungen für Mädchen jetzt selten seien, dass ich offenbar für schwere Arbeit nicht zu brauchen sei, dass sie aber trotzdem nachsehen wolle, ob sich etwas für mich fände.
Zunächst aber müsse sie erst einige andere Kundinnen abfertigen. Ich verfügte mich traurig nach hinten, fast verzweifelt über die Antwort der Alten. Trotzdem liess ich zur Zerstreuung die Augen umherschweifen und bemerkte eine dicke Dame von ungefähr 50 Jahren in gutbürgerlicher Kleidung, die mich anstierte, als wolle sie mich verschlingen. Ich war zuerst etwas betroffen, aber die liebe Eitelkeit liess mich bald diese Aufmerksamkeit zu meinen Gunsten auslegen und ich richtete mich daher so sehr als möglich auf, um recht vorteilhaft zu erscheinen. Endlich, nach einer nochmaligen genauen Prüfung, näherte sich mir die Dame und