Das Größte ist die Liebe: Die Bergpredigt und das Hohelied der Liebe aus buddhistischer Sicht
By Ayya Khema
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Da gibt es die vielen Sprachen, Hautfarben, Interessen, Gebräuche, unterschiedliche Gesellschaftsformen und Kulturen, und über allem stehen dann die diversen Weltreligionen mit scheinbar widersprüchlichen Erklärungen.
Es scheint der Zeitpunkt gekommen zu sein, an dem wir unsere Zusammengehörigkeit erkennen müssen, wenn wir überleben wollen.
Die in diesem Buch enthaltene Gegenüberstellung des Korintherbriefes und der Bergpredigt mit den Worten des Buddha soll ein Beispiel für die Zusammengehörigkeit sein, die in der Familie der Menschheit besteht. Wenn wir das Gefühl für die Zusammengehörigkeit empfinden, können wir Frieden in unseren Herzen erleben und dadurch mehr Frieden in die Welt bringen. (Aus dem Vorwort)
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Book preview
Das Größte ist die Liebe - Ayya Khema
1. Das Hohelied der Liebe
»Wenn ich mit den Zungen der Menschen und der Engel rede, doch Liebe nicht habe, bin ich ein tönendes Metall oder eine klingende Schelle.
Und wenn ich Prophetengabe besitze und um alle Geheimnisse weiß und alle Erkenntnis, und wenn ich allen Glauben habe, dass ich Berge versetze, doch Liebe nicht habe, so bin ich nichts.
Und wenn ich all meine Habe austeile zur Speise für die Armen, und wenn ich meinen Leib hingebe zum Verbrennen, doch Liebe nicht habe, nützt es mir nichts.
Die Liebe übt Nachsicht; in Güte handelt die Liebe. Sie eifert nicht; die Liebe macht sich nicht groß, sie bläht sich nicht auf.
Sie benimmt sich nicht ungehörig; sie sucht nicht das ihre; sie lässt sich nicht erbittern; sie rechnet das Böse nicht an.
Sie hat nicht Freude am Unrecht, freut sich jedoch an der Wahrheit.
Sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.
Die Liebe hört niemals auf. Ob Prophetengaben, sie gehen zu Ende; ob Reden in Zungen, sie werden aufhören; ob Erkenntnis, sie nimmt ein Ende.
Denn Stückwerk ist unser Erkennen und Stückwerk unser prophetisches Reden.
Kommt aber die Vollendung, wird das Stückwerk abgelegt werden.
Als ich noch Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte ich wie ein Kind, überlegte wie ein Kind; da ich aber Mann geworden, legte ich die Art des Kindes ab.
Denn jetzt schauen wir im Spiegel ein unklares Bild, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, so wie auch ich erkannt bin.
Jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei: am größten unter ihnen ist die Liebe.«
Wir wollen den Korintherbrief (13. Kapitel) aus dem Neuen Testament mit zwei Lehrreden des Buddha vergleichen, sodass wir beide Religionsgründer und deren Anliegen besser verstehen lernen. Ich denke, es ist für uns von Interesse, einmal festzustellen, dass in jeder Religion das Gleiche gelehrt wird. Unsere Schwierigkeiten liegen nicht daran, welchen Religionen wir folgen möchten, es kommt nur darauf an, ob wir den Anweisungen Gehör schenken. Vor allem kommt es darauf an, ob wir überhaupt verstehen, was zu tun ist. Als Nächstes müssen wir uns daran erinnern und können letztlich den aufgezeigten Weg auch praktizieren. Wenn wir diese drei Schritte unternehmen, können wir nicht fehlgehen. Aber vielleicht ist es gar nicht so einfach, den Zugang zu dem zu finden, was die großen Meister der Religionen uns mitteilen wollten.
Wir brauchen unser Herz und nicht nur den Intellekt, um unsere spirituelle Natur zum Leben zu erwecken. Mit dem Intellekt haben wir nicht so viele Schwierigkeiten wie mit unserem Herzen. Daher ist auch dieses Kapitel des Korintherbriefes, »Das Hohelied der Liebe«, von größter Wichtigkeit. Es beginnt mit:
»Das Größte ist die Liebe. Wenn ich mit den Zungen der Menschen und der Engel rede, doch Liebe nicht habe, bin ich ein tönendes Metall oder eine klingende Schelle.«
Wir können also noch so schöne Reden halten, aber ohne Liebe sind sie hohl und nichtig. Wenn wir uns so anschauen, was alles für Vorträge angeboten und wo überall Reden gehalten werden, so fehlt es uns bestimmt nicht an klugen Worten.
»Und wenn ich Prophetengabe besitze und um alle Geheimnisse weiß und alle Erkenntnis, und wenn ich allen Glauben habe, dass ich Berge versetze, doch Liebe nicht habe, so bin ich nichts.«
Die Zukunft vorauszusagen war von jeher eine viel bewunderte Fähigkeit. Ein Drittel des Alten Testaments handelt von den Propheten Israels. Dennoch sagt der Apostel, dass dies ohne Liebe wertlos sei. Auch ein tiefer Glaube, der sogar Berge versetzen kann, ist immer noch nichts, verglichen mit Liebe.
»Und wenn ich all meine Habe austeile zur Speise für die Armen, und wenn ich meinen Leib hingebe zum Verbrennen, doch Liebe nicht habe, nützt es mir nichts.«
Dazu sagt der Buddha folgendes:
»Einstmals lebte ein Brahmane, namens Velama. Dieser spendete folgende gewaltige Gaben. Er verschenkte 84.000 mit Silber gefüllte goldene Gefäße, 84.000 mit
Gold gefüllte silberne Gefäße, und vieles mehr. Was soll man da erst von Speise und Trank sagen, von den Kauwaren, Esswaren, Leckereien und Getränken, die dort gleichsam in Strömen flossen? … Bei weitem verdienstvoller aber ist es, wenn man selbst nur so viel wie einen flüchtigen Duft liebevoller Gesinnung erweckt.«
Hier begegnen wir dem gleichen Prinzip. Obwohl der Brahmane Velama unendlich viele Wertgegenstände und auch Speise und Trank verschenkt hat, so sagt der Buddha dennoch, es sei viel verdienstvoller, wenn wir selbst nur einen flüchtigen Duft liebevoller Gesinnung in uns erwecken würden.
Es ist wichtig, das Wort oder den Begriff »Liebe« richtig zu verstehen, und nicht einfach anzunehmen, es wäre das, was wir im Allgemeinen darunter verstehen, oder was wir auch schon selbst erlebt haben. Wäre das der Fall, hätten wir sicherlich einen ganz anderen Zugang zum spirituellen Leben. Jeder von uns hat ja schon Liebe erlebt oder erlebt sie noch. Aber diese Art der Liebe, die wir kennen, ist auf bestimmte Menschen gerichtet und soll dort auch Resonanz finden. Wir wollen wiedergeliebt werden. Außerdem sind wir kritisch, beurteilen, verurteilen und sind sehr wählerisch, wem wir unsere Liebe schenken. Häufig denken wir auch an eine Größenordnung bei unserer Liebe, als ob ein Gefühl zu messen wäre. Wenn wir viel Liebe geben, wollen wir auch die gleiche Menge erhalten. Solche zwischenmenschlichen Beziehungen sind äußerst schwierig. Im Allgemeinen glauben wir, wenn Probleme auftauchen, es läge an dem Partner oder an uns selbst oder an beiden. Unsere Beziehungen sind aber so schwierig, weil unsere Art, mit Liebe umzugehen, auf der weltlichen, materiellen Ebene stattfindet. Wir stellen Bedingungen, deren Erfüllung oft ausbleibt, und dadurch wird unser Gemüt erschüttert. Wir denken, wir bräuchten eine bestimmte Person um zu lieben, die bei uns bleiben soll und so reagieren soll, wie wir es wünschen. Das erzeugt Angst und Unruhe, denn wir wissen unterschwellig, dass dies unrealistische Ansprüche sind.
Auf der spirituellen Ebene wird eine andere Art und Weise des Liebens angesprochen. Wir können das im Korintherbrief nachvollziehen, wenn wir lesen:
»Die Liebe übt Nachsicht.«
Die