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Geheimnisse von Raum und Zeit: Synchronizität und Nichtlokalität
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eBook561 Seiten7 Stunden

Geheimnisse von Raum und Zeit: Synchronizität und Nichtlokalität

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Über dieses E-Book

Die faszinierenden Geheimnisse unbekannter Dimensionen! Neue Einblicke in die mannigfaltigen Strukturen von Raum und Zeit. Eine Synthese zwischen Weisheit und Wissenschaft!
Seit den bahnbrechenden Erkenntnissen von Albert Einstein ist das bis dahin geltende Verständnis von Raum und Zeit neuen, bisher nicht vorstellbaren Herausforderungen ausgesetzt. Offensichtlich gelten in der Wirklichkeit noch ganz andere Gesetzmäßigkeiten, als allgemein angenommen.
Dr. Walter Bloch begibt sich auf seinen Forschungsreisen in die tieferen Dimensionen von Raum und Zeit in bisher kaum erschlossene Gebiete. Er zeigt neue, faszinierende, nicht-kausale Zusammenhänge in jenem Forschungsgebiet auf, das als Synchronizität bezeichnet wird. Offensichtlich gibt es eine höhere Sinnhaftigkeit in vielen Geschehnissen, die nicht auf der kausalen Ebene erklärbar sind.
Herausragende sind Blochs Einsichten und Lösungsvorschläge für so umstrittene Gebiete wie die Astrologie oder die geheimnisvollen Deutungen des I Ging. Hier eröffnet er ganz neue Blickwinkel und entkräftet alte, inzwischen widerlegte Vorurteile.
Eine neue, brillante Synthese zwischen den alten Weisheitslehren und den modernsten Erkenntnissen der Naturwissenschaften!

SpracheDeutsch
HerausgeberCrotona Verlag
Erscheinungsdatum11. Juni 2020
ISBN9783861911814
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    Buchvorschau

    Geheimnisse von Raum und Zeit - Walter Bloch

    1. Einleitung

    Wozu ein neues Buch über Synchronizität?

    Unter Synchronizitäten versteht man Zufälle, die so erstaunlich, so unwahrscheinlich und so seltsam sind, dass es einem sehr schwerfällt, sie als Zufälle zu bezeichnen. Mit dieser Umschreibung begnügen sich fast alle bisherigen Bücher über Synchronizität. Nur: Was ist ein erstaunlicher Zufall? Wenn der Herr, der mir gegenüber im Zug sitzt, dasselbe Hemd trägt wie ich? Wenn er außerdem das gleiche Buch wie ich liest? Wenn er gleichzeitig wie ich die Seite 228 aufschlägt, wie ich der Abbildung dort entnehmen kann? Man sieht: Wenn man das Phänomen auf zu schwammige Weise angeht, verflüchtigt es sich. Es ist dann offenbar individuellem Belieben anheimgestellt, was man als Synchronizität bezeichnet.

    Deshalb werden Sie in diesem Buch schon bald einen ausführlichen Kriterienkatalog finden, der das Phänomen Synchronizität viel klarer einzugrenzen versucht – ähnlich den Kriterienkatalogen für psychische Krankheiten, die das DSM, das Diagnostisch-Statistische Manual für Psychische Störungen, zur Verfügung stellt. Kriterienkataloge sind dann angebracht, wenn eine Definition eines Phänomens zu schwierig oder wegen der Komplexität der zu beschreibenden Sache unangebracht ist.

    Außerdem wird dieses Buch Synchronizitäten geordnet nach den wichtigsten Situationen, in denen sie sehr gehäuft auftreten, behandeln (Kapitel 2.2 bis 2.9). Auch dies wird wesentlich zur Klarheit beitragen. Demgegenüber liefern die meisten Bücher zum Thema eine bunte Mischung wahllos aneinandergereihter Geschichten und erst noch viel zu wenige davon; denn damit man sich überzeugen kann, dass es Synchronizität gibt, braucht man zahlreiche und kategorisierte Beispiele, nicht nur einige wenige bunt durcheinandergewürfelte.

    Eine bloße Aufzählung von merkwürdigen Zufällen beweist nicht, dass es so etwas wie Synchroniziät überhaupt gibt. Sie führt auch dazu, dass die Leserinnen und Leser von Büchern, die sich mit solchen Aufzählungen begnügen, je nach individuellem Geschmack manche angeführte Beispiele durchaus für Synchronizitäten halten, andere aber als offensichtliche Zufälle ansehen. Eine solche Willkür in der Beurteilung ist der Erforschung eines Sachverhalts nicht förderlich. Auch wenn ein Autor schon im Titel seines Buches behauptet: „Es gibt keine Zufälle"1, ist das für das Verständnis des Phänomens Synchronizität überhaupt nicht hilfreich. Falls ich eine 3 würfele und gleich darauf nochmals eine 3, ist das ein bloßer Zufall. Er ist bedeutungslos und sehr häufig (im Durchschnitt in jedem 36. Fall zu erwarten). In solche banalen Ereignisse einen tiefen Sinn hineinzulesen, ist völlig willkürlich und absurd. Es gilt also ernsthaft zu untersuchen, wodurch sich Synchronizitäten von bloßen Zufällen unterscheiden. Das lässt sich nur mit einer exakten Definition oder einem seriösen Kriterienkatalog erreichen.

    Eine große Anzahl einleuchtender Beispiele ist ebenso unerlässlich wie eine theoretische Durchdringung des Sachverhalts. Außerdem wird hier versucht werden, jede Folgerung aus den geschilderten Ereignissen überzeugend zu begründen.

    Ferner werden wir sehen, aus welchen Gründen die Ähnlichkeit von Synchronizitäten mit gewissen quantenmechanischen Phänomenen keine bloße Analogie, sondern eine wesentliche Verwandtschaft oder Gleichheit bedeuten dürfte.

    Die Welt, in der wir leben, ist vermutlich eine einzige Welt, in der es wohl große Gegensätze, aber keine eigentlichen Widersprüche geben kann. Wir leben nicht in einer physikalischen Welt und daneben in einer biologischen, die völlig anders beschaffen wäre, und nochmals daneben in einer wiederum davon unterschiedenen psychologischen – sondern eben in der einen unteilbaren Welt. Selbstverständlich sind darin Bereiche – wie etwa der der unbelebten Natur, der der Lebewesen oder der des menschlichen Geistes – unterscheidbar. Die Unterschiede zwischen diesen Bereichen sind groß: Physik, Biologie und Psychologie sind nun wirklich sehr deutlich voneinander verschiedene Wissensgebiete. In der Biologie gelten Gesetze, von denen die Physik nichts weiß und die sich wohl auch nie physikalisch werden beschreiben lassen. Damit steht die Biologie freilich nicht in einem Widerspruch zur Physik. Wenn Wissen, das nur einen Teilbereich der Welt betrachtet, anderem Wissen, das einen anderen Teilbereich beschreibt, widerspricht, liegt das Problem bei der Unvollständigkeit solchen Wissens und nicht in einem Widerspruch in der Welt selbst. Teilbereiche der Welt können anderen Teilbereichen der Welt gewiss nicht widersprechen; dass die Welt selbst widersprüchlich sei, wird auch kaum je von jemandem behauptet. Falls Psychologie und Physik zu ganz verschiedenen Weltbildern kommen sollten, ist daher anzunehmen, dass etwas Grundlegendes in mindestens einem dieser Wissensgebiete nicht in Ordnung ist. Wenn Tiefenpsychologen zum Schluss kommen, dass die tiefste Schicht der Welt raum- und zeitlos ist, dann müssen, falls ihr Schluss richtig ist, auch Physiker zum selben Ergebnis gelangen, und so fort. Genau das ist aber tatsächlich in wichtigen Fällen bereits eingetreten – nur ist es bis heute viel zu wenig beachtet worden.

    Ungeachtet aller Angriffe von Physikern auf Geisteswissenschaftler und umgekehrt, von Psychologen auf Parapsychologen, von Biologen auf Psychologen und so fort, beginnt sich nämlich heute recht klar in den verschiedensten Wissensgebieten in gewisser Hinsicht ein einheitliches Weltbild abzuzeichnen, obwohl das die meisten Einzelwissenschaftler noch gar nicht erkennen. Es wird sich vielleicht als Grundlage für ein Weltbild der Zukunft erweisen. Manche modernen und zukunftsweisenden Erkenntnisse der Physik und der Tiefenpsychologie widersprechen einander nicht nur nicht, sondern gleichen einander auf verblüffende Weise. Auch dies soll in diesem Buch gezeigt werden, weil es offensichtlich mit dem Thema Synchronizität zusammenhängt.

    Die Grundzüge dieser neuen Sicht auf bekannte Phänomene sind folgende:

    a.) Unser alltägliches Erleben von Raum und Zeit ist oberflächlich und dennoch wichtig. Die tiefsten Schichten der Welt dürften raumlos und zeitlos sein. Darauf haben nicht nur die verschiedensten philosophierenden großen Physiker des vergangenen Jahrhunderts hingewiesen (zum Beispiel Einstein und Heisenberg), sondern auch Psychologen wie C. G. Jung und Stanislav Grof, ebenso handelt es sich dabei um eine Erkenntnis der Mystiker aller Zeiten und Völker.

    b.) Es gibt, wie dieses Buch mit einer großen Fülle von Beispielen zeigen wird, akausale Zusammenhänge zwischen den Erscheinungen dieser Welt, und zwar nicht nur als Ausnahmephänomene, sondern als alltägliches Grundmuster der Welt. Das wird das hier gebotene erstaunliche und reichhaltige Material aus verschiedenen Wissensgebieten deutlich werden lassen. Ein akausaler Zusammenhang zwischen Ereignis A und Ereignis B besteht dann, wenn weder A die Ursache von B noch B die Ursache von A sein kann und beide Ereignisse trotzdem offensichtlich zusammenhängen. Im Gegensatz zur verbreiteten Auffassung, dass Synchronizitäten sich nicht systematisch untersuchen lassen, weil sie auf den ersten Blick nur vereinzelte und unerwartete Ereignisse sind, werden wir sehen, dass sie durchaus auch auf gesetzmäßige Weise vorkommen und damit systematisch erfassbar sind.

    Obenstehende Behauptungen werden im Text mit reichhaltigem Erfahrungsmaterial untermauert. Die Leser und Leserinnen des Buches sollen keineswegs einfach einer philosophischen Erörterung Glauben schenken, sondern imstande sein, aufgrund der mitgeteilten Fakten sich selbst ein Urteil über den Untersuchungsgegenstand zu bilden.

    Spezielle Kenntnisse werden bei der Lektüre nicht vorausgesetzt. Ich habe mich bemüht, ein Buch zu schreiben, das einerseits wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, weil es sorgfältig argumentiert und alle Behauptungen belegt, aber sich dennoch bemüht, alles klar und so leicht verständlich wie möglich darzustellen.

    Aus allem, was Sie hier lesen werden, wird sich ergeben, dass die herrschende Weltsicht des deterministischen Materialismus viel zu viele und viel zu wichtige Erfahrungsdaten grundsätzlich und systematisch ausblendet, als dass sie eine korrekte Interpretation der Welt sein könnte. Es ist wirklich an der Zeit, umzudenken.


    1 Hopcke, R., Es gibt keine Zufälle (Titel der Originalausgabe: There are no accidents).

    2. Synchronistische Erlebnisse

    2.1 Ein misslungener Suizidversuch und ein Kriterienkatalog

    Menschen erzählen uns nichts,

    wenn wir nicht danach fragen.

    N. Nedopil

    Klaus Thomas berichtet in seinem Buch Warum weiter leben? folgende Geschichte: „Dem Schöpfer des Autogenen Trainings, Prof. I. H. Schultz, verdanke ich den Bericht von jenem Manne, dessen Hauptsorge es war, sein Suizidversuch könne scheitern. Vielfach versuchte er darum, sein Vorhaben zu sichern. Zur einsamsten Zeit – gegen zwei Uhr nachts – überstieg er (als Nichtschwimmer!) das Geländer der Brücke hoch über dem Fluss. Am Pfeiler hatte er einen handfesten Strick befestigt, dessen Schlinge er um den Hals knüpfte; dann nahm er vierzig Barbiturat-Schlaftabletten, von denen schon ein Bruchteil genügt hätte, seinem Leben ein Ende zu setzen; und um ganz sicher zu gehen, setzte er die Armeepistole vor dem Sprung in die Schlinge an und schoss sich in den offenen Mund. Auf eines aber hatte er nicht geachtet, die Pistolenmündung war etwas schräg gerichtet. So durchdrang das Geschoss nicht in der Mitte das lebenswichtige Halsmark, sondern seitlich davon durchtrennte es – den Strick. Der Mann stürzte in die Tiefe, wo er zunächst im ungewohnt kalten Wasser den Mageninhalt erbrach und damit die Schlaftabletten. Sein lauter Sturz aber war von einer nächtlichen Polizeistreife gehört worden. Die Beamten fischten ihn aus dem Wasser, lieferten ihn in eine Klinik ein, aus der er zwei Wochen später nach ärztlicher Wundversorgung entlassen wurde." 2 Schultz, durch die Entwicklung des Autogenen Trainings berühmt geworden, hatte es gewiss nicht nötig, seinen Ruf dadurch zu schädigen, dass er eine unglaubwürdige Geschichte erfunden hätte. Vielmehr setzt sich jeder Wissenschaftler einer großen Gefahr aus, von Kollegen nicht mehr ernst genommen zu werden, wenn er solche Berichte verbreitet. Er tut es daher nur, wenn er trotz der Gefahr die Verbreitung der Wahrheit für wichtiger hält.

    Kann man das geschilderte Erlebnis für einen bloß absurden Zufall halten? Gewiss kann man das. Auf einer einzigen Geschichte oder einer einzigen Beobachtung lässt sich keine Theorie aufbauen. Was spricht dafür, dass es sich lediglich um Zufall handelt? Zunächst sicher die unumstößliche Tatsache, dass unzählige Suizidversuche gelingen, ohne dass etwas Mysteriöses namens Synchronizität sie verhindert. Ferner die Überlegung, dass es viele Milliarden von Menschen gibt und gegeben hat, die während ihres Lebens zahllose Erlebnisse hatten; dass daher ab und zu der reine Zufall zu einem höchst seltsamen Erlebnis führen wird, leuchtet ein.

    Was spricht denn dafür, dass es sich doch um mehr als bloßen Zufall handelt, dass die vier kombinierten Methoden, den absolut sicheren Suizid herbeizuführen (Erschießen, Sich-Erhängen, Sich-Vergiften, Ertrinken), misslangen? Erstens die Erfahrung, dass sich höchst erstaunliche Zufälle bei Suizidversuchen immer wieder ereignen (Beispiele folgen), also keineswegs nur einer unter einer Milliarde so etwas berichten kann. Zweitens die Beobachtung, dass auch andere synchronistische Ereignisse viel häufiger stattfinden, als man es aufgrund bloßen Zufalls erwarten dürfte. Drittens die Tatsache, dass sich, wie wir sehen werden, Synchronizität auch systematisch beobachten und erforschen lässt. Halten Sie sich also bitte mit einem Urteil zurück, solange Sie nicht das ganze Buch gelesen haben.

    Der Begriff Synchronizität stammt von C. G. Jung. Unter Synchronizität verstand er eine sinnvolle akausale Ereignisverknüpfung. Mit anderen Worten: Wenn zwei Ereignisse scheinbar zufälligerweise zusammentreffen, von denen keines die Ursache des anderen sein kann, die aber doch sehr sinnvoll aufeinander bezogen sind, fällt es den meisten Menschen schwer, sie als bloße Zufälle abzutun. In all diesen Fällen spricht C. G. Jung von Synchronizität. Großen Sinn glauben wir vor allem dann wahrzunehmen, wenn wir uns in archetypischen Situationen befinden, also in emotional aufwühlenden typischen menschlichen Situationen wie Geburt, Tod, Hochzeit, Verrat, einer plötzlichen gewaltigen Einsicht oder dergleichen. In solchen Situationen kommen synchronistische Erlebnisse, falls es sie gibt, gehäuft vor.

    Eine exakte Definition von Synchronizität kann hier nicht geliefert werden. Eine exakte Definition zu Beginn einer Untersuchung ist auch keineswegs immer von Vorteil und schon gar nicht immer möglich – selbst in der Naturwissenschaft nicht. Was ein Atom ist, wissen wir heute viel besser als vor hundert Jahren. Hätte man den Begriff zu früh exakt definiert, hätte dies zukünftige Forschungen behindert, oder man hätte stets wieder neue Begriffe für dasselbe verwenden müssen, weil man unter „Atom" immer wieder etwas ein bisschen vom bisher Bekannten Verschiedenes verstand. Man bezog sich zwar, wenn man von Atomen redete, immer auf dieselbe Sache, verstand aber nicht immer dasselbe darunter. Was etwas, was Wissenschaft untersucht, ist, weiß man nach vielen aufwendigen Experimenten, Beobachtungen, Hypothesen und Theorieansätzen, nicht zuvor. Daher kann und soll man in der Regel Definitionen nicht an den Anfang von Untersuchungen stellen.

    In der folgenden Auflistung soll versucht werden, Synchronizität zwar nicht zu definieren, aber sie begrifflich exakter zu fassen, als dies in den mir bekannten Büchern zum Thema bisher geschehen ist. Die Aussagen werden später alle genauer erläutert. Vorläufig wirken sie möglicherweise noch etwas unklar. Nach einigen Beispielen wird aber deutlich sein, was unter Synchronizität zu verstehen ist.

    Jung wählte die Bezeichnung Synchronizität, weil synchronistische Erfahrungen sehr oft darin bestehen, dass zwei Ereignisse, die voneinander völlig unabhängig sind, aber optimal zusammenpassen, gleichzeitig eintreffen. Das ist allerdings nicht in allen Fällen von Synchronizität so, weshalb Jungs Wahl des Terminus nicht allzu glücklich war. Dasselbe gilt freilich für etliche wissenschaftliche Termini. Zum Beispiel bedeutet Atom ‘unteilbar’ – und doch sind Atome teilbar; Elektron ist eigentlich ‘Bernstein’, bedeutet heute aber etwas völlig anderes.

    Typisch für Synchronizität sind folgende Merkmale:

    Ein synchronistisches Ereignis umfasst mindestens zwei Vorfälle, die sinnvoll aufeinander bezogen und dadurch für die davon Betroffenen sehr bedeutsam sind, obwohl keiner der Vorfälle die Ursache des anderen sein kann: Die Vorfälle sind also akausal miteinander verbunden. Oft löst das synchronistische Ereignis eine bedeutsame Veränderung im Leben des Betroffenen aus oder begleitet sie (z.B. eine Hochzeit, das Aufgeben von Suizidwünschen, einen Berufswechsel oder eine neue Weltsicht).

    Synchronistische Ereignisse werden in der Regel von starken Gefühlen begleitet.

    Synchronistische Ereignisse finden besonders in entscheidenden Situationen statt: Geburt / Tod / Schwerer Unfall / Todesgefahr / Suizidversuch / Lebenskrise / Kennenlernen des Ehepartners / Hochzeit / Beginn oder Ende einer wichtigen Beziehung oder ähnliche.

    Solche entscheidenden Situationen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Personen, die sie erleben, in einem Zustand von besonders hoher psychischer Energie stehen. Das hohe Niveau psychischer Energie, das sich darin zeigt, dass wir in solchen Situationen weniger schlafen, erregt sind und alles sehr intensiv erleben, erleichtert offenbar das Auftreten von Synchronizitäten.

    Synchronistische Ereignisse lassen sich merkwürdigerweise ebenso oft symbolisch verstehen wie bedeutsame Träume. Beispiele werden zeigen, was damit gemeint ist.

    Häufig treten bei synchronistischen Ereignissen vermittelnde Menschen, Tiere oder Dinge auf.

    Synchronizität ist in vielen Fällen auf eine eigenartige Weise raum- und zeitübergreifend.

    Synchronizität verbindet sehr häufig Innen- und Außenwelt, heftige Emotionen, Träume, eine Vision, einen bedeutsamen psychischen Zustand oder eine plötzliche Intuition mit Ereignissen in der Außenwelt. Für C. G. Jung war dieses Merkmal obligatorisch.3 – Am psychischen Geschehen ist außerdem in der Regel das Unbewusste ebenso beteiligt wie das staunende Bewusstsein. Synchronizität verbindet ebenfalls unbewusste mit bewussten Inhalten.

    Das (nicht unbedingt zeitliche) Zusammentreffen der beiden Ereignisse muss als äußerst unwahrscheinlich erscheinen.

    Wenn Menschen einen entscheidenden Schritt auf ihre psychische Ganzheit hin tun (auf alles Wesentliche hin, das in ihnen angelegt ist, von dem sie bisher aber nur einen Teil verwirklicht haben; näheres dazu in 2.7), ereignen sich Synchronizitäten besonders häufig.

    Außerdem gilt, wie wir noch sehen werden:

    Synchronizität lässt sich durchaus auch systematisch beobachten, quasi-experimentell untersuchen – ähnlich wie man etwa in der Ethologie, der Lehre vom tierischen Verhalten, durch systematische Beobachtungen zu Erkenntnissen gelangt.

    Die hier vorgelegte begriffliche Eingrenzung von Synchronizität ist wichtig. Zwar vermag sie dem Begriff nicht jegliche Unschärfe zu nehmen – in Grenzfällen kann es auch so noch ab und zu schwierig sein zu entscheiden, ob etwas als Zufall oder als Synchronizität aufzufassen ist – trotzdem ist eine solche Eingrenzung ein sehr brauchbares Mittel zur genaueren Beschreibung eines nicht leicht zu fassenden Phänomens.

    Die Merkmale 1 und 8 sollte man vorsichtshalber am besten als obligatorisch erklären, um bedeutungslose Zufälle auszuschließen. Eine Ausnahme bilden allerdings die Ereignisse auf einfachster materieller Ebene, die dem EPR-Paradox unterliegen (vgl. Kapitel 3). Solche Zusammengehörigkeit von Ereignissen auf unterster Ebene der Materie ist in der Regel nicht bedeutungsvoll, kann aber trotzdem als synchronistisch (oder vielleicht besser als Vorstufe von Synchronizität) bezeichnet werden.

    Von den übrigen Merkmalen sollten meines Erachtens mindestens zwei weitere vorliegen, damit man von Synchronizität in einem bestimmten Fall sprechen kann. Die überzeugendsten Beispiele – wir werden davon viele antreffen – erfüllen sämtliche neun Kriterien.

    Merkmallisten wie die obige sind zum Beispiel in der Psychiatrie seit Jahrzehnten gang und gäbe. Um die Forschung nicht durch starre Definitionen zu behindern, wählte man stattdessen zur Beschreibung psychischer Störungen im DSM solche Merkmallisten, sogenannte diagnostische Kriterien. Häufig wird dabei im DSM angegeben, wie viele der aufgeführten Kriterien mindestens erfüllt sein sollten, damit die beschriebene Störung diagnostiziert werden kann.

    Solche Kriterien sind unerlässlich, wenn man nicht einfach über Zufälle plaudern und jeden lustigen Zufall als Synchronizität bezeichnen will. Man muss versuchen, einen Erkenntnisgegenstand so genau wie möglich zu fassen oder wenigstens einzukreisen, auch auf die Gefahr hin, dabei etwas zu streng vorzugehen. „Categorization is the central task of the brain", stellt Oliver Sacks fest.4

    2.2 Weitere Suizidversuche und Todesfälle

    Im oben geschilderten Bericht über einen Suizidversuch liegen außer den obligatorischen Merkmalen 1 und 8 noch die Merkmale 2, 3, 5 (vermittelnde Menschen im Polizeiboot) und 7 vor (der Todeswunsch des Mannes und, wie man annehmen darf, auch sein unbewusster Überlebenswille bestimmen das Geschehen ebenso wie das Durchtrennen des Strickes, das Erbrechen des Mageninhalts und möglicherweise das Vorbeikommen des Polizeiboots).

    Hanna Wolff 5 berichtet von folgender seltsamer Begebenheit: „Es handelt sich um ein junges Mädchen, das Suizidtendenzen in eine schwere Lebenskrise gebracht hatten. Diese suizidalen Tendenzen hatten sie in meine Analyse geführt. Sie träumt nun von einem Opalstein. Im Traum ist es ein Bischof, der ihr in einem feierlichen Kirchenakt den Ring mit dem Opal selbst an den Finger steckt. Sie spricht von einem ‘feierlichen Traum’, der sie nachhaltig beeindruckt. – In der Analyse vernimmt sie nun, dass alter Volksüberlieferung nach der Opal tatsächlich kein gewöhnlicher Stein ist. Er soll seinem Träger vielmehr in Gefahren beistehen. Besonders berührt sie natürlich die weiter hinzugetragene Erklärung oder Amplifikation, dass der Opal vor selbstmörderischen Absichten bewahren kann, ebenso alter Überlieferung nach. Ob es sich bei diesen Behauptungen um bloßen Aberglauben oder um Placebo-Effekte handelt oder ob sie gar richtig sein könnten, wird hier nicht untersucht, da es für die synchronistische Auffassung des Ereignisses keine Rolle spielt. „Dabei wird entdeckt, dass der Opal ihr Monatsstein ist. Gerade den im Oktober Geborenen wird dieser letzte Schutz verheißen. Unterdessen rückt der Oktober und damit ihr Geburtstag heran. Eine mütterliche Freundin, die weit weg wohnt, die sie unterdessen nicht gesprochen oder ihr geschrieben hat, hat ihres Geburtstags gedacht. Sie besucht sie und steckt ihr eigenhändig, wie der Bischof im Traum, einen schönen Opalring an den Finger. Natürlich ist das Mädchen überwältigt von dem Zusammentreffen innerer und äußerer Abläufe. Die Hauptsache aber, die Suidzidtendenzen sind verschwunden. Das Mädchen war und blieb geheilt.

    Die Geschichte enthält außer den Merkmalen 1 und 8 beispielhaft die folgenden typischen Kriterien für Synchronizität:

    Merkmal 2: Die starke Gefühlsbeteiligung ist bei einem Menschen, der in Gefahr ist, sich umzubringen, gegeben und wird weiter dadurch unterstrichen, dass das seltsame Geschehen augenblicklich zu einer dauerhaften Heilung führt.

    Merkmal 3: Suizidgefahr ist eine lebensentscheidende Situation.

    Merkmal 4: Man kann den Traum und das wirkliche Geschenk des Ringes problemlos symbolisch verstehen. Der Opal soll ja einen Menschen davor bewahren, sich das Leben zu nehmen. Außerdem bedeutet nach der Therapeutin Pamela Ball6 der Ring in Träumen häufig sichere Geborgenheit und Kontinuität. So kommt denn der Ring als bedeutsamer Gegenstand auch in ungezählten Märchen vor.7 Offensichtlich haben Ringe sehr oft eine symbolische Bedeutung, besonders als Ehering, aber auch als Ehrengabe wie der Hans-Reinhart-Ring für herausragende Leistungen als Schauspieler/-in. Dass manche Träume ganz offensichtlich bedeutungsvoll und symbolisch zu verstehen sind, kann nur andernorts deutlich gemacht werden.8

    Merkmal 5: Ebenso treffen wir in dieser wahren Geschichte den vermittelnden Menschen an, die Freundin der Mutter.

    Merkmal 6: Ferner finden wir den zeitübergreifenden Zusammenhang: Das Mädchen träumt vom Geschenk eines Ringes mit Opalstein, bevor sich eine entsprechende und äußerst unwahrscheinliche Szene tatsächlich ereignet.

    Merkmal 7: Wieder sind Innenleben (Suizidwunsch, Traum, Heilung) und Außenwelt (tatsächliches Geschenk des Ringes) miteinander verknüpft.

    Handelt es sich bei diesem Erlebnis um reinen Zufall? Noch haben wir erst zwei Beispiele betrachtet. Es ist deshalb viel zu früh, ein verbindliches oder gar endgültiges Urteil zu fällen. Wer aber so etwas wie die junge Frau erlebt, ist begreiflicherweise zutiefst ergriffen. Ein solches Ereignis pflegt ein Leben entscheidend zu verändern. So können wir vorläufig annehmen, dass es sich bei dieser Geschichte nicht um reinen Zufall handelt, sondern um Synchronizität. Wenn ich träume, Freund Erich rufe mich an, und am nächsten Tag ruft mich Erich an, wie er das ungefähr jeden Monat einmal tut, wird uns das kaum besonders bemerkenswert erscheinen. Manche Geschichten, die in Büchern über Synchronizität berichtet werden, halte ich für solche vermutlich unbedeutenden Zufälle, bei denen nicht genügend viele Kriterien aus unserer Liste vorliegen. Aus diesem Grund habe ich die Liste zusammengestellt, die uns dabei helfen soll, zu verstehen, worum es bei Synchronizität geht. Einen Opalring als Geschenk an den Finger gesteckt zu bekommen, nachdem man davon geträumt hat, ist eine ganz andere Sache als ein alltäglicher Zufall. Taucht ein solches extrem seltenes Geschehen nacheinander im Traum und in der Wirklichkeit auf, ohne dass man es im Mindesten erwarten kann, ist die Hypothese, es handle sich dabei um mehr als bloßen sinnlosen Zufall, sicherlich ernst zu nehmen.

    Um Suizid geht es auch in folgendem Beispiel, das Marie L. v. Franz9 mitteilt: „Ich hatte eine Analysandin, die außerordentlich suizidal war, und als ich in die Sommerferien ging, hatte ich mir große Sorgen gemacht, wie sie diese Zeit ohne Analyse überstehen werde, habe mich aber von meinen Ferien nicht abhalten lassen. Und dann dachte ich nicht mehr viel an sie (ich hatte ihr ein festes Versprechen abgenommen, dass sie mir schreiben würde, wenn sie in irgendwelche Nöte geraten sollte). – Eines Morgens habe ich Holz gehackt und gedacht – ich konnte nachher meine Gedanken genau rekonstruieren: Dieses Holz ist noch nass, das werde ich weiter hinten aufschichten, damit es nicht zuerst benützt wird und noch trocknen kann. Ich hatte also einen längeren Gedankengang, der sich mit meiner Beschäftigung kausal vollkommen verbinden ließ. Und plötzlich sah ich diese Patientin vor mir und dachte an sie. Das unterbrach meinen Gedankengang völlig; ich fühlte direkt, dass da dieses Andere dazwischenbrach. Ich dachte: Was hat denn die da plötzlich bei mir zu suchen, warum denke ich an sie? Darauf fragte ich mich, ob ich vom Holz her irgendwie auf sie gekommen war? Es waren keine Assoziationsbahnen vom Holz zu ihr. Ich habe weitergeholzt und mich wieder mit dem Holz beschäftigt, und wieder stand ihr Bild vor mir. Dieses Mal mit einem Gefühl von dringender Gefahr. Da habe ich meine Axt weggelegt, die Augen zugemacht und gedacht: Soll ich mein Auto nehmen und sofort zu ihr fahren? Da habe ich genau gespürt: Nein, so dringend ist es nicht. Nun habe ich ein Telegramm aufgegeben: ‘Machen Sie nichts Dummes’ mit meiner Unterschrift. Und dann hat sich herausgestellt, dass das Telegramm nach zwei Stunden bei ihr angekommen ist. In dem Augenblick war sie in die Küche gegangen und hatte den Gashahn aufgedreht. Da läutete die Post, der Briefträger brachte das Telegramm, und sie war natürlich so beeindruckt von dieser Koinzidenz, dass sie den Gashahn wieder zugedreht hat und nun – Gott sei Dank – heute noch auf dieser Welt ist."

    Man könnte versucht sein, dieses Geschehen kausal zu deuten: Die Patientin benachrichtigt die Therapeutin unbewusst telepathisch, sie so zu warnen, dass sie im kritischen Augenblick ein Telegramm erhält. Aus zwei Gründen kann eine solche Erklärung kaum befriedigen:

    Erstens kennen wir keinerlei kausale Erklärung für Telepathie, alle Forschung hat bis heute nichts Physikalisches finden können, das zwischen Sender und Empfänger übermittelt würde. Dass es Telepathie und Präkognition überhaupt gibt, kann hier noch nicht gezeigt werden. Aber wenn es Telepathie (und Präkognition) gibt, ist dabei das Wirken von Synchronizität anzunehmen. Auf den Zusammenhang von Synchronizität und Telepathie wird weiter unten eingegangen, z.B. in 2.6. Schließlich hat Telepathie ja auch mit der Präkognition (vorausgesetzt, dass es so etwas gibt) gemeinsam, dass in beiden Fällen Information auf paranormalem Weg empfangen wird; bei der Präkognition kann aber sicher nicht von kausal erklärbarer Informationsübertragung gesprochen werden, da die Kenntnis des Ereignisses vor dem Ereignis da ist und wir nicht gut annehmen können, dass die Kenntnis das Ereignis herbeiführt. Von der Zukunft in die Vergangenheit wirkende Kausalität dürfen wir ebensowenig postulieren: Gibt es etwa irgendwelche Möglichkeiten, von heute aus Geschehnisse im letzten Jahrhundert zu beeinflussen? Kann ich meinem Großvater die Botschaft übermitteln, er solle meinen Vater nicht zeugen? Stichhaltige Gründe für diese Hypothese gibt es keine, obwohl sie heute bisweilen von Physikern diskutiert wird. Am einfachsten ist die Annahme, dass Telepathie und Präkognition synchronistische Phänomene sind, also akausale sinnvolle Ereignisverknüpfungen.

    Zweitens müssten Telepathie und Präkognition erstaunlichste Eigenschaften haben, wenn sie kausal wirken würden: Frau von Franz hätte unbewusst wissen müssen, wann sie ein Telegramm aufzugeben hatte, damit es bei einem ganz bestimmten Einsatzplan der Posteilboten und ganz bestimmten Verkehrsverhältnissen genau zum richtigen Zeitpunkt eintraf. Diese Annahme ist aber noch viel seltsamer als die der Existenz von Synchronizität und vermag zudem Präkognition nicht zu erklären.

    Als synchronistisch kennzeichnen außerdem folgende typische Merkmale das Geschehen: Wir finden darin wieder einen vermittelnden Menschen, den Briefträger, es findet außerdem statt in einem Zustand äußerster emotionaler Intensität und ist raum- und zeitübergreifend, da sich die Therapeutin weit entfernt von ihrer Klientin aufhält und sie die wichtige Erkenntnis, handeln zu müssen, so erhält, dass ihr Telegramm später exakt im entscheidenden Augenblick eintrifft, in dem es die Patientin am stärksten zu erschüttern und damit am heilsamsten zu wirken vermag. Auch die Verbindung von Innerem (die Therapeutin denkt unvermittelt an die Klientin mit dem „Gefühl von dringender Gefahr") und Äußerem (das Telegramm erreicht die Klientin im entscheidenden Augenblick) ist gegeben.

    Eine meiner Schülerinnen – ich nenne sie hier Susanne – erzählte mir folgende Begebenheit: Sie litt während vieler Jahre unter einem immer wiederkehrenden Albtraum. Der Traum bestand in nichts anderem, als dass sie voller Entsetzen zuschaute, wie ein Mädchen in weißem Kleid, das sie nur von hinten sah, in tiefer Nacht zwischen den beiden Schienen eines schnurgeraden Bahngeleises langsam und lautlos in die Ferne wegging. Jedes Mal erwachte die Träumerin aus diesem Traum in Panik, mit wildem Herzklopfen und schweißgebadet.

    Eines Tages musste sich die Schwester der Schülerin einer harmlosen Operation unterziehen. Beim Frühstück scherzten die beiden, die sehr aneinander hingen, noch miteinander. Susanne wünschte der Schwester Glück für die Operation, dann ging sie zur Schule. Als sie nach Hause kam, war die Schwester tot – wegen eines unverzeihlichen medizinischen Kunstfehlers.

    Was hat denn der Traum mit dem schrecklichen Geschehen zu tun? Wenn überhaupt ein Zusammenhang zwischen ihnen gesehen werden kann, ist er doch gewiss rein zufällig! Nun, dagegen sprechen zwei entscheidende Tatsachen. Erstens: Von diesem Tag an wiederholte sich der schlimme Traum nie mehr – und das ist typisch für sich wiederholende Albträume, die ein Unglück ankündigen oder davor warnen. Sie suchen jemanden unzählige Male heim, bis das Ereignis eintritt, und erscheinen danach niemals wieder. Zweitens: Wer sich mit Träumen auskennt, weiß, dass der beschriebene Traum klare Todessymbole enthält: Das weiße Kleid, das stumme Weggehen in die Ferne, die tiefe Nacht, das Abgewandtsein der Person, die man von hinten nicht mehr erkennt. Das Traumbild scheint harmlos – wie die Operation – aber die Emotion, die damit verbunden ist, spricht eine ganz andere Sprache. Wer sich lange genug bemüht hat, den Sinn von Träumen zu verstehen, wird, wenn er diesen Traum hört, sofort sagen, es handle sich hier um Todessymbole. Dass sie realen Tod ankündigen, kann man nur dem Entsetzen der Träumerin entnehmen. Sie könnten andernfalls auch symbolischen Tod meinen, vor allem das Ende einer Beziehung, das jemand unbewusst bereits ahnt.

    Leider verkünden Neurowissenschaftler heute lauthals, Träumen liege nie eine psychologische Bedeutung zugrunde, sie würden bloß Erlebnisse des vergangenen Tages nachbereiten. Dass dies für gewisse Träume gilt, kann experimentell gezeigt werden. Wenn Ratten träumen, werden bei ihnen dieselben Gehirnregionen aktiv, die die Ratte tagsüber beim Erkunden eines Labyrinths gebraucht hat. Das beweist aber noch lange nicht, dass Menschen keine anderen Träume haben können. Dass Neurowissenschaftler die reichhaltige Erfahrungsliteratur, die zur seriösen Traumdeutung vorliegt, besonders die aus der Schule der Analytischen Psychologie von C. G. Jung, ganz einfach nicht zur Kenntnis nehmen, wenn sie Aussagen über alle Träume machen, ist unentschuldbar.

    Außer dem typischen Ausbleiben des Traumes nach dem Todesfall und seiner klaren Todessymbolik lässt das kombinierte Vorliegen der Merkmale 1, 2, 3, 4, 6, 7 und 8 die Behauptung, es handle sich bei dieser Geschichte um bloßen Zufall, als sehr unglaubwürdig erscheinen. Dennoch gilt wiederum, dass erst die riesige Fülle der von Menschen erlebten Synchronizitäten die Zufallshypothese überzeugend verwerfen lässt.

    Dass die quälend oft wiederholten Albträume schlagartig aufhören, sobald das Unglück, das sie angezeigt haben, eingetreten ist, stellt Materialisten vor größte Rätsel. Wie ist es erstens möglich, dass ein zukünftiges Ereignis vorausgeträumt wird? Eine kausale Erklärung kann es dafür nicht geben, eine Ursache geht der Wirkung stets voraus, kommt nicht hinterher. Wie könnte also ein Ereignis Warnträume auslösen, die ihm vorausgehen? Akausale Zusammenhänge zwischen Ereignissen sind synchronistisch. Wie soll man zweitens begreifen, dass der Warntraum nach zahllosen Wiederholungen genau dann für immer wegbleibt, wenn das Unglück geschehen ist? Es gibt für harte Materialisten nur eine Lösung: Solche Geschichten nach dem Grundsatz zu ignorieren: Was meinem Weltbild widerspricht, kann es nicht geben. Sie zucken mit den Schultern. Eigenartiger Zufall, sagen sie. Das ist aber ausgerechnet bei Naturwissenschaftlern eine hilflose Ad-hoc-Reaktion, sind diese doch stolz darauf, dass Beobachtungen in der Wissenschaft eine äußerst wichtige Rolle spielen, dass sie sich an Fakten halten und nur Theorien akzeptieren, welche diesen gerecht werden. Und dann blenden sie, ohne mit der Wimper zu zucken, alle Fakten aus, die ihnen nicht passen. Man könne halt mit angeblichen synchronistischen Ereignissen nicht experimentieren, argumentieren manche, daher seien sie für die Wissenschaft irrelevant. Gibt es denn nur das, womit man experimentieren kann? Mit Napoleon, Johann Sebastian Bach oder Robert Walser kann man nicht experimentieren – ist deswegen jede wissenschaftlich gerechtfertigte Aussage über sie und ihre Werke oder Taten ausgeschlossen? Experimentieren lässt sich mit synchronistischen Ereignissen nicht, aber viele von ihnen, zum Beispiel eben die sich sehr oft wiederholenden Albträume, die nach dem Ereignis, das sie symbolisieren, schlagartig aufhören, lassen sich durchaus serienmäßig beobachten und vergleichen. Das ist aber gerade das, was die Stärke der experimentellen Methode ausmacht. In der Biologie und der Astronomie ist das serienmäßige Beobachten von Ereignissen gang und gäbe, aufschlussreich und sehr wichtig.

    Soll man, wenn sich Erfahrungen häufen, die nicht in ein geliebtes Weltbild passen, diese schulterzuckend oder nachsichtig lächelnd übersehen – oder vielleicht doch eher sein Weltbild hinterfragen? Viele Naturwissenschaftler hängen an einem deterministisch-materialistischen Weltbild (das sich notabene nicht aus einer Naturwissenschaft ableiten lässt) mit ebenso glühendem Glaubenseifer wie ein guter Katholik oder Muslim an seinem. Dabei wissen Physiker ja, dass selbst ausgezeichnet bestätigte physikalische Theorien wie die Newtonsche Mechanik sich als falsch erwiesen haben. Sie sind zwar als Näherungen sehr gut zu gebrauchen, aber letztlich eben doch falsch. Trotzdem sind dieselben Physiker unerschütterlich überzeugt, dass ihr materialistisch-deterministisches Weltbild richtig ist und empirische Befunde, die damit nicht zu vereinbaren sind, ganz einfach nicht existieren beziehungsweise nicht zu beachten sind. Wir sind Menschen. Kein Mensch kann sicher sein, die absolute Wahrheit über ein Problem zu besitzen. Wir können immer nur abwägen, was wir plausibler finden, offen bleiben für alle Möglichkeiten und uns so gut, wie es nur geht, informieren. Es gibt keinen Grund, auf Menschen mit mitleidigem Lächeln herabzublicken, die nach jahrzehntelanger Sichtung von Erfahrungen und nach reiflicher Überlegung zu anderen Ansichten gelangen als hartgesottene Materialisten.

    Von Wittgenstein stammt der berühmte Satz: „Die Gesamtheit der wahren Sätze ist die gesamte Naturwissenschaft." Manche streitbaren Naturwissenschaftler und sogar manche Philosophen scheinen diesen Satz für richtig zu halten – obwohl Wittgenstein selbst genau gesehen hat, dass er unsinnig ist, weil er sich selber widerspricht. Der zitierte Satz 4.11 von Wittgensteis Tractatus logico-philosophicus ist offensichtlich kein naturwissenschaftlicher Satz (er lässt sich weder aus Theoremen der Physik noch aus einer anderen Naturwissenschaft ableiten), kann also nach seiner eigenen Aussage nicht wahr sein. Er gehört nicht zur Physik, sondern in die Metaphysik. Abschnitt 6.54 von Wittgensteins Tractatus lautet: „Meine Sätze erläutern dadurch, dass sie der, welcher mich versteht, am Ende als unsinnig erkennt, wenn er durch sie – auf ihnen – über sie hinausgestiegen ist. (Er muss sozusagen die Leiter wegwerfen, nachdem er auf ihr hinaufgestiegen ist.)"

    Susannes Traum ist präkognitiv: Er nahm die Zukunft voraus. Unzählige Fälle von eindeutig präkognitiven Träumen werden in ernstzunehmenden Sachbüchern geschildert. Es geht nicht an, sie nicht zur Kenntnis zu nehmen, weil man überzeugt ist, dass ausnahmslos alle mentalen Ereignisse von Gehirnprozessen hervorgerufen werden und diese ausnahmslos streng determiniert ablaufen. Wenn es Phänomene zuhauf gibt, die dieser Überzeugung widersprechen, sind nicht die Phänomene inexistent, sondern die Überzeugung falsch. So einfach ist das. Man führe sich nur etwa das erstaunliche Buch Traumjournal der bekannten Filmschauspielerin Christine Mylius zu Gemüte. Da sie feststellte, dass sie überaus häufig von Situationen träumte, die sich später in Wirklichkeit ereigneten, begann sie all ihre Traumberichte, die sie jeden Morgen niederschrieb, nach einem Gespräch mit Hans Bender, Professor in Freiburg, an ihn zu senden. Bender archivierte die Berichte in einem Schrank, zu dem nur er einen Schlüssel besaß. Wenn sich später etwas ereignete, was in vielen Einzelheiten an einen früheren Traum erinnerte, sandte sie einen Bericht über das Ereignis ebenfalls an Bender. Die Zusammenstellung zahlloser Träume und zugehöriger Ereignisse im erwähnten Buch lässt sich, wenn man sich die Mühe nimmt, das ganze Buch gründlich zu lesen, auf keinen Fall als Sammlung von reinen Zufällen interpretieren. Eine solche Annahme wäre noch viel abenteuerlicher als die Behauptung, es handle sich bei diesen Ereignissen um Synchronizität. Christine Mylius schildert ihre Erfahrungen ganz sachlich, ohne irgendwelches esoterische Raunen. Sie war ein realistischer Mensch. Ebenso absurd ist die Annahme, das ganze Buch sei ein Betrug, eine abgekartete Sache zwischen Christine Mylius und Hans Bender. In diesem einen Fall wäre so etwas zwar denkbar – Betrug gibt es überall, auch in jeder Wissenschaft, und es gibt Fälle, in denen Bender, der manchmal wirklich zu leichtgläubig war, getäuscht wurde. Es geht indessen nicht einfach um das Buch von Christine Mylius. Man muss, um präkognitive Träume wegzuinterpretieren, an eine weltweite Verschwörung von Millionen, die solche Träume erlebt haben, glauben. Es ist leicht, vertrauenswürdige Menschen kennenzulernen, die eindeutig präkognitive Träume hatten.

    Eine Frau besucht Verwandte. Wie sie deren Wohnung betritt, stürzt ein Garderobebrett, das schon Jahre dort gehangen hat, krachend zu Boden. Verzweifelt schreit dabei die Frau den Namen ihres Kindes – das im selben Augenblick zu Hause durch ein von einem Gerüst herabstürzendes Brett erschlagen wird.10 In diesem Fall ist Synchronizität raumübergreifend wirksam (Merkmal 6). Zugleich wirkt das Garderobebrett als vermittelnder Gegenstand (Merkmal 5). Sein Fall kann symbolisch gedeutet werden, als ob man sich in einem Traum befinden würde (Merkmal 4). Die Frau wird von einer plötzlichen intensiven Emotion erfasst (Merkmal 2). Das Ereignis findet statt in einer für Synchronizitäten entscheidenden Situation, einem unerwarteten Todesfall (Merkmal 3). Außerdem verbindet die Synchronizität hier Innenwelt (das plötzliche unbewusste Begreifen der Frau, dass ihrem Kind etwas Schreckliches zugestoßen ist) und Außenwelt (die beiden Bretter und das Unglück; Merkmal 7). Zugegeben, das ist äußerst seltsam, ganz besonders dann, wenn man nie von Vergleichbarem gehört hat. Und doch kommen ähnliche Fälle immer wieder vor. Da alle sieben in der Liste erwähnten Kriterien für Synchronizität das Ereignis charakterisieren, spricht sehr viel dafür, dass diese traurige Geschichte keine bloße Erfindung ist, sondern sich so, wie sie Wilhelm von Scholz berichtet, zugetragen hat.

    Jeden einzelnen Fall kann man, wenn man ihn separat betrachtet, versuchsweise als Lügengeschichte, Betrug oder verblüffenden, aber doch reinen Zufall auffassen. Aber geht das angesichts der übergroßen Fülle vergleichbarer Ereignisse immer noch? Es gibt davon unglaublich viel mehr, als die zahlreichen Beispiele dieses Buches auch nur ahnen lassen.

    Aber warum nur erleben eingefleischte Materialisten viel seltener Synchronizitäten als andere Menschen? Offenbar braucht es eine gewisse Offenheit für solche Erfahrungen, eine Bereitschaft, auf die überraschenden Aktionen des Unbewussten zu hören. Zu diesem Phänomen gibt es Parallelen: Wer zum Beispiel überzeugt ist, dass alle Menschen schamlose Egoisten sind, lernt, wenig überraschend, vor allem schamlose Egoisten kennen. Warmherzige und hilfsbereite Personen meiden eben die Gesellschaft eines solchen Menschenfeindes, in seiner Nähe fühlen sie sich nicht wohl, mit ihm wollen sie schon gar nicht befreundet sein. Wer nicht an tiefe Liebe zwischen Mann und Frau glaubt, sondern, wie Schopenhauer, überzeugt ist, dass es nur den Sexualtrieb und eigenartige Phantasien gibt, die er hervorbringt, wird kaum tiefer Liebe in seinem Leben begegnen; und wer alle Entscheidungen nach klaren rationalen Kriterien fällt und a priori mit absoluter Sicherheit weiß, dass alles Reden von Synchronizität hanebüchener Unsinn ist, erlebt mit weit geringerer Wahrscheinlichkeit synchronistisches Geschehen und schenkt ihm, wenn es eintrifft, keine Beachtung, lacht über den dummen Zufall und vergisst ihn bald wieder. Oft genug habe ich erlebt, dass, wenn ich im Unterricht von Synchronizität sprach und einer Klasse selbst erlebte verblüffende Beispiele erzählte, nach der Lektion, wenn alle anderen das Zimmer verlassen hatten, eine Schülerin oder ein Schüler die Tür schloss, ans Lehrerpult trat und mir ein eigenes Erlebnis anvertraute, das sie nicht der Klasse preisgeben wollten – aus Angst, dass sich einige Spötter über etwas vom Eindrücklichsten, was sie je erlebt hatten, lustig machen könnten. Menschen erzählen ihre bewegendsten Geschichten nur denen, denen sie vertrauen. Vor hartgesottenen Materialisten halte ich mich auch lieber zurück, da sie in der Regel gar nicht an vorurteilsfreier Begutachtung von Erfahrungen interessiert sind, sondern nur an der Absicherung ihres Weltbildes gegenüber jeglicher möglichen Gefahr. Unsere Einstellung und unsere Lebensweise bestimmen sehr stark mit, welche Arten von Erfahrungen wir machen. Wer immer wieder psychologische Kurse besucht, wird mit sehr viel größerer Wahrscheinlichkeit synchronistische Erlebnisse erzählt bekommen als Menschen, die sich ausschließlich in Ökonomie oder Chemie weiterbilden.

    Die berühmte Performance-Künstlerin Marina Abramović und ihr Partner Ulay hatten mit tibetischen Lamas in Amsterdam gearbeitet. Bevor die Mönche nach Tibet zurückkehrten, wollten sie eine puja abhalten, eine große Zeremonie, in der um ein langes Leben gebeten wird. Sie sollte um fünf Uhr früh beginnen. Abramović und Ulay luden dazu fünf Gäste ein. Keiner kam. Einer hatte verschlafen, einer fühlte sich nicht gut, einer hatte es schlicht vergessen… So hielten die Mönche die Zeremonie nur mit Ulay und Marina Abramović ab. Danach fuhren die beiden Künstler in die Toskana, um Urlaub zu machen. Nach einer Woche ging Ulay eines Morgens ins Dorf – und kam leichenblass zurück. Er hatte erfahren, dass alle fünf zur Puja eingeladenen Personen – sie waren maßgeblich an der Organisation des Holland Festivals beteiligt gewesen, an dem Marina Abramović und Ulay eine Performance aufgeführt hatten – bei einem Flugzeugabsturz in der Schweiz ums Leben gekommen waren. Sie hatten sich in Genf eine Installation des Konzeptkünstlers Daniel Buren angesehen. „Es war unvorstellbar – ein absoluter Albtraum. Sogleich fuhren die beiden Künstler nach Amsterdam zurück. „Und dann ist etwas Unglaubliches passiert. (…) Während wir damit beschäftigt waren, die Beerdigungen zu organisieren, kam ein Brief von den Mönchen (…) Der Poststempel auf dem Umschlag trug das Datum vom Vortag des Flugzeug­absturzes. Auf der Karte stand: Unser tiefes Beileid.11

    Wer sich wirklich die Mühe nimmt, Marina Abramovićs außerordentliches Buch zu lesen oder wer gar eine ihrer Performances gesehen hat, weiß, dass diese bewundernswerte Frau von tiefem Ernst erfüllt ist und sich während ihres ganzen Lebens um Authentizität und Geradlinigkeit bemüht hat. Es gibt für sie keine Halbheiten. Dass sie in ihrer Autobiografie Lügengeschichten auftischen würde, ist undenkbar. Es drängt sich daher der Schluss auf, dass ihr Bericht den Tatsachen entspricht – ob diese Tatsachen nun in unser bisheriges Weltbild passen oder nicht. Wir müssen ganz einfach akzeptieren, dass es Präkognition gibt. Beispiele dafür sind in Hülle und Fülle vorhanden.

    Das präkognitive Wissen der Mönche war raum- und

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