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Krach im Ferienlager
Krach im Ferienlager
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Ebook180 pages2 hours

Krach im Ferienlager

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About this ebook

Im Ferienlager treffen 60 Jungen und Mädchen aufeinander. Alle vereint der Wunsch, es ihren Eltern zu beweisen, dass sie alles ganz alleine können. Fast die wichtigste Aufgabe ist es, miteinander gut auszukommen. Zunächst sieht es gar nicht danach aus. Vor lauter Zankerei kommt kein Kind mehr zum Spielen. Dies ändert sich erst, als Helmut eine Idee hat: Machen wir es doch wie die Großen, schlägt er seinen Freunden vor, leben wir eine Demokratie zusammen! Diese Idee begeistert alle. Es gibt Wahlen mit verschiedenen Parteien und so wird ein Parlament gegründet, in dem sogar eine Koalition geschlossen wird. Dort wird über alles diskutiert und debattiert und zum Schluss abgestimmt. Es läuft alles wie am Schnürchen und die Ferien werden ein tolles Erlebnis mit vielen aufregenden Abenteuern.-
LanguageDeutsch
PublisherSAGA Egmont
Release dateApr 20, 2017
ISBN9788711719435
Krach im Ferienlager

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    Book preview

    Krach im Ferienlager - Marie Louise Fischer

    www.egmont.com

    Revolution

    Es begann an einem Tag, der genauso sonnig, so strahlend und so heiter war wie jeder andere, seit die Kinder – fünfundvierzig Jungen und fünfzehn Mädchen – ihr Zeltlager am Rande des Waldes aufgebaut und bezogen hatten. Niemand von ihnen ahnte, daß ausgerechnet an diesem ganz gewöhnlichen Dienstag in den großen Ferien – es war der 9. August – irgend etwas Bedeutungsvolles geschehen würde, obwohl nachher natürlich alle sagten, daß es einfach passieren mußte.

    Es war gegen elf Uhr vormittags. Das Lagerleben rollte wie an allen Tagen, seit Hans Helbig die Führung an sich gerissen hatte, reibungslos ab. Das Frühstück war längst vorbei, die Zelte aufgeräumt und kontrolliert, jeder war mit irgendeiner ihm aufgetragenen Arbeit beschäftigt. Die Jungen, die von Hans dazu abgeordnet worden waren, sammelten zwischen den Tannen Reisig für das Feuer, andere schleppten auf einem Leiterwagen Lebensmittel aus dem Dorf herbei, im Bach wurde Wasser für die Suppe geschöpft, der Lagerplatz nach Abfällen und Papierschnitzeln durchforscht, die vergraben oder verbrannt werden sollten, Zeltschnüre wurden angezogen und gelockerte Häringe neu befestigt.

    Die Mädchen saßen in Gruppen vor ihren Zelten und schälten die Kartoffeln für das Mittagessen, und während die Messer von geschickten und unbeholfenen Händen rundum geführt wurden und eine nackte Kartoffel nach der anderen in die Töpfe plumpste, standen auch die Münder keinen Augenblick still. Eifrig, aber halblaut, fast gedämpft wurde die Unterhaltung geführt, als müßte man sich vor unbefugten Lauschern hüten, und sonderbarerweise beteiligte sich die dünne, langbeinige Hertha mit dem brennend roten Schopf, die sonst gerne das große Wort führte, heute morgen überhaupt nicht an dem Gespräch; sie war ganz mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, und ihre Augen glitten immer wieder von der Arbeit fort und streiften über das Lager.

    Hertha bewohnte zusammen mit der molligen, gutmütigen Anja, der wibbeligen blonden Hilde, der blassen schüchternen Resi und der kleinen Carola, genannt Rölchen, das Zelt am äußersten linken Flügel des Lagers. Von hier aus hatte man einen herrlichen Blick. Die Fünferzelte – zwölf an der Zahl – leuchteten weiß und rot und grau und grün gegen den dunklen Tannenwald, der das Lager nach Norden abschirmte. Die bunten Wimpel flatterten im lauen Wind, und drunten im Tal schimmerte lockend der klare See. Hübsch ordentlich standen die Zelte da, in gleichmäßigem Abstand bildeten sie einen leichten Bogen auf der Höhe des Hügels.

    Alles in allem war es ein Bild fröhlichen Ferienfriedens, das sich Hertha bot; nur etwas wirkte bedrohlich – die merkwürdige Ruhe, die über dem ganzen Lager herrschte. Man hätte meinen sollen, daß sechzig Jungen und Mädchen die Luft mit Lärm und Geschrei, Lachen, Singen und Pfeifen erfüllt hätten, tatsächlich aber war fast nichts zu hören außer leisem Stimmengemurmel, einem kurzen Befehl hie und da oder einem unterdrückten Fluch.

    Hans Helbig saß vor seinem Hauptquartier, dem mittelsten der fünfzehn Zelte, und besprach sich mit Liebknecht Müller, dem Lagerkoch, während er unentwegt an einem kräftigen Holzstab herumschnitzte – er konnte seine Hände nie unbeschäftigt lassen. Das Gespräch, das sich wahrscheinlich um den Speisezettel drehte, wurde immer wieder von einem von Hansens Trabanten unterbrochen, von Klaus oder Karl, den beiden K’s, wie sie im Lager genannt wurden, von Günther Furnickel oder Eberhard Brecht. Die Jungen erstatteten Hans Meldungen über ausgeführte Anordnungen oder beobachtete Mißstände und wurden stets gleich wieder mit neuen Befehlen losgeschickt.

    Jetzt kam Theo Hoehmann an Hansens Zelt vorbeimarschiert, den Kopf, um den er einen recht übertriebenen Verband gewickelt hatte, hoch erhoben und mit einem Gesicht, als wenn Hans und seine Trabanten Luft für ihn wären. Auch Hans seinerseits schaute nicht auf, sondern beschäftigte sich nur noch intensiver mit seiner Schnitzerei. Theo Hoehmann war ein drahtiger kleiner Bursche mit hellem Schopf und lustigen Sommersprossen auf der Nase, der erklärte Gegner von Hans und seiner Lagerleitung. Er stand bei den anderen im Ruf, ein ziemlicher Angeber zu sein, obwohl niemand an seinem persönlichen Mut zweifeln konnte.

    Während Hertha dies alles beobachtete und sich überlegte, was wohl Theos mächtiger Verband zu bedeuten hatte, lauschte sie gleichzeitig mit halbem Ohr auf die Unterhaltung der anderen.

    Man sprach, wie schon allzuoft, über die plötzliche Erkrankung von Dr. Kirst, dem Lehrer der Jungen, der das Lager in allen Einzelheiten geplant und vorbereitet hatte, und von Fräulein Widemann, der Turnlehrerin, die sich am Tage vor der Abreise unglücklicherweise den Fuß gebrochen hatte. Wie immer wurde heftig darüber diskutiert, ob es richtig gewesen war, diese Tatsache den Eltern zu verschweigen und auf eigene Faust loszufahren, oder ob man doch besser und vernünftiger zu Hause geblieben wäre.

    Die erste Zeit im Lager war schlimm gewesen, schlimmer als selbst die Ängstlichsten unter ihnen befürchtet hatten; jeder hatte geglaubt, nun seien die Tage der goldenen Freiheit fern von Eltern und Erziehern angebrochen, jeder hatte getan und gelassen, was ihm eben einfiel, tagsüber hatte es Zank, Streit und Unordnung und nachts Lärm und Unruhe gegeben.

    Gott sei Dank, dies war nun vorbei, seit Hans Helbig mit starker Hand die Geschicke und die Leitung des Lagers an sich gerissen hatte – aber war dieser Zustand nun wirklich besser? War er wirklich gut? Das konnte keines der Mädchen aus ehrlichem Herzen behaupten.

    »Wenn bloß dieser schreckliche Hans und seine Flegel sich ein bißchen besser aufführen würden!« seufzte Hilde und stach ihrer Kartoffel ein Auge aus.

    »Es ist einfach ekelhaft«, stimmte ihr selbst die gutmütige Anja zu, »ewig rumkommandiert zu werden und das alles!«

    »Was ist eigentlich mit Theo los?« mischte sich Hertha plötzlich in das Gespräch. »Er trägt einen dicken Verband um den Kopf.«

    »Ja, hast du denn den Krach heute nacht nicht gehört?« piepste Rölchen erstaunt.

    »Keinen Ton. Ich hab’ geschlafen!«

    »Bei so einem Lärm kannst du schlafen?« wunderte sich Hilde. »Ich war sofort hellwach!«

    »Was war denn los? Nun sagt doch schon!« drängte Hertha ungeduldig.

    »Ich kann’s dir sagen«, piepste Rölchen eifrig, »ich hab’ vorhin gehört, wie die Jungens darüber geredet haben!«

    »In Theos Zelt haben sie gestern nacht Karten gespielt«, erzählte Hilde, »noch nach elf Uhr … und da hat Hans die beiden K’s losgeschickt, und die haben Theo und die anderen furchtbar verprügelt! Das war der Krach!«

    »Ist Kartenspielen denn verboten?« wunderte sich Resi.

    »Keine Ahnung! Jedenfalls, ab neun muß geschlafen werden … das solltest du doch wissen!«

    »Aber deshalb die anderen gleich verprügeln!«

    »Das sind eben die Methoden von Hans … macht was dran!« erklärte Anja achselzuckend.

    »Was mich am meisten ärgert … daß Hans immer dabeisteht, wenn wir ein Paket von zu Hause kriegen!« empörte sich Hilde. »Daß wir es vor seinen Augen aufmachen müssen … eine Affenschande ist das!«

    »Ja, das ist wirklich ’ne Gemeinheit«, piepste Rölchen, »und dann nehmen sie uns alles Eßbare raus!«

    »Gestern habe ich ein Paket von meiner Tante bekommen, da war Schokolade drin und was nicht alles … und was meint ihr, was ich davon behalten durfte? Nicht so viel!« Hilde schnippte wütend mit den Fingern.

    »Hans ißt die Sachen ja nicht selber, er will sie doch nur gleichmäßig an alle verteilen«, erklärte Anja, »und damit hat er eigentlich recht, muß ich sagen. Stellt euch vor, wie das wäre, wenn einer den ganzen Tag Äpfel und Schokolade und Bonbons knabbern würde, und wir anderen könnten zuschauen!«

    »Aber er darf das gar nicht!« protestierte Hilde. »Nicht ohne unsere Zustimmung! Wer hat ihm das überhaupt erlaubt?«

    »Frag ihn das mal!« Anja grinste.

    Aber Hilde war in Fahrt und ließ sich nicht so schnell bremsen. »Und dann das ekelhafte Kartoffelschälen«, schimpfte sie, »jeder Vormittag ist uns dadurch verkorkst!«

    »Wenn jeder jeden Tag seine Kartoffeln schälen würde, dann wäre dies alles in einer Viertelstunde erledigt«, stimmte Resi ihr zu, und ihre blassen Wangen röteten sich, »und statt dessen …«

    »Pst!« mahnte Anja, »da kommt wer!«

    Hertha hatte schon seit einiger Zeit beobachtet, daß Günther Furnickel von einer Gruppe der kartoffelschälenden Mädchen zur anderen gegangen war und jetzt zu ihnen kam. Die Freundinnen sahen rasch auf, um sich sogleich mit verdoppeltem Eifer über ihre Arbeit zu machen.

    »Hallo!« sagte Günther, aber niemand antwortete ihm.

    Etwas verlegen trat er von dem einen Fuß auf den anderen, dann gab er sich einen Ruck und sagte beiläufig:

    »Wollte nur mal sehen, wie weit ihr seid!«

    Anja hob den Kopf und lächelte ihn freundlich an. »Ach … du willst uns wohl helfen?«

    »Nein«, antwortete Günther noch verlegener, »ich … ich wollte nur … eben schaun!«

    »Macht Spaß zuzugucken, wenn andere arbeiten, nicht wahr?« fragte Anja sehr süß.

    »Hans hat mich geschickt!« erwiderte Günther patzig.

    »Ach ja, der liebe Hans … wenn wir den nicht hätten!« sagte Hertha angriffslustig. »Wenn Hans was sagt, dann muß es natürlich geschehen!«

    »Sicher!« entgegnete Günther wütend. »Er ist ja schließlich der Lagerleiter!«

    »Hast ganz recht, Günther, sei immer hübsch brav und gehorsam, sonst setzt’s am Ende Prügel vom lieben Hans!«

    »Er ist der Lagerleiter, deshalb gehorche ich ihm! Du glaubst doch nicht im Ernst, ich hätte Angst vor Prügel? Ich? Pah!«

    »Und wer hat ihn dazu gemacht, zum Lagerleiter, wenn ich fragen darf?«

    »Halt den Mund, Hertha … ich sag’s dir im Guten!«

    »Warum? Darf man nicht mal fragen? Oder weißt du etwa keine Antwort drauf?«

    »Ich finde, du hast allen Grund, Hans dankbar zu sein … du und die anderen auch! Wenn Hans nicht wäre …«

    »… brauchten wir am Ende nicht jeden Tag Kartoffeln zu schälen, was?« fiel Hertha ihm ins Wort.

    »Die Kartoffeln müssen geschält werden … das weißt du so gut wie ich!«

    »Aber warum von uns? Warum immer von uns?«

    Günther hatte eine Antwort schon auf den Lippen, aber was er eigentlich sagen wollte, wird nie ein Mensch erfahren, denn er schluckte heftig und erklärte dann: »Ich habe keine Lust, mich mit euch rumzuzanken! Befehl ist Befehl!«

    »Aber ich lasse mir nichts mehr befehlen!« rief Hertha zornig und sprang auf. »Von niemandem, und schon gar nicht von deinem blöden Hans!«

    Günther stand mit offenem Munde und starrte sie an. Herthas Benehmen erschien ihm so ungeheuerlich, daß er einfach keine Worte dazu fand.

    Hertha warf die Kartoffel, die sie noch in der Hand hielt, mit energischem Schwung in den Topf, so daß das Wasser aufspritzte. »Und dies hier war die letzte Kartoffel, die ich geschält habe … die allerletzte, verstanden! Sag das deinem Hans … und einen schönen Gruß von mir!«

    Günther hatte sich wieder gefaßt. Langsam und drohend trat er auf Hertha zu. Er war bei weitem nicht so groß wie die beiden bärenstarken K’s, aber ein sehniger, kräftiger Junge. »Was hast du gesagt?« fragte er, und seine Stimme klang gefährlich.

    »Hertha, das kannst du doch nicht machen!« rief Anja erschrocken.

    »Das ist einfach gemein!« schrie Hilde. »Sollen wir die Kartoffeln jetzt etwa alleine schälen?«

    »Braucht ihr doch gar nicht! Wer zwingt euch denn dazu? Warum laßt ihr euch denn alles von diesen Flegeln gefallen?«

    »Sag das noch mal!« – Günther stand jetzt ganz dicht vor Hertha, die unwillkürlich einen Schritt zurückwich und die Fäuste zur Abwehr ballte.

    »Flegel seid ihr … alle!« wiederholte sie mit zitternder Stimme, rot vor Wut.

    Da hatte Günther auch schon ihr Handgelenk mit schmerzhaftem Griff umfaßt.

    »Au! Laß mich los!« Hertha versuchte sich loszureißen, aber Günthers Griff war eisern.

    Verzweifelt zielte Hertha nach Günthers Schienbein, aber er wich ihr geschickt aus und drehte ihr das Handgelenk auf den Rücken, so daß sie völlig hilflos war.

    »Willst du nun weiter Kartoffeln schälen oder …?« Günthers Stimme war rauh vor Empörung.

    »Nein! Aua! Nein, ich will nicht!«

    »Was ist denn hier los?« – Wie aus dem Boden gestampft tauchten die beiden K’s auf.

    »Hertha weigert sich, Kartoffeln zu schälen«, erstattete Günther Bericht.

    »Du bist wohl wahnsinnig geworden, was?« brüllte Klaus.

    »Lange nicht mehr dein eigenes Geschrei gehört, wie?« trompetete Karl, das andere K.

    »Ich glaube, wir sollten sie zu Hans bringen«, schlug Günther vor.

    »Besser, wir verprügeln sie gleich!« meinte Klaus.

    »Dazu brauchen wir Hans doch nicht!«

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