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Danzig - Gdansk 1989: Erinnerungen an die alte Heimat
Danzig - Gdansk 1989: Erinnerungen an die alte Heimat
Danzig - Gdansk 1989: Erinnerungen an die alte Heimat
Ebook348 pages3 hours

Danzig - Gdansk 1989: Erinnerungen an die alte Heimat

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About this ebook

Christa Unnasch wurde 1933 in Danzig geboren und erlebte Krieg und Zerstörung ihrer Heimatstadt hautnah mit. 1945 flüchtete Ihre Mutter mit ihrem jüngeren Bruder auf der Wilhelm Rau, einem Geleitschiff der Wilhelm Gustloff, nach Holstein. Nach mehreren Stationen erreichte sie schließlich Hamburg, wo sie den Beruf der Krankenschwester erlernte. Hamburg war aber nicht ihre Heimat, und so hielt sie nichts, als sich die Möglichkeit eröffnete, für mindestens zwei Jahre nach Australien überzusiedeln. Schon auf der Überfahrt lernte sie einen jungen Mann kennen, den sie später heiratete. Die alte Heimat Danzig, die nun Gdansk hieß, erschien während des Kalten Krieges unerreichbar und so wurde Australien ihre neue und zweite Heimat. Erst 1989 war es so weit, dass sie es wagen wollte, ihre Geburtsstadt zu besuchen. Was würde sie dort erwarten, welche Erinnerungen würden wieder hoch kommen?
Diese von der Autorin nach Ihren in englischer Sprache erschienenen Büchern erstmals in Deutsch niedergeschriebenen Erinnerungen sind zunächst sprachlich geprägt von ihren seit nun über 50jährigen englischen Sprachgewohnheiten. Um den Stil beizubehalten, wurde der Text auch nur äußerst zurückhaltend redigiert. Der Inhalt ist Ausdruck dieses tiefen Empfindens nach 45jähriger Abwesenheit von ihrer Heimat und den immer wieder und spontan aufkommenden Erinnerungen während ihrer Deutschlandreise. So findet der Leser keine stringent chronologische Handlung vor, sondern immer wieder eingestreute Versatzstücke aus dem Geschehen ihrer Vergangenheit.
Diese zunächst als Familienchronik niedergeschriebenen Erinnerungen beleuchten einen dunklen und tragischen Zeitraum unserer deutschen Vergangenheit, wie ihn viele unserer eigenen Verwandten erleben mussten und sind damit ein Stück Zeitgeschichte.
Wir alle wollen hoffen, dass wir und unsere Nachkommen vor solchen Geschehnissen bewahrt bleiben.
LanguageDeutsch
PublisherXinXii
Release dateOct 20, 2019
ISBN9783943360479
Danzig - Gdansk 1989: Erinnerungen an die alte Heimat

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    Danzig - Gdansk 1989 - Christa Unnasch

    Danzig - Gdansk

    1989

    Christa Unnasch

    Erinnerungen an die alte Heimat

    Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek:

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.d-nb.de abrufbar.

    Impressum

    © 2018/2019 literates-Verlag

    Alle Rechte, auch auszugsweise, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

    Die Aufgabe des Verlags bestand in der Gestaltung, Formatierung und Konvertierung des Manuskripts sowie dem Druck. Der Verlag war nicht bei der Zusammenstellung der Informationen und sonstigen Inhalte beteiligt und ist für den Inhalt nicht verantwortlich.

    Druck und Verlag: literates Verlag GbR Brüggen, www.literates-verlag@online.de

    Umschlagbild: Wojciech Gruszczynski und Christa Unnasch

    Montage: Udo Rosowski und Christoph Hartmann

    Alle Bilder, soweit nicht anderweitig bezeichnet, stammen aus den privaten Archiven von Christa Unnasch, Wojciech Gruszczynski,  Barbara Filipiak und Henry Peter Weide

    Printed in Germany

    ISBN 987-3-943360-47-9 (print)

    ISBN 978-3-943360-72-1 (ebook)

    E-Book Distribution: XinXii

    www.xinxii.com

    logo_xinxii

    Inhaltsverzeichnis

    Vorwort

    Die Rückkehr nach Danzig in 1989

    Die Reise

    St. Annen

    Lehrer Schmidt

    Nach der Flucht

    Berta und Hannes

    Das Ende des Krieges

    Die Engländer

    Die heimkehrenden Soldaten

    Grausamkeit

    Der Brief

    Ein Engel

    Schule

    Koeppke‘s

    Danzigs Tod

    Die Eider

    Das Gewitter

    Noch ein schrecklicher Winter

    Westerbur

    Schuhe

    Der rote Volkswagen

    Auf Abenteuer aus

    Oma

    Das Geschäft

    Der Traum

    1947

    Schulende

    Grömitz

    Verschiedene kleine Reisen

    Schweden

    Kaffe Fassett

    Finnland

    Zufall oder Schicksal?

    Erinnerungen

    Helsinki

    Richtung Danzig

    Gdynia

    Das Ungeheuer

    Karlsruhe und die bucklige Verwandtschaft

    Günter und Gisela

    Mein Besuch in 1951

    Will Höhne

    Karlsruhe

    Mönchengladbach und Willich

    Heinz

    Willich

    Gori

    Die 10 Teschke Kinder:

    Die Hochzeit von Günter und Gisela

    So viel Verwandte

    Gotenhafen

    Die Cap Arcona

    Mein Vater

    Die Stiebritz-Kapelle.

    Die Teschke Familie

    Onkel Rudolfs Erzählungen

    Rudolfs Lebenslauf

    Kriegsende WW I

    Die Ferkelchen

    Die Brüder

    Abschied von meiner Heimat

    Epilog

    Puck

    Zugverkehr in Danzig

    Mein Ostseestrand.

    KINGA

    Ballou

    Grünkohl

    Lidias Brief

    Erster Arbeitsplatz

    September 1939

    Zur rechten Zeit gerettet

    Todesmarsch nach Piasnica

    Obhut und rettende Engel

    Liebe auf dem ersten Blick

    Die Russen

    Die Hochzeit

    Henry Peter Weide.

    Mattenbuden

    1936 - 1939

    Ein stolzer Pole.

    Peters Ausbildung

    Soldatenleben

    Graudenz

    Gefangenschaft

    Der Unfall

    Feli

    Alle Straßen führen nach Rom - oder die Ukraine

    Die Kosaken

    Graf O’Rouke

    Verwirrende Religionen

    Feli’s Welt

    Oberschule

    Das Omen

    Unser Haus

    Das Sommerhaus

    Krankenhaus und Krieg

    Der grausame Krieg

    Unser Haus

    Die Russen

    Die Suche

    My dear sister Natalia

    Hunger und Typhus

    Hatte Gott uns vergessen?

    Nahe Berlin

    Suche nach Vater

    Heilbronn

    Mein Vater und seine Flüchtlinge

    I.R.O

    Joe

    Australien

    Die kranken Kinder

    Die Epidemie

    Bonegilla

    Die Suche nach Glück

    Das Zeichen

    Hyneck

    Ballarat

    Über die Autorin

    Vorwort

    Christa Unnasch wurde im Mai 1933 in Danzig geboren, von wo aus sie im Januar 1945 mit ihrer Mutter und dem zweijährigem Bruder auf dem Walfang-Mutterschiff Walter Rau im Geleit der Wilhelm Gustloff über die Ostsee nach Eckernförde floh. Sie endeten in dem kleinen Norderdithmarschen Dorf ‚St Annen’. In 1951 reiste sie nach Lübeck, um den Krankenschwester Beruf zu erlernen. Nach bestandenem Examen wechselte sie ruhelos einige Krankenhäuser in verschiedenen Städten und endete in 1958 in Hamburg wo sie sich in 1960 entschied, alleine und ohne Englischkenntnisse nach Australien auszuwandern. In Hamburg war ihr Arbeit für Lebenszeiten gesichert aber es boten sich ihr keine geistigen Abwechslungen. Ihre Heimat Danzig, das nun Gdansk hieß, war ihr verschlossen, Ihr Vater nicht aus dem Krieg wiedergekehrt, ihre einst enge, große Familie in Ost und West verstreut.

    Kanada und Australien suchten damals junge Einwanderer. Sie entschied sich für Australien und bereute es nie. Auf dem Auswandererschiff traf sie einen in Pommern gebürtigen jungen Auswanderer, der 5 Jahre zuvor aus der Ostzone geflohen war und damals aus politischen Gründen noch nicht zu seiner Familie zurückkonnte. Sie heirateten 6 Monate später und bauten sich in diesem Land wo noch buchstäblich Milch und Honig fließen, ein schönes eigenes Familienleben auf. Sie wollte nie wiederkehren, jedoch war Danzig wieder für Besucher geöffnet worden und es zog sie magnetisch in 1989 zurück. Einige ihrer deutschen Verwandten hatten sie in Australien besucht und sie zu einem Deutschlandbesuch überredet, den sie darum gleich mit Danzig verbinden wollte.

    Diese von der Autorin nach Ihren in englischer Sprache erschienenen Büchern erstmals in Deutsch niedergeschriebenen Erinnerungen sind zunächst sprachlich geprägt von ihren seit nun über 50jährigen englischen Sprachgewohnheiten. Um den Stil beizubehalten, wurde der Text auch nur äußerst zurückhaltend redigiert. Der Inhalt ist Ausdruck dieses tiefen Empfindens nach 45jähriger Abwesenheit von ihrer Heimat und den immer wieder und spontan aufkommenden Erinnerungen während ihrer Deutschlandreise. So findet der Leser keine stringent chronologische Handlung vor, sondern immer wieder eingestreute Versatzstücke aus dem Geschehen ihrer Vergangenheit.

    Diese zunächst als Familienchronik niedergeschriebenen Erinnerungen beleuchten einen dunklen und tragischen Zeitraum unserer deutschen Vergangenheit, wie ihn viele unserer eigenen Verwandten erleben mussten und sind damit ein Stück Zeitgeschichte.

    Wir alle wollen hoffen, dass wir und unsere Nachkommen vor solchen Geschehnissen bewahrt bleiben.

    Die Rückkehr nach Danzig in 1989

    Nach 44 Jahren entschied ich mich, endlich wieder in meine alte Heimatstadt Danzig, die nun Gdansk hieß, zurückzukehren. Viel Wasser war durch die Ozeane der Welt geflossen und viel hatte sich in meinem Leben in all den Jahren getan, seit ich aus Danzig 1945 fliehen musste. 1960 war ich von Hamburg nach Australien ausgewandert mit dem Vorsatz, nie wieder zurückzukommen.

    Abbildung 1: Danzig - Partie am Krantor (1890-1900) [public domain-gemeinfrei]

    Es war damals so verlockend gewesen, weil Australien sowie Kanada nach ledigen Männern und Mädeln suchten und freie Überfahrt anboten. Ledig war ich, 27 Jahre alt und unternehmungslustig, ohne eine Hoffnung zu haben, mir je irgendeine größere Reise leisten zu können. Freie Seereise, freies Essen und eine sichere auf einen wartende Arbeit. Die zwei Jahre, die ich mich verpflichten musste, dort zu bleiben oder die Hinreise wieder zurück zu zahlen, kümmerten mich kein bisschen oder wie die Hamburger sagen würden ’büschen’. Was mehr konnte ich verlangen?

    Abbildung 2: Kangaroo

      Die See [Ost- und Nordsee] waren von jeher meine Begleiter und große Liebe gewesen und diese lange Seereise war sehr verlockend. Obwohl ich Hamburg liebte, so war es meist bewölkt, kalt und regnerisch und mich lockte das sonnige und warme Wetter Australiens mehr als Kanadas herrlich wilde Landschaften.

                     *

     Nun, 1989, kam mein 9 Jahre jüngerer Bruder zu meinem Hotel in Hamburg, um mich abzuholen. Ich hätte lieber den Zug nehmen sollen, denn seine Frau zeterte sofort gehörig auf mich ein, warum ich nicht direkt zu meinem einzigen Bruder nach Kiel weitergefahren bin, statt mich abholen zu lassen. Weiss nicht was mit dieser Frau los ist. Laufend hackte sie in negativer Weise auf mir herum. [Meine Schwester hatte sich vor Jahren bereits ebenfalls beschwert.] Wahrscheinlich ist hier von Eifersucht die Rede. Die grüne Krankheit, gegen die es kein Arzneimittel gibt.

    Von seiner Geburt an hatte ich meinen Bruder wie ein eigenes Kind behütet. Ich brachte ihm zum Beispiel bei, wie er ungefährdet die Steintreppe in unserem 5-stöckigen Haus langsam vorne hochkrabbeln und rückwärts runterrutschen konnte, was sich einst als sehr wertvoll erwies. Unser Haus war ein großes Eckhaus, mit der anderen Seite verbunden unten durch den Keller und oben dem Trockenboden. Bernd war damals ungefähr 12 Monate alt und obwohl im Bettchen angebunden, schlüpfte er aus seinem Gurt und vermochte über den Bettchenrand zu klettern, die Fußbank vor die Tür zu schieben, die Türklinke runter zu drücken und den Weg von unserem dritten Stockwerk hoch zum Trockenboden zu krabbeln, rüber zur der anderen Seite und dann rückwärts zum vierten Stockwerk runter zu rutschen, wo er genau wusste, unsere Mutter bei ihrer Freundin zu finden. Die beiden Frauen hörten draußen plötzlich ‘rutsch, plumps, rutsch, plumps’ und gingen nachsehen, was das wohl sein könnte. Und da war unser Bollermann heil, gesund und glücklich. Nur hatte er natürlich unsere Wohnungstür weit offengelassen.

    Abbildung 3: Bild von unserem Haus

    Abbildung 4:  Mit Bernd in Gotenhafen

    Ich nahm Bernd auf Spaziergängen mit, wo die anderen Kinder mich oft hänselten weil ich so beschützend war und sie ‘Katze, Katze’ riefen. Später verteidigte ich ihn auch gegen meine Mutter, wenn sie ihn aus irgendeinem Grund verhauen wollte und ich mich schützend vor ihn stellte. Meine Mutter aber, erst einmal in Rage, gab mir seine Schläge, und meinte: ‘Du hast selbst Schuld’. Oft kam er mir auch später zur Schule nach.

    Und dann war da die Woche, in der meine Mutter die einzige, und wie sich herausstellte, letzte Gelegenheit hatte, meinen Vater zu sehen. Er war in Sachsen stationiert und sollte wieder an die russische Front. Zwei Tage nachdem meine Mutter uns verließ, um zu unserem Vater zu reisen, begannen die nächtlichen Fliegeralarme in Gotenhafen. [Eigentlich bestand da noch keine Gefahr für uns, denn die Engländer waren nur um den U-Boothafen besorgt, den sie mit Luftminen bewarfen, da die U-Boote großen Schaden unter ihren Schiffen anrichteten.]

    Abbildung 5: Abschied von Pappa in Sachsen

    In einer der Nächte ihrer Abwesenheit hatten wir etliche Fliegeralarme und ich 10jährige hatte Schwierigkeiten, aus meinem Schlaf zu erwachen. Gerade hatte ich meinen Bruder nach dem ersten Alarm wieder ins Bett gelegt, als die Nachbarn wieder wie verrückt an die Tür bollerten. Ich dachte nur, dass die ruhig bollern sollten. Aber sie gaben nicht nach und ich musste meinen ebenfalls schläfrigen Bruder wieder aus dem Bett reißen und nochmals die schlüpfrigen Steinstufen in totaler Dunkelheit in den einfachen Keller tragen, denn den Fahrstuhl durften wir bei Angriffen nicht benutzen. Der Keller bot kaum Schutz, weil nur jeder Einwohner einen Bretterverschlag für Eingemachtes und Kartoffeln hatte und man von dort die offene Straße sehen konnte. Von Schutz und Bunker keine Spur.

      Meine Mutter hatte eine Frau engagiert, die auf uns aufpassen sollte und hatte die Speisekammer voller Esswaren und einen großen Topf mit meinem Lieblingsgericht hinterlassen. Jedoch die Frau hatte bereits am zweiten Tag das Weite gesucht, die besten Lebensmittel und wer weiß was sonst noch mitgenommen und nur das gesamte Badezimmer voller Exkremente ihres kleinen Hundes hinterlassen.

      Ich hatte das Essen bereits drei Tage lang aufgewärmt und mein Bruder war es auch satt. So nahm ich meinen kleinen, 18 Monate alten Bruder rüber zur Freundin meiner Mutter und fragte, ob sie wohl etwas anderes zu essen für uns hätte. Sie fiel aus allen Wolken, denn sie dachte uns gut aufgehoben bei dieser Frau.

      ‘Oh, mein Gottchen’ sagte sie. ‘Ich habe auch nur Wruckensuppe’.

     Aber sie war keine so gute Köchin wie meine Mutter, die schöne Schweinerippchen darin weichgekocht und alles gerecht gewürzt hatte. Eigenartiger Weise waren Frau Lingmanns beide Brüder beruflich erstklassige Köche, aber sie konnte nicht kochen. Bei ihr gingen Fleisch und Gemüse zur selben Zeit in den Topf und wenn das Gemüse halbwegs gar war, war sie fertig mit ihrem Kochen.

                    *

    Als mein kleiner Bruder geboren wurde hatte ich es nie verstehen können wenn die Leute mir sagten, dass ich nun nicht mehr Pappas Liebling sein würde. Ich war die dritte Tochter und er wünschte sich so sehr einen Sohn. Meines geliebten Vaters Wunsch war auch meiner und Eifersucht sowie auch Heimweh sind mir von eh und jeh fremd gewesen und geblieben.

                     *

    Die Reise

    Ich hatte meine lange Reise in die alte Heimat von Australien aus sorgfältig geplant, beginnend mit Singapore Airlines, die ich bevorzugte, da die Besatzung freundlich und hilfsbereit die ganze Nacht die Gänge patrollieren um eventuelle Wünsche zu erfüllen, im starken Gegensatz z.B. zu Quantas, wo die Crew sich auf dem Weg zurück von Hawaii auf den leeren Sitzen schlafen legte und unfreundlich auf Wünsche reagierte. Von Frankfurt nahm ich einen Lufthansabus nach Hamburg Fuhlsbüttel und von da den handlichen Bus zum Marktplatz vor dem Hauptbahnhof. Dort fahren Züge in alle Richtungen Europas und man kann per U- und S-Bahn in aller Schnelle ganz Hamburg bereisen. Busse stehen dort ebenfalls bereit, dich auf besondere Touren mitzunehmen.   

    Mein Hotel ist seitdem immer das Eleazar Novum Hotel in der ‚Bremer Reihe‘, nur ein paar Meter vom Bahnhofsplatz. Trotz dem fast endlosen ‚tatü, tata‘ der Streifenwagen liegt es ruhig und geschützt in einer fast schalllosen Ecke und hat die besten Frühstücke der Welt! - Näher, praktischer, preiswerter und besser geht’s wirklich nicht.

                     *

      In 1960 war ich von Hamburg aus alleine und ohne englisch Kenntnisse auf dem italienischen Schiff ‘Castel Felice’ nach Australien ausgewandert, ohne dort jemanden zu kennen, und habe es niemals bereut. Die Australier sind von Natur aus freundliche, hilfsbereite, lustige Menschen und laden dich schnell zu ihren Barbecues ein. Diese liebenswerten Eigenschaften machen sie auch in der ganzen Welt beliebt. Als ich z.B. später 2006 zur Fußballweltmeisterschaft in Deutschland - Polen war, machten die 1000 australischen Fußballfans in allen Zeitungen Erfurts Furore, weil sie dort fröhlich von Geschäft zu Geschäft zogen und unbedingt Lederhosen kaufen wollten.

    Wie alle anderen Länder der Welt aber erwarten Australier, dass du ihre Sprache lernst und dich ihren Sitten anpasst, was von Anfang an mein Ziel war. Ich lernte mich von deutschen Einwanderern fern zu halten, da diese laufend etwas an Australien auszusetzen hatten und stets angaben, dass z.B. deutsche Geräte die besten der Welt wären. Das kann ich nicht behaupten, denn meine australische Waschmaschine läuft nach 20 Jahren immer noch, während die Miele-Maschine bei Bekannten bereits drei Mal ersetzt werden musste. Diese laufenden Kritiken waren zu viel für mich. Warum waren die Leute eigentlich nach Australien ausgewandert?

                    *   

     Ich hatte Hamburg in all den Jahren aber sehr vermisst und wollte drei Tage auf dem Hinweg und drei Tage auf dem Rückweg in Hamburg verbringen.

    Abbildung 6: Hamburger Michel

    Diese erste Familienbegegnung aber traf schmerzlich und tief ins Herz und warf einen gehörigen Dämpfer auf meine Wiederkehr. Ich wollte so schnell ich konnte weg von dieser Frau.

      Wir fuhren zunächst kurz nach Kiel, wo das Haus meines Bruders steht und auf mein Bitten von dort gleich am nächsten Tag in das kleine Dorf St. Annen bei Heide in Holstein, wohin uns das Schicksal einst in 1946 verschlagen hatte. Dort auf dem abgelegenen Bauernhof hatten meine Mutter, mein Bruder und ich einst nach vielen gedemütigten und herzzerbrechenden Monaten endlich Geborgenheit gefunden. Die Familie Sierks waren keine reichen, aber gutmütige und mitleidige Bauern. Zuvor hatte niemand der Flüchtlinge dort Unterkunft gesucht, weil es so abgelegen und primitiv war. Das Wasser war ungenießbar weil das Land vor einiger Zeit von der See abgewonnen wurde und obwohl gesund wegen der salzigen Lehmerde einen faulen Geschmack hatte. Es gab wohl einen eingebauten, großen Regenwassertank, aber das Wasser war nicht trinkbar, ohne gekocht zu werden, denn dorthinein fand hin und wieder die eine oder andere Ratte ihren Weg und ertrank, und der Tank konnte nur einmal im Jahr gereinigt werden. Ein Badezimmer war ebenfalls nicht vorhanden. Man musste sich an der Pumpe waschen und für die Notdurft fand man im Stall eine Bank mit Loch, unter dem ein Eimer stand, den der älteste Sohn in bemitleidenswerter Weise hin und wieder auf dem Dunghaufen leeren musste. Mein Bruder fiel dort einst kopfüber in die Jauchegrube, weil er auf dem Brett, das für die Schubkarre auf den Haufen führte, einmal zu oft hoch und nieder gesprungen war und Glück hatte, dass jemand sich dort befand ihn herauszuziehen. Aber es schadete ihm gesundheitlich nichts, nur, dass meine Mutter für endlos lange Tage versuchte den üblen Geruch mit Kernseife aus ihm und seinen Kleidern raus zu schrubben.

       Jedoch brauchten

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