Toni der Hüttenwirt Extra 26 – Heimatroman: Unruhe in Waldkogel
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Pia und Cleo saßen am Bergsee und steckten die Köpfe zusammen. Sie lasen die Adressenlisten der einzelnen Jahrgänge. "Es ist enttäuschend, dass sich so gar nichts getan hat", sagte Cleo. Wut lag in ihrer Stimme. "Es ist aber so", bemerkte ihre beste Freundin. "Ich habe auch erwartet, dass irgendetwas geschehen würde. Schließlich ist ein Schreiben, in dem die Besorgnis um den guten Ruf der Schule zum Ausdruck kommt, kein Pappenstiel. Aber alle Lehrkräfte waren ruhig und gelassen. Entweder war unser Hinweis auf die Schwangerschaft einer Schülerin und ihre Liebesbeziehung zu einem Mitschüler in falsche Hände geraten oder im Briefkasten war Reklame, die in die Papiertonne geworfen wurde, und unser Brief war dazwischen gerutscht. Es ist auch möglich, Oberin Justina hat unsere Zeilen gelesen und denkt, es sei ein Scherz. Oder sie ist so abgebrüht, dass sie sich nichts anmerken lässt und mit keinem darüber gesprochen hat." "Auf jeden Fall wurde der alte Briefkasten zugeschraubt", sagte Cleo. "Deshalb nehme ich an, dass sie unseren Brief erhalten hat." Die beiden Freundinnen seufzten. "Und Jenny und Tim tun so verliebt, einfach widerlich! Sie scheuen sich nicht, in aller Öffentlichkeit zu knutschen." "Richtiges Knutschen ist das nicht"
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Toni der Hüttenwirt Extra 26 – Heimatroman - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt Extra
– 26 –
Unruhe in Waldkogel
Pia und Cello treiben es auf die Spitze
Friederike von Buchner
Pia und Cleo saßen am Bergsee und steckten die Köpfe zusammen. Sie lasen die Adressenlisten der einzelnen Jahrgänge.
»Es ist enttäuschend, dass sich so gar nichts getan hat«, sagte Cleo.
Wut lag in ihrer Stimme.
»Es ist aber so«, bemerkte ihre beste Freundin. »Ich habe auch erwartet, dass irgendetwas geschehen würde. Schließlich ist ein Schreiben, in dem die Besorgnis um den guten Ruf der Schule zum Ausdruck kommt, kein Pappenstiel. Aber alle Lehrkräfte waren ruhig und gelassen. Entweder war unser Hinweis auf die Schwangerschaft einer Schülerin und ihre Liebesbeziehung zu einem Mitschüler in falsche Hände geraten oder im Briefkasten war Reklame, die in die Papiertonne geworfen wurde, und unser Brief war dazwischen gerutscht. Es ist auch möglich, Oberin Justina hat unsere Zeilen gelesen und denkt, es sei ein Scherz. Oder sie ist so abgebrüht, dass sie sich nichts anmerken lässt und mit keinem darüber gesprochen hat.«
»Auf jeden Fall wurde der alte Briefkasten zugeschraubt«, sagte Cleo. »Deshalb nehme ich an, dass sie unseren Brief erhalten hat.«
Die beiden Freundinnen seufzten.
»Und Jenny und Tim tun so verliebt, einfach widerlich! Sie scheuen sich nicht, in aller Öffentlichkeit zu knutschen.«
»Richtiges Knutschen ist das nicht«, urteilte Cleo. »Dazu kleben ihre Lippen nicht lange genug aneinander. Ein richtiger Knutschkuss dauert viel länger, mindestens eine Minute oder so. Aber sie küssen sich. Ich habe es gesehen, du hast es gesehen. Die beiden kommen mit den Fahrrädern an und stellen sie ab. Dann geht es Hand in Hand ins Schulgebäude. Und bevor sie sich im Treppenhaus trennen, um in ihre Klassenzimmer zu gehen, gibt es schnell noch ein Küsschen. Nach dem Unterricht treffen sie sich auf dem Abstellplatz der Fahrräder und dann gibt es Begrüßungsküsschen.«
»Du hast die große Pause vergessen. Wenn sie denken, die Pausenaufsicht sieht sie nicht, tauschen sie schon auch mal schnell ein Bussi«, ergänzte Pia.
»Okay, sie können Bussis tauschen, solange sie wollen, aber damit wird bald Schluss sein. Irgendwann wird Jenny ihren Zustand nicht mehr mit weiten Blusen und T-Shirts verbergen können.«
»Genau, irgendwann ist Schluss damit. Okay, es kommt der Herbst und dann der Winter. Dicke Pullover und Strickjacken verhüllen viel. Vielleicht spekuliert Jenny, dass es lange nicht auffallen wird. Aber du und ich, wir wissen, welches Stündlein geschlagen hat.«
»Das Liebesstündlein«, kicherten die beiden gleichzeitig.
Pia holte einen Stift aus ihrem Schulmäppchen. »So, jetzt mal ernsthaft. Wer bekommt zuerst Post?«, fragte sie. »Vor diese Namen schreibe ich ›A‹. Darunter fallen alle Promi-Eltern der Abiturklasse.«
»Dann können wir gleich hier in Waldkogel anfangen«, grinste Cleo.
»Genau, Tassilo Graf von Teufen-Thurman bekommt als erster Nachricht.«
»Cleo, Tassilo ist nicht Tims Vater, sondern sein Großvater«, sagte Pia.
»Klar ist er sein Großvater. Das weiß ich auch. Ich bin doch nicht blöd. Aber Graf Tassilo hat das Sagen. Außerdem ist er der Vorsitzende des Förderbeirates der Schule. Dazu kommt, dass er dem Kloster und der Schule viel Geld spendet. Ich gehe jede Wette ein, dass er sofort bei der Oberin aufkreuzt, wenn er unsere Post bekommt.«
Die beiden Schülerinnen grinsten.
»Okay, dann fangen wir mit ihm an. Sagen wir, er ist unsere Testperson.«
»Das ist eine blendende Idee. Vielleicht beschränken wir uns überhaupt erst einmal auf die Eltern in Waldkogel?«
»Warum?«, fragte Pia.
»Weil wir damit wohl am meisten Erfolg haben werden, denke ich.«
Pia überlegte. »Mmm, das ist eine gute Idee. Wenn sich dann wieder nichts tut, sind die Eltern aus der näheren Umgebung dran, aus Kirchwalden«, erklärte Cleo.
»Genau! Danach können wir immer noch die aus München anschreiben«, sagte Pia.
Sie widmete sich wieder der Liste und markierte die Namen. Neben die Anschriften in Waldkogel schrieb sie ein ›A‹, die Adressen aus Kirchwalden bekamen ein ›B‹, diejenigen aus München ein ›C‹ und vor die restlichen Namen ein ›D‹.
»Cleo, ich glaube, es ist keine so brillante Idee, die Briefe beim Austragen der Prospekte mit in die Briefkästen zu werfen. Wir könnten dabei ertappt werden.«
»Das stimmt, ganz wohl ist mir auch nicht dabei, Pia.«
Die beiden Freundinnen schauten sich an und überlegten.
Pia holte einen Müsliriegel aus der Tasche und zerbrach ihn in zwei Hälften. Sie aßen.
»Also, wenn ich es mir genau überlege, dann sind es nicht so viele Briefe, wenn wir mit der Abiturklasse beginnen. Da sind gar nicht so viele Mitschüler aus Waldkogel. Fangen wir damit an! Wir schicken die Schreiben per Post.«
Cleo zählte die Anschriften durch. »Stimmt«, sagte sie. »Wenn wir uns das Porto teilen und beide auf unseren wöchentlichen Eisbecher im Café Jakob verzichten, dann ist es machbar. Außerdem ist es der Gesundheit förderlich, wenn wir auf ein paar Kalorien verzichten.«
»Cleo, so machen wir es.« Pia stand auf. Sie schulterte ihren kleinen Rucksack. »Komm, lass uns gleich loslegen!«, sagte sie.
»Schmarrn! Setz dich wieder hin «, erwiderte Cleo. »Wir entwerfen den Text jetzt. Hier sind wir ungestörter. In den PC ist er dann schnell eingegeben.«
Sie holte einen Schreibblock heraus und begann sofort zu schreiben.
Es dauerte eine ganze Weile, bis sie den Text formuliert hatten und damit zufrieden waren.
Pia schaute auf die Uhr. »Okay, jetzt aber los. Es wird knapp werden, wenn wir heute noch zur Post nach Kirchwalden wollen.«
Cleo warf einen Blick auf ihr Handy, das die Uhrzeit anzeigte. »Das schaffen wir locker. Wir geben den Text ein und drucken die Schreiben aus. In Kirchwalden kaufen wir Briefschläge und tun sie rein. Adresse drauf, Briefmarke drauf und ab geht’s.«
»Mmm, man könnte unsere Handschrift erkennen«, gab Pia zu bedenken.
Cleo überlegte kurz. »Okay, dann trennen wir uns. Ich fahre heim und kümmere mich um die Schreiben. Du fährst zu euch und druckst in der Zeit die Adressaufkleber aus.«
»Super! Mei, wir sind wirklich gutes Team, Cleo.«
»Klar, das waren wir schon immer. Und ich bin so wütend. Ich will nicht auf eine Schule gehen, von der man sagt, dort werde freie Liebe mit Folgen geduldet. Es ist ein Skandal!«
»Nimmer lange, Pia. Ich bin sicher, bald wird wieder Zucht und Ordnung herrschen.«
Sie packten zusammen, nahmen ihre Rucksäcke, stiegen auf ihre Fahrräder und radelten los.
Zwei Stunden später trafen sie sich wieder. Sie wählten den Weg durch die Felder und den Wald. Unterwegs kamen den beiden Mädchen auf ihren Fahrrädern einige landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge entgegen. Pia und Cleo grüßen freundlich.
Die kurze Strecke nach Kirchwalden bewältigten sie zügig. Dort kauften sie sich Briefumschläge und Briefmarken. Den Rest ihres wöchentlichen Taschengelds warfen sie zusammen. Sie suchten sich ein stilles Plätzchen in einem Biergarten und schritten zur Tat.
Als sie eine Stunde später die Briefe in einem ruhigen Wohnviertel in einen Briefkasten warfen, waren sie sich sicher, dass diese Briefe nicht ohne Folgen bleiben würden.
*
Tassilo hatte ein Postfach auf der Post in Kirchwalden. Er wusste, seine Sendungen wurden um sechs Uhr am Morgen einsortiert. Seit Jahren holte er die Briefe kurz nach sechs Uhr ab.
Bis er zurückkam, hatte die alte Zenzi Kaffee für sie beide gemacht. Es war ihr gemeinsames Ritual am Morgen. Zenzi war als junge Frau aufs Schloss gekommen, als Tassilo geboren wurde. Sie kümmerte sich um den kleinen Buben und zog ihn groß. Sie schenkte ihm all ihre Liebe. Später stieg sie in der Hierarchie nach oben. Heute war sie der gute Geist, der hinter allem stand, was im Schloss geschah.
Tassilo und Zenzi verband eine innige Zuneigung. Außenstehende verwunderte das oft. Aber sie kannten nicht die Lebensgeschichte der beiden, die so eng verwoben war.
Wenn Tassilos Frau Ottilie, sein Adoptivsohn Thomas mit seiner Frau Julia und dem Enkel zum Frühstück kamen, hatten Tassilo und Zenzi