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Odyssee 45: Ein 999er kehrt heim
Odyssee 45: Ein 999er kehrt heim
Odyssee 45: Ein 999er kehrt heim
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Odyssee 45: Ein 999er kehrt heim

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About this ebook

Bei den Erlebnissen des Heini Granhuber handelt es sich um unfreiwillig erfahrene Abenteuer, die ihm in einer Zeit, die mit Sicherheit mehr als reich an Abenteuern war, von einer verbrecherischen Obrigkeit aufgezwungen wurden. Die Rekonstruktion der Ereignisse und einzelnen Etappen seiner Odyssee zu Lande beruhen auf seinen wenigen eigenen Berichten und auf Erinnerungen seiner Verwandten und Freunde, die Abschnitte seines Weges miterlebt hatten. Ein Abenteuer ist laut Definition eine risikoreiche Unternehmung außerhalb des geschützten Alltagsbereichs. So betrachtet beginnt Heinis Abenteuer damit, dass er seine militärische Einheit, in die er aus dem Konzentrationslager heraus gezwungen wurde, verlässt. Er desertiert als alles dem Ende zu geht. Er geht das Risiko ein, standrechtlich erschossen oder erhängt zu werden, sollte seine Flucht misslingen. Die Handlung der Erzählung entspricht in groben Zügen dem, was sich tatsächlich begeben hat. Bei den beschriebenen Personen handelt es sich um Menschen, die gelebt haben. Ihre Namen wurden zum Teil abgewandelt, zum Teil durch Pseudonyme ersetzt. Die geschichtlichen Ereignisse sind chronologisch einbezogen.
LanguageDeutsch
Release dateApr 13, 2021
ISBN9783753415208
Odyssee 45: Ein 999er kehrt heim
Author

Wolf Schillinger

Wolf Schillinger, geboren gerade noch in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts, Kindheits-Abenteuer in Ruinen, mit Schrott und Ziegelsteinen das erste Taschengeld verdient, nach acht Jahren Volksschule eine Industrie-Facharbeiter-Lehre, nach dem Abschluss berufsunfähig, Schlosser dann und nach dem Militärdienst Gärtner am Morgen, Schule am Abend, Abitur im 68er Frankfurt, Studium in Hamburg, Vaterschaft, Broterwerb als Zahnarzt, die Vor- und Nachteile des Ehestands mehrfach erfahren, zu oft der Sicherung des Lebensunterhalts die Lust zum Schreiben geopfert.

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    Book preview

    Odyssee 45 - Wolf Schillinger

    Wolf Schillinger

    wurde gerade noch in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in Remscheid geboren.

    Lebensetappen: Kindheit in den Trümmern des Tausendjährigen Reichs, Volksschule, Lehre mit vierzehn, Industriearbeit, Fluchtversuche, Abitur in Frankfurt, Studium in Hamburg, Vaterschaft, Broterwerb als Zahnarzt, mehrfach die Vor- und Nachteile des Ehestands erfahren, viel zu oft der Sicherung des Lebensunterhalts die Lust zu schreiben geopfert.

    Orientierungshilfe

    Um Textstellen besser auffinden zu können, habe ich die Orte, die Heinis Irrfahrt im Verlauf kennzeichnen, aufgelistet. Im Text sind sie nicht hervor gehoben.

    → Ilok, Kroatien

    → Frankenstadt, Ungarn

    → Pressburg, Novaky

    → Kunowitz Mähren

    → Brünn, Austerlitz, Oslawitz

    → Tabor, Temeschwar, Klattau

    → Neuern

    → Neukirchen

    → Dönning

    → Arnschwang

    → Lixenried

    → Furth im Wald

    → Amberg

    → Hersbruck, Lauf

    → Nürnberg, Fürth, Erlangen

    → Bamberg

    → Schweinfurt

    → Aschaffenburg, Hanau

    → Frankfurt

    → Ossenheim

    → Friedberg

    → Giessen

    → Wetzlar, Siegen

    → Hennef, Köln-Porz

    → Köln-Mühlheim

    → Opladen

    → Burg an der Wupper

    → Remscheid

    Anhang

    → Verzeichnis der Abbildungen

    → Literatur-Hinweise

    → Über den deutschen Faschismus und den NS-Staat

    → Das nationalsozialistische Dritte Reich

    → Andersdenkende im Nazi-Staat

    → Wehrunwürdigkeit

    → Das Bewährungsbataillon 999

    → Weitere Sondereinheiten der Wehrmacht

    Vorbemerkung

    Heini war ein fröhlicher junger Mann, der als Industriearbeiter nur ein kleines Glück in einem ruhigen Leben anstrebte.

    Schicksalsschläge, für die die Initiatoren und Vertreter der menschenverachtenden Ideologie jener Zeit die Verantwortung hätten tragen müssen, machten seinen Lebensplan zu Nichte. Heini hat sich gewehrt gegen die systemimmanente Unterdrückungsmethoden dieses verbrecherischen Regimes so gut es ging.

    Wir,

    die wir

    das Glück hatten,

    nicht teilnehmen zu müssen

    an den Unrechtstaten

    der Faschisten,

    wir,

    die wir

    nicht erleben mussten

    die Schrecken

    des Krieges,

    wir

    müssen lernen,

    was und warum

    es geschah,

    damit nicht

    wir

    und nicht

    die nach uns

    derartiges erleben

    müssen

    Saukalt war es im Februar 1945 in Serbien. Zusammen mit Erwin und Anton hockte Heini in einem feuchten Erdloch. Mit mäßigem Erfolg versuchten die Drei eng aneinander gekauert in ihrer Mitte ein kleines Feuer zu unterhalten. Rauch durfte es nicht entwickeln. Darum trockneten sie das Feuerholz vorab so gut es ging und fächerten der kleinen Flamme so viel Sauerstoff wie möglich zu. Die Glut reichte gerade aus, um Wasser in einem Kochgeschirr zu erwärmen. Das ging dann von Mund zu Mund und wenn es leer war, wurde es mit Schnee aufgefüllt. Daraus lies sich dann erneut etwa ein viertel Liter warmes Wasser gewinnen. Richtig gegessen hatten sie schon seit einigen Tagen nicht mehr. Heute hatte jeder nach dem Appell ein Stück Brot bekommen, mit warmem Wasser war das ihre gemeinsame Mahlzeit. Ein Tischgebet gesprochen hatte niemand. Zum einen hatten sie keinen Tisch und zum anderen waren sie ja, Gott sei Dank, Atheisten. Doch das war nicht der Grund, warum sie hier im Dreck lagen. In dieser Situation befanden sie sich, wegen „des Führers Gnadenerlass, der ihnen, den bislang Wehrunwürdigen, in hochherziger Weise die einmalige Gelegenheit gegeben hatte, durch tapferen und mutigen Einsatz vor dem Feind wieder vollwertige Soldaten und Staatsbürgern zu werden. Und deshalb konnten oder besser, mussten sie ihre gestreiften Sträflingsanzüge mit dem aufgenähten roten Winkel gegen Wehrmachtsuniformen tauschen, gegen gebrauchte. Zwei Einschusslöcher waren in Erwins Jacke zu sehen gewesen und Blutflecken hatte sie auch. „In der Kleiderkammer lagen die Klamotten in mehreren Haufen auf dem Boden. Der VU griff wahllos hinein und warf mir die Jacke zu. Ich sah gleich, dass sie voller Blutspuren war. Mir wurde übel. Ich hab sie dann gewaschen, nicht ohne vorher zu kotzen, hatte Erwin erzählt. Erwin und Anton kannten sich aus Dachau. Heini hatte die beiden erst in Griechenland kennen gelernt, als er dort in ihre Einheit kam. Heini war zuletzt kurzzeitig in Buchenwald im Lager gewesen und dann wie sie auch auf dem Heuberg, aber Monate später.

    Erst nach wochenlangem vorsichtigem Abtasten war er von den beiden akzeptiert worden. Denn obwohl alle im sogenannten Bewährungsbataillon in der gleichen beschissenen Lage waren, war hier an Solidarität nicht zu denken. Misstrauen war mehr als angebracht.

    Es hieß sehr vorsichtig zu sein, wem man sich anvertraute. Hier wie im KZ gab es nicht nur Insassen, die auf Grund politischer Delikte verurteilt worden waren, sondern auch eine große Zahl Krimineller. Die mussten im Lager als „Berufsverbrecher" einen grünen Winkel tragen und waren damit sichtbar gekennzeichnet. Hier gab es die Winkel zur Kennzeichnung nicht und darum war die Gesinnung der Soldaten des Strafbataillons auch nicht mehr so leicht einzuschätzen. Vom SS-Stammpersonal der Strafeinheit wurden die Kriminellen gerne benutzt, um die Politischen auszuspionieren. Der Neigung zu konspirativer Tätigkeit wurden die zwangsrekrutierten Genossen ja auch nicht zu Unrecht verdächtigt. Sie waren sie hier, weil sie Gegner der NSDAP und der Hitler-Diktatur waren, und keiner hatte seine Einstellung zum Naziregime oder zum Hitlerschen Eroberungskrieg geändert.

    In Griechenland war es mehrfach gelungen, die Partisanen mit wichtigen Informationen zu versorgen. Einige Kameraden hatten es auch geschafft, zu ihnen überzulaufen. Nicht wenige allerdings waren schon beim Versuch gescheitert. Wer entdeckt und aufgegriffen wurde, wurde nach einer kurzen Militärgerichtsveranstaltung verurteilt und vor der angetretenen Kompanie zur Abschreckung erschossen. Schon für geringere Vergehen wurde die Todesstrafe verhängt. 1944 im Sommer wurden sechs Kameraden zum Tode verurteilt, die ein Flugblatt gefunden und gelesen, den Fund aber nicht gemeldet hatten. Deutsche Soldaten, die zu den griechischen Partisanen desertiert waren, hatten das Flugblatt abgefasst und forderten darin zum Überlaufen auf. Hermann hatte es gefunden und zuerst seinem Kameraden Franz Schneider gezeigt. Im Kreis von Gleichgesinnten hatten sie den Inhalt besprochen.

    Hermann Bode, Franz Schneider, Willi Dehmel, Hans Juchelka, Rudolf Kalb und Heinrich Warnken wurden wegen Kriegsverrat angeklagt. Aus nur zwei Wehrmachtsoffizieren bestand das Gericht. Die Verhandlung dauerte keine halbe Stunde. Tod durch Erschießen lautete das Urteil. Erschossen wurden die Kameraden am neunten Juni 1944.

    Bei etwa einem Drittel der Soldaten der Strafdivision handelte es sich um ehemalige KZInsassen, die den roten Winkel getragen hatten. Um Männer also, die wegen regimekritischer Einstellung, entsprechender Äußerungen oder Handlungen verurteilt oder in „Schutzhaft genommen worden waren, um „Politische also. Innerhalb dieser Gruppierung waren die Kommunisten in der Überzahl. Auf das Leben der Soldaten des Bewährungsbataillons 999 brauchte laut Befehl des OKH (Oberstes Kommando Heer) keine Rücksicht genommen zu werden. Es gab sogar einen Geheimbefehl, der anordnete, die Soldaten der Division 999 zu liquidieren, wenn es an nötigen Transportmöglichkeiten fehlen sollte. Dieser Befehl wurde im Zusammenhang mit dem Rückzug der Wehrmacht aus Nord-Afrika nach dem Fehlschlag des deutsch-italienischen Afrika-Feldzuges erteilt.

    In Griechenland waren die Strafsoldaten meist Pionier-Einheiten als Hilfs- und Bautrupp zugeteilt. Sie hatten unbewaffnet besonders gefährliche und schwere Arbeiten zu verrichten, wie Schanzarbeiten in vorderster Linie oder das Räumen und Legen von Minen in solchen Bereichen.

    Oft haben Griechische Partisanen versucht, die unbewaffneten Soldaten des Strafbataillons zu schonen. Die Politischen fühlten sich ja auch eher als Widerstandskämpfer, denn wirklich als Soldaten der Wehrmacht und handelten entsprechend. Viele der 999er haben es geschafft, zu den Partisanen überzulaufen.

    Später, auf dem Rückzug der Einheit durch Jugoslawien, waren sie bewaffnet worden. Bei Über-fällen der Partisanen konnte aus diesem Grund niemand mit Schonung rechnen. Unter den kriminellen 999ern gab es zudem viele, die ernsthaften Bewährungswillen zeigten und versuchten, sich im Aufspüren und Liquidieren von Partisanen besonders hervorzutun. Einige von denen schafften es tatsächlich, ihre „Wehrwürdigkeit" zurück zu erlangen. Für sie war eine Sondereinheit der SS eingerichtet worden.

    Die SS-Sondereinheit Dirlewanger tat sich denn auch durch besonders grausame Strafmaßnahmen in den besetzten Gebieten hervor.

    „Fliegeralarm! Feuer aus! Deckung!" wurde plötzlich gebrüllt. Kurz darauf hörte man das Brummen der Flieger. Drei der einmotorigen Jagdflugzeuge der Amerikaner kamen aus den Wolken und steuerten im Sturzflug recht zielgenau ihren Lagerplatz an. Wahrscheinlich hatten die Amis ihre Informationen von den Partisanen. In der letzten Zeit schien die Kommunikation zwischen Partisanen und den Amerikanern zunehmend besser zu funktionieren. Salven aus Maschinengewehren pflügten den Boden, Bomben explodierten und kurz drauf waren die Stukas auch schon wieder in den Wolken verschwunden. Mit mehreren MGs hatten die Stammsoldaten ohne Erfolg versucht, die Angreifer zu erwischen oder abzuwehren.

    Die drei hatten sich in ihrem Erdloch geduckt und waren unverletzt geblieben. Wieder einmal mit viel Glück, denn wenige Zentimeter neben ihrer Deckung hatte eine Salve aus einer der Bordwaffen den Boden aufgerissen.

    Heini und Anton waren gleich nach dem Angriff aufgesprungen, um Verwundeten zu helfen. In ihrer Nähe gab es drei Verletzte. Einem hatte ein Bombensplitter das Bein zerfetzt. Heini mochte den kleinen Sachsen, obwohl der nicht zum Kreis der Vertrauenspersonen gehörte. Er jammerte laut, als Heini sich bemühte, das Bein abzubinden. Er hatte Schmerzen, vor allem aber hatte er Angst. Tatsächlich war es fraglich, ob er mit dieser Verwundung heil aus dem Schlamassel heraus kommen würde. Das Leben eines Soldaten des Bewährungsbataillons zählte nicht viel und ein schwer Verwundeter war nur eine Belastung. Erwin hatte eine Bahre auftreiben können, so ließ der Sachse sich leichter transportieren. Sie hatten ihn gerade zum Sanitätsplatz geschafft, als sie Gewehrschüsse hörten und dann die Stimme Untersturmführers Schäfer: „Achtung, Partisanen!" Vom Berg aus wurde geschossen. Flugzeugangriff und Überfall passten zu gut zusammen. Die Aktion war abgesprochen. Jugoslawen und Amerikanern hatten offensichtlich einen guten Draht. Das Feuer wurde von deutscher Seite mit Maschinengewehren beantwortet. Daraufhin kehrte Ruhe ein.

    Im Lager waren alle sofort in Deckung gegangen. Sie machten sich auf einen größeren Angriff gefasst, aber es blieb ruhig. Die Heckenschützen hatten sich zurück gezogen.

    Heini und Anton wurden zu einem Spähtrupp eingeteilt, der den Hügel und den ganzen Waldabschnitt nach Partisanen absuchen sollte. Statt ein paar Stunden Ruhe gab es nun zusätzlich Strapazen und erneut erhöhte Gefährdung. Zum Trupp gehörten vierzehn Mann. Neben Unterscharführer Kolowski waren noch drei weitere Stammsoldaten eingeteilt. Die trugen Maschinenpistolen. Anton und Heini bekamen, wie alle Strafsoldaten, nur Karabiner und Handgranaten. Tagelang hatte es nicht geschneit. In der Ebene lag nur noch eine dünne Decke von nicht mehr als zehn Zentimetern. Hier im Wald jedoch waren Schneeverwehungen an manchen Stellen liegen geblieben. Die waren tief und vereist an der Oberfläche. Heini brach gleich zu Beginn bis zur Brust ein. Die vereisten Schneekanten waren hart und messerscharf.

    Anton musste ihm helfen, heraus zu kommen. Als Andenken blieb in der Hose ein Loch. Der alte, abgewetzte Stoff hielt einfach nichts mehr aus. Nach etwa einer Stunde Aufstieg fanden sie Spuren. Danach waren es nur acht Partisanen gewesen. Die aber hatten sich so gut verteilt, dass die Angegriffenen im Tal eine weit größere Zahl vermuten mussten.

    Kolowski ließ die Gruppe in Schützenreihe bis zum Bergkamm die Spuren der Partisanen verfolgen und dann umkehren. Heinis defekte Stiefel waren voll Wasser. Er war total durchnässt, bis zum Bauchnabel vom Schnee, darüber vom Schweiß. Nun kündigte sich zudem ein Malaria-Anfall an. Die Krankheit hatte er sich in den Sümpfen am Pagasäischen Golf in der Stellung bei Volos eingefangen. Es war schon stockdunkel, als sie das Lager ohne Zwischenfälle wieder erreichten.

    Heini konnte noch einen Becher warmes Wasser trinken, dann fiel er völlig erschöpft in ihrem Unterstand auf sein provisorisches Bett aus Fichtenreisern. Nach knapp vier Stunden war es wieder vorbei mit der Ruhe. „Marschbereitschaft herstellen!" lautete der Befehl.

    Also wieder rein in die nassen Stiefel. Zum Glück waren Heinis Ersatz-Fußlappen fast trocken. Die hatte er schon am Morgen zum Trocknen aufgehängt. Mit Anton kam er zum Haupttross. Erwin wurde zur Vorhut eingeteilt. Munitionskisten hatten sie zu tragen. Zusätzlich zu ihren Rucksäcken und den Gewehren war das eine ziemliche Belastung. Es ging über den bewaldeten Hügel, den sie am Vortag durchkämmt hatten und dann weiter auf der anderen Seite des Höhenzuges immer in Richtung Nordwesten. Anton meinte, dass sie parallel zur Donau laufen würden. Das machte Sinn. Wahrscheinlich sollten sie so den Rückzug der regulären Truppenkontingente sichern, die aus Griechenland und Rumänien abgezogen wurden. Obwohl ihnen jegliche Information vorenthalten wurde, hatten sie doch erfahren, dass die Wehrmacht die besetzten Gebiete aufgeben musste. Die Soldaten wurden nun zum Schutz des Reiches an die Reichsgrenzen beordert. Italien und vielleicht sogar West-Jugoslawien mussten von den Amerikanern schon erobert worden sein. Die Angriffe der amerikanischen Jagdflieger waren der Beweis für diese Vermutung.

    Der Aufstieg durch den verschneiten Wald war schon während ihres Spähtrupps nicht einfach gewesen. Jetzt jedoch mit Gepäck und Munitionskiste war es doppelt schwer. Mehrfach waren sie ausgeglitten. Mal einer, dann konnte ihn der andere mit der Kiste halten. Wenn sie beide stürzten, war es wesentlich mühsamer wieder hoch zu kommen. Zudem waren solche Stürze nicht ungefährlich. Die schwere Munitionskiste war Anton aufs Bein gefallen. Er trug er eine schmerzhafte Prellung davon, die ihm das Gehen nun zusätzlich erschwerte.

    Am Waldrand war der Weg einfacher. Doch für sie war es keine Erleichterung, denn nun trieb Koslowski den ganzen Haufen zu äußerster Eile an. Die Stammsoldaten gaben das Tempo vor. Ohne zusätzliche Lasten und oben drein mit wesentlich besserer Ausrüstung fiel denen der Marsch viel leichter.

    Den Befehl, unwillige Strafsoldaten anzutreiben, führten die meisten nicht ungern aus.

    Das war eine Aufgabe, die einigen der SS-Leute selbst unter diesen Bedingungen noch sichtlich Freude zu bereiten schien. Scharführer Meier und Rottenführer Schandske taten sich in dieser Weise besonders hervor. Anton versuchte, sich seine Verletzung nicht anmerken zu lassen. Schandske war sein Hinken wahrscheinlich trotzdem nicht entgangen. Das war wohl auch der Grund, dass er in seiner Nähe blieb. Mehrfach musste Anton spüren, was Schandske Aufmunterung nannte. Sobald er etwas langsamer wurde, stieß Schandske ihm den Gewehrkolben in den Rücken. Nach vier Tagesmärschen bezogen sie in kroatischem Gebiet an der Donau Stellung. Auch hier war es Aufgabe ihrer Einheit, den Rückzug der regulären Streitkräfte gegen Partisanenangriffe zu schützen. Am Südhang eines Hügels hatten sie Schützengräben und Stellungen für zwei MGNester ausheben müssen. Auf dem Hügel befand sich eine alte Festung, in der sich eine Einheit der Waffen-SS nieder gelassen hatte. Erwin hatte, als er mit einem Spähtrupp in die Nähe des Flussufers gekommen war, einen alten Wegweiser entdeckt. Auf dem halb verrotteten Schild ließ sich in kyrillischen und lateinischen Buchstaben der Ortsname IIok entziffern.

    Ilok ist die

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