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DIE HEILUNG DER ZIVILISATION: Wie die persönliche Transformation durch Erziehung und Integration der intrapsychischen Familie auf die Gesellschaft übertragen werden kann.
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Ebook276 pages4 hours

DIE HEILUNG DER ZIVILISATION: Wie die persönliche Transformation durch Erziehung und Integration der intrapsychischen Familie auf die Gesellschaft übertragen werden kann.

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Dieses Buch entstand aus der Besprechung eines früheren Textes, Das Ende des Patriarchats, zu dessen Überarbeitung mich Juanjo Herrera, ehemaliger Kulturattaché an der spanischen Botschaft in Moskau, angesichts unserer globalen Situation und meines jüngsten Engagements für die Transformation des Erziehungswesens ermutigt hatte. Ich nahm den Vorschl
LanguageDeutsch
Release dateOct 1, 2013
ISBN9781938043116
DIE HEILUNG DER ZIVILISATION: Wie die persönliche Transformation durch Erziehung und Integration der intrapsychischen Familie auf die Gesellschaft übertragen werden kann.

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    Book preview

    DIE HEILUNG DER ZIVILISATION - Claudio Naranjo

    KRITIKERSTIMMEN

    „In Die Heilung der Zivilisation gibt uns Claudio Naranjo unser ehemaliges und zukünftiges Geburtsrecht zurück... In dieser Betrachtung findet sich die Übereinstimmung von Gegensätzen, die Beendigung der Dispute, die Vision aller Formen innerhalb einer einzigen Form, ja selbst die Auflösung der langen dunklen Nacht der Zivilisation, in die sie neues Licht bringt."

    JEAN HOUSTON, Autorin

    A Passion for the Possible, The Possible Human,

    A Mythic Life: Learning to Live Our Greater Story;

    Programmdirektorin des International Institute for Social

    Artistry, Vereinte Nationen; UNICEF-Beraterin

    „Claudio Naranjo ist einer der angesehensten Pioniere der Bewegung für das menschliche Potential (Human Potential Movement). Sein Einfluss ist ebenso subtil wie tiefgreifend und viele der interessantesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Persönlichkeitsentwicklung lassen sich auf ihn zurückverfolgen. In Die Heilung der Zivilisation stellt er die Krise unserer Zivilisation in einen globalen und historischen Zusammenhang, hält ein leidenschaftliches Plädoyer und bietet eine fundierte Grundlage für eine wirklich transformative Erziehung. Sein Ansatz ist wie immer klug und inspirierend, weil er eindeutig aus einer enormen Tiefe persönlicher Erfahrungen schöpft und ans Menschenmögliche herangeht. Claudio Naranjo hat einen bedeutenden Beitrag zur Heilung der Zivilisation in dieser gefahrvollen Zeit des Übergangs geleistet."

    ALFONSO MONTUORI, Professor,

    Transformative Studies/Transformative Leadership

    California Institute of Integral Studies

    „Dies ist, im wahrsten Sinne des Wortes, eine großartige Theorie der Zivilisation, die die pathologische Karriere des Patriarchats bloßstellt und unter Einbeziehung von Inspirationen einer etwa 6000 Jahre zurückliegenden martiarchalischen Vergangenheit eine ausgeglichenere Zukunft verspricht. Claudio Naranjo arbeitet auf sehr kreative Weise mit dem Dreieck Vater-Mann/Mutter-Frau/Sohn-Tochter und den drei Arten der Liebe: Agape, die mütterliche Liebe, Eros, die Liebe des Kindes und die väterlichmännliche Liebe zu Idealen. Diese letzte Form hat uns in ein katastrophales pathogenes Ungleichgewicht versetzt, in dem die Zärtlichkeit und die Liebe ausgetilgt wurden. Die Therapie besteht darin, die geistige Gesundheit, das heißt das Gleichgewicht zwischen den drei Arten der Liebe, wiederherzustellen, um die Trennung zwischen Denken, Fühlen und Handeln zu überwinden. Die Konzentration auf einen gemeinsamen Faktor ist eine sehr wichtige Eigenschaft in der tiefgehenden Kultur der Zivilisationen und eine intelligente Art, den Zusammenhang zwischen Gewaltstudien – unter Einbeziehung der Geschlechter - und Friedensstudien herzustellen. Danke, Claudio!"

    JOHAN GALTUNG, Professor für Friedensstudien,

    Direktor von „Transcend"

    1987 ausgezeichnet mit dem Right Livelihood Award

    (Alternativer Nobelpreis)

    „In Die Heilung der Zivilisation bietet uns Claudio Naranjo eine tiefgehende und weitreichende Vision der Menschheitsgeschichte und zieht Schlussfolgerungen über die Zukunft unserer Menschheit. In dem vorliegenden Werk vermittelt er uns einige seiner zwingenden Einsichten über die Misere unserer heutigen Welt, ein Verständnis dafür, worin dieses Übel liegt und wie es wirkt, sowie eine Vision des Wegs, den wir einschlagen müssen, damit unsere Gesellschaft zu einer gesünderen und ganzheitlichen Lebensart zurückfindet. Dieses Buch bietet bemerkenswerte Beiträge. Ich überlasse dem Leser die Freude an der Entdeckung."

    MITCHELL GINSBERG, Doktor der Philosophie,

    Autor von The Far Shore, The Inner Palace und Calm, Clear, and Loving

    „Die Analyse von Doktor Naranjo ist brilliant, aufschlussreich und leicht zu verfolgen. Seine ganzheitliche Vision der dreihirnigen Wesen (Denken, Fühlen und Handeln) bietet eine tiefsinnige Perspektive für die Erziehung in unserer Zeit."

    Prof. Dr. HEINRICH DAUBER,

    ehemaliger Direktor des Zentrums für Lehrerbildung der Universität Kassel

    „Die großen Kritiker der Moderne und des Patriarchats, von Toynbee zu Adorno und Foucault, waren kaum in der Lage, eine realistische Perspektive der möglichen Alternativen zu unserer Zivilisation zu bieten. Und genau dies tut Claudio Naranjos historische Anthropologie. Ausgehend von der Idee, dass die patriarchalische Gesellschaft, die als Antwort auf die hochtraumatischen Bedingungen der Vergangenheit entstand, nicht mehr funktionsfähig ist, schlägt Naranjo eine Soziotherapie des patriarchalischen Geistes vor. Dies kann nur durch eine alternative Erziehung erreicht werden, welche die persönliche und gesellschaftliche Entwicklung der Menschen fördert, indem sie deren inneres Gleichgewicht herstellt und sie in „dreihirnige Wesen verwandelt, was nur mit der Erziehung der Erzieher selbst beginnen kann. Naranjos „culturatry bedeutet einen wesentlichen Schritt in Richtung einer Wissenschaft der zivilisatorischen Heilung und einer Politik der Zivilisation, die bereits von dem französischen Philosophen Edgar Morin entworfen wurde."

    WILFRIED GRAF,

    Co-Direktor des Institute for Integrative Conflict Transformation and

    Peacebuilding (IICP)

    Wien, Österreich

    „Einmal mehr bietet uns Claudio Naranjo seine einzigartige Mischung aus Tradition und Frische, um die Probleme und Möglichkeiten der modernen Welt anzugehen. Sein Aufruf zu einer Erziehung der Liebe ist nicht nur ein inspirierendes Ideal, sondern findet seine praktische Umsetzung in seiner mittlerweile berühmten SAT Schule. Dieses anregende Buch zeigt, dass die transformative Erziehung von Lehren den wesentlichen Schlüssel zu einer humaneren Welt bildet. Lehrer müssen nicht nur wissen, was Liebe ist, sie müssen selbst lieben. Sie können nicht einfach vom Frieden reden, sie müssen friedvoll sein."

    JOHN J. HANAGAN, Ph.D.,

    Professor für komparative Philosophie und Religion

    Kansai Gaidai University

    Osaka, Japan

    „Niemand, der sich die Erziehung zu Herzen nimmt, sollte sich dieses Werk entgehen lassen, in dem der Autor Deweys Überzeugung wiedergibt „wenn unsere Erziehung irgendeinen Sinn fürs Leben haben soll, muss sie einen vollständigen Wandel durchlaufen und sein Buch mit den Worten „unsere Zukunft ist ein Wettlauf zwischen der Transformation der Erziehung und einer Katastrophe beendet."

    PEDRO CARLOS GARCÍA ARANGO,

    Ehemaliger Vizepräsident des Rektorenrats Privater Universitäten,

    Argentinien

    MEINUNGEN ZU ANDEREN BÜCHERN CLAUDIO NARANJOS

    „Die Besonderheit an Naranjos Ansatz ist, dass er, selbst wenn seine gelehrte Vision von verschiedenen Disziplinen gestützt wird, eine systematische Interpretation der Dinge bietet; er ist nicht einfach nur ein Kenner der Pädagogik, Medizin, Geschichte oder Psychiatrie, sondern er kombiniert diese Ansätze, um ein integriertes und komplexes Verständnis der Realität zu präsentieren."

    JUAN CASASSUS,

    Führender UNESCO-Experte für Lateinamerika und die Karibik

    [Aus seinem Vorwort zur spanischen Ausgabe von Changing Education to Change the World]

    „Wie die Propheten analysiert Claudio klar den äußerst kritischen Zustand unserer Zivilisation und identifiziert seine tiefe Wurzel, um mutig die einzig mögliche Heilung für uns und die Erde vorzuschlagen: die Anerkennung der „Sünde in unseren Egos, um auf diese Weise einen Heilungsprozess durch die Erziehung einzuleiten.

    FRANCO FABBRO,

    Dekan der Schule für Erziehungswesen,

    Universität von Udine, Italien

    [Aus seinem Vorwort zur italienische Ausgabe von The Patriarchal Ego]

    „Heute, wo sich Heuchelei und Puritanismus in Form von primitiven Fundamentalismen und Gesundheitskreuzzügen vermehren, während die Suchenden sich in Prediger von Spezialeffekten verwandeln, scheint es fast eine Vorsehung, auf die Tiefe und Weisheit Claudio Naranjos zu stoβen. Sein Buch ist eine Vereinigung seines riesigen multidisziplinären Wissens und auch seiner persönlichen Erfahrungen in den Bereichen Therapie, Erziehung, spirituelle Entwicklung sowie den spirituellen Traditionen und es kann zu einer kopernikanischen Revolution in den Köpfen und der Kultur anregen.

    MARTIN HOPENHAYN,

    Beamter der Vereinten Nationen und Dichter

    [Aus seinem Vorwort zur italienische Ausgabe von The Patriarchal Ego]

    „Naranjo seziert mit meisterhafter Fähigkeit den verwesenden Leichnam der westlichen Zivilisation, aber dabei beschränkt er sich nicht auf nihilistische Ernüchterung, denn die Behandlung seiner Themen ist von Liebe und Mitgefühl durchdrungen; er zeigt neue Formen des kollektiven Lebens auf und sät so die Hoffnung in den erstaunten Köpfen derjenigen von uns, die sich am Rande eines noch nie da gewesenen historischen Abgrunds sehen.

    ALAOR PASSOS, Soziologe,

    Profesor an der Universiät von Brasilia

    DIE HEILUNG DER ZIVILISATION

    Zusammenfassung

    In Die Heilung der Zivilisation werden Sie lernen:

    •    Wie wir eine individuelle Heilung durch die Kultivierung unserer „inneren Familie fördern können - eine Dreieinigkeit von „Innerem Vater, „Innerer Mutter und „Innerem Kind, die unseren drei Zentren oder „drei Gehirnen", also dem Denken, Fühlen und Handeln entspricht - und wie es uns gelingen kann, ein Gleichgewicht der gesunden Werte und Tugenden, die mit jedem Mitglied dieser heiligen Dreiheit einhergehen, zu fördern

    •    Wie die Gesellschaft als Ganzes das Patriarchat transzendieren kann, um ein neues Bewusstsein zu schaffen, das Wert legt auf Selbsterkenntnis und Achtsamkeit, Vertrauen in menschliche Beziehungen und die Natur, Spontaneität und Freude und die Kultivierung des Geistes jenseits des Intellekts

    •    Wie und warum das Patriarchat entstanden ist - die Geschichte unserer patriarchalen Gesellschaft, dass es heute noch existiert und warum es uns schadet

    •    Wie ein Wandel in der Ausbildung der Erzieher die Erziehung transformieren kann, um die ganze Person des Kindes anzusprechen und so eine gesunde Zukunft für unseren Planeten sicherzustellen

    •    Warum die Heilung der Zivilisation eine liebevolle, freie, und harmonische menschliche Gemeinschaft verspricht - und wie wir sie ermöglichen können

    Weitere Werke von Claudio Naranjo

    The End of Patriarchy and the Dawning of a Tri-Une Society

    Das Ende des Patriarchats und das Erwachen einer drei-einigen Gesellschaft

    The One Quest: A Map of the Ways of Transformation*

    The Enneagram of Society: Healing the Soul to Heal the World*

    Das Enneagramm der Gesellschaft - Die Übel der Welt - Das Übel der Seele

    Ennea-Type Structures: Self-Analysis for the Seeker*

    Enneatypes in Psychotherapy

    Transformation through Insight: Enneatypes in Life, Literature and Clinical Practice

    Wandlung durch Einsicht. Die Enneagrammtypen im Leben, in der Literatur und in klinischer Praxis

    The Healing Journey: New Approaches to Consciousness

    Die Reise zum Ich. Psychotherapie mit heilenden Drogen.

    The Divine Child and the Hero: Inner Meaning in Children’s Literature*

    Das göttliche Kind und der Held. Die tiefere Bedeutung von Kinderliteratur

    The Way of Silence and the Talking Cure: On Meditation and Psychotherapy

    Character and Neurosis: An Integrative View*

    Erkenne dich selbst im Enneagramm. Die 9 Typen der Persönlichkeit

    Gestalt Therapy: The Attitude and Practice of an Atheoretical Experientialism

    How to Be*

    * Veröffentlicht von

    DIE HEILUNG DER ZIVILISATION

    Wie die persönliche Transformation durch Erziehung und Integration der

    intrapsychischen Familie auf die Gesellschaft übertragen werden kann.

    CLAUDIO NARANJO

    Vorwort von Jean Houston

    „Auch politische, wirtschaftliche oder soziale Revolutionen sind keine Antwort, denn sie haben entsetzliche Tyranneien hervorgebracht oder einfach nur die Macht und Autorität in die Hände einer anderen Gruppe übertragen. Solche Revolutionen sind niemals der Ausweg aus unserer Verwirrung und unseren Konflikten.

    Doch es gibt eine Revolution, die ganz und gar anders ist und die stattfinden muss, wenn wir aus der endlosen Verkettung von Ängsten, Konflikten und Enttäu schungen, in die wir verstrickt sind, herauskommen wollen. Diese Revolution kann nicht mit Theorien und Ideen beginnen, die sich am Ende als wertlos erweisen, sondern nur mit einer radikalen U mwandlung im Geiste selbst. Eine solche Umwandlung kann nur durch die richtige Erziehung und die ganzheitliche Entwicklung des Menschen herbeigeführt werden."

    J. Krishnamurti, Die vollkommene Freiheit

    Inhalt

    Vorwort von Jean Houston

    Einleitung von Arno Vogel

    Vorbemerkung

    Kapitel 1: Eine komplexe Problematik und ihre verschwiegene Ursache

    Kapitel 2: Totila Albert und seine Vision einer dreieinigen Gesellschaft

    Kapitel 3: Die Zivilisation als Hybris

    Kapitel 4: Das Patriarchat heute

    Kapitel 5: Der patriarchale Geist

    Kapitel 6: Die Alternative zum Patriarchat

    Kapitel 7: Eine dreifokale Erziehung zur Überwindung des Patriarchats

    Kapitel 8: Die Heilung der Lehrer zur Transformation der Erziehung

    Kapitel 9: Nachwort

    Widmung

    Danksagungen

    Anmerkungen

    Hinweise

    Über den Autor

    VORWORT

    JEAN HOUSTON

    Er weiß es nicht, aber ich habe Claudio Naranjos Weg fast vierzig Jahre lang beobachtet. Und was ich gesehen habe, ist ein Mann, der die Realitäten, von den wissenschaftlichen bis zu den schamanischen, begreift. Gelehrter, Dichter des Möglichen, ist er ein Erforscher der äußeren Grenzen des inneren Raums. Seine Tiefensondierungen in den Quellen der Geschichte und Zivilisation lassen das Echo von jemand erhallen, der die Pathologie hört, während er auf der Suche nach dem Gesang des neuen Mythos dessen ist, was wir sind, woher wir kommen und was wir sein können. Vor Hunderten von Jahren wäre er Priester und Alchemist gleichzeitig gewesen. Heute greift er in diesem aufschlussreichen Werk Die Heilung der Zivilisation das dunkle Thema auf, das die Ursache für so viele unserer Unbehagen ist - die patriarchalischen Ursprünge der Zivilisation. Auf der Suche nach Ausgewogenheit ruft er die matristische Zeit in Erinnerung, als die weiblichen Werte entscheidend für das Gewebe der Kulturen waren.

    Wie die bemerkenswerte, wenn auch höchst umstrittene Arbeit Marija Gimbutas’ und anderer gezeigt hat, war die alte europäische Kultur von etwa 7000 bis 3500 v. Chr. im Wesentlichen eine neolithische Agrarwirtschaft, bei der die Riten und die Verehrung der Großen Göttin im Mittelpunkt standen. Die Funde der Archäologen James Mellaart in Catal Hüyük in der Türkei und Gimbutas in Südosteuropa offenbaren Zivilisationen von extrem komplexer und anspruchsvoller Kunst, Handwerk, Technik und sozialer Organisation. Ferner scheinen, nach Befürwortern dieses Verständnisses wie Riane Eisler, die Zeugnisse zu belegen, dass es sich im Grunde um nichtpatriarchalische partnerschaftliche Gesellschaften handelte, in denen Abstammung und Vererbung über die Mutter weitergegeben wurden und Frauen eine Schlüsselrolle in allen Aspekten des Lebens und der Arbeit spielten.

    Wie war es, in diesen Kulturen zu leben, die vom Archetyp der Göttin regiert wurden? Aller Wahrscheinlichkeit nach lag der Schwerpunkt mehr auf dem Sein als auf dem Handeln, auf Vertiefung statt Produktion und Leistung. Der Prozess war wichtiger als das Produkt, denn die Große Göttin war in erster Linie eine Gottheit des Prozesses, der natürlichen Rhythmen des Lebens und ihrer Entfaltung in den Zyklen, die die Natur beherrschen. So wurde sie für viele ihrer Aspekte verehrt - als Mutter Erde, als Garantin der Fruchtbarkeit, Hüterin der Geburt; Beschützerin und Erhalterin des Wachstums von Kindern, Pflanzen und Tieren; als Heilerin, Helferin und Quelle der Inspiration und Kreativität und als die Herrin der wilden Tiere, Dame der Kunst und Poesie und Gebieterin des Todes.

    Vor allem aber waren ihre Gebräuche die des Friedens. So ist in diesem Betrachtungszeitraum die Kunst nicht heroisch, ja, es gibt keine Darstellungen von Helden, Eroberungen oder Gefangenen - das kam viel später. Stattdessen wimmelt die Kunst von Szenen und Symbolen aus der Natur - Sonne und Wasser, Schlangen, Vögel und Schmetterlinge - und überall Schreine, Gaben, Bilder und Figuren der Göttin. Der künstlerische Schwerpunkt liegt nicht auf der geraden Linie, sondern auf der Mäander und der Spirale, was auf die vielen Wendungen des Tanzes des Lebens hindeutet. Alles in allem gewinnt man den Eindruck einer sanften Hochkultur - fürsorglich, verspielt und friedlich.

    Diese Kultur wurde nach Kreta exportiert, wo sie in bevölkerungsreichen gut organisierten Städten, vielstöckigen Palästen, Netzwerken von guten Straßen, produktiven Bauernhöfen, einem fast modernen System an Entwässerungs- und Bewässerungsanlagen, einer reichen Volkswirtschaft mit hohem Lebensstandard und dem lebhaften und freudvollen künstlerischen Stil erblühte, der so charakteristisch für kretisches Leben und Sensibilität ist. Wieder vertreten bestimmte Gelehrte, dass dies eine Kultur männlich-weiblicher Gleichberechtigung und Partnerschaft war und wieder waren die geistliche Autorität und Leitprinzipien die der Großen Göttin. Hier wurde die Göttin in ihrer dreifachen Manifestation gesehen; indem sie ihre Form wandelte, fand sie ihre Entsprechung in den Jahreszeiten und den Phasen des Mondes. So erscheint sie als Jungfrau (Frühjahr/Neumond), fruchtbare Mutter (Sommer und Herbst/zunehmender Mond und Vollmond) und weise Alte (Winter/abnehmender Mond).

    Die Göttin in ihrer dreifachen Form findet man auf der ganzen Welt in Mythos, Theologie, Legende und Literatur. Im antiken Griechenland erscheint sie in vielen Triadengöttinnen, von denen die bekannteste wohl ihre Offenbarung in den Eleusinischen Mysterien als Mutter (Demeter), Tochter (Persephone) und weise Zauberin (Hekate) ist. In der Artussage erscheint sie als jungfräuliche Herrin vom See, die Artus sein Schwert gibt, als seine Frau Guinevere und als seine magische Halbschwester Morgan le Fay.

    Sowohl in den früheren als auch den späteren Kulturen Griechenlands personifiziert Athene in ihrer Rolle als Schirmherrin der Kunst, des Handwerks und der Wissenschaften einen Aspekt der dreifachen Göttin. Charlene Spretnak bietet in ihrer Studie über prähellenische Göttinnen eine schöne Betrachtung über den Mythos von Athene, die diese frühere Rolle der Göttin in den matristischen Kulturen perfekt beschreibt:

    In den minoischen Tagen von Kreta förderte Athene eine beispiellose Blüte des Lernens und der Kunst. Eine dynamische Architektur erreichte vier Stockwerke, auf Säulen und mit fein gearbeiteten Details, aber immer durchtränkt von der Serenität der Göttin. Geduldig zeichneten ihre Sterblichen Himmelskarten, erdachten einen Kalender, unterhielten schriftliche Archive. In den Palästen malten sie eindrucksvolle Fresken ihrer Priesterinnen und formten ihre Eule und die sich immer wieder erneuernde Schlange in den Räumen mit den Heiligenschreinen. Figuren der Göttin und ihrer Rituale wurden geschickt in Siegel und Amulette eingraviert. Anmutige Szenen wurden in Reliefformen für Goldgefäße und Schmuck gegossen. Athene förderte alle Künste, besonders aber bevorzugte sie die Weberei und die Töpferei.

    Lange bevor es Paläste gab, war die Göttin einer Gruppe von Frauen erschienen, die auf einem Feld Pflanzen sammelten. Sie brach die Stiele des blaublühenden Flachs auf und zeigte ihnen, wie die fadenförmigen Fasern gesponnen und dann gewebt werden konnten. Kette und Schuss tanzten zwischen ihren Fingern bis eine Bahn Tuch vor ihnen entstand. Sie lehrte sie, welche Pflanzen und Wurzeln den Stoff färbten und dann leitete sie die Sterblichen vom Feld zu einer Lehmgrube. Dort beobachteten sie wie Athene eine lange Schlange formte und um ihren Arm wickelte, ähnlich den Schlangen, die sich um ihre Arme wanden. Sie formte ein Gefäß und glättete die Seiten,um dann flink eine Paste aus einem anderen Ton und Wasser aufzubringen. Wenn es in einer Grube in der Erde gebacken wurde, erschien ein deutliches Spiralmuster. Das Bild von Kreisen, die sich immer wieder wiederholen und doch vorwärts bewegen, wurde von den Frauen über Jahrhunderte beibehalten.

    Während die Sterblichen voran schritten, betreute Athene den künstlerischen Impuls weiter. Sie wusste, er würde nie in einem Umfeld von Konflikten gedeihen, so dass sie die Häuser vor widerstreitenden Kräften schützte und die Städte vor Aggressionen behütete. So unbesiegbar war die Aura ihres Schutzes, dass die Minoer in unbefestigten Küstenstädten lebten. Ihr Seehandel blühte und sie genossen einen Frieden, der tausend Jahre währte. Jede Familie verehrte Athene in ihrem Heim und hielt den Olivenzweig heilig. Dann ganz plötzlich wurde die Blüte der Minoer zerschlitzt. Barbaren aus dem Norden, wilder als alle, die die ägäische Göttin je gekannt hatte, marschierten auf der Insel ein und brachten Athene weg nach Attika. Dort machten sie sie zur Soldatin.¹

    Diese sanften Zivilisationen wurden durch die räuberischen Horden von Eindringlingen, den letzten aus der langen Reihe der indoarischen Kriegernomaden, zerstört. Diese Eroberer zwangen den Besiegten nicht nur ihre eigenen strengen Regeln auf, sondern zerschmetterten auch die fein gewobene Symbiose zwischen Mensch, Natur, Kultur und spirituellen Realitäten. Mit ihrem geteilten Bewusstsein und ihren unsteten Loyalitäten fühlten sich die Invasoren von den sanften Hochkulturen, mit denen sie zusammentrafen, zugleich angezogen und abgeschreckt. Sie verspürten Faszination und Schrecken gegenüber der Allgegenwart ihrer Erotik. Und so wappneten und rüsteten sie sich gegen die Verlockungen ihrer Sinnlichkeit. Sie fürchteten, scheuten und schändeten die Orte und Menschen, die Zeugnis von der ständigen Kommunikation zwischen den sichtbaren und unsichtbaren Geboten ablegten, die sie selbst längst verloren hatten.

    Wir finden eine späte Version davon in der Ilias, als die heilige Botin und Prophetin Kassandra auf dem Altar der Athene geschändet wird. Und um seine

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