Toni der Hüttenwirt Extra 29 – Heimatroman: Liebe ist nicht kompliziert!
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Auf dem Rückweg nach Waldkogel verließ Nora der Mut. Ihre Wut gegenüber Sabine war einer tiefen Enttäuschung gewichen. Sie parkte auf dem Marktplatz und blieb hinter dem Steuer sitzen. Tränen traten ihr in die Augen. Sie wischte sie mit dem Handrücken ab. Dann kramte sie aus der Handtasche ihr Handy hervor. Bastian, ihr Bräutigam, hatte mehrmals versucht, sie zu erreichen. "Endlich, Nora! Wo bist du?", begrüßte er sie. "In Waldkogel." "Oh, du bist bei Sabine. Sag ihr Grüße von mir!" "Ich bin nicht bei Sabine, ich war bei Sabine. Ich parke auf dem Marktplatz und heule." "Du weinst?", fragte Bastian bestürzt. "Deine Stimme kam mir gleich so gequetscht vor. Was ist passiert?" Nora schluchzte eine ganze Weile.
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Toni der Hüttenwirt Extra 29 – Heimatroman - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt Extra
– 29 –
Liebe ist nicht kompliziert!
Wenn erstmal alles erklärt ist …
Friederike von Buchner
Auf dem Rückweg nach Waldkogel verließ Nora der Mut. Ihre Wut gegenüber Sabine war einer tiefen Enttäuschung gewichen. Sie parkte auf dem Marktplatz und blieb hinter dem Steuer sitzen. Tränen traten ihr in die Augen. Sie wischte sie mit dem Handrücken ab.
Dann kramte sie aus der Handtasche ihr Handy hervor. Bastian, ihr Bräutigam, hatte mehrmals versucht, sie zu erreichen.
»Endlich, Nora! Wo bist du?«, begrüßte er sie.
»In Waldkogel.«
»Oh, du bist bei Sabine. Sag ihr Grüße von mir!«
»Ich bin nicht bei Sabine, ich war bei Sabine. Ich parke auf dem Marktplatz und heule.«
»Du weinst?«, fragte Bastian bestürzt. »Deine Stimme kam mir gleich so gequetscht vor. Was ist passiert?«
Nora schluchzte eine ganze Weile. Sie setzte ein paar Mal an, es Bastian zu erklären. Aber ihre Antwort ging in neuerlichem Schluchzen unter.
Bastian wartete geduldig, bis sie sich beruhigt hatte.
»Sabine will nicht zu unserer Hochzeit kommen. Sie will keine Trauzeugin sein.«
»Das kann sie doch nicht machen!«, rief Bastian. Er war entsetzt. »Wie kommt sie darauf?«
»Sie will hier in Waldkogel bleiben und ihren Vater kennenlernen. Ihre Großeltern kennt sie schon.«
Nora hörte, wie Bastian seufzte.
»Armes Schatzerl, ich kann mir vorstellen, welche Enttäuschung das für dich ist. Soll ich mit Sabine reden?«
»Ich weiß nicht, ob das etwas nützt. Bastian, das Schlimme ist, dass ich sie irgendwo verstehe. Klar hat sie ihren Vater immer vermisst. Sie hatte sich ihr ganzes Leben viele Gedanken um ihren unbekannten Vater gemacht. Es war nicht richtig, dass ihre Mutter ihr nichts über ihn erzählt hat. Ich kann verstehen, wie wichtig diese erste Begegnung für sie ist. Aber kommt es auf ein paar Tage an?«
Bastian seufzte erneut. »Also, du bleibst jetzt schön, wo du bist. Ich setze mich ins Auto und komme zu dir.«
»Du bist so lieb, Bastian«, schluchzte Nora erneut. »Fahre vorsichtig!«
»Das werde ich, Liebste. Keine Sorge! Wir gehen erst einmal schön essen. Dann reden wir und entwerfen einen Schlachtplan. Bussi-Bussi! Ich lege jetzt auf, Nora. Okay?«
»Danke, ich warte auf dich«, antwortete Nora. Sie ermahnte Bastian noch einmal, vorsichtig zu fahren. Dann legten beide nach Bussi-Schmatzern auf.
Nora war es jetzt etwas leichter ums Herz. Bald würde Bastian in Waldkogel sein und sie konnte ihm ihr Herz ausschütten. Sie überlegte, ihr war nicht danach, zum Essen in ein Lokal zu gehen. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihre Tränen zurückhalten könnte, wenn sie Bastian ihr Herz ausschüttete. So beschloss sie, eine Brotzeit für ein spontanes Picknick einzukaufen.
Nora sah in den Innenspiegel ihres Autos. Die Tränenspuren waren deutlich zu sehen. Sie holte ihre kleine Kosmetiktasche aus der Handtasche und erneuerte ihr Make-up. Dann setzte sie die Sonnenbrille auf und stieg aus.
In der Lebensmittelabteilung des Ladens von Veronika Boller kaufte sie ein. Sie erstand Brot, Käse, Obst und Getränke.
Anschließend schickte sie ihrem Verlobten eine SMS. Sie teilte ihm mit, dass sie lieber außerhalb von Waldkogel auf ihn warten wollte. Sie würde kurz nach dem Ortseingangsschild warten. Dort gingen auf beiden Seiten der Landstraße Feldwege ab.
Sie machte sich auf den Weg.
Nora stellte ihr Auto gut sichtbar ab. Sie stieg aus und schaute sich um. Ihr Blick glitt über die Wiesen und Felder, die Hänge der Berge hinauf, bis zu den Berggipfeln. Hier kommt also Sabine her, zumindest, zur Hälfte, dachte Nora. Ihr gefiel die Gegend, das musste sie sich eingestehen.
Sie verlor sich nicht lange in der Schönheit der Landschaft. Immer wieder kreisten ihre Gedanken um Sabine.
Als Bastian kam, fiel sie ihm um den Hals.
Er hielt sie in seinen starken Armen fest und küsste sie. »So, jetzt erzähle mir alles, schön der Reihe nach«, sagte er dann.
»Ich habe etwas eingekauft. Wollen wir uns da hinten hinsetzen? Ich will nicht in ein Lokal gehen.«
Bastian stimmte zu. Er trug die große Einkaufstüte in der einen Hand. Den anderen Arm legte er um Noras Schultern. Während sie langsam den Feldweg entlanggingen, in Richtung Wald, legte Nora immer wieder ihren Kopf an seine Schulter. Dann drückte Bastian ihr einen Kuss aufs Haar.
Sie fanden einen Baumstamm und setzten sich. Er zückte sein Taschenmesser und schnitt alles in deftige Scheiben. Und so teilten sie sich Brot, Käse, Obst und aßen aus der Hand. Dazu tranken sie Apfelsaft aus der Flasche.
Bastian wartete geduldig, bis Nora zu erzählen begann.
Anfangs berichtete sie sehr sprunghaft.
Bastian verstand wenig. Doch er hörte geduldig zu, bis sie ausgeredet hatte. Er kannte sie gut und wusste, dass es ihr immer besser ging, wenn sie ihre Emotionen mitgeteilt hatte.
»Das war’s«, schloss Nora. »Was sagst du dazu?«
»Ich versuche, es zu erfassen. Das ist schwer. Also bitte, jetzt mal schön langsam, damit ich es auch ganz verstehe«, bat er sie. »Ich begreife es nicht. Warum kennt Sabine ihre Großeltern, aber nicht ihren Vater? Wieso ist die Vater-Tochter-Begegnung davon abhängig, wann dieser Toni mit Sabines Vater spricht? Und welche Rolle spielen dabei Ulrike und Emma Berg?«
Nora atmete tief durch. Sie bemühte sich, es Bastian sachlich zu vermitteln. Während sie sprach schüttelte er immer wieder den Kopf. »Hast du es jetzt verstanden?«, fragte Nora zum Schluss.
»Okay, die Fakten kann ich jetzt zuordnen. Aber verstehen kann ich die ganze Sache dennoch nicht. Alle nehmen, meiner Meinung nach, zu viel Rücksicht. Diese Ulrike soll geschont werden. Die alten Zieglers haben Angst, dass ihr Bub in eine neuerliche Krise geraten könnte. Sie packen ihn in Watte, nur weil irgendwelche Fachleute vor mehr als zwanzig Jahren ihnen geraten haben, Geduld zu üben und Max nicht zu bedrängen. Und dieser Hüttenwirt und der alte Alois spielen das Spiel mit. Das alles zusammengerechnet ist schon ein Unding, nach meiner Auffassung. Aber jetzt hat sich Sabine dieser Handlungsweise angeschlossen. Sie hat sich einfangen lassen von der falschen Anteilnahme, die alle hier an den Tag legen. Sie riskiert sogar ihre Freundschaft zu dir.«
»So ist es, Bastian«, seufzte Nora. »Sabine steht emotional neben sich. Das Schlimme ist, irgendwo kann ich sie verstehen. Sie will keinen Fehler machen.«
»Schmarrn, Nora!«, schimpfte Bastian mit fester Stimme. »Sabine hat ihr Ziel aus den Augen verloren, vor lauter Bedenken und Vorsichtnahme. Was ist einfacher, als zu diesem Max zu gehen und mit ihm zu reden? Sie geht zu ihm und sagt: Grüß Gott! Wir kennen uns noch nicht. Aber ich denke, es wird Zeit, dass wir uns kennenlernen. Mein Name ist Sabine Wagner. Meine Mutter ist Birgit Wagner. Ich habe herausgefunden, dass Sie die große Liebe meiner Mutter waren. Ich nehme an, dass Sie meine Mutter sehr geliebt haben. Bevor ich weiterspreche, möchte ich Ihnen sagen, dass Ihre innige Liebe nicht ohne Folgen geblieben ist. Die Folge steht hier vor Ihnen. Es geht mir nicht um Geld. Ich will nur meinen Vater kennenlernen. Wenn Sie Zweifel haben, mache ich gern einen Gentest, dessen Kosten ich selbstverständlich übernehme. Ich habe mich verlobt, werde bald heiraten und ich will Kinder haben. Sie werden mich nach ihrem Großvater fragen. Dann will ich ihnen keine Märchen erzählen. So, das war es, was ich Ihnen sagen wollte. Sie können mich auf der ›Kuhalm‹ erreichen. Denken Sie darüber nach. Pfüat di, Herr Ziegler.«
Nora schmunzelte. »Wie du das heruntergesprudelt hast! So klingt es ganz leicht und einfach. Doch ich gebe dir Brief und Siegel, das bringt Sabine nicht fertig.«
»Dann ist sie zögerlich und feige«, sagte Bastian wütend. »Ich habe dafür nur eine