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Das Wachsfigurenkabinett
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Das Wachsfigurenkabinett

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About this ebook

Der Ingenieur und Erfinder Frederic Hutchison wird von einer Gangsterbande in erpresserischer Absicht aus seiner Villa entführt. Trotz seiner verzweifelten Lage weigert er sich jedoch, seine Unterschrift unter den Scheck zu setzen, den die Verbrecher seiner Frau abgezwungen haben. Es scheint, als müsse man ihn freilassen, da haben die Kriminalpolizei und Hutchisons Sekretär die ersten Spuren des Verschwundenen ermittelt. Doch da entführen die Gangster auch Gaby, Frederics Frau, um das brutale Erpressungsmanöver fortzusetzen. Nur an eines haben sie dabei nicht gedacht: das Wachsfigurenkabinett ...-
LanguageDeutsch
PublisherSAGA Egmont
Release dateApr 14, 2016
ISBN9788711508497
Das Wachsfigurenkabinett

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    Das Wachsfigurenkabinett - Hans Heidsieck

    Gegenwart

    Es knackte zwei-, dreimal am Gartentor. Dann gab das Schloß nach, und zwei Männer schlichen geduckt dem Hause zu, das hinter dichtem Buschwerk versteckt lag.

    Von der Straße aus war die Villa des Millionärs Frederic Hutchison selbst am Tage nicht zu erblicken. Hutchison liebte die Abgeschlossenheit. Er wollte möglichst wenig von anderen Menschen behelligt werden; deshalb stand auch sein Name draußen nicht angeschrieben. Lediglich seine Initialen waren auf einer kleinen Bronzeplatte zu lesen: ‚F. H.‘ — weiter nichts.

    Hutchison hatte auf dem Gebiete des Tauchbootwesens mehrere umwälzende Erfindungen gemacht und war dadurch zu großem Wohlstande gelangt. Sein Vermögen, das sich von Jahr zu Jahr vergrößerte, wurde zur Zeit auf sechs Millionen geschätzt.

    Trotzdem lebte der Mann sehr bescheiden und völlig zurückgezogen. Er führte nicht, wie die meisten Millionäre, ein großes Haus mit unzähligen Angestellten; eine Villa mit sechs Räumen genügte ihm. Mrs. Hutchison, aus kleinen Verhältnissen kommend, leitete noch heute, wie in früheren Zeiten, den Haushalt mit einer Köchin und einem Zimmermädchen, und für die Bedienung Hutchisons war nur der alte John da, eine treue Seele, die ihrem Herrn jedes Wunsch an den Augen ablas.

    In den ‚Werkstätten Fr. Hutchison‘, die in der Stadt lagen, hatte der Erfinder allerdings zahlreiche Angestellte, ohne die er zu seinem Bedauern nicht mehr auskommen konnte. Die Leitung dieses Betriebes lag in den Händen des Generalsekretärs und Bevollmächtigten Mr. Haase, eines Deutschen, den Hutchison auf einer Auslandsreise kennengelernt und kurzerhand für sich verpflichtet hatte, als er dessen große technische und kaufmännische Fähigkeiten erkannte.

    Augenblicklich hauste Hutchison mit dem alten Diener in der Villa allein. Seine Frau war der heißen Jahreszeit wegen nach Miami gefahren. Sie hatte zu ihrer Bedienung das Hausmädchen mitgenommen, das auch gleichzeitig ihre Zofe war. Die Köchin, die plötzlich erkrankt war, lag mit einer Angina in einem Chikagoer Krankenhaus.

    Die beiden Männer, die sich der Villa näherten, wußten genau über diese Verhältnisse Bescheid.

    *


    Der alte John Murrey, der im Erdgeschoß eine Kammer bewohnte, schreckte aus dem Schlaf empor. Lux hatte angeschlagen. Jetzt bellte er wieder laut und wütend auf, wollte sich nicht mehr beruhigen. Dröhnend schallte es durch das Haus.

    John sprang aus dem Bett, streifte sich eine Hose über und griff nach dem alten Trommelrevolver, der in seinem Nachttischfach lag. Hastig, mit zitternden Händen, riß er die Tür auf und stürzte in die Halle, wo er das Licht einschaltete.

    Vor dem Eingang zum Gartensalon sprang Lux laut kläffend das Schloß an. John erstarrte, als er bemerkte, wie jetzt jene Tür einen Spalt weit geöffnet wurde, wie eine Hand sich hindurchschob, die ebenfalls einen Revolver hielt, — und als nun zwei Schüsse krachten, von denen der zweite den armen Hund tödlich traf. Einen Augenblick lang wälzte er sich noch röchelnd am Boden. Dann wurde es still, so unheimlich still, daß es auf John wie ein Alpdruck lag. Der alte Diener stand immer noch wie gelähmt da. Es dauerte zwei Sekunden zu lange, bis ihm bewußt wurde, was hier geschah.

    Die Tür wurde nun vollends aufgezogen. In ihrem Rahmen erschien ein Mann, dessen Gesicht von den Augen abwärts mit einem schwarzen Tuch verdeckt war. Er hielt seinen Revolver auf den entsetzten Diener gerichtet und rief: „Hände hoch!"

    John, der zuerst überhaupt nicht hatte denken können, dachte nun falsch. Er glaubte wohl, daß es möglich sei, dem anderen noch zuvorzukommen, jedenfalls hob er jetzt ebenfalls blitzschnell die Hand und drückte ab. Aber es knackte bloß. Mit Bestürzung erkannte er, daß seine Waffe gar nicht geladen war. Diese Bestürzung war das letzte, was er empfand, denn schon krachten wieder zwei Schüsse, woraufhin John Murrey rücklings zu Boden sank.

    Hinter dem Mörder tauchte eine zweite Gestalt auf.

    *


    Die beiden Männer standen und lauschten. Oben ging eine Tür. Natürlich war Hutchison von dem Lärm wach geworden. Er würde gleich herunterkommen, um nachzuschauen, was unten geschehen war.

    Nein. Man hörte ihn sprechen. „Hallo! rief er. „Hallo! Wahrscheinlich wollte er telephonieren, die Polizei anrufen. Die Männer lachten grimmig in sich hinein. Hutchison würde keine Antwort erhalten. Die Fernsprechleitung war durchgeschnitten.

    Sie duckten sich hinter zwei hohe Sessel, die in der Nähe der Treppe standen, um abzuwarten, bis ihr Opfer herunterkam.

    *


    Hutchison gab den Versuch, zu telephonieren, auf, als er einsah, daß die Leitung zerstört sein mußte. Vorsichtig öffnete er die Schlafzimmertür, seinen Revolver schußbereit haltend. „John! rief er ins Treppenhaus. „John! John!

    Niemand antwortete ihm. Es blieb beängstigend still im Hause. In der Halle brannte Licht. Er schaltete nun auch hier oben die Beleuchtung ein.

    Kaltblütig überlegte er, was zu machen sei. Deutlich hatte er von unten her mehrere Schüsse vernommen. Lux war verstummt. Der Diener antwortete nicht. Eine furchtbare Ahnung stieg in Hutchison auf. Sollte man wirklich den Hund und Murrey erschossen haben?

    Warum regte sich nichts mehr im Hause? Waren die Verbrecher geflohen?

    Er tat wohl am besten, in sein Zimmer zurückzukehren, um durch das Fenster um Hilfe zu rufen und einige Alarmschüsse abzugeben. Würde man ihn aber hören? Die Villa lag weit von jedem anderen Hause entfernt. Auch widerstrebte es ihm, wie ein hysterisches Weib nach Hilfe zu schreien, ohne vorher versucht zu haben, selbst mit seinen Gegnernfertig zu werden. Hutchison war ein Mann, der keine Gefahr scheute. Nein — um Hilfe rufen würde er nicht.

    Wieder lauschte er. Alles blieb still. Niemand kam die Treppe herauf. Sicherlich machten sich die Verbrecher jetzt in seinem Arbeitszimmer zu schaffen, sofern sie sich überhaupt noch im Hause befanden.

    Der Ingenieur begann, sich dicht an der Wand haltend, langsam die Treppe hinunterzugehen.

    *


    Der folgende Morgen brach nicht nur über Chikago, sondern auch über Miami strahlend an.

    Mrs. Hutchison hatte ihr Frühstück beendet. Es war sieben Uhr. Sie pflegte stets pünktlich nach dem Strand aufzubrechen. Fanny, die Zofe, hielt schon die Tasche mit den Sachen bereit: Bade-Anzug und Mantel, ein Sonnenschirm, Hautcrème, Brille, Strandschuhe, ein Buch — alles, was man benötigte, um sich’s am Wasser bequem zu machen.

    Ein Boy teilte eben die Frühpost aus und zwinkerte dabei der hübschen Fanny zu, die diese Huldigung mit einem schwachen Lächeln quittierte.

    Mrs. Hutchison nahm die ihr bestimmte Karte entgegen. Es war der übliche Morgengruß ihres Gatten, der keinen Tag ausblieb. ‚Hier alles in bester Ordnung. Komme sehr gut zurecht. Neues Patent heute angemeldet. Haase ist begeistert davon. — Wünsche Dir weiter die beste Erholung, my darling! Dein Frederic!‘

    Davon, daß er bald nachkommen würde, schrieb er diesmal kein Wort. Er hatte es ihr doch versprochen. Aber natürlich — die Arbeit! Er konnte sich nun einmal nicht so rasch losreißen. Immer war noch etwas ganz Dringendes zu erledigen. Er war zu gewissenhaft. Die Konstruktion einer neuen Rettungskammer für Unterseeboote sollte unbedingt vollendet werden, bevor er sich eine Erholung gönnte. Während seiner Abwesenheit konnte die Herstellung dann beginnen.

    Nach den letzten entsetzlichen Unglücksfällen, von denen die amerikanische und die britische Marine betroffen wurden und denen mehr als hundert blühende Menschenleben zum Opfer gefallen waren, ließ es Hutchison keine Ruhe mehr, ein wirklich brauchbares und sicheres Rettungsgerät für gesunkene Unterseeboote zu schaffen.

    Mrs. Hutchison bebte allerdings schon wieder darum. Denn ihr Gatte war stets der erste, der das neue Gerät dann auch ausprobierte; er war durch nichts davon abzuhalten. Wie leicht konnte er dabei seinen Tod finden! Er achtete keiner Gefahr.

    Wenn er nur kommen wollte! Auch ihm tat eine Ausspannung dringend not. Sie wollte ihm heute noch einen langen Brief schreiben und ihm Vorstellungen machen, ja, sie wollte ihm drohen, daß sie sonst ihre Erholungszeit abbrechen würde. Vielleicht wirkte das!

    Nachdenklich schritt sie dem Strande zu. Ihr Korb befand sich an einer einsamen Stelle, ganz abgelegen. Mrs. Hutchison liebte den Trubel ebenso wenig wie ihr Mann. Auch ihr Leben war ganz und gar auf Einfachheit abgestellt. Ihretwegen hätte Hutchison nicht Millionär zu sein brauchen. Sie wäre in ganz bescheidenen Verhältnissen ebenso zufrieden gewesen. Das Glück lag für sie nicht im äußeren, sondern im inneren Reichtum, und an diesem mangelte es ihr nicht. Sie hatte nicht nur für Kunst und Literatur etwas übrig, — sie interessierte sich sogar für technische Dinge, was man sonst bei einer Frau selten fand. Andächtig hörte sie jedesmal ihrem Gatten zu, wenn dieser ihr neue Pläne entwickelte.

    Das bitterste Leid des Lebens war an Hutchisons aber auch nicht vorübergegangen, ja, es hatte sie zweimal sehr hart getroffen. Ein Töchterchen starb ihnen kurz nach der Geburt, und ein Sohn, bereits sechzehn Jahre alt, war einem Motorradunfall zum Opfer gefallen. Nun standen sie wieder ganz allein, nahmen sich jedoch eines Kreises von Neffen und Nichten um so inniger an.

    Mrs. Hutchison war eine leidenschaftliche Schwimmerin. Sie kraulte weit in die See, bis zu einer Boje hinaus, und kehrte gestärkt und erfrischt zurück.

    Als sie sich gerade in ihren Bademantel gewickelt hatte und vor dem Korb auf und ab schritt, trat ein Herr auf sie zu, grüßte höflich und stellte sich vor: „Fedor Ivanowicz Illinow!"

    *


    Fanny war für den Vormittag von ihrer Herrin entlassen worden. Sie hatte am Strande eine sehr nette Bekanntschaft gemacht. Der Herr war Pilot einer Fluggesellschaft in New Orleans, wie er behauptete, und befand sich zur Zeit zur Erholung hier. Seine ruhige Art zu reden und sein geschliffenes Wesen hatten auf Fanny einen denkbar günstigen Eindruck gemacht. Er verabredete sich täglich mit ihr, sie schwammen zusammen, er ging mit ihr tanzen und unterhielt sie jedesmal auf eine nette, zuvorkommende Weise. Fanny fühlte sich ganz und gar als Dame behandelt, was ihr sehr gut gefiel. Sie hatte es überhaupt — fand sie — im Leben recht gut getroffen. Eine bessere Herrschaft als Hutchisons konnte sie sich gar nicht denken. Niemals wurde sie über Gebühr in Anspruch genommen, sie erhielt einen guten Lohn und verfügte über ausreichend viel freie Zeit. Um ihr Privatleben kümmerte sich Mrs. Hutchison überhaupt nicht.

    Charles, ihr neuer Freund, nahm lebhaften Anteil an allem, nicht nur was sie selber, sondern auch was ihre Herrschaft betraf. Von dem bekannten Ingenieur Hutchison hatte er natürlich auch schon gehört. Was trieb der denn so den ganzen Tag? Machte er tatsächlich immer neue Erfindungen? Fabelhaft! Wie? Ja — natürlich, klotzige Gelder hatte der schon verdient. Was fing der nur mit dem großen Vermögen an? Komisch, nicht wahr —? Der eine rackerte sich sein Leben lang ab und kam nie auf einen grünen Zweig, — und so einem fiel das Glück geradezu in den Schoß. Wie, bitte? Er arbeitete ja auch viel? Na ja, natürlich. So war das nicht gemeint. Er war wohl ein netter Mensch, was? Sehr still? Ja ja, das kann man sich denken. Große Erfinder sind oft stille Menschen ...

    Fanny schritt stolz an der Seite ihres Fliegers daher. Einen netteren, hübscheren Menschen hatte sie noch niemals kennengelernt.

    Heute schien er ihr allerdings etwas nervös zu sein. Sie trafen sich am Pavillon. Fesch wirkte er in seinem blendendweißen Strandanzug.

    „Wollen wir schwimmen? fragte Fanny und sah ihn bewundernd von der Seite an. Er schien über sie hinwegzublicken. „Nein, jetzt nicht, erwiderte er, „ich — ich erwarte eine wichtige Nachricht. Vielleicht muß ich heute noch fort. Ja, Leider. Ein Kollege ist krank geworden. Für den muß ich wohl einspringen. — Kommen Sie, setzen wir uns drüben in das Kaffee. Ich habe gesagt, daß ich dort zu erreichen bin." Er blickte rasch auf die Uhr. Sein Arm zitterte etwas. Was hatte er nur? Ging ihm die Erkrankung seines Kollegen so nahe? Oder zitterte er darum, daß er nun von ihr fort mußte?

    Auch seine Unterhaltung war einsilbig. Man redete über gleichgültige Dinge. Obwohl es dochnähergelegen hätte, daß er jetzt von dem Abschied sprach.

    Er rührte mit dem Strohhalm in seinem Eis herum. „Es ist sehr heiß! sagte er. „So feuchtwarm, nicht wahr? Es kann ein Gewitter geben.

    Nach einer Weile wurde er ans Telephon gerufen. Er blieb lange fort. Als er zurückkam, sagte er, daß er reisen müsse, wenn möglich, schon mit dem nächsten Zuge.

    „Ich bringe Sie an die Bahn! erklärte Fanny bestürzt. Er wehrte ab. „Nein, nein, das geht nicht! erwiderte er und erhob sich. „Ich muß zu sehr eilen und muß auch erst noch in mein Hotel. Bleiben Sie ruhig hier sitzen. Es wird nur für einige Tage sein. Dann komme ich wieder. Leben Sie wohl, Fanny! Ich werde schreiben!"

    Sein ganzes Verhalten stand völlig im Gegensatz zu seiner sonstigen Art. Fanny verspürte eine Ernüchterung. Auch sie war aufgestanden. Er warf dem Kellner ein Geldstück zu und griff hastig nach ihrer Hand.

    In der Nähe lief ein Zeitungsverkäufer vorüber, doch verstand man nicht, was er rief.

    Charles eilte hastig davon und ließ Fanny einfach stehen. „Bitte entschuldigen Sie! Good bye!"

    Sie wollte ihm nacheilen. Aber sie stand wie gelähmt.

    *


    Mrs. Hutchison blickte den Fremden von oben bis unten an. „Sie wünschen, Sir?"

    „Ich habe mit Ihnen zu reden, Madam. Vertraulich. Hier sind wir ja ungestört."

    Mrs. Hutchison setzte sich in den Strandkorb. Ein eigentümlich unheimliches Gefühl kroch ihr den Rücken hinab. Wer war dieser Mann? Was wollte er? Fedor Ivanowicz Illinow? Sie hatte den Namen noch niemals gehört.

    Er hielt ihr ein goldenes Etui entgegen. „Darf ich Ihnen eine Zigarette anbieten?"

    „Nein, danke!" erwiderte sie mit matter Stimme.

    „Sie gestatten wohl, daß ich rauche?"

    Sie nickte. „Gewiß."

    Illinow war gut angezogen und wußte sich durchaus zu benehmen. Dies beruhigte sie einigermaßen. Trotzdem war sie äußerst gespannt, was nun kommen werde.

    „Sie werden heute in der Mittagszeitung eine erschütternde Nachricht finden, setzte er wieder an, und sie dachte daraufhin irgendwie gleich, daß er ein Journalist sei, der sie hier überrumpeln wollte. Ärgerlich zog sie die Stirn in Falten. „Es handelt sich um Ihren Gatten.

    „Was — um Frederic? Ist ihm etwas zugestoßen?" fragte sie atemlos.

    Um den Mund des Herrn glitt ein nervöses Lächeln. „Wie man’s nimmt, Madam. Sein Schicksal ist jetzt in Ihre Hände gelegt."

    Mrs. Hutchison bebte. „Ich verstehe Sie nicht! Sprechen Sie deutlicher!"

    Illinow streifte gelassen seine Zigarette ab. „Zunächst muß ich Sie dringend warnen, irgend jemandem gegenüber etwas von dieser Unterhaltung verlauten zu lassen. Beachten Sie diese Warnung nicht, dann ist Ihr Gatte verloren."

    Mrs. Hutchison sprang empor. Ihre Augen beschatteten sich. Aus ihrem Gesicht war alle Farbe gewichen. So starrte sie den Mann an. „Wie habe ich das zu verstehen?" stammelte sie.

    „Sie brauchen Ihren Gatten nur auszulösen. Er ist mein Gefangener!"

    Illinow stand hochaufgerichtet und drohend da. Alle Freundlichkeit war aus seinen Zügen gewichen.

    Mrs. Hutchison wollte einen Schrei ausstoßen, doch Illinow hielt ihr eine Hand vor den Mund. „Sie müssen sich ruhig verhalten. Auflehnung nützt Ihnen nichts. Lassen Sie uns lieber über das Lösegeld sprechen."

    Er schwieg. Das Meer rauschte, es trieb kleine Wellen an den Strand. Niemand war in der Nähe. Die Frau mußte einsehen, daß sie im Augenblick hilflos war.

    Illinow beobachtete sie und fühlte deutlich ihre Hilflosigkeit. Sie schien völlig niedergeschmettert zu sein. Dann aber rief sie: „Das ist ja nicht wahr!"

    Er warf den Rest seiner Zigarette in den Sand. Ruhig sagte er: „Doch — es ist wahr. Sie werden es heute noch in der Zeitung lesen. Ich wollte Sie nur darauf vorbereiten und gleich die Verhandlungen aufnehmen, bevor sich die Polizei einmischt. Wieviel Geld haben Sie hier zur Verfügung?"

    „Ich — ich habe nur ein paar tausend Dollar mit."

    „Das genügt uns natürlich nicht. Ihr Gatte ist Millionär. Man kann ihn schon kräftig zur Ader lassen, ohne daß er gleich daran verbluten wird. Sein Vermögen wird auf sechs Millionen geschätzt. Zehn Prozent davon, also sechshunderttausend Dollar, verlangen wir, wenn er wieder freikommen soll."

    Mrs. Hutchison stützte sich auf den kleinen Klapptisch, der an der Seite des Strandkorbes angebracht war. Illinow sah: sie war einer Ohnmacht nahe. Er stützte sie, drückte sie sanft auf den Sitz zurück. Dann herrschte er sie plötzlich an. „Machen Sie kein Theater! Ja — oder nein!"

    Die Frau fuhr zusammen. Sie bebte am ganzen Körper. Weit riß sie die Augen auf. Was geschah hier? War das nun Wirklichkeit — oder ein toller Spuk?

    Zwei junge Leute liefen im Laufschritt am Strande ganz dicht vorüber. Sie wollte schreien. Aber Illinow hielt ihr rücksichtslos wieder den Mund zu. „Wenn Sie schreien, töten Sie Ihren Gatten! herrschte er sie an. Sie taumelte gegen die Rückwand des Korbes. Jetzt war sie krebsrot im Gesicht. „Ich — oh — haben Sie doch Erbarmen!

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