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Ein Licht in der Dunkelheit
Ein Licht in der Dunkelheit
Ein Licht in der Dunkelheit
Ebook98 pages1 hour

Ein Licht in der Dunkelheit

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About this ebook

Agnes wächst zusammen mit ihrem großen Bruder bei ihrem Vater auf. Sie erinnert sich kaum an ihre Mutter, die gestorben ist, als sie noch ganz klein war, vermisst sie jedoch trotzdem. Ihr Vater und ihr Bruder Martin wollen nicht über sie reden, obwohl Agnes genau weiß, dass die beiden sie auch vermissen. Wer erneuert immer wieder das Grablicht auf Mutters Grab? Als Agnes beginnt, Fragen zu stellen, erlischt das Licht. Biografische Anmerkung Bo R. Holmberg wurde am 5. Februar 1945 in Schweden geboren. Er studierte Literaturwissenschaft, Skandinavistik und Anglistik und arbeitete viele Jahre als Lehrer. Seit seinem Debut als Schriftsteller hat er insgesamt 30 Bücher herausgegeben, die meisten davon Kinderbücher. Alle Bücher spielen in seinem Heimatland Schweden. Holmberg wurde mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnet, darunter der Astrid-Lindgren-Preis im Jahr 1998 und der Kulla-Gulla-Preis im Jahr 2003.
LanguageDeutsch
PublisherSAGA Egmont
Release dateAug 21, 2015
ISBN9788711461488
Ein Licht in der Dunkelheit

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    Ein Licht in der Dunkelheit - Bo R. Holmberg

    Saga

    Agnes und Martin

    Ich will nicht, schrie sie. „Ich will nicht! Martin hielt sie am Arm fest und zog und zerrte sie zu ihrem Zimmer.

    Agnes stemmte sich dagegen, sosehr sie konnte, sie hängte sich an seinen Arm, trat nach ihm, machte sich schwer wie ein Stein, aber Martin war stärker.

    „Ich will noch nicht schlafen!, schrie sie. „Ich will mit dir aufbleiben.

    Martin blieb bei dem roten Sessel in der Diele stehen, in dem sie so gern saß. Aber nicht jetzt. Jetzt wollte sie auf dem Sofa neben ihm sitzen, mit Popcorn und Cola und es sich gut gehen lassen.

    Er warf sie in den Sessel, als ob sie eine kleine Puppe wäre. Als ob sie nicht größer als Gullan wäre.

    „Du gehst jetzt schlafen, sagte er. „Es ist schon spät. Du bist schon eine Stunde länger auf als sonst. Ich will mir ein Video ansehen. Und du musst schlafen.

    „Ich will auch einen Videofilm gucken!, heulte Agnes. „Der ist für Kinder verboten, sagte ihr Bruder.

    Er keuchte ein bisschen von der Anstrengung, strich sich übers Haar und kratzte sich dann am Hals.

    „Der Film ist so schrecklich, sagte er. „Wenn du den siehst, kannst du zwei Monate lang nicht schlafen.

    „Ich will aber bei dir sein!", schrie sie.

    Sie trug ein Nachthemd mit kleinen blauen Glockenblumen. Sie versuchte ihre Füße zu bedecken und machte ihr bockiges Gesicht. Es sah so verkniffen aus, als ob es von einer riesigen Hand zusammengepresst würde. Sie schielte zu ihrem Bruder hinauf.

    „Marsch ins Bett", sagte Martin.

    „Ich will den Film zusammen mit dir sehen, bettelte sie. „Bitte!

    Sie guckte wieder lieb und legte den Kopf schief. Sie zog ein bisschen am Nachthemd, um ihre Füße zu wärmen.

    „Gib’s auf, sagte Martin. „Du sollst schlafen. Der Film ist total verboten für Kinder. Er handelt von einem Serienmörder.

    „Eine Serie, sagte sie. „Die kann ich doch sehen.

    „Ein Massenmörder, sagte Martin. „Keine Serie. Gehst du jetzt freiwillig oder soll ich dich tragen?

    „Du bist der blödeste Bruder, den es gibt!", schrie Agnes und drückte sich in den Sessel.

    „Na gut, sagte Martin. „Ich hab dir eine Chance gegeben. Jetzt trag ich dich.

    „Warte mal, sagte Agnes. „Ich muss noch Zähne putzen.

    „Ja, tu das, sagte Martin. „Aber bitte hopp.

    Agnes streckte die Füße aus dem warmen Nest ihres Nachthemdes und sprang vom Sessel.

    „Ich geb dir fünf Minuten. Wenn du dann nicht im Bett bist, kriegst du Prügel", sagte Martin.

    Es war so hell im Haus, und da war das Wohnzimmer mit den Decken, die nur auf sie und Martin warteten, und da stand die blaue Schüssel mit dem Popcorn. Nur die ungepopten waren noch übrig. Aber an denen konnte man eine Weile saugen, und vielleicht bat Martin sie, ihn am Rücken zu kratzen, und dann würde da ein unheimlicher Film laufen. Nicht zu unheimlich, nur gerade so richtig unheimlich.

    „Beeil dich!", schrie Martin.

    Sie putzte ihre Zähne, dass der Schaum nur so spritzte. „Wann kommt Papa?", fragte sie.

    Es war ein gutes Gefühl, mit der Zahnbürste im Mund zu reden.

    „Ich weiß nicht, sagte Martin. „In zwei Minuten sitz ich vorm Fernseher.

    Papa war bei Göran und Britta. Agnes dachte an sie, während sie ihre neuen Zähne besonders sorgfältig putzte.

    Göran war viel größer als Papa und ganz kahl auf dem Kopf, und auf der Stirn hatte er einen roten Streifen von der Mütze, die er fast immer trug. Britta war rund wie ein Ball. Sie hatte große Brüste, die überall anstießen. Einmal hatten ihre riesigen Brüste zwei Weingläser vom Tisch gefegt. Besonders feine Gläser, die Papa geerbt hatte, und er war furchtbar böse geworden und hatte gesagt, dass Britta ihre Brüste entfetten sollte. Nicht zu ihr hatte er das gesagt, erst hinterher, als sie gegangen war.

    Agnes war mit Zähneputzen fertig.

    „Du bist der blödeste große Bruder, den es gibt", sagte sie. Der scheißigste, dachte sie. Ein schreckliches Gefühl, das Wort zu denken. Es war so ein richtig hässliches Wort. Scheißigste. Sie versuchte es auszusprechen. Immer wieder sagte sie es leise vor sich hin.

    Sie fand noch mehr Wörter. Sie suchte und fand sie alle und sagte sie vor sich hin. Alle Flüche, die ihr einfielen. Martin stand in der Tür.

    „Bist du endlich fertig, du kleine Daumenlutscherin, sagte er. „Einen guten Wortschatz hast du übrigens. Soll ich deinem Papa davon erzählen?

    „Dann erzähl ich ihm, dass du schnupfst und Pornos liest", sagte sie.

    Sie ging mit hoch erhobener Nase an ihm vorbei, hinunter in ihr Zimmer, riss den Bettüberwurf ab, schleuderte alle Kuscheltiere auf den Fußboden und kroch ins Bett. Aber der Schlaf wollte nicht kommen. Plötzlich war sie hellwach. Sie stürmte die Treppe hinauf und ins Wohnzimmer. Martin saß vorm Fernseher. Er hatte die Schüssel neu mit Popcorn gefüllt.

    „Entschuldige, heulte Agnes. „Entschuldige, dass ich so dumme Sachen zu dir gesagt habe.

    Martin steckte sich ein Popcorn in den Mund.

    „Schon vergeben, sagte er. „Komm, leg dich hierher. Er klopfte mit der Hand auf den Platz neben sich. Dort lag die rote Decke mit den Fransen, die sie zwischen den Fingern drehen konnte.

    „Krieg ich ein paar Popcorn", flüsterte sie und versuchte zu sehen, was auf der Mattscheibe los war.

    Martin nickte.

    Agnes nahm sich eine Hand

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