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Palermo ist eine Zwiebel
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Palermo ist eine Zwiebel

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Achtung, Reisewarnung! Verkehrschaos, Mafia und nirgends ist das Meer zu sehen: Roberto Alajmo kann alle Klischees über seine aufregende Heimatstadt bestätigen – aber so charmant und witzig, dass man unbedingt sofort nach Palermo will.

Der Palermo-Besucher traut sich nicht mehr aus dem Hotel heraus, kein Wunder nach dem abenteuerlichen Landeanflug und dem scheußlichen Weg vom Flughafen, vorbei an Schwarzbauten und Schauplätzen von Mafiamorden … Doch Roberto Alajmo, chaosresistenter Palermitaner, nimmt den Reisenden bei der Hand – und zeigt, warum es sich lohnt, seine widersprüchliche, atemberaubend schöne Heimatstadt am letzten, oft übersehenen Zipfel Europas zu erkunden.

In zwölf Kapiteln entführt Alajmo ironisch-anekdotisch zu berühmten Monumenten und Märkten, kommentiert die wechselvolle Geschichte Siziliens mitsamt gängiger Stereotype, erklärt kulinarische Eigenheiten und überlebenssichernde Blicktechniken.

Er erzählt von den Einheimischen, ihrem zufriedenen Pessimismus, ihrem vertrauten Umgang mit den Toten – und ihrem seltsamen Verhältnis zum Meer: Denn darauf pfeifen die Palermitaner mit der gleichen Arroganz, mit der sich ein Reicher die Zigarre an einem Geldschein anzündet.
LanguageDeutsch
Release dateMar 4, 2021
ISBN9783803143129
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    Palermo ist eine Zwiebel - Roberto Alajmo

    werden.

    1 Willkommen in der Stadt

    In Palermo gibt es so viele und so komplexe Dinge, dass ich nur einen kleinen Ausschnitt der Stadt zeigen kann. Ich kann an einem kurzen Abend nicht alles über Palermo sagen. Ich kann nur die Eindrücke darstellen, die mich tief im Innern getroffen haben, und von diesen auch nur einen sehr geringen Teil.

    Pina Bausch

    Man sollte sich einen Fensterplatz geben lassen und darauf hoffen, an einem klaren, sonnigen Tag anzukommen. Den kann es auch im Winter geben, denn die Stadt will zu jeder Jahreszeit eine gute Figur machen. Wenn das Flugzeug zur Landung ansetzt, sieht man die roten Klippen von Terrasini und das türkisfarbene und tiefblaue Meer, ohne dass sich sagen ließe, wo das Tiefblau aufhört und wo das Türkis beginnt. Die Häuser, die sogenannten kleinen Villen, sind einem vielleicht zu viel, doch vom Himmel aus betrachtet sieht man ihnen nicht die Pfuscherei mit dem Anspruch auf Originalität an, die sie vom Boden aus offenbaren. Du schaust dir das alles an und denkst, du bist jetzt am schönsten Ort der Welt. Mal ehrlich, du glaubtest, schon eine Vorstellung von der Stadt und von der Insel zu haben, weil sich Klischees nicht so einfach vermeiden lassen, doch bei dem grandiosen Anblick der Küste rings um den Flughafen wird jede vorgefasste Meinung sofort hinfällig.

    Während du aus dem Fenster schaust, hast du genügend Zeit, solchen Gedanken nachzuhängen, bei so viel Schönheit ins Schwärmen zu geraten und vielleicht sogar die Möglichkeit zu erwägen, alles hinzuschmeißen – Arbeit, Familie, Wurzeln –, um künftig hier zu leben. Doch kaum hat man sich für die Vorstellung eines immerwährenden Sommers erwärmt, meldet sich prompt ein Gegenargument. Auch das kommt durch das Fenster, denn während die Augen noch voller Licht und Meer sind, ragt plötzlich ein Gebirge vor einem auf. Ein riesiges graues Gebirge, an dem das Flugzeug jeden Augenblick zerschellen kann.

    Der Flughafen Punta Raisi liegt auf einer schmalen Landzunge, die das Meer vom Berg trennt, was in der Vergangenheit dazu führte, dass ein Flugzeug über den Bergen abstürzte (am 5. Mai 1972) und ein weiteres über dem Meer (am 23. Dezember 1978). Der Flughafen der Stadt ist so. Die Stadt ist so. Du, lieber Reisender, wusstest das vor deiner Abreise, doch vor der blendenden Schönheit der Landschaft hast du es vergessen. Nun wirst du womöglich von einer leichten Panik erfasst, weil der Berg immer näher kommt, und zwar auf beängstigende Weise. Doch sei unbesorgt, am Ende wird gar nichts passieren, denn die Piloten sind inzwischen geübt darin, exakt auf dem befahrbaren Streifen zwischen Meer und Berg aufzusetzen, und dann kannst du erleichtert darüber nachdenken, dass die Stadt es nicht versäumt hat, dich von Anfang an zu warnen: Glaube ja nicht, dass die Dinge hierzulande immer so sind, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Du kannst dich nicht einfach in die Betrachtung des Schönen versenken, als wären wir in Polynesien oder in der Toskana. Hier darf man sich auf nichts verlassen, im Gegenteil, gerade im Augenblick höchsten Entzückens kommt der Schlag in die Magengrube, lässt dich nach Luft schnappen und zwingt dich, wieder Abstand zu den Dingen zu suchen.

    Die Schwierigkeiten des Piloten beim Landeanflug, die komplizierte Vermeidung so gegensätzlicher Gefahren wie Meer und Berg, sind eine Metapher für die alltäglichen Schwierigkeiten, die das Leben auf der Insel im Allgemeinen und in der Stadt im Besonderen kennzeichnen, einer Stadt, die nicht nur die Hauptstadt der Insel ist, sondern auch so etwas wie deren grandioses Extrem. Besser, du entspannst dich nie und bleibst auf der Hut. Von einem Moment zum nächsten könnte etwas geschehen, was nicht wiedergutzumachen

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