Swen ist krank vor Kummer: Kinderärztin Dr. Martens 68 – Arztroman
By Britta Frey
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Kinderärztin Dr. Martens ist eine weibliche Identifikationsfigur von Format. Sie ist ein einzigartiger, ein unbestechlicher Charakter – und sie verfügt über einen extrem liebenswerten Charme. Alle Leserinnen von Arztromanen und Familienromanen sind begeistert!
Dr. Hanna Martens schob ihre Unterlippe nach vorn. Sie überlegte. Sie fuhr selten in die Stadt, und wenn sie sich dafür Zeit nahm, dann gab es einiges zu erledigen. Sie sah auf den Zettel, worauf sie sich schon einige Notizen gemacht hatte. Vielleicht fiel ihrer Mutter noch etwas ein. Energisch schob sie sich ihre auf die Schultern fallenden blonden Locken zurück und erhob sich. »Mutti!« Die dreißigjährige Kinderärztin trat auf den Flur hinaus. Seit sie in das neugebaute Doktorhaus gezogen waren, lebte die Mutter bei ihnen. Bea Martens kam aus ihrem Zimmer. »Du bist noch hier? Wolltest du nicht nach Celle fahren?« Hanna nickte. »Ich habe heute meinen freien Tag. Da es einiges in Celle zu erledigen gibt, kann ich mich nicht drücken.« »Das sollst du auch nicht. Ich finde, es ist für dich wichtig, daß du nicht jeden Tag Klinikluft schnupperst.« Hanna lachte. »Du vergißt immer wieder, daß ich meinen Beruf liebe.
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Kinderärztin Dr. Martens Classic
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Swen ist krank vor Kummer - Britta Frey
Kinderärztin Dr. Martens
– 68 –
Swen ist krank vor Kummer
Bei Hanna Martens sucht er Hilfe
Britta Frey
Dr. Hanna Martens schob ihre Unterlippe nach vorn. Sie überlegte. Sie fuhr selten in die Stadt, und wenn sie sich dafür Zeit nahm, dann gab es einiges zu erledigen. Sie sah auf den Zettel, worauf sie sich schon einige Notizen gemacht hatte. Vielleicht fiel ihrer Mutter noch etwas ein. Energisch schob sie sich ihre auf die Schultern fallenden blonden Locken zurück und erhob sich.
»Mutti!« Die dreißigjährige Kinderärztin trat auf den Flur hinaus. Seit sie in das neugebaute Doktorhaus gezogen waren, lebte die Mutter bei ihnen.
Bea Martens kam aus ihrem Zimmer. »Du bist noch hier? Wolltest du nicht nach Celle fahren?«
Hanna nickte. »Ich habe heute meinen freien Tag. Da es einiges in Celle zu erledigen gibt, kann ich mich nicht drücken.«
»Das sollst du auch nicht. Ich finde, es ist für dich wichtig, daß du nicht jeden Tag Klinikluft schnupperst.«
Hanna lachte. »Du vergißt immer wieder, daß ich meinen Beruf liebe. Mit der Kinderklinik haben Kay und ich uns einen Lebenstraum erfüllt.«
»Ich weiß!« Die sechsundsechzigjährige Frau, der man ihr Alter nicht ansah, seufzte. »Ich bin auch stolz auf euch. Aber ich hätte auch nichts dagegen, wenn ihr euch einmal dazu entschließen würdet, eine Familie zu gründen. Doch dazu findet ihr keine Zeit. Ihr seid für kranke Kinder da, aber an eigene, daran denkt ihr nicht.«
»Mutti! Ich weiß, daß du uns gern unter der Haube sehen würdest.« Hanna trat zu ihrer Mutter und küßte sie auf die Wange. »Im Grunde haben wir auch gar nichts gegen eine Ehe. Wir sind nur noch nicht dem richtigen Partner begegnet.«
»Das bekomme ich nun schon seit Jahren zu hören. Ihr scheint zu vergessen, daß ihr älter werdet.« Sie sah, daß ihre Tochter das Gesicht verzog, und fuhr rasch fort: »Vor allem werde ich älter. Ich hätte doch zu gern einen Enkel in den Armen gehalten.«
Dazu wußte Hanna nicht viel zu sagen. Kay, ihr Bruder, war sechsunddreißig Jahre alt und auch noch Junggeselle. Sie hatten beide Medizin studiert und sich dann für die Kindermedizin entschieden. Ihr Bruder war Kinderchirurg. Von Anfang an waren sie von dem Wunsch beseelt gewesen, Kindern zu helfen. In der Nähe von Ögela, einem kleinen Ort in der Lüneburger Heide, hatten sie das Birkenschlößchen entdeckt. Das lag nun schon einige Jahre zurück, aber sie hatten sich beide in diesen Ort beim ersten Anblick verliebt. Das dreistöckige Gebäude mit den zwei Giebeltürmen hatte es ihnen angetan gehabt. Sie hatten es zu der Kinderklinik Birkenhain umgebaut, die sie nun gemeinsam leiteten. So hatten Kay und sie eine wunderschöne Aufgabe gefunden, und sie waren beide glücklich dabei.
»Schon gut, Kind!« lenkte Bea Martens ein. Jetzt lächelte auch sie. Sie fand es schön, daß sie den Lebensabend in der Nähe ihrer beiden Kinder verbringen konnte. Durch das neuerbaute Doktorhaus, das am Ende des Klinikparks lag, war dies möglich geworden. »Ich wollte eigentlich auch nur sagen, daß du dir öfter freinehmen solltest.«
»Um nach Celle zum Einkaufen zu fahren? Da habe ich schon eine etwas andere Vorstellung von meiner Freizeit.« Hannas Augen blitzten übermütig. »Um dich zu beruhigen, Mutti, ich stehe dem Leben nicht abgeneigt gegenüber. Laß uns aber drüber ein anderes Mal sprechen. Ich wollte dich eigentlich nur fragen, ob ich dir noch irgend etwas mitbringen kann.«
»Danke! Im Grunde fühle ich mich sehr wohl und bin auch wunschlos glücklich.« Liebevoll umfaßte Frau Beas Blick nun das Gesicht der Tochter. »Laß dir Zeit!«
»Das habe ich auch vor. Ich habe der Füchsin schon gesagt, daß ich nicht vor dem Abend zurück bin. Ich werde irgendwo unterwegs etwas essen.«
»Gute Idee«, stimmte Bea Martens zu. »Dann werde ich Jolande zu einem Spaziergang überreden.«
*
Dr. Hanna Martens hatte in Celle nur eine Kleinigkeit gegessen. Es war noch nicht spät, als sie sich auf die Rückfahrt machte. Ihr wurde bewußt, daß niemand sie erwartete. Sie konnte sich also Zeit lassen. Kurz entschlossen fuhr sie von der Hauptverkehrsstraße ab. Auf einem Wanderparkplatz hielt sie an, und bummelte einige Zeit durch die Heide. Sie hatte sich einen Blick für die Natur bewahrt und genoß es, einmal Zeit zu haben. Als sie wieder in ihrem Auto saß, verspürte sie Hunger, so hielt sie vor einem Gasthof an.
Es war ein Landgasthof, wie sie ihn liebte. Hier aß man nicht nur gut, die Atmosphäre war auch gemütlich. Doch darin sah Hanna sich getäuscht. Im Gastraum war eine Menge los. Der schöne Tag hatte viele Wanderer und Urlauber in die Heide gelockt.
Hanna sah sich um. Es würde hier sicher einige Zeit dauern, bis sie etwas zu essen bekam. Sie sah nur eine Frau, die eilig von Tisch zu Tisch hastete und sich vergebens um ein verbindliches Lächeln bemühte. Eine Kellnerin oder einen Kellner konnte sie nicht entdecken. Unschlüssig stand Hanna noch da, als die Frau, beladen mit leeren Gläsern, vor ihr anhielt.
»Es ist heute einiges los hier. Am Tisch neben der Theke sind noch Plätze frei.« Ein hilfloses Anheben der Achseln, die Frau eilte weiter.
Hanna sah ihr nach. An der Theke stellte die Frau die leeren Gläser ab, wechselte ein paar Worte mit dem Mann, der dahinter stand, um gleich darauf nach einem Tablett zu greifen, auf dem frisch gefüllte Biergläser standen. Beim Umdrehen stieß sie an einen kleinen Jungen. Sie fuhr ihn an, das Gesicht des Kleinen verzog sich.
Nein, die Hektik, die hier herrschte, gefiel ihr nicht. Hanna wollte sich umdrehen, da begegnete sie dem Blick des Kindes. Sein bereits zum Weinen verzogenes Gesicht glättete sich. Schließlich lächelte er sogar. Das Lächeln galt ihr, einer Fremden. Da konnte Hanna nicht gehen. Sie steuerte die freien Plätze an, mußte dabei an dem Jungen vorbei.
»Hallo«, sagte sie freundlich.
»Hallo!« erwiderte das Kind ohne zu zögern. Jetzt strahlte es sie offen an. »Bleibst du hier?«
Hanna nickte. »Ich werde etwas essen und trinken.«
»Du kannst dich gleich dahin setzen.« Der Kleine lief vor ihr her. »Da kannst du sitzen.« Er zeigte auf einen freien Stuhl.
»Danke!« Hanna schenkte dem Kleinen erneut ein Lächeln.
Sie setzte sich. Der Kleine blieb dicht neben ihr stehen. Er wartete, bis sie ihn wieder ansah, dann plapperte er los: »Ich würde Omi gern helfen, aber ich bin noch zu klein. Gestern habe ich ein Glas fallen lassen, es ist mir aus der Hand gerutscht. Ich habe es wirklich nicht absichtlich gemacht. Omi war aber böse.«
Seine großen, dunklen Augen sahen sie zutraulich an. Da hob Hanna die Hand und fuhr ihm durch das Haar.
»Omi hat viel zu tun«, fuhr der Kleine fort. »Wenn ich größer bin, dann werde ich ihr sicher helfen. Wenn du aber großen Durst hast, dann kannst du mir sagen, was du trinken willst. Ich sage es dann Opa, er richtet die Getränke her. Unsere Kellnerin ist nicht da und Mami und Papi auch nicht.«
»Ich kann warten. Mein Durst ist nicht allzu groß.« Hanna beugte sich dem Kleinen entgegen. »Willst du mir nicht verraten, wie du heißt?«
»Swen, ich bin der Swen! Dann heiße ich auch noch Schroeder. So heißen auch meine Mami und mein Papi. Meine Omi und mein Opa heißen Harman.«
Ehe Hanna darauf antworten konnte, tauchte die Wirtin auf. »Swen, ich habe dir vorhin schon gesagt, du sollst spielen gehen. Entschuldigen Sie, daß der Kleine Sie belästigt hat.«
»Er hat mich nicht belästigt«, sagte Hanna rasch.
»Ich weiß nicht, was mit dem Kind los ist.« Lotte Harman seufzte. »Sonst hält er sich fast den ganzen Tag im Freien auf, und jetzt, wo seine Mutter nicht hier ist, lungert er ständig in der Gaststube herum.« Sie sah Swen an. »Warum gehst du nicht auf den Spielplatz? Sicher findest du dort einen Kameraden.«
»Ich mag nicht!« Swens Kopf sank auf die Brust. »Es tut weh!«
»Wo tut es denn weh?« fragte Hanna, ehe seine Großmutter etwas sagen konnte.
»Da!« Swen legte die Hand auf seine Brust.
»Swen, du sollst die Gäste nicht belästigen. Wie oft habe ich dir das schon gesagt!« Die Wirtin wandte sich Hanna zu: »Entschuldigen Sie bitte! Was kann ich Ihnen bringen?«
Hanna bestellte einen Orangensaft. »Ich würde auch gern etwas essen. Wenn Sie mir bitte die Speisekarte bringen würden.«
»Die bringe ich dir«, versicherte Swen. Er ließ sich