Der zwangspensionierte Gott: Ein Blick aus der Zukunft in die Vergangenheit und Gegenwart
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Marcel Dietler
Marcel Dietler, geboren 1937, ist verheiratet und Vater von zwei Söhnen. Er studierte Theologie in Bern und Basel, in Basel bei Karl Barth. Er war evangelischer Pfarrer in der Schweizer Kirche London. Nach der Rückkehr in die Schweiz wirkte er zuerst in der Kirchgemeinde Nidau bei Biel und schliesslich bis zum Eintritt in den Ruhestand in der Kirchgemeinde Johannes in Bern. Als Pfarrer der Swiss Church in London kam Marcel Dietler in Berührung mit der charismatischen Erneuerung. Die charismatische Erneuerung hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Anliegen der Pfingstkirchen theologisch aufzuarbeiten und in die traditionellen Kirchen einzubringen. In diesem Zusammenhang wurde er Mitglied des Internationalen Rats für Evangelisation, Einheit und Erneuerung der Kirchen und war 1982-1990 Vorsitzender der europäischen Unterabteilung.
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Book preview
Der zwangspensionierte Gott - Marcel Dietler
Bild von Sabine Szabo (www.sabine-szabo.ch)
Vorwort
Eigentlich wollte ich nie Bücher schreiben. Kindern und Erwachsenen habe ich gerne Geschichten erzählt, Weihnachtsgeschichten auf Wunsch sogar vervielfältigt – aber Bücher schreiben: Das lass sein! Vielleicht ist mir das Bibelwort eingefahren: Mein Sohn, lass dich warnen! Des vielen Büchermachens ist kein Ende. (Prediger 12,12) Freunde haben mich gedrängt, immer wieder, und schliesslich, im Alter von 82 Jahren, habe ich dem Drängen stattgegeben und daraufhin innerhalb eines Jahres vier Bücher geschrieben. Das fünfte, mein Roman Der Hyänenflüsterer vom Wasserfall, wird 2021 erscheinen. Dieser Titel lässt nicht erahnen, dass der Hyänenflüsterer der im Neuen Testament nur zweimal erwähnte Simon von Kyrene ist, der Mann, der gezwungen wurde, Jesus das Kreuz tragen zu helfen. Der unverdächtige Titel wird möglicherweise einige Leserinnen und Leser, die weder mit der Bibel noch mit Jesus etwas anfangen können, dazu bewegen, nach diesem Buch zu greifen. Der Hyänenflüsterer vom Wasserfall ist meiner Meinung nach das Beste, was ich je geschrieben habe, und so beschloss ich, dieser Roman müsse meine kurze Altersschriftstellerei als Krönung abschliessen.
Es war Herbst 2020, als das Skript fertig war. Schluss mit der Bücher-Schreiberei. Doch im Corona-Jahr wollte ich unseren Verwandten, Freunden und Bekannten wenigstens einen guten Weihnachts-Neujahrsbrief schicken. Am Ende von Vreni und Marcel Dietlers irdischem Leben durfte es jedoch nicht einfach ein Jahresüberblick sein, es sollte ein Brief werden zum Thema einst und jetzt.
Ein Weihnachtsbrief darf nicht mehr als zwei Seiten umfassen, sonst liest ihn niemand. Bei Seite 3 stockte ich, schrieb dann aber weiter. Ich fürchte, damit liegt bereits ein Skript zu einem weiteren Buch vor, zwar nur ein kleines, aber doch auch wieder ein Buch. Ein Weihnachtsgeschenk für unsere Freunde und Bekannten.
Marcel Dietler
Inhalt
Vorwort
Der Chef und die Juniorpartner
Die Kriegsjahre
Lieder gestern und heute
Die lachende Leiche
Die Hand von Bruder Klaus
Hier spricht London! Hier spricht London!
Aujourd'hui ce n'est pas samedi
Immer wieder dieses blöde Kenya
Wunder
Kinderspiele
Tramrestaurants und lauwarmer Kakao
Fliegeralarm und Körperstrafen
Waschfrauen, Diakonissen und das Frauenstimmrecht
Die Sonntagsbeschäftigung
Die Zwangspensionierung Gottes
Der Regenbogen
Nachwort
Bücher von Marcel Dietler
Der Chef und die Juniorpartner
Von Zeit zu Zeit seh’ ich den Alten gern. Das ist ein bekanntes Wort aus Goethes Drama Faust. Der Alte war zu Goethes Zeiten offenbar nur teilpensioniert, sein schrittweiser Ausstieg wurde erst vorbereitet. Selbst in meiner Generation erschien er zunächst noch täglich im Betrieb. Er erkundigte sich nach unserem Wohlergehen, hatte ein gutes Wort, brachte ein Geschenk. Die Juniorchefs liessen sich gerne von ihm beraten. Heute ist das anders. Wir haben ihn pensioniert. Er hat sich gewehrt, doch wir haben ihn entmündigt und zur Ruhe gezwungen. Bei einer Taufe laden wir ihn nach wie vor gnädig ein, bei Trauungen immer seltener. Bei Trauerfeiern war er bis vor kurzem noch jedes Mal dabei, doch heute bemühen wir ihn nicht mehr. Was soll er auch an Abschiedsfeiern von Ur-Ur-Urenkeln, die ihn gar nicht gekannt haben?
Wir Achtzig-, Neunzig- und Hundertjährigen blicken auf ein langes Leben zurück. In dieser langen, aber gleichzeitig auch sehr kurzen Zeit haben sich Veränderungen ereignet, wie sie zuvor in hunderten von Jahren nicht möglich waren. Antike nennt man die Zeit von ca. 600 v.C. bis 600 n.C. im Mittelmeerraum; mehr als tausend Jahre waren die Menschen im Mittelmeerraum dieselben geblieben. Nach der Antike umfasste auch das Mittelalter