Vorsicht, freilaufender Menschenfreund: Neue Kolumnen von 2016 bis 2020
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Stimmen zu Helmut Wichlatz:
"Der Martenstein vom Niederrhein" - Krimiautor Kurt Lehmkuhl
"Der hat hier Hausverbot" - Ein Gastwirt aus Erkelenz
"Helmut ist der Beste" - Schwager Jochen Schäfer
Helmut Wichlatz
Helmut Wichlatz lebt und arbeitet am Niederrhein. Nach dem Studium der Germanistik, Sprachwissenschaften sowie Entwicklungs- und Sozialpsychologie arbeitete er als Werbetexter, bevor er sich um die Jahrtausendwende dem Journalismus zuwandte. Sein Krimidebüt Mordsclique erschien 2015. Es folgten Kolumnenbände, Erzählungen, ein Jugendbuch und diverse Hörtheater-Stücke. Gemeinsam mit Frank Rimbach bildet er das Hörtheater Literaturproleten. Neben der literarischen und journalistischen Arbeit engagiert sich Wichlatz auch im Rahmen der Kulturinklusion und veranstaltet die Lesereihe Lesen einmal anders mit der Lebenshilfe Heinsberg sowie Schreibseminare im Rahmen der Ferienspiele der Stadt Erkelenz.
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Book preview
Vorsicht, freilaufender Menschenfreund - Helmut Wichlatz
Helmut Wichlatz „Achtung, freilaufender Menschenfreund!"
Inhalt
Vorwort
Mit den Neo-Osmanen in der Kreisliga B
Blicken wir zurück auf 2017 – ein Jahr, das …
Männergrippe – „Stell dich nicht so an!"
Die vegetarische Bratwurst im Oval Office
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Vorwort
Ich freue mich, dass Sie dieses Buch erworben oder ausgeliehen, vielleicht sogar gemopst haben. Das würde immerhin Interesse bedeuten an dem, was mir so im Laufe der letzten knapp vier Jahre Monat für Monat bei meinen Mitmenschen aufgefallen ist. Die Kolumnen erscheinen im Mönchengladbacher Guru-Magazin und seit einiger Zeit auch im Viersener Magazin C´est la VIE.
Es könnte aber auch sein, dass man Ihnen dieses Buch geschenkt hat. Das könnte wiederum zweierlei bedeuten.
Einmal könnten Sie dem Schenker herzlich egal sein und er wäre kurz vor Ladenschluss in die Buchhandlung gestürmt, um irgendwas unter zehn Euro zu kaufen und nett einpacken zu lassen. Das wäre schade, aber vielleicht bekommen Sie das Buch ja noch weiterverschenkt oder legen es in einen dieser Bücherschränke, die es neuerdings in vielen Städten gibt.
Andererseits könnte er oder sie sich aber auch Gedanken gemacht und festgestellt haben, dass Ihr Humor gerade so ein Buch wie meines vertragen könnte.
Wie auch immer, ich wünsche Ihnen viel Spaß mit meinen demütigen Zeilen,
Ihr
Helmut Wichlatz, a.k.a „Menschenfreund"
November 2016
Mit den Neo-Osmanen in der
Kreisliga B
Hallo Mönchengladbach, Rheydt und Umgebung. Der Menschenfreund meldet sich mal wieder zu Wort. Und das, nachdem ich mich noch im Dezember vollmundig verabschiedet hatte. Aber wie das so ist: Wenn man mit offenen Augen durch die Welt läuft, dann stolpert man zwangsläufig über manche Absonderheit, zu der Mitmenschen allgemein in der Lage sind. Und die will ich Ihnen nicht vorenthalten. Denn man kann immer irgendwas lernen in diesem Land der Bekloppten und Bescheuerten, wenn man nur zuhört und mitdenkt. Bisweilen hatte ich mich ja am rechten Rand der besorgten Patrioten umgeschaut und dabei so manche mehr oder weniger liebenswerte Schrulle der neuerdings politisch motivierten „Fotze- und „Volksverräter
-Krakeeler gefunden. Diese Menschen machen es einem oft nicht leicht, sein Vaterland ohne Ekelgefühle zu lieben. Diese Erfahrung werden Sie sicherlich auch schon gemacht haben. Ich habe für mich beschlossen, dass ich mir von diesen Gestalten meine Liebe zu meinem Heimatland nicht in den Dreck ziehen lasse. Doch genauso wenig mag ich das, wenn die andere Seite über alle Stränge schlägt und unbedingt zeigen will, wie sehr sie alles Deutsche an sich und im Besonderen ablehnt. Die Rede ist von unseren Nachbarn und Mitbürgern, die neuerdings beschlossen haben, aus diesem Land ihre persönliche Privat-Türkei zu machen. Leute, die sich zusammenrotten, um von deutschem Boden aus für die Todesstrafe in der Türkei zu demonstrieren und uns neuerdings alle Backe lang klarmachen, dass hier bald ein anderer Wind wehen würde. Und dass sie auf Deutschland im Allgemeinen und Speziellen scheißen. Anscheinend glauben die echt, dass dieser Erdogan demnächst mit seinen Horden hier einmarschiert und ein Sultanat nach seinen und damit auch deren persönlichen Vorstellungen errichtet. Da weiß man schon gar nicht mehr, wen man schrecklicher finden soll, die AfD-Nörgler oder diese Neo-Osmanen, die teilweise seit Jahrzehnten hier leben und noch immer nicht verstanden haben, dass „Bullenschlampe gar keine anerkannte Berufsbezeichnung in Deutschland ist. Leute, die bis heute nicht verstanden haben, dass man Fremde mit der höflichen Anrede „Sie
bedenkt und ihnen nicht beim Sprechen mit den Griffeln vor dem Gesicht herumfuchtelt. Leute, deren Frauen daheim hocken und auch nach vielen Jahren in Deutschland nicht einmal in der Lage wären, beim Elternsprechtag zu verstehen, was „die Mann da an Tisch" über ihre Kinder zu sagen hat, weil sie sich den ganzen Tag den Kopf vollknallen lassen mit türkischem Dudelfunk. Leute, die falsch herum die Einbahnstraße hochfahren und dem Polizisten dann kackfrech ins Gesicht sagen, dass sie nicht wüssten, was das rote Schild mit dem weißen Querbalken bedeutet und dass er ein Nazi sei.
Ich komme da jetzt nicht aus Zufall drauf. Denn am vergangenen Wochenende durfte ich knapp zwei Stunden lang „Bosporus live in Kreisliga B" erleben. Mein geliebter Heimatverein, der sich sehr wacker in der zweituntersten Liga des deutschen Spielbetriebs tummelt, hatte eine Mannschaft zu Gast, die sich nicht FC, Borussia, Fortuna oder Victoria nennt, sondern Ay-Yildizspor. Das Ganze natürlich dann noch versehen mit dem entsprechenden Städtenamen.
Das Spiel hatte Dynamik, was ich als erfahrener und versierter Ex-Bambinitrainer durchaus sagen kann. Es fielen neun (!) Tore und am Ende siegte die Heimmannschaft. Was sich bis dahin aber auf dem Acker der Ehre zutrug, das hatte schon operettenhafte Züge. Zeitweise erinnerte es an eine Sammlung von Outtakes der frühen Bruce-Lee-Filme oder eine Trainingseinheit der italienischen Nationalmannschaft. Wenn die gut frisierten Herren mit den geometrisch gestutzten Tuckenbärten, die im Auswärtstrikot der türkischen Nationalmannschaft aufgelaufen waren, sich nicht im waagerechten Anflug auf den Körper eines Gegenspielers befanden, lagen sie weinend auf dem Boden und starben den Tod der Märtyrer, inklusive Rudelbildung und gemeinsamen Wehklagens. Geradezu filmreif wurde es bei dem Versuch des Schiedsrichters, einen Elfmeter zu Ungunsten der Gastmannschaft ausführen zu lassen. Etliche Male musste er den Ball zurücklegen auf den definierten Elfmeterpunkt, weil einige Spieler und Mannschaftsbetreuer partout einen fiktiven Dreizehnmeterpunkt bevorzugten und den Ball auch immer wieder dort begleitet von viel Gestus und Aufpludern ablegten. Der Torwart hüpfte wie auf Speed durch den gesamten Torraum und vollzog dabei anscheinend männlich gemeinte Gesten in Richtung des Torschützen und es dauerte noch einmal geschlagene fünf Minuten bis das letzte türkische Auswärtstrikot aus dem Strafraum und der letzte mitgereiste Zuschauer vom Platz verschwunden war. Und dann verwandelte der doch an sich extrem beeindruckte Schütze auch noch den Strafstoß. Was dann erst einmal los war, können Sie sich vielleicht vorstellen. Um mich herum wurde schon die Befürchtung laut, dass jetzt mit Selbstmordattentaten zu rechnen sei. Die blieben aber aus.
Ich brauche so etwas ehrlich gesagt nicht wirklich. Wir befanden uns in der Kreisliga B am linken Niederrhein und nicht beim heißumkämpfen WM-Finale gegen Portugal oder Island. Ich täte mir herzlich wünschen, wenn der eine oder andere Neo-Osmane, der diese Zeilen vielleicht tatsächlich liest, sich mal im stillen Kämmerlein Gedanken macht, ob Deutschland und seine Kartoffeln nicht ein bisschen mehr Respekt verdient haben. Denn sie erdulden diesen ganzen Mummenschanz jetzt schon seit Jahrzehnten stoisch und respektvoll. Respekt, das muss man wissen, ist ebenso wie Integration keine Einbahnstraße.
Dezember 2016
Blicken wir zurück auf 2017 – ein Jahr, das es so nicht geben
sollte!
Geht das eigentlich nur mir so oder haben Sie auch ab und zu das Gefühl, dass die Jahre irgendwie immer bekloppter werden? Immer, wenn man denkt, dass das die Krönung gewesen sein muss, setzt das kommende Jahr noch eins drauf. So war das, als wir 2015 hinter uns gebracht hatten. Da habe ich allen Ernstes gedacht, dass es 2016 ein bisschen ruhiger zugeht. Pustekuchen! Antanz am Kölner Dom, Terror, Brexit, Amoklauf in München, Amokfahrt in Nizza, der versuchte Putsch in der Türkei und seine schlimmen Folgen und dann noch Donald Trump … im Prinzip wäre die Liste der Gründe dafür, dass 2016 das bislang mit Abstand bekloppteste Jahr war, unendlich. Da hat es aus dem Stehgreif den ersten Platz geschafft. Und wissen Sie was? Ich gehe mit Ihnen jede Wette ein, dass es diesen Platz nur knapp ein Jahr innehaben wird. Denn 2017 – da würde ich die nächste Wette eingehen – wird garantiert mit Leichtigkeit noch eins draufsetzen. Damit wir aber nicht schon im