Kafka in 60 Minuten
()
About this ebook
In seinen Erzählungen gibt er uns einen tiefen Einblick in die Abgründe und die Grundstruktur zwischenmenschlicher Beziehung, einen Einblick, dem sich niemand entziehen kann. Auch wenn wir uns im normalen Leben nicht einfach in einen Käfer verwandeln und von der eigenen Familie ausgeschlossen oder totgesagt werden, empfinden wir als Leser doch die ganze Wucht dieser Exkommunikation. Kafka war sich der kathartischen Wirkung seiner Bücher durchaus bewusst: "...ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns."
Kafkas philosophische Wahrheit wird anhand von fünf ausgewählten Novellen, Kurzgeschichten und Romanen aufgezeigt. Worin besteht das Schicksal seiner Protagonisten? Woran zerbrechen sie? Gibt es ein wiederkehrendes oder gar durchgängiges Motiv des Scheiterns? Warum kennen wir dieses nur allzu gut aus unseren eigenen Erfahrungen und Träumen? Gibt uns Kafka am Ende den Schlüssel zum Verständnis der fundamentalen Struktur zwischenmenschlicher Beziehung?
Das Buch enthält über hundert Zitate aus Kafkas berühmtesten Werken. Es ist in der beliebten Reihe "Große Denker in 60 Minuten" erschienen.
Walther Ziegler
Walther Ziegler est professeur d'université et docteur en philosophie. En tant que correspondant à l'étranger, reporter et directeur de l'information de la chaîne de télévision allemande ProSieben, il a produit des films sur tous les continents. Ses reportages ont été récompensés par plusieurs prix. En 2007, il a prit la direction de la « Medienakademie » à Munich, une Université des Sciences Appliquées et y forme depuis des cinéastes et des journalistes. Il est l'auteur de nombreux ouvrages philosophiques, qui ont été publiés en plusieurs langues dans le monde entier. En sa qualité de journaliste de longue date, il parvient à résumer la pensée complexe des grands philosophes de manière passionnante et accessible à tous.
Read more from Walther Ziegler
Foucault in 60 Minuten Rating: 5 out of 5 stars5/5Wittgenstein in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAdorno in 60 Minuten Rating: 4 out of 5 stars4/5Nietzsche in 60 Minuten Rating: 5 out of 5 stars5/5Hegel in 60 Minuten Rating: 5 out of 5 stars5/5Platon in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratings
Related to Kafka in 60 Minuten
Related ebooks
Camus in 60 Minuten Rating: 4 out of 5 stars4/5Schopenhauer in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEpikur in 60 Minuten Rating: 5 out of 5 stars5/5Rousseau in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsPlaton in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsKonfuzius in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHobbes in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsBuddha in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMarx in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSartre in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSmith in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGroße Denker in 60 Minuten - Band 4: Schopenhauer, Nietzsche, Wittgenstein, Kafka, Arendt Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsKant in 60 Minuten Rating: 5 out of 5 stars5/5Große Denker in 60 Minuten - Band 2: Marx, Freud, Sartre, Camus, Heidegger Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsFreud in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGroße Denker in 60 Minuten - Band 1: Platon, Rousseau, Smith, Kant, Hegel Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDer Mythos des Sisyphos von Albert Camus (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGroße Denker in 60 Minuten - Band 3: Konfuzius, Buddha, Epikur, Descartes, Hobbes Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHabermas in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDescartes in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDrei Kritiken: Kritik der reinen Vernunft + Kritik der praktischen Vernunft + Kritik der Urteilskraft Rating: 5 out of 5 stars5/5Popper in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsWie wollen wir leben? Rating: 3 out of 5 stars3/5Heidegger in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsUnser Wissen von der Außenwelt Rating: 4 out of 5 stars4/5Große Denker in 60 Minuten - Band 5: Adorno, Habermas, Foucault, Rawls, Popper Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEssays - Deutsche Ausgabe Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsWörterbuch der Philosophie: Wörter, mit deren Hilfe wir eine Erkenntnis der Wirklichkeit fassen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsWie weiter mit ... ?: Adorno, Arendt, Durkheim, Foucault, Freud, Luhmann, Marx, Weber Rating: 0 out of 5 stars0 ratings
Literary Criticism For You
Weltliteratur im SPIEGEL - Band 2: Schriftstellerporträts der Sechzigerjahre: Ein SPIEGEL E-Book Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSprachen lehren Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsLexikon der Symbole und Archetypen für die Traumdeutung Rating: 5 out of 5 stars5/5Deutsche Grammatik verstehen und unterrichten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsPhonetische Transkription des Deutschen: Ein Arbeitsbuch Rating: 2 out of 5 stars2/5Anglizismen und andere "Fremdwords" deutsch erklärt: Über 1000 aktuelle Begriffe Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsVerstehen und Übersetzen: Ein Lehr- und Arbeitsbuch Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDeutsche Syntax: Ein Arbeitsbuch Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsTesten und Bewerten fremdsprachlicher Kompetenzen: Eine Einführung Rating: 1 out of 5 stars1/5Günter Grass - Streitbar und umstritten: Ein SPIEGEL E-Book Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsItalienisch lernen durch das Lesen von Kurzgeschichten: 12 Spannende Geschichten auf Italienisch und Deutsch mit Vokabellisten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEnglish Linguistics: An Introduction Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMorphologie Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsWortbildung im Deutschen: Aktuelle Perspektiven Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGermanistische Linguistik: Eine Einführung Rating: 5 out of 5 stars5/5Träume in der Kinder- und Jugendliteratur: Erscheinungsformen und Funktionen von erzählten Träumen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsLiteratur 2 go: Deutsche Klassiker in 5 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMärchenforschung: Theorien, Methoden, Interpretationen Rating: 5 out of 5 stars5/5Radikale Zärtlichkeit. Warum Liebe politisch ist Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsLiteraturdidaktik Deutsch als Fremd- und Zweitsprache: Eine Einführung für Studium und Unterricht Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDer einfache Satz Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsÜbersetzen Englisch-Deutsch: Lernen mit System Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDer deutsche Wortschatz: Struktur, Regeln und Merkmale Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsNichtstun als politische Praxis: Literarische Reflexionen von Untätigkeit in der Moderne Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsBücherliebe – Was Bücherregale über uns verraten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsFremdsprachendidaktik: Eine Einführung Rating: 5 out of 5 stars5/5Goethes "Faust"-Dichtung und "der höhere Sinn": Eine Annäherung über die noch weitgehend verkannte Kultur der Mysterien Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEine kurze Geschichte der Fantasy Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsNahe Fremde: Paul Celan und die Deutschen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDer komplexe Satz Rating: 0 out of 5 stars0 ratings
Related categories
Reviews for Kafka in 60 Minuten
0 ratings0 reviews
Book preview
Kafka in 60 Minuten - Walther Ziegler
Dank an Rudolf Aichner für seine unermüdliche und kritische Redigierung,
Silke Ruthenberg für die feine Grafik, Angela Schumitz, Lydia Pointvogl, Eva Amberger,
Christiane Hüttner, Walburga Allgeier, Dr. Martin Engler für das Lektorat
und Dank an Prof. Guntram Knapp, der mich für die Philosophie begeistert hat.
Inhalt
Kafkas große Entdeckung
Kafkas Kerngedanke
Die Verwandlung – ein Unding der Liebe
Der Steuermann – jeder ist austauschbar
Ein Hungerkünstler – verehrt, verkannt, vergessen
Der Proceß: angeklagt, aber von wem und warum?
Das Urteil – wer nicht genügt, darf nicht sein
Kafkas philosophischer Kerngedanke: Die Struktur der zwischenmenschlichen Beziehung
Was nutzt uns Kafkas Entdeckung heute?
Exkommunikation und sozialer Tod bei Kafka, in der Ethnologie und der modernen Gesellschaft
Das Sprachexperiment des Kaisers, die moderne Hospitalismus-Forschung und Kafkas Wahrheit
Kafkas Imperativ: Eigentümlichkeit und Potentialität der Menschen anerkennen!
Kafkas Trost
Zitatverzeichnis
Kafkas große Entdeckung
Kafka (1883-1924) ist ein Schriftsteller und kein Philosoph. Und dennoch zählt er zu den bedeutendsten Denkern der Welt. Er muss in einer Reihe mit Platon, Konfuzius, Kant, Hegel, Hume, Freud, Wittgenstein und Sartre genannt werden. Denn ihm verdanken wir nicht nur ein herausragendes Stück Weltliteratur, sondern auch eine philosophische Entdeckung von zeitloser Gültigkeit.
Kafka ist es – wie kaum einem anderen – gelungen, zum Kern der menschlichen Existenz vorzudringen. Er offenbart eindrucksvoll, was das Wesen des Menschen in seinem Innersten ausmacht und ihn am Leben hält. In seinen Romanen und Kurzgeschichten kreist er immer wieder um das Phänomen der Mitmenschlichkeit, sei es, dass ein fleißiger Handelsreisender sich eines Morgens in ein Insekt verwandelt und von der eigenen Familie verachtet wird, sei es, dass ein altbewährter Steuermann ohne jeden Widerstand seiner Mannschaft durch einen Fremden weggestoßen und ersetzt wird, ein Angeklagter nicht weiß, weshalb man ihm den Prozess macht oder ein Sohn von seinem eigenen Vater zum Tode verurteilt wird.
In allen seinen Romanen und Novellen wirft Kafka einen unbestechlichen Blick auf die Fragilität der zwischenmenschlichen Beziehung. Wie keinem anderen gelingt es ihm, die existenzielle Angewiesenheit der Menschen auf andere Menschen zu erfassen:
Die Menschen sind, so Kafka, wie Bergsteiger in einer Art Seilschaft miteinander verbunden, um ihre Existenz gegenseitig abzusichern. Ein Leben lang bekommen sie Halt durch den Seins-Zuspruch und die Anerkennung ihrer Mitmenschen. Doch diese Angewiesenheit auf den Zuspruch der anderen birgt strukturell immer auch die Gefahr, von diesen nicht – oder nicht mehr – anerkannt zu werden. Bleibt der Zuspruch phasenweise oder für immer aus, wird man also exkommuniziert, gemobbt oder totgesagt, dann tut sich, so Kafka, ein gefährlicher Abgrund auf.
Die fundamentale Struktur der gegenseitigen Anerkennung und deren grundsätzliche Zerbrechlichkeit ist Kafkas große philosophische Entdeckung. Er zeigt sie uns aber nicht aus der distanzierten Perspektive des Philosophen oder Wissenschaftlers, sondern aus der Innenansicht seiner literarischen Figuren und deren Erfahrungen. Wie seine Romanhelden litt aber auch Kafka selbst unter Gefühlen des Ausgeliefertseins, der Nicht-Anerkennung und der damit einhergehenden Seins-Unsicherheit:
Kafka ist Schriftsteller und Geschichtenerzähler, aber seine Geschichten sind weitaus mehr als nur spannende Unterhaltung. Sie setzen etwas in Gang. Bei aller Vielfalt kreisen sie meist um denselben Kern. Sie ziehen uns in den Strudel unserer eigenen Träume, Stimmungen und Ängste. Jeder, der sich auf Kafkas Schriften einlässt, begegnet am Ende sich selbst und wird, ob er will oder nicht, mit der Zerbrechlichkeit seines eigenen Lebens konfrontiert. Kafka zeigt uns das Ausgeliefertsein an Mächte, die wir kaum oder gar nicht kontrollieren können. Er lässt uns die ganze Dimension der Ungeborgenheit unseres Daseins spüren und entführt uns in Räume, die wir normalerweise nicht betreten oder betreten wollen.
Keine Frage, er hat eine tiefe philosophische Wahrheit zu Tage gefördert. Seine Schriften und Gedanken dringen in einen Bereich der menschlichen Existenz vor, der bei aller Betonung der Verlassenheit, Gleichgültigkeit oder Bedrohung durch die Mitmenschen zugleich ein helles Licht auf die Möglichkeit gelingender Gemeinschaft wirft. Kafka selbst sieht sich als Grenzgänger zwischen diesen zwei Welten, der Welt der Einsamkeit und der Welt der Gemeinschaft:
Vielleicht konnte Kafka den Mangel an echter Gemeinschaft oder das, was eine gelingende zwischenmenschliche Beziehung im Kern ausmacht, gerade deshalb so eindrucksvoll auf den Punkt bringen, weil er selbst an diesem Mangel fast zu Grunde gegangen wäre. An einen Freund schreibt er:
Ein Klassenkamerad beschreibt Kafka schon früh als jemanden, der von seiner Umgebung wie durch eine „gläserne Wand"⁷ getrennt war. Die in seinen Werken immer wieder auftauchende Stimmung der Fremdheit und Ungeborgenheit ist von einer so großen Eigentümlichkeit und Intensität, dass ihr die Nachwelt ein eigenes Adjektiv verliehen hat: „kafkaesk".
Der Duden definiert „kafkaesk als Begriff zur Beschreibung von etwas, das „auf unergründliche Weise bedrohlich ist
.⁸ Auch die Literaturlexika übersetzen ‚kafkaesk‘ in der Regel als „das Gefühl, einer höheren und nicht-greifbaren Macht, ausgeliefert zu