Prüfen (E-Book): Was es zu beachten gilt
Von Christoph Städeli und Manfred Pfiffner
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Über dieses E-Book
Ob schriftlich oder mündlich, analog oder digital, in der Schule oder im Betrieb - wer prüft, muss mit unterschiedlichen Formen vertraut sein und diese bedarfsgerecht einsetzen können. Gutes und faires Prüfen gehört zu den wichtigsten Kompetenzen einer Lehrkraft, eines Dozenten oder einer Ausbildnerin und ist immer eine Herausforderung. Dieser Band aus der Reihe "Kerngeschäft Unterricht" unterstützt Unterrichtende aller Bildungsstufen bei der Planung und Entwicklung von geeigneten Prüfungen. Mithilfe der hilfreichen Tipps aus Praxis, Theorie und Forschung wird gutes und faires Prüfen zur Paradedisziplin.
Christoph Städeli
Prof. Dr. phil. Christoph Städeli ist Leiter der Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung an der Pädagogischen Hochschule in Zürich und dort Dozent für Didaktik. Der Erziehungswissenschaftler hat mehrjährige Unterrichtserfahrung. Er ist ausgebildeter Primar- und Berufsschullehrer. Sein Anliegen ist die kompetente Umsetzung der Theorie in die Unterrichts- und Schulpraxis.
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Buchvorschau
Prüfen (E-Book) - Christoph Städeli
1 Die schriftliche Prüfung
Die schriftliche Prüfung ist wohl die am häufigsten eingesetzte Prüfungsform überhaupt. Viele Lehrkräfte und Ausbildungsverantwortliche sind mit dieser Form vertraut, sie bereitet ihnen bei der Umsetzung deshalb kaum Probleme. Ein wesentlicher Vorteil schriftlicher Prüfungen liegt darin, dass die Leistung am Ende als relativ beständiges Produkt vorliegt. Lehrkräfte oder Ausbildungsverantwortliche können die Arbeit wiederholt begutachten und die eigene Bewertung durch Kolleginnen oder andere Experten in aller Ruhe überprüfen lassen. Für die Lernenden bietet die schriftliche Prüfung den Vorteil, dass sie die Aufgaben in einer selbst gewählten Reihenfolge bearbeiten und dabei gezielt Schwerpunkte setzen können. Wie können schriftliche Prüfungen vorbereitet, durchgeführt und ausgewertet werden? Wir haben dazu ein Modell mit sieben Schritten entwickelt.
1.1Stoffgebiet eingrenzen
1.2Aufgaben formulieren
1.3Prüfung zusammenstellen
1.4Prüfung ankündigen
1.5Prüfung durchführen
1.6Prüfung korrigieren und benoten
1.7Prüfung zurückgeben
In den Abschnitten zu den einzelnen Schritten verweisen wir da und dort auf das Schlusskapitel dieses Buches (→ Kapitel 6, «Grundlagen»). Dort finden Sie beispielsweise eine Prüfungslandkarte oder Hintergrundinformationen zur kognitiven Taxonomie nach Bloom.
1.1Stoffgebiet eingrenzen
In Gedanken und aufgrund Ihrer Notizen und Unterlagen zum Unterricht gehen Sie die bearbeitete Ausbildungseinheit oder den durchgeführten Unterricht noch einmal genau durch. Sie überprüfen anhand des Lehrplans, ob im Unterricht alle verbindlichen Lernziele bearbeitet wurden und welche Kompetenzen die Lernenden erwerben oder erweitern konnten. Dann definieren Sie den Prüfungsstoff. Was im Unterricht viel Zeit und Aufmerksamkeit beansprucht hat, bekommt auch bei der Auswahl des Prüfungsstoffs entsprechend viel Raum. Legen Sie beispielsweise viel Wert auf das Erkennen von Zusammenhängen, sollte sich das auch in der Prüfung spiegeln. Prüfungen sollten also ein Stück weit auch Ihren Unterricht abbilden. Entscheidend ist, dass nur das Bedeutsame in die Prüfung einfließt und nicht Bereiche überprüft werden, die im Unterricht nur oberflächlich oder gar nicht behandelt wurden.
→ Abschnitt 6.1, «Fair prüfen»
Abbildung 1-1: Stoff und Stoffgewichtung (dargestellt als Mindmap)
1.2Aufgaben formulieren
Nun überlegen Sie sich, welche Aufgabenformen sich am besten eignen und welche Denkleistungen bei den einzelnen Aufgaben gefordert sind. Auf diese Weise lässt sich das Anspruchsniveau der Prüfung bestimmen. Bei jeder Aufgabe schätzen Sie zudem den Schwierigkeitsgrad und die Bearbeitungszeit ein und ordnen den einzelnen Aufgaben adäquate Punktewerte zu. In Tabelle 1-1 finden Sie Beispiele, wie Aufgaben auf unterschiedlichem Anspruchsniveau formuliert werden können.
→ Abschnitt 6.4, «Anspruchsniveau festlegen»
→ Abschnitt 6.5, «Aufgabenformen bestimmen»
Tabelle 1-1: Prüfungsaufgaben zum gleichen Thema mit unterschiedlichen Anspruchsniveaus
Die Aufgaben müssen sehr sorgfältig und präzise formuliert werden, da jede Unklarheit, jede Unsauberkeit in der Fragestellung oder fehlerhafte Angaben zu Beeinträchtigungen bei der Bearbeitung führt. Auf Präzision zu achten, ist deshalb so wichtig, weil in Prüfungssituationen, bedingt durch Stress und Prüfungsangst, das Sprachverständnis stark eingeschränkt sein kann. Aufgaben sollten so einfach wie möglich formuliert werden; Schachtelsätze sind zu vermeiden. Durch zusätzliche Strukturierungshilfen wie Nummerierungen, Hervorhebungen oder grafische Elemente können Prüfungen ansprechend gestaltet werden.
Eine Prüfungsaufgabe besteht in der Regel aus einem Informations- und einem Aufgabenteil:
a) Informationsteil
Im Informationsteil geht es um Hinführung. Der fachliche Zusammenhang wird in wenigen Worten erläutert, oder es wird mit einem Verweis an den Lern- oder Übungsort erinnert. Dieser Teil ist sehr wichtig. Die Lernenden erkennen leichter, worum es in der Frage geht. Beim kompetenzorientierten Prüfen wird an dieser Stelle die Situation geschildert oder die Problemstellung ausgeführt.
b) Aufgabenteil
Die Aufgabe soll so kurz und so verständlich wie möglich formuliert werden. Wichtig: Stellen Sie in einem Satz nur eine Aufgabe; bei mehreren Aufgaben trennen Sie diese deutlich voneinander ab. Schreiben Sie, wenn möglich, alles in Hauptsätzen, lassen Sie vage oder nichtssagende Begriffe weg, verwenden Sie keine fachunspezifischen Fremdwörter, und wenn, dann erklären Sie solche Wendungen. Formulieren Sie möglichst keine Fragen, sondern Aufträge. Diese leiten Sie mit einem Verb aus den taxonomierten Lernzielen ein (z. B.: Nennen Sie …; Erklären Sie …; Interpretieren Sie …; Beurteilen Sie …). Dies hat den Vorteil, dass Sie stets sehen, auf welchem Komplexitätsniveau Ihre Aufgabe formuliert ist, und für die Lernenden wird schnell klar, was sie leisten müssen.
Dann folgt eine präzise Anweisung. Daraus geht hervor, in welcher Form und Qualität Sie eine Antwort erwarten. Erklären Sie, was eine gute Antwort beinhaltet und wie viele Punkte maximal erreicht werden können. Dazu einige Beispiele:
–Notieren Sie die Antwort in fünf ganzen Sätzen.
–Führen Sie die drei wesentlichen Argumente des XY auf.
–Erklären Sie in eigenen Worten.
–Argumentieren Sie lückenlos.
–Im Unterricht haben wir einen Ablauf für XY festgelegt. Sie müssen bei dieser Aufgabe einen eigenen Lösungsansatz entwickeln.
–Führen Sie genau das auf, was wir im Unterricht besprochen haben.
–Ihr Vorschlag muss in der Praxis umsetzbar sein.
–Sie können die Aufgabe mithilfe des Lehrmittels bearbeiten.
–Ich erwarte von Ihnen, dass Sie alle möglichen Merkmale aufführen.
Abbildung 1-2: Beispielformulierungen für den Frageteil einer schriftlichen Prüfung
Wenn die Aufgabe formuliert ist, notieren Sie für sich die richtigen oder falschen Antworten oder die Lösungsschritte. Dies ist aus zwei Gründen notwendig. Erstens können Sie so nochmals überprüfen, ob die Fragestellung verständlich ist, die Zeit für die Beantwortung ausreicht und ob die Anforderungen klar formuliert sind. Wenn sich herausstellt, dass die Aufgabe zu offen oder zu eng formuliert ist, können Sie umgehend Änderungen vornehmen. Zweitens erhalten Sie zugleich eine Korrekturvorlage mit den richtigen und falschen Lösungen. Bei Unklarheiten können Sie die Anweisungen im Aufgabenteil präzisieren und bei Bedarf auch die Punktewerte neu ansetzen.
Tabelle 1-2: Beispielaufgabe. Thema: Finanzielle Auswirkungen von Grundpfandkrediten aufzeigen (Privatkunden)
Quelle: Kaufmännische Lehrabschlussprüfung 2016, Branche Bank, Berufspraxis schriftlich. www.swissbanking.org/de/themen/ausbildung/kaufmaennische-grundbildung/serie-1-2016_loesungen_dt.pdf [11.5.2018].
Säule 3a*: In der Schweiz gliedert sich die Altersvorsorge in drei «Säulen»: Säule 1 ist die staatliche Vorsorge, die AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung); Säule 2 ist die obligatorische betriebliche Vorsorge; als Säule 3 wird die private Vorsorge bezeichnet; Leistungen der Säule 3a können im Grundsatz frühestens fünf Jahre vor Erreichen des Rentenalters bezogen werden («gebundene Vorsorge»), dafür sind die Beiträge steuerlich begünstigt. Säule 3b meint die freie private