Die Mühle an der Mordach: Der Verrat
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About this ebook
Liebe ist gleich Sein, sie ist das einzige, wofür es sich lohnt zu leben und zu sterben.
Geschichten über Liebe, Verrat und Tod.
Hannelore Deinert
Hannelore Deinert ist in Kelheim an der Donau geboren und wuchs ohne Vater auf, er ist im Krieg geblieben. Nach einigen Wanderjahren und einem sehr intensiven Familien- und Berufsleben, sie betrieb in Münster bei Dieburg ein Spielwaren- und Bastelgeschäft, fand sie die Zeit, ihrer Leidenschaft, dem Schreiben, nachzukommen. Sie absolvierte erfolgreich ein Literatur Fern-Studium und schreibt Romane, Kurzkrimis, Gedichte, Jugend- und Kindergeschichten. Ihr Motto ist: Licht blendet zu sehr, zum Glück gibt es den Schatten.
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Book preview
Die Mühle an der Mordach - Hannelore Deinert
Inhaltsverzeichnis
Die Mühle an der Mordach
Der Verrat
Das Familienerbstück.
Luisa
Am Abgrund
Kuniberts Heimkehr
Adam von Rodenstein.
Bewundernswert, der seinen Weg unbeirrt geht. Diejenigen jedoch, die ihm folgen und vertrauen, könnten nicht so stark sein wie er.
Die Mühle an der Mordach.
Als Mathias Reis die Mühle an der Mordach zufällig auf einer Fahrradtour durch den Odenwald entdeckte, war er sofort von ihr begeistert gewesen. Auch als er den mit Schlaglöchern durchsetzten Kiesweg hinunter in einen mit allerlei Gerümpel vollgestellten Hof fuhr und ihren heruntergekommenen Zustand und das von meterhohem Unkraut wild umwucherte, verkommene Wohnhaus aus der Nähe sah, konnte das seiner Vision nichts anhaben.
Die Halle der Mühle, früher wohl Aufbewahrungsort von Mehlsäcken und Geräten, bot genug Platz für eine Spritzgussmaschine, einen Extruder und für Bags für das Kunststoffgranulat, im Internet konnte man immer mal gebrauchte, recht guterhaltene Maschinen preiswert ersteigern. Mathias stellte fest, dass die Mühle keinen Stromanschluss besaß, aber ein restaurierungswürdiges Wasserrad, die Strömung des Bachs würde reichen, um es wieder in Bewegung zu setzten und damit günstigen Strom für die Maschinen zu erzeugen. Anzunehmen, dass auch die Wasserleitungen und Abwasserrohre erneuert werden mussten.
Er würde viel Geld in die Hand nehmen müssen und das war ein Problem, denn Matthias hatte keins. Das Haus, das er mit seiner Frau gekauft hatte, war noch lange nicht abbezahlt, es konnte nur mit großem Verlust wiederverkauft werden, und die Kosten für die anstehende Scheidung und deren Folgen waren noch gar nicht abzusehen. Matthias finanziellen Verhältnisse standen wahrlich nicht zum Besten.
Aber diese Mühle, so heruntergekommen sie auch war, war ein Traum. Sie lag einsam am Fuße des Kohlbergs, inmitten von saftigen Wiesen, ein wahres Paradies.
Die Bausubstanz der Mühle schien in Ordnung zu sein, stellte Matthias fest, auch die des einstöckigen Wohnhauses gegenüber. Er betrat es durch eine schief in den Angeln hängende, marode Tür, stieg eine Betontreppe zum ersten Stockwerk hinauf und durchschritt fast andächtig die kahlen Räume. Die Fenster und Türen mussten erneuert werden, aber wenn die Wände erst verputzt sein würden und ein Laminat auslag, dann wäre es einfach perfekt, einen großen Luxus brauchten sie nicht. Eine angemessene Wohnung würde ihm auch bei der Scheidung helfen, das Sorgerecht für seine Kinder, seiner dreijährigen Tochter Silke und seinem sechsjährigen Sohn Jonas, zu bekommen. Er würde um sie kämpfen, seiner egozentrischen, geldgierigen Frau würde er sie bestimmt nicht freiwillig überlassen.
Matthias nahm an, dass es einen Schulbus nach Ober-Ramstadt gab, mit dem die Kinder, Jonas schon in diesem Jahr, zur Schule fahren konnten, er wird sich danach erkundigen. Dann würde er sich auch endlich von seiner Firma, die seine Erfindungen schamlos unter dem Namen des Projektleiters patentieren ließ, verabschieden können. Die Arbeit dort war ihm schier unmöglich geworden.
Im nahen Dorf erkundigte sich Matthias nach dem Besitzer der Mühle. Er erfuhr, dass sie einem Rechtsanwalt namens Jonas Klump gehörte und vereinbarte mit ihm telefonisch einen Termin. Als er ihm in seinem Büro gegenübersaß, kamen sie schnell überein, dass Herr Klump das Haus in einen bewohnbaren Zustand versetzen würde, das Dach neu eindecken, die Fenster, Türen und Böden erneuern und so weiter, und Matthias die Restaurierung der Mühle übernehmen solle. Mit den Fördermitteln, die er als Firmengründer zu erwarten habe, meinte Herr Klump, sei das die beste Lösung.
Herr Klump war sichtlich froh, dass die im Verfall begriffene Mühle, sie war eine Erblast, endlich eine sinnvolle Verwendung finden wird, er machte Matthias für das Gelände samt Mühle und Wohnhaus einen überaus fairen Mietpreis. Und weil er Anwalt für Familienangelegenheiten war, bot er ihm bei seiner anstehenden Scheidung seinen Rat und Beistand an. Er würde sie brauchen, meinte er, denn es grenze an ein Wunder, wenn einem alleinstehenden Mann bei einer Scheidung das alleinige Sorgerecht für seine Kinder zugesprochen werden würde. Matthias gab ihm recht, schon jetzt war es ein Kampf, die Kinder einigermaßen regelmäßig sehen und sprechen zu dürfen. Ihre Mutter benutze sie als Druckmittel, meinte er bedrückt, um möglichst viel Unterhalt zu erpressen. Er aber wolle für die Kinder und sich eine Existenz, ein neues Leben aufbauen, was nun mit der Mühle in greifbarer Nähe zu rücken schien.
Es würde nicht leicht werden, da machte sich Matthias keine Illusionen, aber er würde die Herausforderung annehmen und die Chance nutzen, die sich ihm so unvermittelt bot. Er konnte als Chemiker sehr gute Erfolge vorweisen, das würde ihm helfen günstige Fördergelder für eine Existenzgründung zu bekommen. Zudem durfte er auf die Unterstützung des Qualitätsprüfers und Lagerverwalters seiner jetzigen Firma hoffen, er hieß Karl Albert und machte keinen Hehl daraus, dass er unzufrieden mit seinen derzeitigen Arbeitsbedingungen war. Matthias war überzeugt, dass er, sobald der Betrieb in der Mühle angelaufen sein wird, bei ihm einsteigen wird. Und die Kinder konnten in der Mühle unbeschwert und glücklich aufwachsen.
Matthias Reis, Doktor der Chemie, war voller Zuversicht und fest entschlossen, mit der Mühle einen Neuanfang zu wagen.
Ein gutes Jahr später fuhr an einem feuchten Septembermorgen Kommissar Köster, er gehörte der Kommunalpolizei Darmstadt an, den breiten, grobgepflasterten Weg zur romantisch im Wiesengrund gelegenen Mühle hinunter. Er parkte seinen nostalgischen Opel neben den anderen Wagen im Hof und stieg aus. Gleich fielen ihm die großen, turmartigen Kunststoff-Bags ins Auge, sie nahmen einen Großteil des Hofs in Anspruch.
Köster war Chef der Mordkommission, er war hager und relativ klein, knapp eins siebzig. Er hatte ein gutmütiges, verknautschtes Gesicht mit dunklen, wachen Augen, sein dunkles Haar war stets ein wenig zerzaust. Sein Alter ließ sich schwer einschätzen, überhaupt wurde er von denen, die ihn nicht kannten, wegen seiner zurückhaltenden Art und seines Äußeren gern unterschätzt, er trug gewöhnlich einen etwas schlottrige Anzug, einen ebensolchen Trenchcoat und dunkelbraune, glanzlose Halbschuhe. Er hatte schlicht keine Zeit und kein übermäßiges Interesse groß auf sein Äußeres zu achten und es gab niemand, der sich darum kümmerte. Er war Single aus Überzeugung, denn zum einen sollte seiner Meinung nach ein Kommissar nicht heiraten, zum anderen gab es schon genug zerbrochene Ehen und traurige Kinder. Den Beamten sah man ihm auf Anhieb nicht an, das musste seine Dienstmarke besorgen, und seine Waffe blieb grundsätzlich in der oberen Schublade seines Schreibtisches liegen, sie wäre seiner Meinung nach bei seinen Ermittlungen nur hinderlich gewesen. Bei gefährlichen Einsätzen und Festnahmen wurde er ohnehin von dafür ausgebildete Kollegen begleitetet, die seinen Rat und sein diplomatisches Geschick mehr zu schätzten wussten, wie seine Schießkunst, die übrigens miserabel war, weil er stets die vorgeschriebenen Schießübungen erfolgreich umging.
Während Köster die neuen Fenster und die neugedeckten Schindeldächer der Mühle und des Wohnhauses registrierte, sie passten so gar nicht zum bröckelnden Putz der grauen Fassaden, stieg ihm ein unangenehmer Benzingestank in die Nase. Er betrat die Werkhalle der Mühle, der Gestank war hier trotz der gekippten, schmalen Fenster an der rechten Seitenwand noch penetranter. Die Neonröhren längst der Decke setzen die Halle in ein helles, kaltes Licht, Köster betrachtete die monströse, röhrenförmige Maschine, den riesigen Trichter und das halbvoll mit hellem Kunststoff-Granulat gefüllte Bag, sie nahmen fast die gesamte linke Seite ein. Auf der anderen Seite befanden sich turmähnliche Kunststoff-Bags und ein langer Arbeitstisch mit ölverschmiertem Werkzeug darauf. Überall auf dem Boden lag durchscheinendes, grobes Kunststoffgranulat herum.
Ein junger Polizist wartete am Ende der Halle auf ihn, er hielt sich mit einem Taschentuch die Nase und den Mund zu. Köster folgte ihm durch einen kleinen Raum, der fast von einem großen Dieselgenerator ausgefüllt wurde, er war wie die Maschinen in der Halle abgeschaltet. Der Benzingestank war hier schier unerträglich, was aber den jungen Mann im Arbeitsoverall, der am Rahmen der geöffneten Hintertür lehnte, nicht zu stören schien. Er starrte sichtlich betroffen zum Bach hinunter, wo Polizeibeamte die Uferböschung und die Umgebung des Bachs großräumig absperrten. Andere suchten nach brauchbaren Spuren und der möglichen Tatwaffe, nach einem Stein vielleicht mit Blutspuren, was allerdings Angesichts des Bachs ziemlich aussichtslos war. Man hätte darin alles bequem entsorgen können.
Der Dieselgestank war hier besonders extrem. „Der Tank des Generators ist übergelaufen, erklärte ihm ein bleicher Polizisten, „das Dieselöl ist im Boden versickert und wohl auch in dem Bach gelangt, die Umweltschützer hier werden ihre helle Freude haben.
Er grinste kläglich und musste husten. „Pfui Deipel, ist mir schlecht", krächzte er und entfernte sich ein Stückweit in ein Gebüsch.
Der Kommissar ging zum Bach hinunter, mattschillernde, blau-grün-verlaufende Ölschlieren waren darauf zu sehen. Er betrachtete den Toten, er lag bäuchlings mit ausgebreiteten Armen im Gras, mit dem Gesicht