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Der staatsgefährliche Kuss. Eine Erzählung um Franziska von Hohenheim.
Der staatsgefährliche Kuss. Eine Erzählung um Franziska von Hohenheim.
Der staatsgefährliche Kuss. Eine Erzählung um Franziska von Hohenheim.
Ebook64 pages49 minutes

Der staatsgefährliche Kuss. Eine Erzählung um Franziska von Hohenheim.

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Sie gehörte zu den schillerndsten und beliebtesten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens des 18. Jahrhunderts. Franziska von Hohenheim war 13 Jahre lang die offizielle Mätresse von Herzog Carl Eugen von Württemberg, bevor sie 1785 rechtmäßig zur Ehefrau des Herzogs ernannt werden konnte. Ihr Wirken ist unlängst zur Legende stilisiert und ihr Einfluss auf den verhassten Willkürherrscher Carl Eugen gilt noch heute als unermesslich. In der "Der staatsgefährliche Kuss" setzt Utta Keppler der berühmten Herzogin ein literarisches Denkmal. -
LanguageDeutsch
PublisherSAGA Egmont
Release dateJun 21, 2018
ISBN9788726024654
Der staatsgefährliche Kuss. Eine Erzählung um Franziska von Hohenheim.

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    Der staatsgefährliche Kuss. Eine Erzählung um Franziska von Hohenheim. - Utta Keppler

    www.egmont.com

    Im Saal zittert die Luft. Flimmernde Kerzenflammen zucken vor den hellen Wänden. Aber von den glatten Flächen ist nicht mehr viel sichtbar, die Girlanden aus farbigem Stuck, die goldbordierten Schnörkel, die zartblauen Schatten in den Ecken — das gibt eine Atmosphäre von unstetem Flackern und Flirren: Rosa und mattes Gelb, Lila, Meergrün und Gold schimmern wie das Herz einer Perlmuschel.

    An den Hufeisentafeln, die von Damast und Silber glänzen, neigen sich die Fächer, als regten viele Schmetterlinge ihre Flügel; aus dem Hintergrund tönt leise Musik, hebt sich lauter über das Stimmengewirr und ebbt wieder ab.

    Im Bogen des größten Hufeisens sitzt die Herzogin Franziska. Ihr schwerfallendes weißes Rüschenkleid bauscht sich um die Hüften wie die Blätter einer aufgefalteten Blüte. Aus der zierlichen Taille steigt kelchartig das Mieder mit den blassen Schultern und dem schmalen Hals. Ihr Gesicht ist gerötet, sie lächelt warm und fraulich. Auf dem leicht gepuderten Haar trägt sie ein feines Spitzengeriesel, an den Ohren Rubintropfen. Karl Eugen sitzt schwerfällig neben ihr, seine Adlernase ist blank, die Stirn mit glitzernden Tropfen bedeckt. Er hält seinen Pokal vors Licht, sieht hindurch, kneift die Augen zu und winkt einem Diener. Das Glas wird gefüllt, die Gäste drehen sich aufmerksam dem Herzog zu. Franziska hebt erwartungsvoll den Kopf, Karl Eugen nimmt ihre Hand in seine rundliche Rechte, dann steht er unsicher auf, das Podagra setzt ihm zu.

    »Liebwerte teure Geladene!« sagt er, »Exzellenzen und Herren, verehrte Damen, ersparet mir gütig die mehreren Anreden for diesmal! Wir haben zur Hoftafel geladen, da Wir mit heutigem Tage, dem zehnten Januar siebzehnhundertsiebenundachtzig, die Freude haben, den Geburtstag Ihrer Hochfürstlichen Durchlaucht, der Frau Herzogin, zu feiern. Wir wollen die festliche Stunde nicht vorübergehen lassen, ohne laut zu machen, wie glücklich Wir sind an der Seite Unserer lieben und getreuen Frau, Unseres guten Engels und besseren Ichs! Somit trinken Wir auf dieses Unser Glück und bitten die Gäste, mit Uns einzustimmen in Unseren großen Dank!«

    Er verbeugt sich gegen Franziska.

    »Auf dich, Franzele!« sagt er leiser und trinkt.

    Die Herzogin wird tiefrot, sie neigt den Kopf und sieht dann mit nassen Augen zu Karl auf. Man erhebt sich und leert die Gläser.


    Das Galadiner wird aufgetragen, Kapaunen und Wild, Pasteten und Konfekt, Weine in Kristallkaraffen. Die Minister und Würdenträger halten ihre angekündigten Reden; der holländische Gast, Exzellenz Pembroek, überreicht Franziska ein Etui mit einem kostbaren Smaragdarmband. Karl beobachtet jeden einzelnen scharf und rückt manchmal ungeduldig an seinem Teller herum; Franziska sitzt wohlig zurückgelehnt; die eigentliche Gratulationscour, die Spiele und Lieder des Landvolks, Armenspeisung und Festpredigt — das alles ist am Vormittag an ihr vorbeigebraust wie ein bedrängender, fast peinigender Schwall, dem sie standhalten mußte. Sie spielt mit ihrem Spitzenumhang und hört kaum zu.

    Karl unterbricht den Kommandanten Seeger, der noch einmal — wie schon morgens — für seine Hohe Karlsschule spricht. »Man hole das Corps de Ballet!« ruft der Herzog.

    Seeger setzt sich mit einer Verneigung.

    Die Köpfe wenden sich jetzt dem Saaleingang zu. Die Musik beginnt, ein Diener öffnet die Türflügel. Da weht eine flüchtige zartgelbe Wolke heran, kreiselnde Röcke, winzige spitze Ballettschuhe, toupierte Puderfrisuren. Die Mädchen sind schlank, alle in den gleichen safranfarbenen Tüll gekleidet, die Wangen rosig geschminkt, die Lippen rot, die Augen dunkel umrandet. Sie wallen in einer einzigen Bewegung zum tiefen Knicks hinunter und wieder empor, dann teilen sich die Reihen, der Tanzmeister, mit Zopf und schwarzem Seidenfrack, hebt den Taktstock und dirigiert aus einer Ecke, selber tänzelnd und schmunzelnd, ein faltiger, aufgeputzter Mann mit bräunlicher Haut. Die Musik schwelt zitternd über dem wogenden Schwarm, Franziska nickt, ein kaum bewußtes Unbehagen streift sie, fragend schaut sie zu Karl hinüber, der kritisch und wach jede Bewegung verfolgt. Die Demoiselles der École sind Kinder aus guten Häusern, es gilt als Auszeichnung, aufgenommen zu werden; daß man die Töchter zu Tänzerinnen dressiert, gehört zu Karls neuen reformerischen Allüren; er hat vorher viel Geld für sein französisches Ballett gebraucht.

    Unter den Mädchen, die vor schüchternem Eifer glühen, fällt der Herzogin eine blasse Dunkle auf, die ihre Augen fast immer gesenkt hält. Das hochgepuffte Haar sitzt straffer als das der anderen, die starkgebaute Stirn gibt ihr etwas Unweibliches, aber

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