Stahllilie und der mechanische Löwe
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Er hatte sich getäuscht – das einzig Zarte an Stahllilie war die Blume in ihrem Namen.
Stahllilie ist Gladiatorin auf dem Planeten Motis und eigentlich recht zufrieden mit ihrem Leben. Als jedoch ihre Schwester unter merkwürdigen Umständen verschwindet und ausgerechnet Seras Verlobter sie um Hilfe bittet, muss sie eingreifen. Als sie begreift, was gespielt wird, ist es fast zu spät.
Eine Geschichte über Cyborgs, Wahn und Wissenschaft. Ist die Welt bereit für die Erkenntnisse, die Stahllilies Schwester ans Licht gebracht hat?
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Stahllilie
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Book preview
Stahllilie und der mechanische Löwe - Katherina Ushachov
Stahllilie und der mechanische Löwe
Novelle
von
Katherina Ushachov
© 2019 (1. Auflage)
Autorin: Katherina Ushachov
Verlag: Littera Magia, Martina Mozelt
Löblichgasse 4/5, A-1090 Wien
Lektorat: Nicholle Fischer
Cover: Martina Mozelt
Illustrationen: Akira_ Jw
Buchsatz: Karl-Heinz Zimmer
Elon
Ein Monat – das reichte aus, um sein Leben nachhaltig zu zerstören.
Seit er aus der Krankenstation entlassen wurde, ertrug er immer und immer wieder ihre Blicke.
Natürlich, einige hatten Mitleid mit ihm. Schienen ihn zu bedauern. Manche kamen auf ihn zu und schüttelten seine Hand, richteten ihm ihr Beileid aus. Versuchten, dabei nicht zu sehr auf die Exoschienen an seinem Bein zu starren oder auf die Narben in seinem Gesicht. Wodurch sie noch mehr Aufmerksamkeit auf sein Aussehen lenkten. Auf die Makel, die ihn aus der Gesellschaft ausschlossen.
Er fühlte sich wie der letzte Lügner und das schlechte Gewissen stand ihm ins Gesicht geschrieben. Außerdem speisten sie seine Berichte ins Netzwerk ein, sodass alle von seinem Anteil an der ganzen Sache erfuhren.
Und von da an war er der Geächtete.
Nicht offiziell natürlich. Aber er konnte gar nicht mehr zählen, wie oft er bei der Essensausgabe angerempelt wurde. Oder wie oft ausgerechnet seine Werkzeuge spurlos vom Arbeitsplatz verschwanden. Und es war bestimmt auch kein Zufall, dass er keinen neuen Partner zugewiesen bekam und darum nur die demütigenden Einzelaufträge erledigen durfte.
Keine ernsthafte Forschung mehr. Pulvertee und Kaffee holen, Dateien sortieren, Netzwerkkabel reparieren und Maschinen ölen. Dinge, die sonst Frischlinge machten, weil sie dabei nichts zerstören konnten. Und er. Sie vertrauten ihm nicht mehr und taten alles, um es ihn spüren zu lassen.
Es gab nur einen Weg, das Ganze wiedergutzumachen. Und das war keiner, der ihm sonderlich gefiel.
Vermutlich war es eine dumme Idee, ausgerechnet Seras Schwester um Hilfe zu bitten, aber nach dem, was im Vulkanschacht 37-C passiert war, blieb nur sie.
Allein der Gedanke an die Blicke, mit denen die anderen Bewohner von 28-F ihn immer noch musterten, ließ ihn frösteln. Entweder die Gladiatorin oder niemand. Dann musste er alleine in 37-C hinabsteigen, aber da konnte er sich auch gleich umbringen.
Anders als die meisten Einwohner von 28-F war er den Arenakämpfen immer ferngeblieben. Er hatte kein Interesse daran gehabt, zuzusehen, wie lächerlich muskulöse Menschen mit primitiven Waffen aufeinander losgingen. Das dabei zwangsläufig vergossene Blut widerte ihn an und so hatte er Stahllilie nie gesehen. Als er Sera kennenlernte, war ihre Schwester bereits seit einer Weile auf der Gladiatorenschule und die zwei Frauen hatten keinen Kontakt mehr zu einander. Er hatte sich auch nie die Mühe gemacht, die Werbung für die Kämpfe genau zu betrachten.
Sera hatte ihm gelegentlich vorgeschwärmt, wie gut ihre Schwester im gemischtgeschlechtlichen Melee war oder wie gut sie sich gegen die anderen Frauen in ihrer Saisongruppe durchgesetzt hatte, aber er hatte nur mit einem halben Ohr zugehört. Etwas, was er nun schmerzlich bereute.
Offenbar wussten auch die zwei gelangweilten Männer an der Durchgangskontrolle über sein Versagen Bescheid, denn sie waren nicht gerade feinfühlig, als sie ihn auf versteckte Waffen und für Gladiatoren verbotene Aufputschmittel abklopften. Vermutlich hätten sie ihn einer Leibesvisitation unterzogen – einer von beiden zog sich bereits einen Handschuh über die Finger – als der Leiter der Schule gereizt zum Kontrollraum kam und ihn weiterwinkte.
»Stahllilie ist im Übungsraum. Kommen Sie.«
Es roch nach Schweiß und billiger Seife.
Elon erwartete eine Frau zu sehen, die ihn an Sera erinnerte. Feingliedrig, klein, mit zarten Händen.
Er hatte sich getäuscht – das einzig Zarte an Stahllilie war die Blume in ihrem Namen.
Sie blickte für keinen Augenblick von ihren Übungen auf, als er ihr angekündigt wurde und daraufhin den Trainingsraum betrat. Nackt und breitbeinig stand sie mitten im Raum und hob die Ballhantel über den Kopf. Schweiß rann ihr von den raspelkurzen Haaren den Nacken entlang, in die Kuhle zwischen den Schulterblättern und von dort aus weiter. Ihre martialische Gestalt passte zur Gladiatorenschule – mit dem nackten Betonboden und reißerischen Plakaten vergangener Kämpfe an den Wänden. Auf knallrotem oder leuchtendgelbem Hintergrund sah man die Technicolor-Abbildungen der Kämpferinnen und Kämpfer im Ring, in übertrieben heldenhaften Posen dargestellt.
Elon räusperte sich. Er fühlte sich komisch dabei, eine fremde Frau so zu sehen, zudem war sie auch noch die Schwester seiner Verlobten. Nicht, dass sie schlecht aussehen würde … Er starrte demonstrativ auf seine Schuhe. Der Boden war unregelmäßig und glatt, von unzähligen Füßen plattgelaufen.
Ob auch die anderen nackt trainierten? Außer ihr war niemand da und er hütete sich, zu fragen.
Stahllilie reagierte nicht. Atmete ein, hob das