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Sing-Sang der Liebe
Sing-Sang der Liebe
Sing-Sang der Liebe
Ebook196 pages1 hour

Sing-Sang der Liebe

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About this ebook

Der Band umfasst über hundert Gedichte und Kurzprosatexte Heymanns, die in die Abschnitte "Ernte", "Zeitgenossen", "So sind die Frauen", "Von Pierrots und Colombinen", "Vorstadt", "Lügen der Zeit", "Tag der Rosen", "O München", "Landsknechtslieder", "galante Zeiten" und "Bayerische Soldatenlieder" unterteilt sind. Das bunte Buch von "Liedern, Ludern und Lastern" zeigt einen anderen Heymann als die meisten seiner Romane: einen empfindsamen, romantischen, zärtlichen, oft heiteren und oder aber auch nachdenklichen Seismographen der Schwingungen seiner Zeit, der menschlichen Befindlichkeiten und der geheimnisvollen Magie der Liebe.-
LanguageDeutsch
PublisherSAGA Egmont
Release dateApr 7, 2016
ISBN9788711503652
Sing-Sang der Liebe

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    Sing-Sang der Liebe - Robert Heymann

    1928

    Ernte

    Gedenken

    Erinnerst du dich noch, wie ich auf dem Stuhle saß

    Und Chateaubriand las?

    Du knietest am Boden und schmiegtest warm

    Dein dunkles Haupt an meinen Arm.

    Und deine Augen waren so weit,

    Als schauten sie über Raum und Zeit.

    Ich lauschte dir,

    Du sprachst zu mir,

    Und über dein Antlitz ergoß sich ein Licht,

    Wie sich’s in Kirchenfenstern bricht:

    „Ich seh ein Engelsköpfchen

    Mit leuchtend blonden Zöpfchen,

    Mit Augen hell und blau

    Wie klarer Morgentau.

    Ich seh es schweben, fliegen,

    In blauen Fernen wiegen —

    Wenn erst die Schwalben zogen,

    Kommt es zu mir geflogen,

    Es pocht an meinem Herzen,

    Drin leuchten sieben Kerzen

    Dem Wunder durch die Pforten,

    Das meinem Leib geworden. — — —"

    Erinnerst du dich, wie ich auf dem Stuhle saß

    Und Chateaubriand las?

    Ich sah dir ins Angesicht,

    Du merktest es nicht.

    Ich fragte mit heimlichem Scherzen:

    „Warum gerade sieben Kerzen?"

    Da fiel ein Reif auf dein dunkles Haar ...

    Du sprachst: „Weil ich schon sieben Jahr’,

    Ja, sieben Jahr’" — — Wir schwiegen uns aus.

    Und unsere Liebe ging durch das Haus,

    Schloß Pforten und Türen und Fenster zu,

    Und stille war’s — — nur ich und du. — — —

    Ich erinnere mich, wie ich auf dem Stuhle saß

    Und Chateaubriand las.

    Das ist gerade sieben Jahr her.

    Du bist nicht mehr ...

    Ein Grab

    Wenn ich mein Werk beendet,

    Still soll mein Ende sein.

    Sucht zwischen zwei Zypressen

    Ein Grab mit grauem Stein.

    Dort schläft seit Tag und Jahren

    Mein Weib in enger Truh.

    Mein Herz ist mitgefahren,

    Nun legt den Leib dazu.

    Schreibt unter ihren Namen

    Den meinen in den Stein:

    Sind beide früh gestorben,

    Konnt keins vom andern sein.

    Mutter!

    Warum hast du mir keine Liebe gegeben?

    Nun gehe ich krank am Leben ....

    Tausend Sehnsüchte brennender Qual

    Trug meines Herzens Goldpokal.

    Mutter! Du hast alles Leid verschuldet,

    Das eine Frau um mich geduldet!

    Meiner Adern Gefäße standen in Glut

    Eine Jugend lang von rauschendem Blut.

    Meine Sünden zogen in lockender Pracht

    Vor meinen Straßen durch Tag und Nacht.

    Meiner nackten Wünsche Chor verbarg

    Die Seele. — Die welkte mir im Mark, —

    Meine Seele ruhte in einem Sarg,

    Den haben mir wüste Gesellen getragen

    Durch lärmenden Kampf in tausend Tagen ....

    Und wenn die Sterne am Himmel standen,

    Und es schliefen meine lärmenden Lusttrabanten,

    Dann hob sie das Haupt vom Totenkissen,

    Zwiesprache haltend mit meinem Gewissen.

    Sah mich mit schmerzenden Augen an:

    Unglückseliger Bettlersmann,

    Der König will sein auf dem Venusthron —

    Wo steuerst du hin, verlorener Sohn?

    Ich konnte die Stimme nicht länger ertragen,

    Ich habe die Seele nächtlich erschlagen,

    Ich habe die heilige Gnade verwirkt,

    Ich habe den heiligen Gott erwürgt ....

    Und ich baute ein Schiff, und ich habe geheuert

    Zehn stumme Mohren, und bin gesteuert

    Seewärts ....

    Einsamkeit hieß mein verlorenes Schiff.

    Leck blieb es liegen auf ödem Riff.

    Meine Seele brannte in weißem Glast

    Als Elmsfeuer auf dem höchsten Mast —

    Mein Schiff ging unter im tiefen Meer,

    Und zog die Sterne hinter sich her ...

    Nun geh’ ich wo durch fremdes Land.

    Unter meinen Füßen knirschen Stein und Sand.

    Und irgendwo ist ein dunkles Ziel,

    Zu dem ich Seelenloser pilgern will,

    Weil ich dort eine Muttergottes hab’:

    Ein Frauengrab.

    „Ihr Leben war Liebe" — steht auf dem Stein.

    Der schließt meine tote Seele ein.

    Dort will ich sterben den ärgsten Tod,

    Dort will ich leiden die schlimmste Not,

    Auf daß die Barmherzigkeit Gottes mir gibt

    Die Seele zurück, die mich geliebt ...

    Mutter! Warum hast du mir nicht Liebe gegeben?

    Einst

    Wenn einst, in langer Zeit,

    Liebe und Jugend weit, —

    Das Schiff, das Glück sich genannt,

    Gescheitert fernab vom Strand, —

    Und alle Sterne, die uns dort oben

    Geglänzt, erkaltet sind und zerstoben, —

    Und nichts blieb als das Leid:

    Sehnen und Einsamkeit ...

    Dann, so denke ich mir:

    Irgendwo eine Tür,

    Ginsterumrankt, mir nur bekannt,

    Öffnet sich meiner Hand ...

    Vor mir in Abendglut

    Schlummernd ein Garten ruht,

    Brunnen rauschen leise

    Eine vergessene Weise.

    Meine Füße gleiten bang

    Silberne Wege entlang,

    Meine Hände streichen von fern

    Einen samtenen Blütenstern ....

    Und es nahen Gestalten sacht

    Durch die weiße, atmende Nacht,

    Schweben leise und klingen dahin

    Alle um eine Königin.

    Und ein rätselhafter Mann

    Trägt ihr süßestes Lächeln voran,

    Trägt einen schimmernden Spiegel vor sich,

    Und ich seh’ und erkenne mich.

    Und ein silberverzierter Lakai

    Trägt ihrer Stimme Melodei,

    Eine Hirschkuh geht neben ihr

    Mit ihrer Schönheit himmlischer Zier ...

    Und es neiget sich alle Pracht

    Prangender Bäume in dieser Nacht,

    Und es neigt sich ein bebender Stier

    Bis in den flüsternden Sand vor ihr,

    Heilig trunken, stark und jung:

    Evoe! Erinnerung .......

    Heimatlos

    Ich gehe über die Erde,

    Und ich habe kein Heim.

    Und wenn ich morgen sterbe,

    Dann scharrt man mich ein ....

    Hab’ doch für dich gestritten,

    Dieweil ich um dich warb.

    Weißt nicht, was ich gelitten,

    Bis daß ich um dich starb.

    Gib mir ein Kreuz aus Eisen,

    Schließ mir die Augen zu,

    Und laß mich einsam reisen

    Zur ewigen Ruh ...

    Die Heimat, die ich habe,

    Ist eng und schlicht.

    Drei Blumen auf dem Grabe

    Sind all mein Licht.

    O laß sie nicht verderben,

    Ich litt darum so sehr.

    Im Leben und im Sterben —

    Ich hatt’ nicht mehr:

    Treu Glauben, ehrlich Hassen

    Hieß mein Panier.

    Mußt’ Treu und Glauben lassen

    Aus Lieb’ zu dir.

    Als König bin ich gefahren

    In Jugend stark und froh.

    Und einen müden Narren

    Begräbt man so ...

    Du stehst vor Totenkerzen

    Und siehst kein Licht.

    Gabst einem heißen Herzen

    Die Heimat nicht!

    Verflucht, verdammt zu werden,

    Kein Leid ist also groß,

    Als fahren unter die Erden —

    Heimatlos!

    Verloren

    Und ist mein Leben verloren,

    Verrauscht schon vor der Zeit?

    Mein Name, in Blut gegoren,

    Vergessenheit geweiht?

    Umsonst das wilde Ringen

    Wohl mit der Dummheit Chor?

    Und sind denn meine Klingen

    Nicht scharf wie je zuvor?

    Brennt mir die Todeswunde

    Schon zwischen Stahl und Wehr?

    Ihr goldbetreßten Hunde,

    Steckt ein! Mir bleibt die Ehr!

    Die Ehr, wie ich geschlagen

    Mich stets für meine Sach’!

    Ich hab’ kein Spott getragen,

    Gab keine Spanne nach!

    Der Krämer, der satte, feiste,

    Trug Hohn meiner trotzigen Art.

    Als Ritter vom heiligen Geiste

    Geh ich auf letzte Fahrt.

    Man wird mein Schwert noch preisen,

    Es lebt, was ich getan,

    Und meine Worte kreisen,

    Trutz Euch, die Sonnenbahn!

    Don Juan

    Don Juan! Wißt Ihr denn, wer er ist?

    Warum er die tausendste Frau geküßt?

    Warum jedes Dorf und jede Stadt

    Seine Witwen und seine Bastarde hat?

    Weil er, zur Sehnsucht ewig verdammt,

    Gottsuchender Büßer, ewig entflammt,

    Jagt mit der Inbrunst heiligem Licht

    Nach der Madonna und findet sie nicht.

    Mit neunhundertneunundneunzig Frauen

    Ließ sich der Unermüdliche trauen,

    Und bleibt als Reinster geschmäht und verflucht,

    Und sündigt im Glauben und sucht und sucht —

    Sie trugen die Kronen der Königinnen,

    Doch unter dem Purpur der Mägde Linnen,

    Verklagten den Sünder mit Weh und Gekreisch —

    Denn unter dem Linnen war Fleisch. Nur Fleisch!

    Ave Maria

    Es sinkt die Nacht mit dunkler Last

    In ihren Sarkophag.

    Schon webt ein neuer, junger Tag

    Die Himmelsdecke aus Damast

    In gold’nem Glanz und Glast ...

    Ave Maria!

    Die Berge schweben silbern grau

    Hinein ins Äthermeer.

    Es steht am Wege heilig hehr

    Ein Kreuz mit unsrer lieben Frau,

    Bekränzt mit Himmelsblau ...

    Ave Maria!

    Du liebe Mutter, Frau Marie,

    Laß spielen dir ein Lied.

    Durch meine kranke Seele zieht

    Es Abends und des Tages früh:

    Gegrüßt sei’st du, Marie!

    Ave Maria!

    Du Reine bist gebenedeit,

    Du liebe Jungfrau, du —

    Mein Herze hat nicht Rast noch Ruh,

    Denn unter meinem Narrenkleid,

    Da pocht das Leid:

    Ave Maria!

    Mach meine arme Seele rein,

    Mein Sündigen war groß.

    Ich hab’ gelästert deinen Schoß, —

    Nun trag ich Reu und harte Pein, —

    Und soll ich nimmer selig sein?

    Ave Maria!

    Doch wenn mir

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