Geist & Leben 1/2020: Zeitschrift für christliche Spiritualität
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Christianity For You
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Geist & Leben 1/2020 - Verlag Echter
Die Jahreslosung – der letzte Schrei?
Jahreslosungen begleiten die Gemeinde Jesu in das neue Jahr hinein und stiften Orientierung für eine Weggemeinschaft, die nach vorne blickt. Die Jahreslosung für 2020, „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!", spricht allerdings ein Thema an, das eher gegenläufig als eingängig ist. Tatsächlich ist der Ruf in Mk 9,24 wortwörtlich der letzte Schrei eines Menschen, der seine ganze verbliebene Hoffnung auf einen fremden Menschen setzt, dem er zum ersten Mal begegnet. Der Ausruf markiert den Wendepunkt in der berührenden Geschichte eines Vaters, der für seinen kranken Sohn glaubt. Was bedeutet es, wenn sein Schrei unsere Losung wird? Der Schrei ist sowohl Bitte als auch Bekenntnis. Indem sich der Bittende als ein Glaubender bekennt, der seinen Unglauben wahrnimmt, bekennt er zugleich seinen Unglauben. Aber als einer, der Jesus bittet, „hilf meinem Unglauben, nimmt er auch seinen Glauben wahr! Glaubt er oder glaubt er nicht? Das ist ziemlich vertrackt. Umgangssprachlich bezeichnet „Glauben
eine starke Meinung und ein schwaches Wissen. Wenn „Meinen ein problematisches oder vorläufiges Urteilen bedeutet, ist „Glauben
das Fürwahrhalten eines Sachverhalts, das subjektiv für zureichend, aber objektiv für unzureichend gehalten wird. Unglauben wäre dann das, was ich für unwahrscheinlich halte.
Der sogenannte doxastische Glaube kann sich auf Kants Versuch beziehen, Meinen, Glauben und Wissen als unterschiedlich starke Arten der Wahrnehmung in eine Reihe zu bringen. Es liegt auf der Hand, dass es bei einer so gedachten Steigerung der Gewissheit immer geboten ist, Glauben in ein Wissen zu überführen, um vernünftiger leben und handeln zu können. Mit dem Glauben an Jesus Christus und dem Vertrauen in Gottes Güte hat dies aber herzlich wenig zu tun. Hilft die Losung, das andere Glaubensverständnis zu vertiefen? Mit der Brille dieser Unterscheidung gelesen, wird jedenfalls der Kontrast im Kontext der Geschichte noch schärfer. Jesus kommt mit drei Jüngern vom Berg der Verwandlung herab. Was sie jetzt erfahren, ist – in Umkehrung zum Pauluswort (2 Kor 5,6 f.) – ein Abstieg „vom Schauen zum Unglauben, ein symbolischer Gang in die Niederungen der vom Bösen bedrängten Menschenwelt, die durch mangelnden Glauben geprägt ist. Was Jesus unten antrifft, entlockt ihm einen messianischen Seufzer: „O du ungläubiges Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein?
(Mk 9,19) Damit ist das Thema des Unglaubens gesetzt. Doch jetzt richtet sich die „Kamera des Erzählers auf den, der sich als Vater eines kranken Knaben zu erkennen gibt. Jesus wendet sich ihm zu. Es bleibt nicht unbemerkt von der Macht, die durch den Auftritt Jesu provoziert wird. Der kurze Wortwechsel zwischen dem Vater und Jesus führt zu einer Attacke des Dämons. Jesus beobachtet den Angriff und fragt den Vater wie ein Arzt, der eine Anamnese vornimmt: „Seit wann geschieht ihm das?
Man hört eine lange Leidensgeschichte und spürt die Frustration des Vaters. Die letzte Episode in dieser Kaskade der Enttäuschungen war das Versagen der Jünger. Jetzt steht der Vater vor dem Meister und packt die Gelegenheit beim Schopf. „Doch wenn du etwas vermagst, so hilf uns, indem du dich über uns erbarmst! In die Bitte mischt sich ein Vorbehalt. Der Zweifel spricht mit. „Hilf, wenn Du vermagst.
Aber es spricht auch der Glaube. „Hilf, indem du dich erbarmst." Jesus antwortet mit einer Belehrung. Er nimmt die Formulierung des Vaters auf und kommentiert: „Was das ‚wenn du vermagst‘ betrifft, gilt, dass dem Glaubenden alles möglich ist. Das ist natürlich nicht nur für die Ohren des Gegenübers bestimmt. Auch die Jünger, die Herumstehenden und die Schriftgelehrten sollen es hören. Und der Vater hört die Ermutigung. Dem Glaubenden ist alles möglich! Er zögert keine Sekunde und schreit: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben.
Die Losung ist geboren!
Im Zusammenhang erzählt, wird deutlich, dass von zwei verschiedenen Typen des Glaubens gesprochen wird. Einerseits dem Glauben an Jesus Christus, der sich als Bekenntnis ausspricht, und andererseits dem Vermögen bzw. dem Unvermögen, im Moment zu vertrauen. In der Figur des Vaters kommt beides zusammen. Er getraut sich nicht, sich ganz auf den Zuspruch Jesu zu verlassen und traut ihm doch zu, dass er sich seiner erbarmt. Der erste Glaube ist die Entscheidung, sich Jesus anzuvertrauen, der zweite Glaube die Erfahrung, die sich einstellt – oder nicht! Während der erste Glaube in der Begegnung mit Jesus geschenkt wird, verweist der zweite Glaube auf etwas, das vom Unglauben über den Kleinglauben bis zum Glauben, der Berge versetzt (Mk 11,24), wachsen oder aber in der Anfechtung – zum Leidwesen des Messias (Mk 9,19) – auch einmal schrumpfen kann.
Die Jahreslosung ist eine theologisch dichte Formel für die Spannung, in der wir ein Leben lang unseren Glauben erleben. Dazu passt, dass Jesus den väterlichen Schrei nicht kritisiert. Bei der Belehrung im Nachgang macht Jesus dann deutlich, dass die zwei Glaubensweisen zu unterscheiden, aber nicht zu trennen sind, indem er auf den Zusammenhang von Gebet und Glauben verweist. Es wäre schön, wenn wir in unserer Kirche mehr von diesem Glauben spürten. Unwahrscheinlich? Wir hoffen, hilf unserer Resignation!
Vom Nutzen der Heiligen
Die Frage „Was nützt das? ist allgegenwärtig. Sie richtet sich auf den Ertrag einer Tätigkeit („Wozu soll ich das tun?
), einer Kompetenz („Warum muss ich das können?) oder einer Lebensweise („Weshalb soll ich mich einschränken?
). Nach dem Nutzen kann politisch, organisatorisch oder ökonomisch gefragt werden – und muss gefragt werden, damit nicht Zeit, Kraft, Geld und andere Ressourcen unnütz eingesetzt, im schlimmsten Fall vergeudet werden. Das erzeugt Rechtfertigungsdruck, zumal da, wo nach messbarem Nutzen gefragt wird. Nun gibt es im menschlichen Leben Dinge, die nicht messbar sind, deren Sinn deshalb aber trotzdem nicht zu bestreiten ist; in lockerer Anlehnung an Schleiermacher nenne ich Kunst, Bildung, Geselligkeit und auch Religion. Hier muss der Begriff des Nutzens anders bestimmt werden: Bildung ist zweifellos nützlich, insofern die Teilhabe am Bildungssystem berufliche und damit finanzielle Perspektiven eröffnet. Aber darin geht der Sinn von Bildung nicht auf. Wenn Bildung auf die Einübung eines reflexiven Verhältnisses zu Gott, Welt und Selbst zielt, darf sie auch dann noch als nützlich gelten? Oder ist sie in radikaler Weise „unnütz? Sich zu bilden, hat seinen Zweck in sich, es dient der Bestimmung des Menschen, zu sich selbst zu kommen. Das fälschlich so genannte „Bildungssystem
kann dies nicht operationalisieren, es kann allenfalls die Rahmenbedingungen schaffen, damit Menschen über sich selbst, ihre Mitmenschen sowie den Grund und das Ziel ihres Daseins ins Reflektieren kommen. Wo dieser transzendente – aus christlicher Perspektive schöpfungstheologische – Hintergrund ins Spiel kommt, kann Bildung grundsätzlich keinen verrechenbaren Nutzen haben.
Kann Heiligkeit einen Nutzen haben?
Auch Religion – so scheint es – ist immer unnütz. Religion einen (fragwürdigen) Nutzen zu attestieren, ist eine klassische Denkfigur der Religionskritik („Opium fürs Volk"). Religion ist kein Vehikel der Selbstoptimierung, Fasten kein Mittel der Gewichtsreduzierung, Spiritualität keine Technik zur Bewältigung des Alltags. All das sind vielleicht hilfreiche Strategien zum (Über-)Leben. Aber Religion ist mehr als das, woraus ich Nutzen ziehe.
Von hier aus kann die Frage, ob Heiligkeit einen Nutzen hat, eindeutig beantwortet werden: nein, natürlich nicht! Jedenfalls nicht in religiösem Sinne (dass sich z.B. mit Wallfahrten und Devotionalien ein gutes Geschäft machen lässt, ist eine andere Geschichte). Unter „Heiligen" verstehe ich Menschen, deren Handeln von Zeitgenoss(inn)en und Nachwelt als authentisch christlich anerkannt wird. Heiligkeit bedeutet, den Ruf zur Nachfolge Jesu Christi, der allen Menschen gilt, in einer Weise umzusetzen, dass andere sehen und anerkennen: Ja, dieser Mensch hat dem heiligen Gott entsprechend gelebt (Num 19,2; 1 Thess 4,3)!¹ Kann das einen Nutzen haben? Schon die frühen Christ(inn)en glaubten, dass die Märtyrer ohne Umweg in den Himmel gelangen würden², das Erleiden des Todes für das Christusbekenntnis also ewigen Lohn nach sich ziehen würde. Aber dass sie zueinander gesagt hätten: „Es hat sich gelohnt, sich von den Römern hinrichten zu lassen – davon hören wir nichts. Umso bemerkenswerter ist es, dass von dem Theologen Origenes († 253) niemand anderem als Christus selbst die Frage des Nutzens seines Todes in den Mund gelegt wird: „‚Welchen Nutzen hat mein Blut, wenn ich zur Verwesung hinabsteige?‘ (Ps 30,10) Warum habe ich den Menschen solchen Nutzen gebracht? Was haben sie getan, das des Blutes würdig wäre, das ich für sie vergossen habe? (…) Ich bin vom Himmel hinabgestiegen, habe mich der Vergänglichkeit ausgeliefert, habe einen menschlichen Leib getragen. Was haben die Menschen Rechtes getan, das dessen würdig wäre?
³
Die modern scheinende Frage – „Was hat das gebracht? – wird Jesus selbst zugeschrieben: Wozu das Ganze? Wenn niemand meinem Beispiel folgt, war es dann unnütz? Origenes hört, nicht anders als seine Zeitgenossen, in den Psalmen Christus selbst reden; doch ist es ungewöhnlich, dass der, der das Heilswerk vollbracht hat, klagt, dass dies vergeblich gewesen sei! Wenn unter den Menschen jemand diese Klage Christi Lügen gestraft hätte, dann waren das in der Sicht der Alten Kirche die Heiligen, die authentischen Nachfolger(innen) Christi. Ich möchte daher die Frage nach dem Nutzen der Heiligkeit an einem besonders aussagekräftigen Beispiel bedenken: Wie kann ein Gott entsprechendes Leben „nützlich
sein – und für wen?
Antonius – Ein „nützlicher" Heiliger
Das semantische Feld und das theologische Konzept des Nutzens ist in spätantiken Viten von Heiligen unterschiedlich ausgeprägt. Besonders deutlich kommt es in der Vita Antonii zum Ausdruck; dies möchte ich im Folgenden etwas näher beleuchten und nach den Gründen dafür fragen. Antonius (ca. 251–356 n. Chr.) gilt in der Tradition als der erste Eremit – der erste, der sich in die Wüste zurückzog, um sich dort, wo Jesus Christus vierzig Tage lang vom Teufel versucht worden war (Mt 4,1–11), in dessen Nachfolge den Dämonen zu stellen und zu einem kontinuierlichen Leben mit Gott zu finden. Ob er tatsächlich der allererste war, der so etwas versuchte, sei dahingestellt; schon im 4. Jahrhundert behauptete Hieronymus († 419), in Wahrheit sei Paulus von Theben der wirklich erste Wüstenasket gewesen, und die spätere ikonographische Tradition stellte beide als Begründer des Eremitentums nebeneinander.⁴ In den Apophthegmata Patrum, den „Sprüchen der Wüstenväter", steht Antonius allerdings als der Begründer der weltflüchtigen asketischen Lebensweise unangefochten an erster Stelle. Die breite Wirkung der Antoniusgestalt verdankt sich aber vor allem der Lebensbeschreibung, die Bischof Athanasius von Alexandrien († 373) bald nach dem Tod seines Protagonisten verfasste. Dieser Text wurde regelrecht zu einem Bestseller und wirkte stilbildend für die christliche Hagiographie.⁵
In der Vita Antonii ist nun auffallend oft von „Nutzen" (griech. ōphéleia) die Rede. Was war es, das an diesem Heiligen so „nützlich erschien? Bereits im Prolog bekundet Athanasius, er sei der Bitte seiner ungenannten Adressaten – andere Mönche – gerne nachgekommen: „Denn auch für mich ist es ein großer Gewinn an Nutzen, mich an Antonius zu erinnern. Ich weiß aber, dass auch ihr, wenn ihr das gehört habt, diesen Mann nicht nur bestaunen, sondern auch seinem Vorsatz nacheifern wollen werdet. Für Mönche ist nämlich das Leben des Antonius ein geeignetes Leitbild der asketischen Übung
(VA prol. 3).
Wir haben es also mit einem doppelten Nutzen zu tun: Zunächst für den Hagiographen, der nicht weiter spezifiziert, was genau er damit meint; erst später wird deutlich, dass Antonius hier in eine Reihe mit anderen Autoritäten, denen „Gedenken gebührt, gerückt wird, nämlich mit den Aposteln (VA 2,4) und der Heiligen Schrift (3,7). Der verstorbene Asket, so könnte man dies zuspitzen, setzt die Tradition der Apostel fort und lehrt und verkörpert wie diese die Botschaft der Bibel! Nutzen entsteht aber auch für die Empfänger seines Werkes, die sich darin als rechte Asketen erweisen, dass sie das Wunderbare, das Athanasius zu berichten weiß, nicht nur anstaunen, sondern Antonius’ Vorbild nachfolgen. Sein Leben soll für ihres wie ein „Prägestempel
(charaktēr) sein, und zwar – das wird dann im Laufe der Erzählung deutlich – als eine Lebensform, die durch konsequente Bemühung (áskēsis) erworben werden will. Dämonen zu widerstehen, ins geistliche Zwiegespräch mit Gott einzutreten, körperliche Entbehrungen zu ertragen und in lebensfeindlicher Umgebung Freiheit zu erlangen – das will trainiert sein, und dafür bedarf es eines Leitbildes. Solche Freiheit wird also schwer erkämpft, trägt aber – wie Athanasius an Antonius’ Leben zeigen will – eine große Verheißung in sich: „Dies lest nun den anderen Brüdern vor, damit