Daniela, Herrin der Grotkamp Werke: Karin Bucha Classic 66 – Liebesroman
By Karin Bucha
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Karin Bucha Classic ist eine spannende, einfühlsame geschilderte Liebesromanserie, die in dieser Art ihresgleichen sucht.
Mit finster verschlossenem Gesicht stand Direktor Schneider, Leiter des Grotkampschen Zweigwerkes, vor dem noch rauchenden Trümmerhaufen, der einstmals die Versuchshalle gewesen war. »Unvorsichtig – oder Sabotage«, meinte er grimmig zu den um ihn herumstehenden Mitarbeitern. Überall hatten sich die Angestellten in kleinen und größeren Gruppen versammelt. Sie waren alle aufs äußerste erregt und debattierten heftig. Noch nie hatte es hier eine Explosion gegeben. Aus dem Lautsprecher drang eine Stimme über den weiten Fabrikhof. »Direktor Schneider bitte ans Telefon.« Der Angesprochene drehte sich auf dem Absatz herum. »Sie finden mich in meinem Zimmer. In einer halben Stunde erwarte ich Sie dort, meine Herren.« Er eilte dem Verwaltungsgebäude zu, sprang in den bereitstehenden Fahrstuhl und tauchte wenig später im Vorzimmer auf. »Fräulein Grotkamp wünscht Sie zu sprechen, Herr Direktor. Ich lege das Gespräch um«, erklärte ihm die Sekretärin. Er nickte und verschwand in seinem Zimmer. Dort nahm er den Hörer ab und meldete sich. »Morgen, Daniela«, sagte er mit rauher, erregter Stimme. »Ist das nicht furchtbar?
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Daniela, Herrin der Grotkamp Werke - Karin Bucha
Karin Bucha Classic
– 66 –
Daniela, Herrin der Grotkamp Werke
Wie ein junges Mädchen über sich selbst hinauswuchs
Karin Bucha
Mit finster verschlossenem Gesicht stand Direktor Schneider, Leiter des Grotkampschen Zweigwerkes, vor dem noch rauchenden Trümmerhaufen, der einstmals die Versuchshalle gewesen war.
»Unvorsichtig – oder Sabotage«, meinte er grimmig zu den um ihn herumstehenden Mitarbeitern.
Überall hatten sich die Angestellten in kleinen und größeren Gruppen versammelt. Sie waren alle aufs äußerste erregt und debattierten heftig. Noch nie hatte es hier eine Explosion gegeben.
Aus dem Lautsprecher drang eine Stimme über den weiten Fabrikhof.
»Direktor Schneider bitte ans Telefon.«
Der Angesprochene drehte sich auf dem Absatz herum. »Sie finden mich in meinem Zimmer. In einer halben Stunde erwarte ich Sie dort, meine Herren.«
Er eilte dem Verwaltungsgebäude zu, sprang in den bereitstehenden Fahrstuhl und tauchte wenig später im Vorzimmer auf.
»Fräulein Grotkamp wünscht Sie zu sprechen, Herr Direktor. Ich lege das Gespräch um«, erklärte ihm die Sekretärin. Er nickte und verschwand in seinem Zimmer. Dort nahm er den Hörer ab und meldete sich.
»Morgen, Daniela«, sagte er mit rauher, erregter Stimme. »Ist das nicht furchtbar? Heute nacht, ja! Nein, keine Menschenleben. Aber es sieht wüst aus. Und ausgerechnet jetzt ist Dr. Bambeck in Urlaub. Natürlich! Das Telegramm, das ihn zurückruft, ist bereits unterwegs. Du willst sofort herkommen? Das ist gut, Kind. Ich kann leider unmöglich weg, sonst würde ich dir die Fahrt ersparen. Also, dann bis heute abend. Wiedersehen! Und sorge dich nicht zu sehr! Soviel ich weiß, besitzt Dr. Bambeck den Durchschlag der Pläne, denn es ist so gut wie alles vernichtet, wenigstens, soweit man es beurteilen kann. Man ist bei den Aufräumungsarbeiten. Also dann, auf Wiedersehen!«
Aufatmend legte er den Hörer in die Gabel zurück. Daniela kam. Das war gut. Sie war sein Patenkind, und nach dem Tod ihres Vaters hatte er an ihr so etwas wie Vaterstelle vertreten. Er liebte sie wie sein eigenes Kind, zumal er Junggeselle geblieben war. Er war mit dem Werk verheiratet. Das wußten alle, die mit ihm zu tun hatten, die ihn schätzten und verehrten.
Schon rein äußerlich machte er einen vertrauenerweckenden Eindruck. Groß war er und schlank gewachsen. Über einer weiten, klugen Stirn waren eisgraues Haar und darunter klare blaue Augen, denen so leicht nichts verborgen blieb.
Er lehnte sich weit in seinem Sessel zurück. Unfaßbar, was sich da in der Nacht auf dem Werksgelände abgespielt hatte!
Hoffentlich hatte Dr. Bambeck die Pläne tatsächlich bei sich aufbewahrt. Es sah nach Sabotage aus.
*
Blitzschnell brach das Gewitter herein und entlud sich mit solcher Heftigkeit, wie es Dr. Alexander Bambeck noch nie erlebt hatte. Die nächste Raststätte, wo er Schutz finden konnte, war mindestens noch eine halbe Stunde entfernt.
Unentwegt rollte der schwere Wagen über die Autobahn, mitten hinein in das schier undurchdringliche Dunkel. Regenschauer peitschten gegen die Windschutzscheibe, manchmal zogen auch dicke Nebelschwaden über die Bahn, so daß er gezwungen war, das Tempo herunterzuschrauben. Mit äußerster Vorsicht steuerte er den Wagen, da der plötzlich aufgekommene Seitenwind das Fahrzeug abdrängen wollte. Außerdem hatte er sein kostbarstes Gut bei sich, seine kleine fünfjährige Tochter Nicki.
Er warf einen raschen besorgten Seitenblick auf das zierliche Persönchen, das neben ihm saß. Er war der Meinung, daß Nicki schlief. Aber das Kind schlief nicht. Er sah sekundenlang ihre weit aufgerissenen hellen Augen, dann blickte er wieder auf das glitzernde, nasse Band der Autobahn.
»Bist du noch nicht müde, Nicki?«
»Nein, Papi!«
»Aber du hast Angst, Nicki, ja?«
»Nein, Papi, ich habe keine Angst. Du bist doch bei mir.«
Ein unerschütterliches Vertrauen schwang in dem zarten Stimmchen. Er lächelte gerührt. Nicki, seine zärtlich geliebte Nicki, von der er sich vorübergehend trennen mußte. Noch wußte sie nicht, daß er sie zu Tante Judith brachte. Sie würde in ein höllisches Geschrei ausbrechen, wenn er von ihr Abschied nehmen würde. Nicki mochte Tante Judith ganz und gar nicht. Er wußte aber keinen anderen Ausweg, so sehr er sich auch den Kopf zerbrach.
Der Mann biß die Zähne zusammen und umklammerte das Lenkrad fester. Unaufhörlich zerrissen die zuckenden Blitze die dunkle Wolkendecke, und der Himmel hielt weiter seine Schleusen geöffnet. Der Wind peitschte den Regen gegen die Wagenfenster, daß die Scheibenwischer es kaum schaffen konnten.
Der Wagen fraß sich weiter durch die Gewitternacht, in der alle Elemente entfesselt schienen.
Bambeck warf einen Blick auf das Armaturenbrett, und ein heilloser Schreck durchfuhr ihn. Die Benzinanzeige verhieß nichts Gutes. Weit und breit kein Wagen. Sie schienen sich alle vor dem Gewitter in Sicherheit gebracht zu haben. Nur er war unterwegs und noch dazu mit seiner kleinen Nicki.
Schon nach einigen Metern merkte er, daß die Geschwindigkeit des Fahrzeuges nachließ. Vorsichtig fuhr er ganz rechts heran. Dann stand der Wagen. Neben ihm eine Felswand. Auf der anderen Seite Wald.
»Verdammt!« preßte er zwischen den Zähnen hervor. Da hatte er sich und das Kind in eine fürchterliche Situation gebracht. Woher sollte er Benzin nehmen?
»Sind wir schon da, Papi?« piepste Nicki neben ihm.
»Noch nicht, mein Herz, aber bald!«
Er zog Nicki zu sich heran und legte den Arm um sie. Der Wind heulte und raste um den Wagen. Es sah aus, als wolle er ihn emporheben und an den Felsen schleudern.
Er konnte nur abwarten, bis das Gewitter abgezogen war. Vielleicht kam dann ein Wagen, und er konnte um Hilfe bitten.
Das Kind fest an sich gepreßt, starrte der große Mann verzweifelt in die Dunkelheit.
*
»Wollen Sie wirklich weiterfahren?« fragte der Tankwart Daniela Grotkamp. Sie lachte hell und sorglos auf. »Natürlich, junger Mann, warum denn nicht?«
Der Tankwart schaute den tief am Himmel dahinjagenden Wolken nach.
»Wir bekommen ein Gewitter«, sagte er besorgt. »Wir kennen uns da aus. Es kommt mit Blitzeseile und hält ziemlich lange in den Bergen.«
Wieder antwortete ihm das sorglose Lachen. »Mir ist nicht bange.«
»Gute Fahrt!« rief er hinter ihr her, aber Daniela hörte es schon nicht mehr. Sie bog in den Seitenweg ein und gewann rasch die Auffahrt zur Autobahn.
Gleichmäßig brummte der Motor. Sie hatte viel zu überlegen, während das Gefährt in gleichmäßigem Tempo über die Fahrbahn rollte. Die Nachricht von dem Unglück im Zweigwerk hatte sie arg erschüttert. Sie wußte, wie wichtig gerade diese Abteilung für die gesamten Werke war. Dr. Ing. Bambeck hatte eine einschneidende Erfindung gemacht. Sollte sie vernichtet sein? Nicht auszudenken! Sie war sehr neugierig auf diesen Dr. Bambeck. Onkel Hermann hatte ihn sehr gelobt, sooft sie zusammen gesprochen hatten, und wenn er in diesen Tönen von einem Mitarbeiter sprach, dann mußte etwas an dem Mann dran sein.
Auf einmal zuckte sie erschreckt zusammen. Ihre Gedanken hatten so fieberhaft gearbeitet, daß sie nicht bemerkte, wie der Himmel sich immer mehr überzogen hatte. Ein starker Wind erhob sich, der unheimlich um den Wagen zu heulen begann. Und dann zuckten aus dem nachtdunklen Himmel die ersten Blitze. Gleich darauf setzte heftiger Regen ein. Er trommelte auf das Dach und schlug gegen die Scheiben. Sie schien dem Gewitter entgegenzufahren, denn es begann sich mit voller Härte zu entladen.
Daniela Grotkamp hielt das Lenkrad fest in den schmalen Händen. Weiter, nur weiter, dachte sie. Irgendwo war eine Tankstelle, sie mußte sie erreichen.
Sie saß in angespannter Haltung, den Kopf weit vorgebeugt. Das Tempo hatte sie erheblich verringert.
Vor ihr, auf der rechten Seite, leuchteten plötzlich zwei rote Lichter auf. Das erste Zeichen, daß sie nicht allein unterwegs war. Ihr Herz klopfte rasend. Sie war gewiß nicht ängstlich, aber in diesem Augenblick war ihr unheimlich zumute.
Mitten auf der Bahn sah sie den Schein einer Lampe, der sich immer auf und nieder bewegte. Daniela Grotkamp trat sehr vorsichtig auf die Bremse und ließ den Wagen am Straßenrand ausrollen.
Schwer atmend blieb sie hinter dem Steuer sitzen. Sie hörte rasche Schritte. Gleich darauf tauchte das Gesicht eines Mannes auf. Er klopfte gegen das Seitenfenster.
Wieder begann Danielas Herz zu rasen! Was sollte sie tun, überlegte sie blitzschnell, sie war allein, weit und breit keine Menschenseele, nur dieser Fremde, der etwas von ihr zu wollen schien.
Wenn er nun…? Ihre Hand zitterte, als sie sie nach der Fensterkurbel ausstreckte.
*
Ärgerlich drehte Judith Reinwald das Telegramm zwischen den Händen.
»Rücksichtslos von Alexander«, sagte sie zu dem abseits sitzenden gutaussehenden Mann, der gelassen seine Zigarette rauchte. »Mir einfach das Kind aufzuhalsen. Er wirft alle meine Pläne über den Haufen.«
Wütend blieb sie vor Jochen Werner stehen und fluchte ihn an. »Da kannst du noch lachen?