Verliebt und aufgeschmissen: Berührende Lovestory
Von Amelie Winter
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Über dieses E-Book
Lucy hat eine Männerallergie – so nennt es jedenfalls ihre beste Freundin Claire. Wenn ihr ein Kerl zu nahe kommt, fängt ihre Haut an zu jucken. Als der arrogante Selfmade-Millionär Mason Harris auf hinterhältige Weise in ihr Start-up-Unternehmen einsteigen will, in dem nur Frauen beschäftigt sind, kann Lucy ihn nicht davon abhalten. Zudem weigert er sich, den von ihr vorgeschriebenen Mindestabstand einzuhalten und flirtet hemmungslos mit ihr.
Für Mason ist alles ein Spiel – besonders die Liebe. Aber seit er Lucy kennt, vergeht ihm die Lust aufs Spielen und er will Ernst machen. Die Frau berührt etwas in ihm, wie er es noch nie zuvor erlebt hat. Nur leider ist sie verdammt schwer zu knacken!
Hinweis: Dieses Buch wurde bereits unter dem Titel "Nur der Bad Boy darf die Prinzessin küssen" veröffentlicht. Es handelt sich bei dem vorliegenden Roman um eine überarbeitete Version.
Bisher erschienen:
Roadtrip Richtung Liebe
Der Prinz von Manhattan
Selbst Amor schießt mal daneben
An der Liebe führt kein Weg vorbei
Verlobt, verliebt, verpeilt
Heiratsschwindler küsst man nicht
Projekt Cinderella
Liebe ist ...
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Buchvorschau
Verliebt und aufgeschmissen - Amelie Winter
1
Lucy fuhr den Lake Shore Drive entlang. Sie hatte ihre Mutter besucht, die in Lawndale lebte, und war jetzt auf dem Weg nach Uptown Chicago. Sollte sie im Lincoln Park einen kleinen Spaziergang machen? Das würde sie ablenken. Sie wollte den Kopf freikriegen. Ihre Mom hatte wieder einen neuen Freund – der wievielte war es jetzt? Lucy konnte die Männer schon lange nicht mehr an ihren zehn Fingern abzählen! Und jeder Kerl war schlimmer als der vorherige. Dieser schleimige Wicht, den sie sich diesmal angelacht hatte, war zudem fast zwanzig Jahre jünger. Sicher war er nur auf ihr Geld aus – bis er merken würde, dass ihre Mom keins hatte.
Als Lucys Handy klingelte, kramte sie in der Handtasche danach und nahm kurz den Blick von der Straße. Ihre beste Freundin Claire war am anderen Ende der Leitung.
»Bist du immer noch im Büro?«, fragte Lucy und hielt mit nur einer Hand das Lenkrad fest. Claire machte in letzter Zeit ständig Überstunden.
»Soll ich lieber zu Hause sitzen und mich selbst bemitleiden?« Nathan hatte vor zwei Tagen mit ihr Schluss gemacht.
»Du bist doch froh, ihn losgeworden zu sein«, sagte Lucy. Die Beziehung hatte keine drei Wochen gehalten und Claire war bereits von ihm genervt gewesen.
Sie lachte hell ins Telefon. »Du wirst schon sehen, irgendwann finde ich meinen Traumprinzen!«, sagte sie fröhlich. »Apropos ... da hat sich ein ganz heißer Typ beworben! Ich schick dir das Foto. Den musst du dir unbedingt ansehen!« Sie kreischte wie ein Fangirl auf einem Konzert ihrer Lieblingsband.
»Ein Kerl? Du weißt doch, dass ich keine Männer einstelle.«
»Das schon wieder? Deine Männerallergie wird langsam zum Problem, Lucy!«, sagte Claire.
»Meine Männerallergie?«, wiederholte Lucy belustigt.
»Wie willst du es denn sonst nennen?«
Ihre beste Freundin Claire wusste genau, dass Lucy mit Männern nicht gut klarkam. Sie ging ihnen seit jeher aus dem Weg. Wenn Lucy geschäftlich mit dem unliebsamen Geschlecht zu tun hatte, dann kümmerte sie sich meist telefonisch darum. Und ansonsten übernahm Claire die Gespräche. Lucy wusste nicht, wann sie sich das letzte Mal mit einem Mann allein im selben Raum aufgehalten hatte.
»Ich habe keine Männerallergie«, stellte sie dennoch klar. »Ich bin nur vorsichtig.«
»Wann wirst du mir endlich erzählen, wer dir das Herz gebrochen hat?«
Männer – das war Claires Lieblingsthema!
»Niemand hat mir das Herz gebrochen«, sagte Lucy.
Sie vertraute den Männern nicht – so einfach war das. Die zogen einen nur runter! Ihre Mom stürzte sich seit jeher von einer Beziehung in die nächste. Keiner dieser Typen hatte zu etwas getaugt. Es waren allesamt Versager gewesen: ohne Job, ohne Geld, ohne Verstand. Lucy hatte geglaubt, sich die Männer besser aussuchen zu können als ihre Mom – aber da hatte sie sich leider geirrt. Mit sechzehn hatte sie ihren ersten Freund gehabt. Diese Beziehung war ein absoluter Reinfall gewesen. Ihre Laune verdüsterte sich schlagartig, wenn sie an diesen Holzkopf dachte! Mit Männern hatte Lucy schon vor langer Zeit abgeschlossen. So blieben ihr Enttäuschungen erspart. Ihre Mom hingegen lernte ihre Lektion wohl nie.
»Der Kerl hat einen tollen Lebenslauf«, sagte Claire gut gelaunt. »Der wäre eine super Ergänzung für unser Team.«
»Claire!«, rief Lucy streng. Ich will nicht einen Mann in unserem Team haben. Das ist mein letztes Wort!« Sie spürte, wie ihre Finger juckten beim bloßen Gedanken, täglich mit einem Kerl zusammenarbeiten zu müssen. Sie würde ihm unmöglich aus dem Weg gehen können.
»Schon gut«, brummte Claire. »Was für eine Verschwendung. Der ist echt süß!«
»Dann ruf ihn an und frag ihn um ein Date.«
Ein hölzernes Lachen dröhnte aus dem Smartphone. Vielleicht würde Claire ihn tatsächlich anrufen und sich mit ihm verabreden.
»Ich muss jetzt auflegen«, sagte Lucy müde. Sie wollte nicht länger über Männer sprechen. In Lucys Leben waren ganz andere Dinge wichtig.
»Klar! Ich lege die vielversprechenden Bewerbungen mal auf die Seite.«
»Tu das!« Lucy beendete den Anruf, bog links ab und parkte den Wagen. Ächzend lehnte sie sich nach hinten und holte die Turnschuhe vom Rücksitz. Dann öffnete sie die Autotür und schwang ihre Beine nach draußen. Die Stöckelschuhe zog sie aus und schlüpfte in das bequeme Schuhwerk. Im Büro trug sie immer Rock und Bluse, High Heels und hübschen Schmuck. Sie kleidete sich gerne schick. Das gab ihr Zuversicht. Sie wollte gut aussehen. Erfolgreich. Selbstsicher. Niemand sollte sie unterschätzen.
Lucy stieg aus und streckte sich. Im Lincoln Park ging sie häufig spazieren. Sie liebte es, am Ufer entlangzugehen und aufs Wasser zu schauen. In Chicago fühlte sie sich, als würde sie am Meer leben. Der Michigansee war riesig!
Kritisch schaute sie an sich hinab. Die Turnschuhe passten nicht zum Bleistiftrock. Sie griff nach der Handtasche und holte die Sonnenbrille hervor. Sollte sie das Handy mitnehmen? Leider neigte Lucy dazu, nicht abschalten zu können. Ständig musste sie ihre Mails kontrollieren, die Nachrichten im Messenger checken, neue Ideen aufschreiben und ihren vollgestopften Terminkalender überprüfen. Wahrscheinlich schlief sie deswegen nachts so unruhig. Sie entschied sich dazu, die Handtasche samt Handy ausnahmsweise im Auto zu lassen. Das Ding wollte sie auf den Fahrersitz legen, als sie jemand von der Seite anrempelte und gegen die offene Autotür drückte. Lucy keuchte schmerzerfüllt auf! Sie wusste nicht, wie ihr geschah, da entriss ihr ein klobiger Kerl die Handtasche und rannte davon. Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Fassungslos schaute sie dem Dieb hinterher. Sie hatte ihn nicht kommen sehen! Aufgeregt schnappte sie nach Luft. Ihr Handy und ihr Portemonnaie waren in der Handtasche!
»Haltet den Dieb!«, rief sie. Lucy brauchte eine Waffe! Eilig schnappte sie sich ihren rechten Stöckelschuh, schlug die Autotür zu und verfolgte den Kerl. Würde sie ihn noch einholen können – und wenn ja, was dann? Der Kerl war größer als sie und wog mindestens das Doppelte! Wie sollte sie ihn überwältigen? Konnte sie ihn mit ihrem Schuh verprügeln? Der Absatz war nicht spitz genug, um ihm ein Auge auszustechen. Mit dem engen Bleistiftrock konnte sie zudem kaum laufen.
»Bleiben Sie stehen!«, schimpfte sie dennoch und rannte, als ginge es um ihr Leben. Lucy gab niemals auf. Sie war eine Kämpfernatur. In der Highschool war sie im Leichtathletik-Team die beste Läuferin gewesen. Nur leider war sie etwas aus der Übung. Warum half ihr denn niemand? Ein paar Passanten schauten nur verdutzt. Die Seitennaht an ihrem Rock riss auf, aber Lucy rannte weiter. Gleich würde sie ihn einholen.
Und dann – endlich! – sah sie jemanden, der auf den Dieb zueile und ihm geschickt ein Bein stellte. Der Mann fiel vornüber und Lucy war sich sicher, der Aufprall hatte wehgetan. Ihr Retter schnappte sich die Handtasche, als der Dieb sich aufrappelte und davonrannte, ohne sich umzudrehen. Der Kerl war trotz seiner massigen Körperfülle erstaunlich flink und Lucy hatte sein Gesicht nicht sehen können. Wie sollte sie ihn der Polizei beschreiben? Sie musste doch eine Anzeige machen.
Schnaufend und keuchend kam sie zum Stehen.
»Danke!«, japste sie und entriss ihrem Retter die Handtasche. »Wollen Sie ihm nicht hinterherrennen?« Sie deutete auf den Dieb, der irgendwo in den Büschen verschwand. Ihre Augen tränten, ihre Lunge brannte, die Frisur war mit Sicherheit ruiniert und der aufgerissene Rock zeigte zu viel Bein. Lucy stellte sich aufrecht hin und versuchte zumindest, ihr Haar in Ordnung zu bringen.
»Ich soll ... was?« Der Kerl schaute verdutzt.
»Sie müssen den Dieb schnappen!«, rief sie aufgeregt.
Er lächelte schief. »Sehe ich aus wie ein Polizist?«
Lucy blickte dem Kerl entrüstet in die Augen. Er guckte amüsiert und Lucy sah sich diesen komischen Typen etwas genauer an. Sie stand direkt vor ihm, kaum eine Armlänge entfernt. Entsetzt machte sie einen Schritt zurück. Der Kerl sah lädiert aus. Er trug einen schäbigen Militärrucksack auf dem Rücken. Die dunkelblaue Windjacke war an den Ärmeln aufgerissen, sein Gesicht war unrasiert, das kurze Haar wirkte spröde. Hatte ein Penner diesen Diebstahl vereitelt?
Plötzlich kam er näher und Lucy holte erschrocken mit ihrer Handtasche aus. Es war ein Reflex gewesen! Das Ding traf ihn im Gesicht und er keuchte schmerzerfüllt auf. Lucy wirbelte herum und eilte davon.
»Verdammt!«, hörte sie ihn fluchen. Er war ihr auf den Fersen. Ihr Herz schlug wild in der Brust. Was wollte der Typ von ihr? Sie beschleunigte ihre Schritte. Sollte sie wieder rennen?
»Bleib stehen!«, rief er. War der Kerl noch gefährlicher als der Handtaschendieb? Bis zum Auto war es nicht weit. Das würde sie schaffen. Panisch rannte sie wieder los. Was war das heute nur für ein verfluchter Tag? Hatte sie gerade eben noch einen flüchtigen Dieb verfolgt, so war Lucy nun selbst auf der Flucht! Als sie den Wagen erreichte und die Autotür öffnen wollte, holte er sie ein. Lucy drehte sich erschrocken um. Sollte sie um Hilfe schreien?
»Was wollen Sie von mir?!«, zischte sie. Lucy konnte nicht glauben, wie nahe ihr der Kerl plötzlich war!
»Ein Danke wäre sicher nicht zu viel verlangt!«, brummte er und stützte die Arme am Autodach ab. Lucy war nun zwischen ihm und dem Wagen eingekesselt. Grimmig starrte sie ihm ins Gesicht. Sein linkes Auge war blutverklebt. War Lucy für diese Wunde verantwortlich? Sie hatte ihn mit ihrer Handtasche verprügelt. Der Schnitt blutete ziemlich stark.
Ihre Haut juckte. Überall. Normalerweise zeigte sich der Juckreiz zuallererst auf den Handrücken, doch nun spürte sie bereits, wie er an ihrem Arm hochkroch. Nervöser Hautausschlag – nannte es ihre Ärztin. Der Juckreiz trat bei psychischem Stress auf. Manchmal dauerte es nur Sekunden, so wie jetzt, bis sich der Ausschlag zeigte. Claire hatte recht: Lucy hatte tatsächlich eine Männerallergie.
»Was stimmt denn nicht mit dir?«, meinte er plötzlich.
»Was mit ... mit mir nicht stimmt?« Sie schnaubte verächtlich, als der Kerl sein Gesicht zu ihr herunterbeugte. Er war größer als sie, aber ziemlich hager. Lucy hielt sich die Nase zu. Der Typ roch mit Sicherheit streng.
»Lassen Sie mich endlich in Ruhe!«, schimpfte sie. Zu ihrer großen Überraschung wich er zurück.
»Ich tu dir nichts, Prinzessin«, sagte er ernst. Lucy atmete schwer. Der Juckreiz war kaum mehr auszuhalten! Jetzt juckten sogar ihre Oberschenkel. So schlimm war ihr Ausschlag schon lange nicht mehr gewesen.
»Ich bin keine Prinzessin«, presste sie zwischen den Lippen hervor. Für wen hielt sich der Kerl bloß? Sie umklammerte die Handtasche und würde ihm diese erneut um die Ohren hauen, sollte er nicht endlich verschwinden.
»Ich habe dich gerettet«, meinte er ernst. »Oder zumindest deine Handtasche.« Er lächelte verschmitzt und Lucy guckte störrisch.
»Ich verstehe ... wie viel wollen Sie?«
Schnell klappte sie die Handtasche auf und wühlte darin nach ihrer Geldbörse – die sie gut festhielt, damit er sie ihr nicht aus der Hand reißen und damit abhauen konnte!
»Was?« Er wirkte irritiert.
»Wie viel?!«, fuhr sie ihn an. »Sind hundert Dollar genug? Reicht doch sicher für eine Flasche Fusel!«
Er zog die Stirn in Falten und sie hielt ihm schnell die Geldscheine hin. Aber er griff nicht danach, woraufhin Lucy das Geld in seine Jackentasche stopfte, in den Wagen huschte – zum Glück hielt er sie nicht davon ab! – und die Tür abschloss. Im Auto atmete sie erleichtert aus. Hier fühlte sie sich sicher. Sie wollte nur schnell nach Hause und war heilfroh, dass sich ihre Handtasche wieder in ihrem Besitz befand. Krampfhaft hielt sie sich am Lenkrad fest und starrte auf die roten Pusteln auf ihren Händen. Nervös kratzte sie die Stellen. Ihre Haut war sogleich feuerrot. Es juckte sie überall, auch am Rücken. Aber nur auf der rechten Seite ...
Sie spürte, wie ihr Puls schneller schlug. Plötzlich klopfte der Typ an ihre Scheibe und Lucy zuckte zusammen. Er hob die Geldscheine hoch und wedelte damit herum. Was wollte er nur von ihr? Sie startete den Motor, legte den Gang ein und fuhr los – der Kerl hatte erschrocken einen Satz zurückgemacht. Lucy drückte aufs Gaspedal und brauste davon. Sie schaute in den Rückspiegel, um sich zu vergewissern, dass sie den Idioten nicht über den Haufen gefahren hatte! Das hätte ihr gerade noch gefehlt. Aber er lebte – zum Glück! Reglos stand er da und starrte ihr hinterher. Es gruselte sie ein wenig. Der Typ war komisch gewesen.
Ihr Herzschlag beruhigte sich erst, als sie ihre Wohnung erreichte. Dort angekommen, legte sie die gerettete Handtasche auf die Kommode und zog sich sofort aus. Die Bluse und das Unterhemd stopfte sie in den Wäschekorb im Badezimmer. Der Rock war im Eimer – oder ließ sich da noch was machen? Sie zückte ihr Handy und machte ein Foto von ihrem freigelegten Bein, wo die aufgerissenen Nähte gut sichtbar waren. Dieses schickte sie Piper.
Kriegst du das Teil wieder hin?, schrieb Lucy.
Ihre Freundin nähte sich die Anziehsachen meist selbst. Die Antwort kam prompt.
Klar doch! Was ist passiert?
Lange Geschichte, schrieb Lucy zurück.
Ich mag lange Geschichten! Vor allem, wenn sie schmutzig sind!
Piper hatte einen Smiley mit herausgestreckter Zunge angehängt.
Schmutzig?, tippte Lucy. Dann löschte sie den Text wieder. Piper war noch schlimmer als Claire. Immer ging es nur um Männer! Glaubte sie etwa, der Rock wäre Lucy bei einem heißen Liebesabenteuer gerissen? Bestimmt nicht! Das Teil war bei einer wilden Verfolgungsjagd kaputtgegangen.
Vorsichtig legte sie das Handy auf die Spiegelablage, bevor sie es wagte, den Kopf zu heben und ihr müdes Selbst zu betrachten. Das Haar war ganz zerzaust, das Make-up hätte sie schon vor Stunden auffrischen sollen. Ihr Handrücken war noch etwas rot, weil sie sich gekratzt hatte, ansonsten war ihre Haut so kreidebleich wie immer. Der Ausschlag ging meist recht schnell weg. Die tiefen Narben auf ihrem linken Arm, die sich auch weit auf ihrem Rücken verteilten, jedoch nicht. Die blieben dort. Ein Leben lang. Lucy strich über die entstellte Haut. An das Gefühl würde sie sich nie gewöhnen!
Ein warmes Bad täte ihr jetzt gut. Aber vorher ging sie in die Küche und holte eine Flasche Whisky. Der Single Malt aus den schottischen Highlands war schon zur Hälfte ausgetrunken. Ob sie es in letzter Zeit mit dem Alkohol übertrieb? Lucy fühlte sich ausgelaugt und müde. Gierig nippte sie an der Flasche – sie machte sich nicht die Mühe, den Alkohol in ein Glas zu kippen – und schlurfte zurück ins Bad. Der BH landete im Wäschekorb, ihr Höschen auch. Lucy schaute an sich hinab. Ihr nackter Körper war hässlich. Sie hatte kaum Busen, kaum Hüften, kaum Taille. Aber ihre Beine mochte sie. Die waren kräftig. Vielleicht sollte sie öfter laufen. Früher hatte sie etliche Wettbewerbe gewonnen. Lucy hatte es geliebt zu laufen. Es als Erste ins Ziel zu schaffen. Nicht aufgeben. Nicht langsamer werden. Nicht zurückschauen. Immer weiter laufen. Auch im Leben rannte Lucy ständig. Leider war sie dieses eine Mal nicht schnell genug gewesen.
Müde ließ sie Wasser in die Wanne ein. Das Handy auf der Spiegelablage klingelte und Lucy griff danach. Nackt setzte sie sich auf den Badewannenrand und scrollte gähnend durch den Messenger. Claire hatte ihr ein Foto von dem Kerl geschickt, der sich beworben hatte, und Lucy zoomte heran. Was fand Claire nur an solchen Männern? Kantiges Gesicht, Dreitagebart, volles Haar und ein Plastiklächeln. Er sah aus wie ein Model – wie langweilig! Lucy mochte ganz andere Gesichter. Solche, die eine Geschichte erzählten. Ihr fiel der komische Typ im Park wieder ein. Das Gesicht hatte ihr gefallen. Wie landete so einer auf der Straße?
Kopfschüttelnd legte Lucy das Handy weg und stieg ins warme Wasser. Die Whiskyflasche hatte sie auf dem Boden abgestellt, wo sie leicht danach greifen konnte. Ihre Augenlider wurden schwer. Der Kerl war der Einzige gewesen, der sich dem Dieb in den Weg gestellt hatte. So etwas erforderte Mut. Ihr Körper rutschte tiefer in die Wanne. Der Badeschaum reichte ihr bis über die winzige Brust. Ihre vernarbte Haut färbte sich immer dunkel im heißen Wasser. Es sah nicht schön aus und Lucy schaute schnell woanders hin.
Ächzend richtete sie sich auf und griff nach der Flasche, die sie gierig an die Lippen legte. Sie nahm einen kräftigen Schluck – und noch einen. Dann sank sie zurück in die Wanne und lächelte.
Lucy hatte es gut. Sie hatte eine nette Wohnung und sie liebte ihren Job. Das warme Bad entspannte ihre müden Muskeln. Sie fühlte sich richtig wohl. Der Whisky führte dazu, dass sich auch ihre Gedanken entspannten. Sie verirrten sich. Irgendwohin.
2
Mason betastete behutsam die Stelle über seinem linken Auge. Er spürte etwas Feuchtes. War das Blut? Diese Zicke hatte ihm ordentlich eins verpasst! Und das nur, weil er sich heldenhaft einem Dieb in den Weg gestellt hatte. Welche Handtasche hatte solch scharfe Kanten? Die Wunde brannte. Das Blut war ihm sogar ins Auge getropft. Seufzend wühlte er in der Jacke nach einem Taschentuch, mit dem er den blutenden Schnitt betupfte. Er spuckte ein paarmal darauf, um das Blut besser wegwischen zu können. Dann holte er mit der freien Hand sein Smartphone aus der Hosentasche und wählte die Nummer seiner Schwester Jenna. Er sollte seinen Besuch lieber ankündigen. Sie mochte es nicht, wenn er überraschend vor ihrer Haustür auftauchte. Fünfmal ließ er es klingeln, aber sie hob nicht ab. War sie sauer auf ihn? Mason hatte sich seit über einem halben Jahr nicht mehr bei seiner Familie gemeldet. Er war um die Welt getingelt. In Neuseeland war er gewesen, in Australien, Südafrika, Argentinien – am Ende hatte es ihn sogar nach Grönland verschlagen, dabei hatte er doch dem kalten Winter in Chicago entfliehen wollen.
Aber nun war er wieder in den Staaten. Mason schaute hinaus aufs Wasser. Den Michigansee hatte er vermisst. Hier fühlte er sich zu Hause. Er war in Chicago aufgewachsen, irgendwo in Riverdale. In einem Apartment mit einem winzigen Balkon und einer winzigen Küche mit einem winzigen Tisch, wo sie zu viert kaum Platz gehabt hatten. Meist hatte er sich in seinem Zimmer verschanzt – das er sich mit Jenna hatte teilen müssen –, zwischen all dem Computerkram, wie es seine Mutter immer genannt