Heimkehr ins Glück?: Der Bergpfarrer 266 – Heimatroman
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Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Das Unwetter kündigte sich nicht an. Ganz plötzlich zogen die schwarzgrauen Wolken am Himmel über dem Wachnertal auf. Johannes Brandner stieg die Bergstraße hinauf. Er hatte das Auto absichtlich drunten im Dorf stehen lassen, jetzt bereute er es fast. Schließlich konnte so ein Wetter ganz schön heftig werden, wie er aus Erfahrung wusste. Doch freilich hätte niemand ahnen können, dass es so plötzlich aufziehen würde. Eben hatte noch die Sonne am strahlend blauen Himmel gestanden, nun wurde es immer dunkler, und die Temperatur nahm auch rapide ab. Der junge Mann hastete weiter. Es hatte seinen Grund, warum er nicht mit dem Wagen zum Hof fuhr. Johannes wollte die Landschaft betrachten, die er so lange nicht gesehen hatte, wollte die Luft schmecken, die im Sommer nach wilden Kräutern und Blumen duftete, und er wollte jeden einzelnen seiner Schritte in der Heimat genießen. Ein Blitz zuckte vom Himmel, kurz darauf krachte der Donner. Johannes schätzte, dass das Gewitter nicht mehr als fünf Kilometer entfernt war, und sputete sich. Bis zum Hof waren es kaum mehr als zehn Minuten, und wenn er Glück hatte, kam er vor dem Regen dort an. Er sah schon die Schindeln des Scheunendaches, gleich darauf den Schornstein des Hauses, als die ersten Tropfen fielen. Johannes wollte laufen, doch dann stockte sein Schritt. War es überhaupt richtig, was er da tat? Zehn Jahre war es her, dass er die Heimat verlassen hatte, zehn Jahre, in denen es keinen Kontakt gegeben hatte – mit dem Vater. Würde er jetzt überhaupt willkommen sein? Der Regen wurde stärker. Dicke Tropfen klatschten ihm ins Gesicht, durchnässten ihn in Sekunden.
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Heimkehr ins Glück? - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 266 –
Heimkehr ins Glück?
Johannes ist hier unerwünscht...
Toni Waidacher
Das Unwetter kündigte sich nicht an. Ganz plötzlich zogen die schwarzgrauen Wolken am Himmel über dem Wachnertal auf.
Johannes Brandner stieg die Bergstraße hinauf. Er hatte das Auto absichtlich drunten im Dorf stehen lassen, jetzt bereute er es fast. Schließlich konnte so ein Wetter ganz schön heftig werden, wie er aus Erfahrung wusste. Doch freilich hätte niemand ahnen können, dass es so plötzlich aufziehen würde. Eben hatte noch die Sonne am strahlend blauen Himmel gestanden, nun wurde es immer dunkler, und die Temperatur nahm auch rapide ab.
Der junge Mann hastete weiter. Es hatte seinen Grund, warum er nicht mit dem Wagen zum Hof fuhr. Johannes wollte die Landschaft betrachten, die er so lange nicht gesehen hatte, wollte die Luft schmecken, die im Sommer nach wilden Kräutern und Blumen duftete, und er wollte jeden einzelnen seiner Schritte in der Heimat genießen.
Ein Blitz zuckte vom Himmel, kurz darauf krachte der Donner. Johannes schätzte, dass das Gewitter nicht mehr als fünf Kilometer entfernt war, und sputete sich. Bis zum Hof waren es kaum mehr als zehn Minuten, und wenn er Glück hatte, kam er vor dem Regen dort an.
Er sah schon die Schindeln des Scheunendaches, gleich darauf den Schornstein des Hauses, als die ersten Tropfen fielen. Johannes wollte laufen, doch dann stockte sein Schritt.
War es überhaupt richtig, was er da tat?
Zehn Jahre war es her, dass er die Heimat verlassen hatte, zehn Jahre, in denen es keinen Kontakt gegeben hatte – mit dem Vater.
Würde er jetzt überhaupt willkommen sein?
Der Regen wurde stärker. Dicke Tropfen klatschten ihm ins Gesicht, durchnässten ihn in Sekunden. Es war so warm gewesen, dass Johannes nicht einmal eine Jacke mitgenommen hatte. Er rannte weiter, erreichte den Hof und suchte unter dem Vordach der Scheune Schutz.
Etwas regte sich neben ihm. Der Heimkehrer wandte den Kopf und sah den Hund, der unter dem alten Leiterwagen lag. Das war damals schon sein Lieblingsplatz gewesen. Nun sah er den Mann an und jaulte leise.
Johannes bückte sich und strich ihm über das grau gewordene Fell.
»Ja, bist du’s wirklich?«, sagte er und lächelte dabei. »Jockel, dass du noch lebst!«
Der Hund leckte ihm über die Hand. Alt war er geworden, zehn Menschenjahre, sagt man, sind achtzig Hundejahre. Na ja, er selbst war ja auch nicht jünger geworden, die Zeit hatte auch an ihm ihre Spuren hinterlassen.
Und am Hof erst!
Johannes stand wieder auf und schaute sich um. Der strömende Regen behinderte zwar die Sicht, aber er sah dennoch genug. Mit dem Brandnerhof stand es wahrlich nicht zum Besten. Damals, als er fortgegangen war, sahen Haus und Scheune sauber und gepflegt aus, die Maschinen waren intakt gewesen, und im Wachnertal hatte der Hof einen Ruf als solide dastehender landwirtschaftlicher Betrieb.
Doch das konnte man heute nur noch erahnen!
Der Weidezaun war marode, teilweise sogar zusammengebrochen, der alte Schuppen hatte große Löcher in Dach und Wänden, Scheune und Haus waren seit einer Ewigkeit nicht mehr gestrichen worden.
Blumen in den Kästen am umlaufenden Balkon im Obergeschoss gab es allerdings schon seit dem Tod der Mutter nicht mehr …
Johannes schob das Scheunentor auf und schaute hinein. Der Traktor, den er sah, war schon alt gewesen, als er hier noch lebte. Seine ersten Fahrversuche hatte er auf ihm gemacht. Der Mähdrescher, der Kartoffelroder und die große Egge standen in der Scheune und rosteten vor sich hin.
Traurig schob er das Tor wieder zu und lief zum Haus. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals hinauf, als Johannes an die Türklinke fasste und sie herunterdrückte.
Die Diele empfing ihn mit muffigem Geruch, eine dicke Staubschicht lag über allem. Fast konnte man den Eindruck haben, kein Mensch bewohne mehr das Haus.
Wo war Resl, die Magd?
Nach dem Tode der Brandnerbäuerin hatte sie sich um das Haus gekümmert und um den Bub, der sich so allein gelassen fühlte. Behutsam hatte die Magd ihm erklärt, dass die Mama nun beim lieben Gott sei, von wo aus sie auf ihren Sohn aufpasse.
Es war nur ein leiser Trost gewesen, und Johannes flüchtete sich in Tagträume und Erinnerungen.
Wie im Zeitraffer lief dies alles vor ihm ab, während er in der Diele stand und nicht glauben konnte, was er hier sah.
»Hallo? Ist jemand daheim?«
Es kam ihm vor, als klinge seine Stimme wie in einer Grabkammer. Und genauso düster war die Atmosphäre im Haus. Rechts hinter der Küchentür klirrte etwas, dann waren schlurfende Schritte zu hören.
»Wer ist denn da?«
Die Stimme seines Vaters!
Johannes’ anfängliche Befürchtung, es könne nur deshalb so schlimm hier aussehen, weil sein Vater nicht mehr lebte, erwies sich Gott sei Dank als falsch. Er räusperte sich und blickte gespannt auf die Tür, die sich langsam öffnete.
Anton Brandner war keine sechzig Jahre alt, wirkte aber wie siebzig. Das Haar hing in grauen Strähnen, der Bart war struppig, und die Sachen, die er trug, schienen wochenlang nicht gewaschen worden zu sein. Im ersten Moment sah er dem Brandhuber-Loisl, dem berüchtigten Wunderheiler von St. Johann, zum Verwechseln ähnlich.
Johannes überwand rasch den Schock und räusperte sich.
»Grüß dich, Vater«, sagte er mit belegter Stimme.
*
Einen Moment lang schauten sie sich stumm an. Dann reckte der Bauer das Kinn.
»Verschwind!«
Mehr sagte er nicht.
Johannes schüttelte den Kopf. Leicht hatte er es sich nicht vorgestellt, wieder nach Hause kommen, so empfangen zu werden, allerdings auch nicht.
»Vater, ich bitt’ dich«, sagte er im beschwörenden Ton, »lass uns doch wie vernünftige Leute miteinander umgehen!«
Anton Brandner lachte auf.
»Vernünftig? Das bin ich mein Lebtag gewesen! Wenn einer das net für sich in Anspruch nehmen kann, dann bist du das. Und jetzt verschwind wieder dahin, wo du dich die letzten zehn Jahr’ herumgetrieben hast!«
Mit diesen Worten schlug der Bauer ihm die Küchentür vor der Nase zu.
Johannes stand wortlos da, unfähig zu reagieren. Minuten verstrichen, in denen er auf ein Geräusch in der Küche wartete, doch nichts war zu hören. Im ganzen Haus herrschte Totenstille. Endlich drehte er sich um und trat hinaus in den Regen.
Das Unwetter war noch heftiger geworden, es schien, als stünde es direkt über dem Brandnerhof. Ungeachtet dessen ging der Bursche los. Die Blitze zuckten, und der Donner rollte, doch das war Johannes gleichgültig.
Sollte ihn ein Blitz treffen – so starb er wenigstens hier, in der Heimat.
Doch so gnädig war das Schicksal nicht. Auch wenn es rings um ihn krachte und donnerte, der Bauernsohn wurde nicht getroffen, nur nass bis auf die Knochen!
Nach einer knappen Dreiviertelstunde kam Johannes im Tal an. Der Regen hatte aufgehört, das Gewitter war weitergezogen und seine Sachen fast schon wieder trocken. Die Erde ringsum dampfte unter den Strahlen der heißen Sonne, die wieder am strahlend blauen Himmel stand.
Das Auto war an der Straße unterhalb der Kirche geparkt. Vorhin hatte er schnell zum Hof gewollt, den Lebenden galt da sein erster Gedanke. Nun waren es die Toten, denen er gedenken musste.
Johannes stieg den Kiesweg hinauf. Links stand die Kirche.
Lächelnd erinnerte er sich daran, was Hochwürden ihm mal gesagt hatte: »Die Kirche, das Dorf und du