Polizeigewalt, Folter, Krieg: Demokratie in Trümmern: Gleichheit 1/2015
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Eines steht schon heute fest: In den ersten fünfzehn Jahren des 21. Jahrhunderts wurde das Triumphgeheul widerlegt, mit der Auflösung der Sowjetunion habe die Geschichte ihren Endpunkt erreicht und der Kapitalismus und die bürgerliche Demokratie verkörperten den Gipfelpunkt der Entwicklung der Menschheit. Mit Ende des Jahres 2014 scheinen sich die bestehenden wirtschaftlichen und politischen Strukturen mit wachsendem Tempo auf den Abgrund zuzubewegen.
Im vergangenen Jahr – hundert Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs – spitzten sich die Widersprüche des kapitalistischen Systems gravierend zu. Die 'friedlichen' Pausen zwischen den geopolitischen, wirtschaftlichen und sozialen Krisen sind so kurz geworden, dass man sie kaum mehr als Pausen bezeichnen kann. Krisen dagegen sind keine isolierten 'Episoden' mehr, sondern ein Dauerzustand. Das Muster ständiger Krisen, das 2014 gekennzeichnet hat, ist ein deutlicher Hinweis, wie sehr der Kapitalismus global
aus dem Gleichgewicht geraten ist. Das wird sich 2015 verschärft fortsetzen.
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Polizeigewalt, Folter, Krieg - Schwarz Peter
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Großer Andrang bei IYSSE-Versammlung an der Berliner Humboldt Universität
Von unseren Korrespondenten, 25. Oktober 2014
Am Donnerstag hielten die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) eine sehr erfolgreiche Veranstaltung an der Humboldt Universität Berlin ab. Etwa 200 Besucher, darunter viele Studierende der HU, aber auch Gruppen von Studenten der andern Berliner Universitäten, sowie Auszubildende und Arbeiter drängten in den zu kleinen Hörsaal, der aus allen Nähten zu platzen drohte.
Das Thema der Versammlung »Warum wollen die deutschen Eliten wieder Krieg?« rief großes Interesse hervor. Teilnehmer berichteten, sie hätten die Einladungs-Plakate gesehen und spontan entschieden, da muss ich hin. Schon in den vergangenen Tagen hatte die IYSSE gut besuchte Versammlungen in Frankfurt und Bochum organisiert. Weitere Veranstaltungen sind geplant.
Der ausführliche Vortrag von Peter Schwarz, dem Vorstandsmitglied der PSG und Sekretär des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI) wurde mit großer Konzentration und Aufmerksamkeit verfolgt. Der Sprecher der IYSSE Hochschulgruppe an der HU begrüßte Peter Schwarz mit den Worten, es gäbe wohl kaum jemanden, der besser in der Lage wäre die Frage des Abends zu beantworten. Denn als Mitglied der internationalen Redaktion der World Socialist Web Site (WSWS) habe Schwarz eine wichtige Rolle gespielt, die historischen und politischen Gründe für Deutschlands erneuten Griff nach der Weltmacht zu analysieren.
Zu Beginn stellte Schwarz fest, dass es in Deutschland seit etwa einem Jahr eine grundlegende Veränderung gibt. »Scheinbar plötzlich rufen die deutschen Eliten wieder nach Krieg. Politiker fordern Militärinterventionen und die Aufrüstung der Bundeswehr. Die Medien hetzen gegen Russland und selbst Nachrichtensendungen wie die Tagesthemen produzieren vor allem Propaganda.« Viele Menschen seien über diese Entwicklung zu tiefst besorgt und die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung lehne sie ab. Allerdings fehle ein tieferes historisches Verständnis und eine politische Perspektive, um gegen Krieg zu kämpfen.
Peter Schwarz spricht zu der Versammlung der IYSSEPeter Schwarz spricht zu der Versammlung der IYSSE
Im ersten Teil seines Vortrags zeigte Schwarz detailliert auf, wie die Wiederkehr des deutschen Militarismus hinter dem Rücken der Bevölkerung systematisch vorbereitet wurde. Über ein Jahr lang hätten mehr als 50 Vertreter von politischen Thinktanks, Ministerien, Universitäten, Parteistiftungen, politischen Parteien, NGO’s, der Wirtschaft und den Medien unter Federführung der regierungsnahen Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und des Washingtoner Think Tanks German Marshall Fund (GMF) eine neue außenpolitische Strategie ausgearbeitet.
Das Strategiepapier mit dem bezeichnenden Titel »Neue Macht – Neue Verantwortung«, das am Ende der Diskussionen stand, fordere, dass Deutschland auch bei Militäreinsätzen mehr »Führung« übernehmen müsse, da es als »Handels- und Exportnation« wie kaum ein anderes Land auf »auf die Nachfrage aus anderen Märkten sowie Zugang zu internationalen Handelswegen und Rohstoffen« angewiesen sei.
Mit Hilfe einer Power Point Präsentation verdeutlichte Schwarz das Ausmaß der politischen Verschwörung. »Es ist kein Zufall, dass die Rede des Bundespräsidenten Joachim Gauck vom 3. Oktober letzten Jahres teilweise wörtlich mit dem Strategiepapier »Neue Macht – Neue Verantwortung« übereinstimmt«, so Schwarz. »Mit Thomas Kleine-Brockhoff arbeitet nun einer der Hauptinitiatoren des Projekts als Redenschreiber von Gauck im Bundespräsidialamt.« Auch die Einbindung aller Bundestagsparteien, der Medien und der Universitäten in die Kriegsoffensive sei keine Überraschung, wenn man die Liste der Mitwirkenden am Projekt studiert. Für die Linkspartei sei beispielsweise der Außenpolitiker Stefan Liebich mit von der Partie gewesen und für die HU der Völkerrechtler Prof. Georg Nolte.
Schwarz erklärte, dass die Diskussionen über eine Veränderung der Außenpolitik keinesfalls nur Theorie geblieben sind. »Seit die neue Bundesregierung im Amt ist, setzt sie diesen Kurs mit aller Macht um. Zunächst mit dem rechten Putsch in der Ukraine und der Aufrüstung der NATO in Osteuropa und ganz aktuell mit der deutschen Intervention im Nahen und Mittleren Osten.«
In einem Zweiten Teil widmete Schwarz sich dann direkt der Frage »Warum wollen die deutschen Eliten wieder Krieg?« Dazu zitierte er die Resolution »Die Rückkehr des deutschen Imperialismus und die Aufgaben der Partei für Soziale Gleichheit«, welche die PSG auf einer Sonderkonferenz gegen Krieg im September verabschiedet hat. Ein Schlüsselpassage darin laute: »Grund für diese Rückkehr des deutschen Militarismus ist die historische Krise des Weltkapitalismus und des Systems von Nationalstaaten, auf dem er beruht.«
Schwarz erklärte, dass die deutschen Eliten wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts und in den 1930er Jahren mit einer zunehmend aggressiven Außenpolitik auf die Krise des Kapitalismus reagieren. Trotzki habe 1932 die objektiven Triebkräfte untersucht, die zum Aufstieg Hitlers führten und Deutschland als den »fortgeschrittensten Kapitalismus unter den Bedingungen der europäischen Ausweglosigkeit« bezeichnet. Wie vor dem Ersten und Zweiten Weltkrieg strebe die Deutsche Bourgeoisie erneut danach Europa zu dominieren, um Weltmacht zu werden.
Es sei keine Übertreibung, wenn man von einer direkten historischen Linie spreche, die vom wilhelminischen Kaiserreich über das Dritte Reich zum Außenministerium unter Steinmeier führt. Wie damals habe sich »der deutsche Imperialismus das Ziel gesetzt, die Ukraine, Georgien und andere Länder, die einst der Sowjetunion und dem Zarenreich angehörten, aus dem Einflussbereich Moskaus zu lösen und in den Einflussbereich der von Deutschland dominierten Europäischen Union einzugliedern. Er arbeitet dabei mit politischen Kräften wie der Partei Swoboda und der Vaterlandspartei zusammen, die Skoropadsky und den Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera als Nationalhelden verehren.«
Um diese Aussage zu untermauern zitierte Schwarz einen Aufsatz auf der offiziellen Seite des Außenministeriums mit dem bezeichnenden Titel: »Deutschlands Bestimmung: Europa führen um die Welt zu führen.« Ein anderes Beispiel sei das gerade erschienene Buch Joschka Fischers mit dem Titel »Scheitert Europa?«. Darin schreibe der ehemalige Außenminister: »Zwei Jahrzehnte nach der Zweiten deutschen Einigung werden Deutschland und Europa von dem alten Widerspruch der deutschen Mittellage wieder eingeholt: Deutschland ist und bleibt zu groß für Europa und zu klein für die Welt, zu klein für eine eigenständige weltpolitische Rolle.«
Schwarz zeigte auf, dass die Rückkehr zu deutscher Großmachtpolitik mit einer Revision der Geschichte einhergeht. Gerade an der HU gebe es mit dem Politikwissenschaftler Herfried Münkler und dem Leiter des Lehrstuhls Geschichte Osteuropas Jörg Baberwoski Professoren die systematisch daran arbeiten, das bisherige Verständnis der Ursachen beider Weltkriege und der Verantwortung Deutschlands zu revidieren. Beide würden dabei gleichzeitig ihre akademische Position benutzen, um öffentlich für eine aggressivere deutsche Außenpolitik zu trommeln.
Schwarz ging in diesem Zusammenhang auf die Auseinandersetzung zwischen den IYSSE und der Universitätsleitung im Vorfeld der Veranstaltung ein. Diese habe versucht, die IYSSE-Veranstaltung politisch zu zensieren, indem sie die Kritik der Studierenden an den rechten Professoren als »Beschimpfung« und »Schmähung« darstellte, die gegen den akademischen Diskurs verstoße. Schwarz wies diesen Vorwurf entschieden zurück. Die IYSSE hätten nie jemanden beschimpft oder geschmäht, sondern, lediglich »recht nüchtern und objektiv analysiert, was die Humboldt- Professoren Münkler und Baberowski in Talkshows, Radiointerviews, Zeitungsartikeln und auf öffentlichen Podiumsdiskussionen vertreten«.
Ein Ausschnitt der Versammlung der IYSSE an der HUEin Ausschnitt der Versammlung der IYSSE an der HU
Vor allem die Aussagen Baberowskis seien regelrecht »skandalös«. Studierende hätten nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, dagegen zu protestieren. Schwarz präsentierte einige Zitate. Am 10. Februar habe Baberowski im Spiegel erklärt: »Hitler war kein Psychopath, er war nicht grausam. Er wollte nicht, dass an seinem Tisch über die Judenvernichtung geredet wird.« Anfang Oktober habe er auf einer Podiumsdiskussion im Deutschen Historischen Museum zur militärischen Bekämpfung von nichtstaatlichen Kräften wie ISIS und den Taliban gesagt: »Und wenn man nicht bereit ist, Geiseln zu nehmen, Dörfer niederzubrennen und Menschen aufzuhängen und Furcht und Schrecken zu verbreiten, wie es die Terroristen tun, wenn man dazu nicht bereit ist, wird man eine solche Auseinandersetzung nicht gewinnen.«
Am Ende seines Vortrags stellte Schwarz die entscheidende Frage: »Was tun gegen Krieg und die Rückkehr des aggressiven deutschen Militarismus?« Er erklärte, dass der Kampf gegen Krieg untrennbar mit der Mobilisierung der Arbeiterklasse auf der Grundlage eines internationalen sozialistischen Programms verbunden ist. »Es kann keinen Kampf für Sozialismus ohne Kampf gegen Krieg geben, und umgekehrt keinen Kampf gegen Krieg ohne Kampf für Sozialismus.«
Die PSG und ihre Jugendorganisation, die IYSSE, stützten »den Kampf gegen Militarismus und Krieg theoretisch, politisch und organisatorisch auf die Arbeiterklasse. Sie ist als internationale Klasse die einzige Kraft, die einen Dritten Weltkrieg verhindern kann. Ihre Interessen bringen sie in Widerspruch zum kapitalistischen System. Aber die sozialistische Revolution ist kein automatischer Prozess. Die Entscheidung über ihr Tempo und ihren Erfolg fallen im Bereich der Politik. Wie Trotzki am Vorabend des Zweiten Weltkriegs schrieb, läuft die geschichtliche Krise der Menschheit auf die Krise der revolutionären Führung hinaus. Die Lösung dieser Krise hängt von den Entscheidungen, dem Handeln und dem Aufbau unserer Partei ab.«
Aufgrund des großen Interesses an dem Vortrag wurde vereinbart, am kommenden Montag ein Follow-up Meeting zu organisieren, um die Diskussion fortzusetzen.
PSG und IYSSE protestieren gegen politischen Angriff der Humboldt Universität
Von der PSG und der IYSSE, 25. November 2014
Das Institut für Geschichtswissenschaften der Berliner Humboldt Universität hat auf seiner Website eine »Stellungnahme zu den Angriffen auf Prof. Dr. Jörg Baberowski« veröffentlicht. Sie greift die Partei für Soziale Gleichheit und ihre Jugend- und Studentenorganisation IYSSE heftig an, weil sie die rechten politischen Auffassungen und Ziele des Lehrstuhlinhabers für Geschichte Osteuropa kritisieren. Sie schafft einen Präzedenzfall für eine moderne Form der Gleichschaltung. Wir veröffentlichen hier einen offenen Brief an den Präsidenten der Universität, Prof. Jan-Hendrik Olbertz, mit dem die PSG und die IYSSE gegen diesen unerhörten Angriff