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Blutgeld: Undercover bei den Hells Angels
Blutgeld: Undercover bei den Hells Angels
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Blutgeld: Undercover bei den Hells Angels

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About this ebook

Gerichtsreporter Neal Hall hatte Zugang zu allen Tonbändern, Protokollen und Zeugenaussagen. Zahlreiche Hells Angels werde mit ihren eigenen Worten vorgestellt: Raub, Drogenhandel, Prostitution - es offenbart sich eine kriminelle Szene, die mit brutalen Mitteln gegen jeden vorgeht, der sich ihr in den Weg stellt oder gar versucht, sie zu betrügen oder zu verraten. Michael Plante war so ein Verräter, den die Polizei und die Justiz massiv für Ermittlungen und Anklagen einsetzen konnten. Reihenweise wanderten Hells Angels ins Gefängnis, nach teils dramatischen Gerichtsverhandlungen. Am Ende war das gefürchtete Chapter praktisch nicht mehr existent. Neal Hall öffnet dem Leser durch seine detaillierte Recherche ein Fenster zur unglaublichen Welt der mächtigsten Motorrad-Bande unserer Zeit. Ein spannendes Buch, das umfangreichen Einblick in die Abgründe der Hells Angels liefert.
LanguageDeutsch
PublisherHannibal
Release dateSep 10, 2012
ISBN9783854453987
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    Book preview

    Blutgeld - Neal Hall

    titel.pdf

    Aus dem amerikanischen Englisch von

    Kirsten Borchardt und Alan Tepper

    Logo_Hannibal_s/w.JPG

    www.hannibal-verlag.de

    Impressum

    Der Autor: Neal Hall

    Deutsche Erstausgabe 2012

    Titel der Originalausgabe:

    „Hell to pay – Hells Angels vs. the million-dollar rat" © 2011 by Neal Hall

    ISBN: 978-0-470-68096-4

    Coverdesign, Layout und Satz: © Thomas Auer, www.buchsatz.com

    Übersetzung: Alan Tepper

    Lektorat: Dr. Matthias Auer, Aulo Verlagsservice

    Korrektorat: Otmar Fischer

    © 2012 by Hannibal

    Hannibal Verlag, ein Imprint der KOCH International GmbH, A-6604 Höfen

    www.hannibal-verlag.de

    ISBN 978-3-85445-398-7

    Auch als Paperback erhältlich mit der ISBN 978-3-85445-397-0

    Hinweis für den Leser:

    Kein Teil dieses Buchs darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, digitale Kopie oder einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet werden. Der Autor hat sich mit größter Sorgfalt darum bemüht, nur zutreffende Informationen in dieses Buch aufzunehmen. Es kann jedoch keinerlei Gewähr dafür übernommen werden, dass die Informationen in diesem Buch vollständig, wirksam und zutreffend sind. Der Verlag und der Autor übernehmen weder die Garantie noch die juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für Schäden jeglicher Art, die durch den Gebrauch von in diesem Buch enthaltenen Informationen verursacht werden können. Alle durch dieses Buch berührten Urheberrechte, sonstigen Schutzrechte und in diesem Buch erwähnten oder in Bezug genommenen Rechte hinsichtlich Eigennamen oder der Bezeichnung von Produkten und handelnden Personen stehen deren jeweiligen Inhabern zu.

    Inhalt

    Danksagung

    Verzeichnis der Hauptpersonen

    Einleitung

    1. Die „Ratte" wird verwanzt

    2. Die Unterschrift, die ein Leben verändert

    3. Ein „offizieller Freund"

    4. Mord ist das Geschäft

    5. Wo ist unser Kumpel?

    Bildstrecke

    6. Die K-Town-Crew

    7. Razzia

    8. Der erste E-Pandora-Prozess

    9. Kriminelle Vereinigung – Runde eins!

    10. Kriminelle Vereinigung – Runde zwei!

    11. Eier aus Stahl

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    Danksagung

    Ich möchte mich zuallererst beim gesamten Team von John Wiley & Sons Canada und insbesondere auch beim Herausgeber Don Loney bedanken – für den Vorschlag, dieses Buch zu schreiben, und dann vor allem für die mir entgegengebrachte Geduld bei der Niederschrift. Dank gebührt gleichfalls Elizabeth McCurdy, die das Projekt bis zur Publikationsreife begleitete, und Jane Withey für ihr einfühlsames Lektorat.

    Meinen Herausgebern bei der Vancouver Sun danke ich für den Freiraum, den sie mir während der Arbeit an diesem Buch einräumten.

    Besonderer Dank gilt meinen Kollegen, die die Story zusammen mit mir über all die Jahre verfolgten: Kim Bolan, Chad Skelton und Lori Culbert von der Vancouver Sun und Keith Fraser von The Province.

    Wie bei fast allen komplexen Fällen dauerten die Gerichtsverfahren insgesamt fünf Jahre, wobei das Urteil in einem Berufungsverfahren noch aussteht. Alle Fehler oder Auslassungen sind allein mir anzulasten.

    Verzeichnis der Hauptpersonen

    Rick Alexander – Associate der Hells Angels.

    Robert Alvarez – Mitglied der Hells Angels und der Nomads.

    Wissam (Sam) Mohamed Ayach – Drogenhändler des East-End-Chapters der East-End-Hells-Angels in Vancouver.

    Benjamin Azeroual – Associate des Vancouver East-End-Chapters.

    Chad James Barroby – Associate des Vancouver East-End-Chapters.

    Jason William Brown – Associate des Vancouver East-End-Chapters.

    John Peter Bryce – Präsident des East-End-Chapters in Vancouver.

    Jonathan Sal Bryce Jr. – Sohn von John Bryce, dem Präsidenten des East-End-Chapters.

    Michael (Speedy) Christiansen – Mitglied der Hells Angels und Mitbegründer der 13th Tribe Bike-Gang in Halifax.

    Claude Duboc – Drogenbaron, dessen Untergebene in British Columbia (B.C.) mit den Hells Angels kooperierten.

    Nima Abbassian Ghavami – Freund von Michael Plante und Associate des Vancouver East-End-Chapters der Hells Angels.

    David Francis (Gyrator) Giles – Langjähriges Hells-Angels-Mitglied und früheres Mitglied der Hells Angels in Sherbrooke, Quebec.

    Stanley Thomas Gillis – Sergeant at Arms des Vancouver East-End-Chapters.

    Richard Goldammer – Hells-Angels-Mitglied aus Kelowna, B.C.

    Jamie Holland – Hells Angel und Mitglied der Nomads.

    Brian Jung – Associate des Vancouver East-End-Chapters der Hells Angels.

    Norman Edward Krogstad – Ehemaliger Präsident der Hells Angels in Vancouver und ranghöchster Hells Angel, der des Drogenhandels in B.C. schuldig gesprochen wurde.

    Ronaldo Lising – Hells Angel und Mitglied der Nomads.

    Villy Roy Lynnerup – Sergeant at Arms der Hells Angels White Rock, B.C.-Chapter.

    David Patrick O’Hara – Ehemaliges Mitglied der Hells Angels in Vancouver und Mission.

    David Ronald Pearse – Associate des Vancouver East-End-Chapters der Hells Angels.

    Leroy Serra Pereira – Kindheitsfreund von John Punko und Associate des East-End-Chapters.

    Francisco Batista (Chico) Pires – Hells Angel und Mitglied der Nomads.

    George Pires – Mitglied der Hells Angels und der Nomads.

    Michael Plante – Informant der RCMP und „offizieller Freund der Hells Angels. Für die Aussage gegen seine ehemaligen „Freunde bei den Hells Angels wurden ihm 1 Million Dollar versprochen.

    Randall (Randy) Richard Potts – Mitglied des East-End-Chapters der Hells Angels in Vancouver.

    John Virgil Punko – Mitglied des East-End-Chapters der Hells Angels in Vancouver.

    Richard Andrew Rempel – Associate des East-End-Chapters.

    Kerry Ryan Renaud – Associate des East-End-Chapters.

    David Roger (Baldy) Revell – Associate der Hells Angels des East-End-Chapters.

    Lloyd (Louie) George Robinson – Langjähriges Mitglied der Vancouver Hells Angels und Halbbruder von John Bryce.

    Guy (Bully) Rossignol – Hells-Angels-Mitglied aus Kelowna, B.C.

    Joseph Bruce Skreptak – Hells-Angels-Mitglied aus Kelowna, B.C.

    Cedric Baxter Smith – langjähriges Hells-Angels-Mitglied, verschwunden und vermutlich sein 2008 nicht mehr am Leben.

    Mickie (Phil) Smith – Auftragskiller, der in fünf Mordfällen überführt wurde, darunter ein Mord für die East-End-Hells-Angels.

    Juel (Jules) Ross Stanton – Mitglied der Hells Angels und bekannt für seine Brutalität. Spitzname: Hooligan.

    Tony Terezakis – Associate der Hells Angels.

    Robert Leonard Thomas „Tattoo Rob" – Mitglied der Hells Angels.

    Jean Joseph Violette – Mitglied der Vancouver Hells Angels.

    Gino Zumpano – Mitglied der Hells Angels und der Nomads.

    Einleitung

    In seiner Jugend nannten sie ihn Big Mike, besonders wegen seines prallen Bizeps und wegen des muskulösen Brustkorbs. Man kannte ihn auch unter dem Namen „Sherman", denn sein Körperbau glich einem Sherman-Panzer.

    2002 begann der stämmige Gewichtheber Michael Dollard Plante als Rausschmeißer in Vancouvers Marble-Arch-Stripclub zu arbeiten. Er bekam den Job dank der tatkräftigen Unterstützung von Randy Potts, einem aufstrebenden Mitglied der Hells Angels. Zu der Zeit steckte Potts noch mitten im sogenannten „Programm, einem vierstufigen Ausleseverfahren, das am Ende zur vollwertigen Mitgliedschaft in der berüchtigtsten Outlaw-Biker-Gang der Welt führte. Im örtlichen Fitnessclub wechselte Plante oft einige Worte mit den Bikern und trainierte schon bald mit Mitgliedern des East-End-Chapters der Hells Angels in Vancouver. Er gab ihnen Ratschläge für das Stemmen der Gewichte, damit die Biker ihre Muskeln möglichst effizient „aufpumpen konnten, und er versorgte sie auch hin und wieder mit illegalen Steroiden.

    Einer der Biker, Lloyd „Louie" George Robinson, lud Plante eines Tages zum gemeinsamen Training in das an der East Georgia Street gelegene Clubhaus des East-End-Chapters ein. Robinson, damals Mitte 40, war langjähriges Mitglied der East End Hells Angels, und sein Bruder John Peter Bryce fungierte als Präsident der Ortsgruppe.¹

    Das erste Chapter der Hells Angels war in Oakland, Kalifornien, gegründet worden, und nach und nach formierten sich dann auf der ganzen Welt Ortsgruppen. Die Angels begannen in den Siebzigern, ihre Fühler auch nach Kanada auszustrecken, etablierten sich im ganzen Land und gründeten mehr als 30 Chapter.

    Das East-End-Chapter gehörte zu den wohlhabendsten und einflussreichsten Ortsgruppen des Landes. Es wurde 1983 gegründet, als die Hells Angels eine lokale Biker-Gang, die Satan’s Angels, mit drei Ortsgruppen in und um Vancouver und einer in Nanaimo auf Vancouver Island, übernahmen und sich einverleibten.

    Das East-End-Clubhaus bildete den Schlupfwinkel der Biker, versehen mit Überwachungskameras und abgesichert durch Stahltüren mit elektronischen Schlössern. Es verfügte über eine Privatbar, eine Lounge, einen Versammlungsraum, zwei Schlafzimmer und einen komplett ausgestatteten Fitnessraum.

    Robinson, zutiefst beeindruckt vom gestählten und überaus muskulösen Körperbau seines Kumpels, bat diesen, sein Krafttraining zu überwachen. Bei einer dieser gemeinsamen Übungseinheiten wurde Plante Zeuge, wie sein Schützling aus der Rückenlage mehr als 180 Kilogramm stemmte, was bei den anderen Hells Angels entsprechend Eindruck machte.

    Schon bald eilte Plante der Ruf eines zuverlässigen Freundes der Biker voraus, woraufhin diese ihm verschiedene Jobs übertrugen. Zusätzlich zu der Tätigkeit als Rausschmeißer im Stripclub machte er sich als Verstärkung beim Eintreiben ausstehender Zahlungen nützlich. Seine Muskelpakete schüchterten die Schuldner ein und versetzten sie in Angst und Schrecken. Plantes Job bestand darin, diesen Leuten klarzumachen, dass sie weniger Ärger – und keine Schmerzen – zu befürchten hatten, wenn sie freiwillig und schnell zahlten.

    Meist reichten ein furchteinflößender Blick und einige einschüchternde Androhungen aus, doch falls notwendig, wurde auch Gewalt angewandt. Manchmal zog Plante sogar eine Waffe. Im Januar 2003 bedrohte er einen Mann, der Randy Potts Kutte gestohlen hatte, die diesen als „Abhänger auswies. Als der Dieb aus dem Haus kam, feuerte Plante mit einer .38er Pistole drei Mal in die Luft. „Ich wollte ihm nur Angst einjagen, ihn bluffen, erinnerte er sich später und gab an, dass er zur Tarnung ein Sweatshirt mit Kapuzenmütze trug.

    Während seiner „Karriere" beim Club verübte Plante sieben Anschläge, doch die meisten Zeugen bekamen schnell kalte Füße und weigerten sich, Anzeige gegen ihn zu erstatten. Er wurde lediglich wegen eines Angriffs auf einen Mann im Fitnesscenter verurteilt.

    Doch dann kam der Tag, der sein Leben für immer verändern sollte und an dem er sich entschied, als Maulwurf für die Polizei zu arbeiten.

    Im Juli 2003 wurde Plante, damals 36 Jahre alt, der Auftrag erteilt, das Büro von James Betnar aufzusuchen, einem Geschäftsmann aus Vancouver, der nach Polizeiinformationen David Patrick O’Hara 20.000 Dollar schuldete. Zu der Zeit gehörte O’Hara zum Mission-Chapter der Hells Angels, das die Gegend um Vancouver unsicher machte.²

    Alles begann wie ein Routinejob. Randy Potts beauftragte Plante, besagten Betnar aus seinem Büro zu holen und ihn zu O’Haras luxuriösem Haus in Surrey, einem Vorort von Vancouver, zu bringen, um der Forderung Nachdruck zu verleihen. Während der 40-minütigen angespannten Fahrt breitete sich eine unangenehme Atmosphäre im Wagen aus. Betnar war klar, was ihn erwartete, und er sagte kaum ein Wort. Am Ziel der Reise angekommen, parkte Plante vor einer großen Werkstatt, in der O’Hara an Dragster-Bikes schraubte. Er erklärte Betnar, dass O’Hara drinnen warte, um mit ihm Klartext zu reden.

    Plante saß dann draußen und hörte Betnar, der drinnen verprügelt wurde, schreien. Schließlich torkelte Betnar mit blutigen Striemen auf Gesicht und Armen aus der Tür. Unter unerträglichen Schmerzen humpelte er zu Plantes Auto.

    Die meisten Opfer der Hells Angels hätten kein Sterbenswörtchen über eine Prügelattacke verloren, und das Leben der mächtigsten Gang an der Ostküste hätte seinen gewohnten Lauf genommen. Doch Betnar wandte sich an die Polizei, die ihm das anbot, ihn ins Zeugenschutzprogramm aufzunehmen, ein Verfahren, das mit einem Umzug einherging. Im Anschluss an Betnars Aussage wurden Plante und O’Hara verhaftet und wegen Erpressung angeklagt.³

    Man brachte Plante in das Gefängnis in Surrey. Nachdem er einige Stunden in der Zelle gesessen hatte, fällte er eine Entscheidung, die sein Leben von Grund auf umkrempeln sollte.

    Er nahm Kontakt zur RCMP [Royal Canadian Mounted Police, Bezeichnung für die kanadische Polizeibehörde] auf, die ihr Büro direkt neben dem Knast hatte, und erklärte sich grundsätzlich bereit mit der Polizei zusammenzuarbeiten.

    Die Beamten versuchten schon seit Jahren, die Gang zu unterwandern, und die Tatsache, dass Plante in einem Vertrauensverhältnis zu den East-End-Angels stand, wirkte sich auf den weiteren Verlauf der Deals positiv aus.

    Die Polizei mutmaßte, dass das East-End-Chapter eine wichtige Rolle bei der Kontrolle des Kokaingeschäfts spielte und dass es sich mögliche Konkurrenten mit Gewalt vom Halse hielt.

    Die Beamten gingen außerdem davon aus, dass eine Expansion in den Bereichen Produktion und Handel mit synthetischen Drogen wie Ecstasy und Methamphetamin – auf der Straße auch als Crystal Meth bekannt – und von Geschäften im Bereich der Internet-Pornografie und des Online-Glücksspiels aus.

    Plante wurde in einen Verhörraum gebracht, wo er auf zwei Mounties traf, die später seine Kontaktleute bei der Polizei wurden. Einer der Beamten fragte ihn mit Nachdruck, warum er bereit sei, mit der Polizei zu kooperieren. Er wollte sichergehen, dass Plante nicht vorhatte, in die Rolle eines Doppelagenten zu schlüpfen, denn als solcher hätte er die Überwachungsmaßnahmen der Behörde den Kumpeln aus der Biker-Szene verraten können. Plante erzählte dem Beamten kurz und bündig seinen Lebenslauf und betonte dabei, dass ihm die jetzige Situation überhaupt nicht behage.

    Der Mountie führte ihm unmissverständlich vor Augen, dass ihm eine Anklage wegen Erpressung ohne Zweifel eine Haftstrafe einbringen werde. Während des Gesprächs wurde dem eingeschüchterten Plante aber auch mitgeteilt, dass die Polizei im Falle einer Zusammenarbeit die Anschuldigungen unter den Tisch fallen lassen könnte …

    Plante zögerte zunächst, auf das konkrete Angebot einzugehen. Er wusste, dass Leute, die sich gegen die Hells Angels stellten, diesen Verrat in der Regel mit dem Leben bezahlten.

    Der Beamte gab Plante Bedenkzeit, übergab ihm seine Karte und sagte, er könne ihn bei einem eindeutigen Entschluss jederzeit anrufen.

    Nachdem er in die Zelle zurückgekehrt war, dachte Plante über sein Leben nach. Ihm war klar, dass ihm mindestens einige Jahre im Knast blühten. Unter dem Vorwand, seinen Rechtsanwalt anrufen zu wollen, bat er um die Möglichkeit eines Telefonats. Er wollte erfahren, was die Mounties genau von ihm verlangten.

    „Wir werden Ihnen die Spesen erstatten und abwarten, wie es so läuft", lautete die Antwort.

    Plante erkannte, dass es bei einer Zusage keinen Weg mehr zurück gab. Das ihm so vertraute Leben wäre vorbei. Er hatte gehört, wie die Biker über „Ratten", wie Polizeispitzel in der Unterwelt hießen, redeten.

    „Nur eine tote Ratte ist eine gute Ratte", hatte man ihm wiederholt zu verstehen gegeben.

    „Blutgeld" ist die packende Geschichte der Zerschlagung der Hells Angels in Vancouver. Sie basiert auf Material, das der Krone im Zusammenhang mit dem Prozess zugänglich gemacht wurde, auf Mitschnitten von Abhöraktionen, Zeugenaussagen vor Gericht und Interviews mit der Polizei und Personen der kriminellen Unterwelt. Die Cops und die Behörden kamen schnell zu der Einsicht, dass sie es bei den Hells Angels mit einem mächtigen und furchterregenden Feind zu tun hatten, und auch Plante erkannte, dass er sich mit Typen eingelassen hatte, die man besser niemals betrügen sollte …

    1 Nachdem gegen Robinson am Ende langwieriger Ermittlungen schließlich Anklage erhoben wurde, stieg er bei den Hells Angels aus.

    2 O’Hara hat mittlerweile die Hells Angels verlassen und arbeitet nun als Industrieschweißer.

    3 Die Anklagen gegen Plante und O’Hara wurden später übrigens von der Krone wieder fallengelassen.

    kapitel.pdf

    E

    ine angespannte Erwartungshaltung bestimmte das Leben der Beamten, denn nun war es ihnen endlich gelungen, einen Informanten mit Insider-Wissen bei den Hells Angels in Vancouver einzuschleusen. Die Polizei hatte wiederholt bekanntgegeben, dass die Hells Angels die Nummer 1 des organisierten Verbrechens in B.C. [British Columbia, kanadische Provinz an der Westküste] seien und somit ganz oben auf ihrer Liste ständen. Das East-End-Chapter hatte sich bislang aber einer Strafverfolgung der Behörden entziehen können. Seinen Mitgliedern eilte der Ruf der Unberührbarkeit und Immunität voraus …

    Nachdem Plante auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen worden war, kontaktierte er über einen Pager die RCMP, um mit ihr Details der Informantentätigkeit zu klären. Die Mounties, die dem Unternehmen den Codenamen E-Pandora gaben, boten ihm zuerst 2.000 Dollar monatlich für alle erdenklichen Informationen über die Biker an. Schon bald erhöhten sie die Summe auf 3.000 Dollar.

    Plante stimmte der Vereinbarung zu, da er wahrscheinlich den vor ihm liegenden Stress unterschätzte. „Ich versuchte einige meiner Schandtaten wieder gutzumachen", gab er später in einem Gespräch als Grund dafür an, dass er die Angels infiltrierte.

    Plante sollte einen wichtigen Beitrag bei den Ermittlungsarbeiten leisten, die bis zu dem Zeitpunkt ergebnislos verlaufen waren. 2004 beherrschten die gefürchteten Hells Angels British Columbia bereits seit über 20 Jahren. Sie waren für ihre Drogengeschäfte bekannt und für die gewaltsame Durchsetzung der Kontrolle im eigenen Gebiet. An erfolgreich abgeschlossenen Strafverfahren konnte die Polizei der Öffentlichkeit nur wenig vorweisen; dadurch wurde das Vertrauen der Bürger nachhaltig erschüttert. Das Gesetz schien für die Hells Angels nicht zu gelten.

    Eine Recherche der Vancouver Sun im Jahr 2004 ergab, das 60 Prozent der Fälle gegen die Hells Angels, darunter Anklagen wegen Drogenhandel, Erpressung und tätlicher Angriffe, mit Freisprüchen endeten oder mit der Einstellung durch die Krone – was offiziell aber meist als Aussetzung deklariert wurde.

    Ein aufsehenerregendes Beispiel eines eklatanten Fehlschlags stellte der Verfahren der Western Wind dar, eines Fischerbootes voller Kokain, das von Kolumbien aus verfolgt worden war. Polizeiinformationen zufolge war Vancouver Island das Ziel. Der Kapitän, ein gewisser Philip John Stirling, hatte den Cops Informationen über einen großangelegten Kokainschmuggel angeboten, mit dem das Nanaimo- und das East-End-Chapter in Zusammenhang gebracht werden konnten. Stirling verlangte 1 Million Dollar als Gegenleistung für die Informationen zuzüglich einer Aufnahme in das Zeugenschutzprogramm für sich und seine Familie. Zuerst stimmte die Polizei den Forderungen zu, doch dann zog sie sich zurück, da die Beamten den Eindruck hatten, er sei nicht vertrauenswürdig.

    Als sich das Fischerboot kanadischen Hoheitsgewässern näherte, beobachtete die Polizei wartende Hells Angels am Pier von Nanaimo. Unverzüglich änderten sie ihre Meinung über Stirling und baten die US-Behörden, das Boot zu stoppen, bevor es sein Ziel erreiche.

    Am 21. Februar 2001 hielt die Küstenwache der USA das Boot also an und verhaftete die Crew. Sie fanden in einem Geheimversteck 2,5 Tonnen reines Kokain im Wert von 250 Millionen Dollar. Doch die

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