Die Waise auf Gut Schönebeck: Fürstenkinder 25 – Adelsroman
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Ihre Lebensschicksale gehen zu Herzen, ihre erstaunliche Jugend, ihre erste Liebe – ein Leben in Reichtum, in Saus und Braus, aber oft auch in großer, verletzender Einsamkeit.
Große Gefühle, zauberhafte Prinzessinnen, edle Prinzen begeistern die Leserinnen dieser einzigartigen Romane und ziehen sie in ihren Bann.
»Ich habe an Stefan nichts mehr auszusetzen, wenigstens beinahe nicht«, schränkte Baronin Burkhard beleidigt ein. »Du brauchst wirklich nicht so die Augen zu verdrehen, Lydia, das macht man einfach nicht. Du wirst Stefan schon ein wenig Schliff beibringen. Sorgen macht mir eigentlich nur die Verwandtschaft. Wie kann ein Graf nur eine solche Verwandtschaft haben? Mit der kannst du keinen Staat machen, im Gegenteil, du wirst dich blamieren, wenn sie nur erscheint.« »Über was du dir Gedanken machst, Mama! Beruhige dich, die Verwandtschaft wird uns nicht belästigen. Wenn ich Gräfin Schönebeck bin, wird sich auf dem Gut vieles ändern. Und da ist für seine popelige Verwandtschaft kein Platz.« Sie verzog in spöttischer Belustigung den Mund. »Stefan ist zum Glück leicht zu lenken. Das meiste bemerkt er nicht einmal. Wirklich, Mama, er kann unglaublich töricht und sehr einfältig sein.« Baronin Burkard krauste nervös die Stirn und krampfte die dicken Händchen zusammen. Ihre ständig roten Finger waren ihr großer Kummer, jetzt allerdings hatte sie nicht einen Blick für sie. Sie mußte ihre Worte sehr sorgfältig wählen. Lydia konnte empfindlich sein. »Ich weiß nicht«
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Book preview
Die Waise auf Gut Schönebeck - Eva-Maria Horn
Fürstenkinder
– 25 –
Die Waise auf Gut Schönebeck
Sie gibt drei Kindern ein Zuhause
Eva-Maria Horn
»Ich habe an Stefan nichts mehr auszusetzen, wenigstens beinahe nicht«, schränkte Baronin Burkhard beleidigt ein. »Du brauchst wirklich nicht so die Augen zu verdrehen, Lydia, das macht man einfach nicht. Du wirst Stefan schon ein wenig Schliff beibringen. Sorgen macht mir eigentlich nur die Verwandtschaft. Wie kann ein Graf nur eine solche Verwandtschaft haben? Mit der kannst du keinen Staat machen, im Gegenteil, du wirst dich blamieren, wenn sie nur erscheint.«
Lydia betrachtete eingehend ihre Fingernägel, tupfte auf den Daumennagel noch ein wenig Rot und murmelte wie nebenbei:
»Über was du dir Gedanken machst, Mama! Beruhige dich, die Verwandtschaft wird uns nicht belästigen. Wenn ich Gräfin Schönebeck bin, wird sich auf dem Gut vieles ändern. Und da ist für seine popelige Verwandtschaft kein Platz.« Sie verzog in spöttischer Belustigung den Mund. »Stefan ist zum Glück leicht zu lenken. Das meiste bemerkt er nicht einmal. Wirklich, Mama, er kann unglaublich töricht und sehr einfältig sein.«
Baronin Burkard krauste nervös die Stirn und krampfte die dicken Händchen zusammen. Ihre ständig roten Finger waren ihr großer Kummer, jetzt allerdings hatte sie nicht einen Blick für sie.
Sie mußte ihre Worte sehr sorgfältig wählen. Lydia konnte empfindlich sein.
»Ich weiß nicht«, sagte sie ängstlich und ließ keinen Blick von dem schönen Gesicht ihrer Tochter. »Stefan würde ich nicht als einfältig bezeichnen. Ich glaube, er weiß genau, was er will.«
»Natürlich, Mama.« Lydia pustete ungeduldig über die noch feuchten Fingernägel. »Hacke doch nicht auf Worten herum.«
»Ich meine ja nur«, beeilte sich die Baronin zu versichern, »ich meine nur, daß Stefan genauso halsstarrig sein kann wie jeder Mann.
Wenn ich da nur an deinen Vater denke, Lydia. Am Anfang unserer Ehe versuchte er wirklich, mir zu gefallen, aber wenn ich etwas wollte, das ihm gegen den Strich ging, konnte ich mit Engelszungen reden, und es half doch nichts.«
Lydias eben noch so verdrießliches Gesicht verzog sich zu einem Lachen, ihre braunen Augen blitzten vor Vergnügen.
»Papa ist schon in Ordnung, deine Wünsche können manchmal sehr töricht sein, liebe Mama. Um auf Stefans Verwandte zurückzukommen, kann ich nur abschließend sagen, daß ich nicht daran denke, Kontakt mit seinem Bruder zu pflegen.«
Die Baronin setzte sich genüßlich in dem bequemen Sessel zurecht. Sie liebte den Klatsch von Herzen und genoß ihn sehr.
»Wie konnte der alte Graf nur erlauben, daß sein Sohn Komponist wurde! Ich verstehe das nicht. Die Schönebecks legen wirklich wenig Wert auf ihre vornehme Abstammung, scheint mir. Wenn ich mir Stefan ansehe… nein, nein, nicht, daß ich etwas Abwertendes über ihn sagen will, aber man muß trotzdem bemerken, daß er keineswegs Wert auf sein Äußeres legt. Wenn ich nur an die Cordhosen denke, die er mit Vorliebe trägt. Cordhosen, als wäre er ein Arbeiter!« Sie verzog empört den kleinen rotgeschminkten Mund.
»Kaum jemand trägt die einfachste Kleidung mit der Nonchalance wie Stefan, Mama. Mit seinen breiten Schultern und der schlanken Figur kann er alles tragen. Er wirkt immer, und wo er auftaucht, recken die Mütter heiratsfähiger Töchter die Köpfe nach ihm.
Die Baronin strahlte.
»Niemand von allen gönnt dir Stefan, Lydia. Ich weiß bestimmt, daß die Gräfin Dora ihn für ihre alberne Kleine angeln wollte. Sag mal, dieser Bruder von Stefan, lebt er in guten Verhältnissen? Bei einem Künstler weiß man so etwas nie.«
»Du meinst, ob er Geld hat? Weiß ich nicht.«
Lydia schlug die wohlgeformten Beine übereinander und starrte auf den großen Mahagonischrank, der die ganze Stirnseite des sonnigen Zimmers einnahm. Einen Augenblick lang dachte sie an die Zimmer auf Schönebeck. An die alten, so behäbig aussehenden Eichenmöbel, denen man ansah, daß sie bereits seit einer Ewigkeit auf ihrem Platz standen. Sie bohrte den Fuß in die rote Wolle des kostbaren Perserteppichs.
Alles in Lydias Elternhaus war teuer und kostbar… und doch fehlte dem Haus das gewisse Etwas.
Die Mutter würde wohl nicht einmal wissen, was Lydia darunter verstand.
»Stefan macht sich nichts aus Geld«, sagte sie aus ihren Gedanken heraus und schaute durch das breite Fenster auf den gepflegten Park hinaus. Der Springbrunnen plätscherte monoton und unterstrich die Stille. »Stefan hat unglaublich wenig Verständnis für Gelddinge. Und wenn der Komponist ähnlich ist wie er…?« Sie zuckte in sprechender Geste die Schulter. »Stefan kann froh sein, wenn ich ihm alle finanziellen Dinge aus der Hand nehme und mich darum kümmere. Wenn Georg wie Stefan ist und dazu noch in der breiten Masse der Künstler steckt, dann ist er bestimmt nicht reich. Und drei Kinder hat er außerdem, Mama. Nein, mit der Verwandtschaft sollte man wirklich kurzen Prozeß machen. Einmal im Jahr kann man sich anrufen, aber zu Besuch will ich sie nicht auf Schönebeck haben. Und schon gar nicht die Rangen, er sagt selbst, daß die drei sehr lebhafte Kinder sind.«
Die Baronin nickte zufrieden.
»So ist es recht, Lydia. Setz nur gleich zu Anfang deinen Willen durch. Wie steht es mit der Schwester seines verstorbenen Vaters? Ich muß gestehen, die alte Stiftsdame flößt mir immer Angst ein. Wenn ich ihr begegne, läuft mir ein Schauer über den Rücken. Was Stefan zu wenig vornehm ist, ist sie zuviel. Dabei besitzt sie doch nun wirklich kein Vermögen. Sie ist nichts weiter als geduldet auf Schönebeck. Stefan macht noch so ein Theater mit ihr! Mich fragt er nie zuerst, ob es mir zu kalt oder zu warm ist! Immer sie. Er bringt ihr einen Schal, beobachtet sie ständig ängstlich, ob sie sich wohl fühlt…, wirklich zu albern. Sie wird doch hoffentlich sofort das Schloß verlassen, wenn ihr verheiratet seid?«
»Darauf kannst du dich verlassen.« Lydias eben noch so gelassenes Gesicht verzog sich böse. »Sie hat eine Art, mich zu mustern, die schon abscheulich ist. Das kommt alles in die Reihe. Sie hat nach dem Tod seiner Mutter die Stelle der Hausfrau übernommen, nett von ihr. Aber jetzt brauchen wir sie nicht mehr.«
»Sei nur vorsichtig, Lydia. Ich glaube, Stefan hängt wirklich an ihr. Du darfst ihn nicht kopfscheu machen, Liebes. Vielleicht könnte ich der Stiftsdame einmal einen zarten Wink geben?«
Aber man sah ihr an, daß sie jetzt schon Angst vor einer solchen Aufgabe hatte.
Lydia winkte ungeduldig ab. Der blaue Stein an ihrem Ringfinger blitzte.
»Misch dich nicht ein, Mama, das ist meine Aufgabe. Zu gegebener Zeit werde ich mit Tante Adelheid darüber reden. Natürlich erst nach der Hochzeit. Aus ihren Räumen mache ich etwas ganz Besonderes. Sie bewohnt die herrlichen Turmzimmer, die einen bezaubernden Ausblick haben. Dort schlage ich meine Zelte auf. Die Zimmer werden meine Residenz. Einrichten werde ich sie!«
Sie küßte mit blitzenden Augen ihre Fingerspitzen und gab sich ganz den Träumen hin.
Baronin Burkhard war aufgestanden und ging zum Fenster. Der große venezianische Spiegel warf ihr Bild zurück.
Ein wenig schuldbewußt musterte die Baronin ihre leider viel zu dick gewordene Figur.
Ich müßte dringend abnehmen, dachte sie kummervoll und dachte neidisch an Tante Adelheids gertenschlanke Gestalt.
»Dort drüben kommt ein Reiter die Allee hinauf, Lydia. Um diese Zeit kann es doch nur Stefan sein?«
Lydia war aufgesprungen und stellte sich neben sie. Sie kniff die Augen zusammen.
»Ich müßte eine Brille tragen«, murrte sie. »Aber nicht einmal die teuerste steht mir. Doch, Mama, das ist Stefan!«
Die Baronin strahlte.
»Nur wer die Sehnsucht kennt«, kicherte sie albern. »Jetzt lenkt ihn nicht einmal mehr die Arbeit ab, Liebes. Bestimmt hat er sich eine Abwechslung für dich überlegt. Wahrscheinlich will er doch mit dir in die Stadt fahren. Gestern hast du ihn darum gebeten, und er hat so schroff nein gesagt, jetzt tut es ihm bestimmt längst leid.«
Lydias schönes Gesicht verzog sich zu einem siegessicheren Lächeln. Sie warf einen schnellen Blick in den Spiegel, strich die braunen Locken aus der Stirn, zupfte an ihrer grünen Seidenbluse und setzte sich wartend zurecht.
»Ich bleibe nur ein paar Minuten, Lydia.« Das Gesicht der Baronin brannte aufgeregt. »Und dann entschuldige ich mich mit dringender Arbeit, nicht wahr?«
Sie hörten Stefans festen Schritt auf den Dielen, er klopfte und betrat den sonnigen Raum. Ihre Blicke trafen sich über die Länge des Zimmers. Baronin Burkhard musterte den jungen Grafen mit mütterlichem Stolz. Ja, Stefan war ein gutaussehender Mann. Ein richtiger Mann… trotz der gräßlichen Reithosen, die natürlich wieder aus Cord waren.
»Guten Morgen. Ich hoffe, ich störe nicht.«
Stefan gab zuerst seiner zukünftigen Schwiegermutter die Hand. Dabei wäre in ihren Augen ein Handkuß angebrachter gewesen. Aber ihre Enttäuschung zeigte sie nicht. Mit Genugtuung stellte sie fest, wie lieb er Lydia begrüßte. Er küßte ihre Wange und strich einmal schnell über ihr Haar.
Schön war es, das Glück des einzigen Kindes mitzuerleben, und vor Rührung schossen der Baronin Tränen in die Augen.
»Lydia, aus unserem Theaterbesuch morgen kann leider nichts werden.« Hochaufgerichtet stand Stefan da. Das karierte Hemd trug er am Hals offen, die Hand schob er nachlässig in die Hosentasche, und im Augenblick fand die Baronin ihn keineswegs angenehm.
Sein dunkelbraunes Haar war zerzaust und sein eben noch so lächelnder Mund