Ein Kinderherz braucht Liebe: Fürstenkinder 22 – Adelsroman
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About this ebook
Ihre Lebensschicksale gehen zu Herzen, ihre erstaunliche Jugend, ihre erste Liebe – ein Leben in Reichtum, in Saus und Braus, aber oft auch in großer, verletzender Einsamkeit.
Große Gefühle, zauberhafte Prinzessinnen, edle Prinzen begeistern die Leserinnen dieser einzigartigen Romane und ziehen sie in ihren Bann.
Christian von Hardenberg ist so vertieft in seine Erinnerungen, daß er das Klopfen völlig überhört. Er fährt aus seinen Gedanken hoch, als die alte Anna, die Mamsell des Schlosses, plötzlich in seinem Arbeitszimmer steht. »Was ist, Anna?« »Herr Graf, entschuldigen Sie, aber ich habe einige Male geklopft. Sie müssen es überhört haben. Der kleine Ullrich macht mir Sorgen. Er hat nichts gegessen heute und macht einen ganz apathischen Eindruck. Könnten der Herr Graf nicht Dr. Hillebrandt anrufen und ihn bitten, sich den kleinen Grafen einmal anzusehen?« »Ja, ja.« Graf Christian greift sich müde an die Stirn. Dann nimmt er den Telefonhörer auf. Anna sieht ihm kopfschüttelnd zu. Es ist ihm völlig gleichgültig, was aus dem Jungen wird, sinnierte sie. Seit seine Frau, die Gräfin Ullrike, von ihm gegangen ist, hat er noch nicht ein einziges Mal nach dem Kind verlangt, geschweige denn, es überhaupt angeschaut. Das arme kleine Wurm hat keine Mutter mehr, und der Vater, der ihm die Mutterliebe mit ersetzen sollte, kümmert sich nicht um das Kind. Völlig uninteressiert ist er. Ja, manchmal kommt es der alten Anna vor, als ob er dem kleinen lieben Ullrich die Schuld an dem Tod der jungen Gräfin geben würde. Sie bleibt abwartend stehen, während sie ihren Gedanken nachhängt und beobachtet, wie der Graf langsam und bedächtig die Nummer des Dorfarztes wählt. »Hier Graf Hardenberg.
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Book preview
Ein Kinderherz braucht Liebe - Annabella Annabella
Fürstenkinder
– 22 –
Ein Kinderherz braucht Liebe
...die Liebe, die nur eine Mutter geben kann
Annabella Annabella
Christian von Hardenberg ist so vertieft in seine Erinnerungen, daß er das Klopfen völlig überhört.
Er fährt aus seinen Gedanken hoch, als die alte Anna, die Mamsell des Schlosses, plötzlich in seinem Arbeitszimmer steht.
»Was ist, Anna?«
»Herr Graf, entschuldigen Sie, aber ich habe einige Male geklopft. Sie müssen es überhört haben. Der kleine Ullrich macht mir Sorgen. Er hat nichts gegessen heute und macht einen ganz apathischen Eindruck. Könnten der Herr Graf nicht Dr. Hillebrandt anrufen und ihn bitten, sich den kleinen Grafen einmal anzusehen?«
»Ja, ja.«
Graf Christian greift sich müde an die Stirn. Dann nimmt er den Telefonhörer auf. Anna sieht ihm kopfschüttelnd zu.
Es ist ihm völlig gleichgültig, was aus dem Jungen wird, sinnierte sie. Seit seine Frau, die Gräfin Ullrike, von ihm gegangen ist, hat er noch nicht ein einziges Mal nach dem Kind verlangt, geschweige denn, es überhaupt angeschaut.
Das arme kleine Wurm hat keine Mutter mehr, und der Vater, der ihm die Mutterliebe mit ersetzen sollte, kümmert sich nicht um das Kind. Völlig uninteressiert ist er.
Ja, manchmal kommt es der alten Anna vor, als ob er dem kleinen lieben Ullrich die Schuld an dem Tod der jungen Gräfin geben würde.
Sie bleibt abwartend stehen, während sie ihren Gedanken nachhängt und beobachtet, wie der Graf langsam und bedächtig die Nummer des Dorfarztes wählt.
»Hier Graf Hardenberg. Grüß Gott, Herr Doktor. Könnten Sie auf einen Sprung vorbeikommen und nach meinem Sohne schauen? Anna sagt, sie mache sich Sorgen.« Er horcht in die Muschel. »Ich weiß es nicht, ich habe ihn noch nicht gesehen. Ja – danke, Herr Dr. Hillebrandt –, ich erwarte Sie dann!«
Er legt den Hörer auf die Gabel zurück. »Dr. Hillebrandt kommt so bald wie irgend möglich vorbei. Führen Sie ihn dann zu dem Kind.«
»Wollen Herr Graf nicht mitkommen?«
Der Graf übersieht den vorwurfsvollen Blick der alten Mamsell.
»Was soll ich dabei? – Ich kann nicht helfen«, erwidert er kurz. Als Anna noch immer zögert, setzt er hinzu: »Ich habe bereits eine Anzeige im Kreisblatt aufgegeben. Sie werden sich nicht mehr lange um den Kleinen kümmern müssen, Anna.«
Anna wird rot, sie stottert: »Aber ich tue es doch gern, Herr Graf, nur…«
»Ja, ja, ich weiß!« unterbricht Christian von Hardenberg sie kurz. »Sie schaffen es einfach nicht, Anna. Sie haben sonst genug Arbeit.«
»Darum geht es nicht, nur finde ich, der Herr Graf sollten selber einmal nach dem Kind schauen. Er ist so herzig geworden, der kleine Graf, und…«
»Lassen Sie das, Anna! Kümmern Sie sich um Ihre Angelegenheiten. Und, wie gesagt, Sie werden, sowie sich jemand findet, der Sorge um das Kind enthoben sein.«
Anna erwidert nichts mehr. Sie murmelt kurz eine Entschuldigung und verläßt das Zimmer.
Graf Hardenberg verfällt, nachdem sie die Tür leise ins Schloß gezogen hat, wieder ins Grübeln.
Was geht mich das Kind an –, Ullrikes Kind? Ein harter Zug erscheint um seinen ausdrucksvollen Mund. Es genügt, wenn der kleine Ullrich im Schloß großgezogen wird, denkt er. Fortgeben kann ich ihn nicht gut. Das würde Anlaß zu Gerede und Klatsch geben.
Und das ist etwas, was Chistian von Hardenberg haßt.
Anna eilt inzwischen in die oberen Räume. Sie öffnet eine Zimmertür und steht kurz darauf an dem Kinderbettchen von Klein-Ullrich.
Armer kleiner Graf! denkt sie, als sie sich über die Bettstatt beugt. Du wächst in einem feudalen Schloß auf, hast an äußeren Dingen alles, was ein Kinderherz begehrt, aber du hast keine Mutter mehr und einen Vater, der dich nicht liebt.
Klein-Ullrich sieht ihr aus matten, traurigen Augen entgegen. Ein kleines, müdes Kinderlächeln, das über sein Gesichtchen huscht, zeigt ihr, daß er sie erkennt.
Er ist ein hübsches, zartes Kind mit dunklen Locken und den leuchtendblauen Augen, fast ein Baby noch mit seinen dreizehn Monaten.
Wie er unserem Herrn Grafen gleicht, muß Anna denken, während sie ihn wehmütig betrachtet. Sie war schon im Schloß, als die Eltern von Graf Christian noch lebten, und hat ihn von klein auf betreut. Als die Gräfin Christiane, die Mutter Christians, noch lebte, war sie aufs Schloß gekommen, und als diese starb, war der kleine Graf mit allen Sorgen und Nöten zu der alten Anna gelaufen, die damals allerdings erst dreißig Jahre zählte. Und auch später oft – als halbwüchsiger Knabe – war er häufig zur alten Anna in die Küche gehuscht oder in die Wirtschaftsräume.
Er war ein so lebhafter und liebenswerter Bub gewesen, der kleine Graf, und später ein so fröhlicher und lebenslustiger Jüngling.
Was hat ihn nur so verändert? sinnt die alte Anna, während sie Klein-Ullrich besorgt betrachtet. Wie glücklich war er, als er um Komteß Ullrike von Ravensburg warb, und wie zufrieden in der ersten Zeit der jungen Ehe. Ja, das ging so lange, wie der alte Graf Nikolaus noch lebte.
Nach seinem Tode, der Christian hart getroffen hatte, da er in abgöttischer Liebe an dem Vater hing, wurde es langsam anders.
Die junge Gräfin, der es zu langweilig auf dem Schlosse wurde, ging auf Reisen. Christian vergrub sich in die Arbeit. Gräfin Ullrike gab nur noch Gastspiele auf dem Schloß.
Nach zwei Jahren jedoch, als Klein-Ullrich geboren werden sollte, hoffte man, daß es besser werden würde. Aber Ullrike, die schöne, lebenslustige Ullrike, starb bei der Geburt des Kindes. Und Graf Christian wurde noch verschlossener. Das Kind schaute er gar nicht an, er überließ es bezahltem Personal. Etwas später ging er auf Reisen.
Erst vor vierzehn Tagen kehrte er zurück, braungebrannt und gut erholt, aber noch wortkarger.
Anna seufzt. Sie beugt sich zu dem Kleinen herab. »Ulli, bald kommt der Onkel Doktor, mein Kleiner. Der wird schauen, wo Ulli sein Weh-Weh hat.«
Klein Ulli schaut sie nur – wie ihr scheint – wehmütig und müde an. Er plappert nicht wie sonst in seinem lustigen Kauderwelsch.
»Hoffentlich ist es nichts Ernsthaftes«, ängstigt sich die alte Anna. Sie überhört das Läuten. Erst als es kurz an der Tür klopft, schreckt sie hoch.
Der alte Dorfarzt folgt Sebastian, der ihn meldet, auf dem Fuße.
»Guten Abend, Anna! Wo ist der Herr Graf?«
Anna weicht seinen Blicken verlegen aus. »Er befindet sich in seinem Arbeitszimmer.«
»So, so, hat er wieder mal seinen schwarzen Tag?«
Sebastian ist inzwischen wieder nach unten gegangen. Der Arzt wendet sich dem Kinderbett zu.
»Nun, dann werde ich mir einmal den kleinen Grafen ansehen. Tag, Ulli! Wo hat denn das Bübchen sein Weh-Wehchen?« Freundlich neigt er sich dem Kind zu. Dann befiehlt er Anna, den Oberkörper des Kleinen freizulegen.
Er packt seine Instrumententasche aus und entnimmt ihr das Stethoskop. Bald darauf horcht er das Kind ab.
»Der Kleine steht dicht vor einer Lungenentzündung. Hat er bloßgelegen oder Zugluft bekommen, Anna?« Als Anna ihn besorgt und erschrocken ansieht, fügt er hinzu: »Er fiebert ein bißchen.«
Ganz entgeistert starrt ihn die Alte an. »Nicht, daß ich wüßte, Herr Doktor!«
»Es kann auch schon ein bißchen länger in ihm stecken«, sagt Dr. Hillebrandt beruhigend. »Wo ist denn eigentlich die Kinderschwester?«
Errötend gesteht ihm die alte Anna, daß Schwester Herta seit acht Tagen nicht mehr auf dem Schlosse weilt. »Es ist das alte Lied, Herr Doktor. Die eine hat es auf unseren Herrn abgesehen, die andere findet einen Posten in der Stadt, und die dritte, nun, der ist es zu langweilig und zu einsam auf dem Schloß. Und manch eine glaubt, sich den Grafen zu angeln und die Mutter von dem Kleinen zu werden. Tja, und wenn sie dann merkt, daß Graf Christian so gar nicht reagiert, haut sie ab. Es ist nun schon die vierte in der kurzen Zeit!« schließt Anna mit einem Seufzer. »Die beste von den Schwestern war noch die erste, die Hannelore, aber die mußte zurück an die Klinik, die hatte man nur leihweise abgegeben.«
»Es wäre das beste, wenn Graf Christian wieder heiraten würde. Es muß ja nicht gerade die Kinderschwester sein!« poltert der alte Arzt.
»Sie wissen, Herr Doktor, wie zurückgezogen der Graf lebt. Dabei wäre sicher die eine oder andere der Gutsbesitzertöchter gern bereit, Gräfin Hardenberg zu werden.«
»Tja, es ist ein Kreuz mit ihm. Dabei war er früher ein so netter junger Mann. Ich kann mich noch gut erinnern.«
»Ja.« Anna hat ein verzweifeltes Gesicht. »Hat er den Tod seiner Frau noch immer nicht überwunden? Wenn ich das nur wüßte, dabei…« Anna unterbricht sich selbst. Was geht es fremde Leute an, auch wenn es in diesem Falle der freundliche alte Dorfarzt Hillebrandt ist.
Der Arzt beugt sich noch einmal zu dem Kleinen. »Es wird bald wieder besser werden, Ulli. Der Onkel Doktor wird dir etwas verschreiben. Die alte gute Anna wird dir nachher gleich Brustwickel machen. Und dann werden wir dir fürs Herz eine liebe, lustige Tante heraufschicken. Ich glaube, das ist es, was dir zur Hauptsache fehlt.« Als Anna den Arzt fragend ansieht, sagt er nur kurz: »Bitte, Anna, melden Sie mich dem Herrn Grafen. Ich muß mit ihm reden. Später schaue ich dann noch einmal herauf und gebe Ihnen Verhaltensmaßregeln.«
Umständlich packt er seine Tasche zusammen und fordert Anna auf, mit