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Von Adam und Eva bis zu den kleinen Propheten: Glaubenserfahrung im Alten Testament
Von Adam und Eva bis zu den kleinen Propheten: Glaubenserfahrung im Alten Testament
Von Adam und Eva bis zu den kleinen Propheten: Glaubenserfahrung im Alten Testament
Ebook138 pages1 hour

Von Adam und Eva bis zu den kleinen Propheten: Glaubenserfahrung im Alten Testament

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Ein Menetekel an der Wand, Jona im Bauch des Fisches, der Kampf Davids gegen Goliath – viele Erzählungen des Alten Testaments gehören zum Grundbestand des kulturellen Wissens unserer Gesellschaft. Auch wenn viele diese Geschichten nie selbst gelesen haben, sind doch die Inhalte bekannt oder gar sprichwörtlich geworden. Daneben stehen im Alten Testament Texte, die heute nur schwer zu ertragen sind: die Ausrottung von ganzen Völkern in heiligen Kriegen; ein Vater, der bereit ist, seinen Sohn zu opfern; ein leidender Gerechter wie Hiob.
Die Darstellung des Alten Testaments von Martin Rösel zeichnet die Vielstimmigkeit der biblischen Texte nach, in der sich die Gotteserfahrungen Israels ausdrücken. Er zeigt, dass der Glaube Israels vor allem auf seine Geschichte mit Gott bezogen ist, und macht deutlich, dass die Kenntnis dieser Texte auch für Christinnen und Christen ein großer Gewinn ist.
LanguageDeutsch
Release dateApr 1, 2014
ISBN9783374038114
Von Adam und Eva bis zu den kleinen Propheten: Glaubenserfahrung im Alten Testament
Author

Martin Rösel

Dr. theol. Martin Rösel ist Außerplanmäßiger Professor und Akademischer Oberrat für Hebräisch und Altes Testament an der Universität Rostock.

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    Von Adam und Eva bis zu den kleinen Propheten - Martin Rösel

    1 Das Umfeld

    1.1 Mein Vater war ein Aramäer …

    Wer aufmerksam die Nachrichten aus dem Nahen Osten verfolgt, weiß, wie komplex die Verhältnisse in der Region sind. Alles scheint miteinander verbunden zu sein, Stammesgebiete sind oft wichtiger als Ländergrenzen, Wassermangel kann zum Kriegsgrund werden. Im Altertum war das nicht anders, daher sind viele Texte des Alten Testaments nur verständlich, wenn man die Grundzüge von Geographie, Geschichte und Denkweise des Alten Orients kennt. Ein erstes Beispiel mag das verdeutlichen:

    Im Buch Deuteronomium ist ein Glaubensbekenntnis aufgezeichnet, das bei dem Opfer der ersten Früchte zu sprechen ist (26,5-9): »Mein Vater war ein Aramäer, dem Umkommen nahe, und zog hinab nach Ägypten und war dort ein Fremdling mit wenig Leuten und wurde dort ein großes, starkes und zahlreiches Volk. Aber die Ägypter behandelten uns schlecht und bedrückten uns und legten uns einen harten Dienst auf. […] Und der HERR erhörte unser Schreien und sah unser Elend, unsere Angst und Not und führte uns aus Ägypten mit mächtiger Hand und ausgerecktem Arm und mit großem Schrecken, durch Zeichen und Wunder, und brachte uns an diese Stätte und gab uns dies Land, darin Milch und Honig fließt.«

    Aufs Knappste werden hier wesentliche Etappen der Frühgeschichte Israels zusammengefasst: Ursprünglich liegen die Wurzeln der Israeliten im Aramäergebiet, im heutigen Nordsyrien also. Als sie nach Ägypten fliehen und dort unterdrückt werden, befreit Gott sie durch eine wunderbare Rettungstat und führt sie dann in das gelobte Land Israel. Interessant ist, welche Elemente fehlen: Mose, der Führer des Exodus aus Ägypten, wird nicht erwähnt, ebenso wenig die Offenbarung am Sinai und die 40 Jahre in der Wüste. Alles ist konzentriert auf Gottes Rettungstat »mit starker Hand und ausgerecktem Arm« und die Gabe des Landes »in dem Milch und Honig fließen«.

    »Der Name ›Israel‹ ist erstmals in einer ägyptischen Inschrift aus dem Jahr 1208 v. Chr. belegt.«

    Interessanterweise kann nun das, was im Bekenntnis genannt ist, historisch wahrscheinlich gemacht werden. Tatsächlich hat es im 2. Jahrtausend eine Wanderungsbewegung von aramäischen Stämmen aus dem Norden in das Gebiet Kanaan im Süden gegeben. Dass sich Nomaden in Zeiten der Not nach Ägypten gerettet haben, ist ebenfalls belegt. Dies hängt damit zusammen, dass Ägypten aufgrund des Nilwassers nicht so abhängig von Regenfällen wie die Region Syrien-Kanaan war. Für den Exodus gibt es keine Belege, doch immerhin ist der Name »Israel« erstmals in einer ägyptischen Inschrift aus dem Jahr 1208 v. Chr. belegt. Kurz danach hat sich dann tatsächlich im Bergland westlich des Jordans eine Volksgruppe formiert, aus der sich später das Königreich Israel mit seiner Hauptstadt Jerusalem entwickelte. Allerdings waren die Anfänge Israels höchst bescheiden, wie heute die Archäologie nachweisen kann. Sicher ist kein großes Volk mit über 600 000 Menschen aus Ägypten geflohen, wie es im Buch Numeri vorgerechnet wird, sondern höchstens eine kleine Karawane. Auch ist das Land Kanaan sicher nicht in einem großen Feldzug erobert worden. Viel eher war es so, dass sich verschiedene Nomadengruppen niederließen und mit schon Ansässigen neue Stammesverbände gründeten.

    »Die Erzählungen des Alten Testaments wollen zuallererst die geglaubte Geschichte darstellen.«

    Später wird diese frühe Geschichte in Sagen und Erzählungen verherrlicht und immer weiter ausgestaltet, bis hin zu den Erzählungen von Mose und dem Pharao oder Josuas wunderbarer Eroberung von Jericho. Diese Geschichten wurden gesammelt und bilden den Grundstock der Bücher Genesis bis Josua. Das »kleine geschichtliche Credo«, wie das Bekenntnis aus Dtn 26 in der Forschung genannt wird, geht dann später den umgekehrten Weg und verdichtet die Geschichte wieder, um auf diese Weise Gott als Retter die Ehre zu geben. So wird beispielhaft deutlich, dass die Erzählungen des Alten Testaments zuallererst die geglaubte Geschichte darstellen wollen und nicht den Anspruch haben, historisch zuverlässige Geschichtsschreibung zu sein. Unsere modernen Erwartungen an eine Darstellung der Geschichte gehen also vorbei an den Absichten der Literaturwerke des Alten Orients – seien es die Bibel Israels oder die Überlieferungen anderer Völker.

    1.2 Ein Land voll Milch und Honig – Die Geographie

    Die Geschichte Israels wird wesentlich durch die geographischen Gegebenheiten bestimmt. Palästina, wie das Gebiet etwa seit dem 5. Jh. v. Chr. genannt wird, bildet zusammen mit Syrien die Landbrücke zwischen Mesopotamien im Nordosten und Kleinasien im Norden und Arabien und Ägypten im Süden. Im Westen wird es vom Mittelmeer und im Osten von der Wüste begrenzt, daher kommt dem schmalen bewohnbaren Gebiet eine besondere strategische Bedeutung zu. Jede Auseinandersetzung der Großmächte im Norden und Süden hatte unmittelbare Auswirkungen auf Israel-Palästina, etwa durch Truppenbewegungen. Ein großer Teil der Geschichte Israels wurde von außen bestimmt (vgl. Kartenmaterial auf den Seiten 104 und 105).

    Das eigentliche Gebiet Israels wird von West nach Ost durch die Küstenebene, einen Mittelgebirgszug und den Jordangraben bestimmt. Im Norden bildet das Hermon-Gebirge die Grenze. Wichtige geographische Räume sind das Gebiet um den See Genezareth, die fruchtbare Jesreel-Ebene und der Höhenzug des Karmel. Das Ostufer des Jordan – das heutige Jordanien – bildet nur einen schmalen fruchtbaren Streifen, dann beginnt das ammonitische und moabitische Bergland, das in die arabische Wüste übergeht.

    Kerngebiete israelitischer Herrschaft waren zum einen das zentrale Bergland »Ephraim«, wo später die zeitweilige Hauptstadt Samaria lag, zum anderen weiter südlich das judäische Bergland mit Jerusalem als Zentralort. Nur selten konnte die Herrschaft auf die fruchtbaren Ebenen an der Küste und im Norden ausgedehnt werden. So wird beispielsweise im Richterbuch von Kämpfen mit den Philistern erzählt, die in Städten an der Küste lebten und ihr Gebiet in das Bergland ausweiten wollten. Am Meer und im Ostjordanland durchzogen zwei große Fernhandelsstraßen das Land, die in Friedenszeiten für Handelsgewinne und in Kriegszeiten für Zerstörungen sorgten.

    Die Besiedelung des Berglandes durch die frühen Israeliten war möglich geworden, als man den steinigen Grund mit Eisenpflügen bearbeiten konnte und durch das Anlegen von Terrassenfeldern mehr Fläche nutzbar machte. Ein »Land, in dem Milch und Honig fließt« ist Palästina außerhalb der Ebenen nicht. Angebaut wurden Getreide, Oliven und Wein, auch die Viehzucht war zur Versorgung wichtig. Im Süden, wo das Land in die Steppe und dann in die Negev-Wüste ausläuft, konnten Nomaden als Viehzüchter leben. Stets war das Leben abhängig von ausreichenden Regenfällen in den Wintermonaten. Blieben sie aus, drohten Hungersnöte. Mehrfach wird in der Bibel geschildert, dass sie der Grund dafür waren, dass die Menschen ihre Heimat verlassen mussten und nach Ägypten oder an die Küste zogen (Gen 12. 20).

    1.3 Ägypter, Amalekiter, Assyrer – Die Nachbarn

    »Es kann der Frömmste nicht im Frieden leben …« Wie in unseren alltäglichen Bezügen auch, spielen Nachbarn eine wichtige Rolle im Leben. Das gilt für Israel angesichts seiner besonderen geographischen Lage umso mehr. Eine herausragende Rolle spielt Ägypten. Der Exodus aus Ägypten ist das Grunddatum der Geschichte Israels, zudem wird aber auch mehrfach geschildert, dass das Land am Nil Israeliten Zuflucht gewährt hat; zu nennen ist etwa die Josefsgeschichte. Auch der spätere König Jerobeam hat sich dorthin geflüchtet, als Salomo ihn verfolgte (1Kön 11,40), ebenso eine Gruppe von Flüchtlingen, die den Propheten Jeremia mit sich schleppte (Jer 43. 44).

    »Der Exodus aus Ägypten ist das Grunddatum der Geschichte Israels.«

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