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Der Werwolf von Mehlem
Der Werwolf von Mehlem
Der Werwolf von Mehlem
Ebook113 pages1 hour

Der Werwolf von Mehlem

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About this ebook

Gina ist überglücklich, als sie nach langer Suche endlich einen fast schon verdächtig gutbezahlten Job findet. Als Betreuerin des ältesten Sohnes zieht sie in die Villa einer vornehmen rheinischen Familie, die sehr zurückgezogen lebt. Aber hinter verschlossenen Türen geschehen unheimliche Dinge. Schnell gewinnt sie den Eindruck, dass die Familie ihr wichtige Informationen vorenthält. Trotzdem richtet sie sich nach den Anweisungen, die sie erhält. Die wichtigste lautet: Bei Vollmond darf der junge Mann sein Zimmer unter keinen Umständen verlassen.
LanguageDeutsch
Release dateAug 27, 2021
ISBN9783754364789
Der Werwolf von Mehlem
Author

Diandra Linnemann

Diandra Linnemann, Jahrgang 1982, wohnt und lebt im schönen Rheinland. Dort übersetzt sie tagsüber medizinische Texte ins Englische und lässt ihre Charaktere nachts auf dem Papier wüste Abenteuer erleben. Sie fühlt sich unter Hexen und Geistern genauso zuhause wie in der Welt garstiger Tentakelwesen. Ihr Körper besteht fast ausschließlich aus Kaffee und teilt eine Wohnung mit einem geduldigen Mann, zwei verwöhnten Katzen und einem Dutzend sterbender Zimmerpflanzen. Mehr unter www.diandrasgeschichtenquelle.org

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    Book preview

    Der Werwolf von Mehlem - Diandra Linnemann

    Inhaltsverzeichnis

    Kapitel Eins

    Kapitel Zwei

    Kapitel Drei

    Kapitel Vier

    Kapitel Fünf

    Kapitel Sechs

    Kapitel Sieben

    Kapitel Acht

    Kapitel Neun

    Kapitel Zehn

    Kapitel Elf

    Kapitel Zwölf

    Kapitel Dreizehn

    Falls ihr MEHR wollt ...

    Gruftgeflüster

    Und hier könnt ihr mich finden

    EINS

    DER RAUM, IN dem das Vorstellungsgespräch stattfand, glich eher einem Salon als einem Wohnzimmer. Schwere Samtvorhänge dämpften das Sommerlicht und fingen die Wärme ein. Die Fenster reichten bis auf den Boden hinunter, der aus schwarzem, mit feinen weißen und goldenen Adern durchzogenem Marmor war. Das meiste von ihm war durch flauschige, makellos weiße Teppiche verdeckt. Gina hätte sich gerne in Ruhe umgesehen, aber das hätte als unhöflich gegolten. Außerdem musste sie sich körperlich anstrengen, nicht von dem plüschigen Sofa verschluckt zu werden.

    Die sorgfältig in Szene gesetzte, hochwertig blondierte ältere Dame im Sessel zu ihrer Rechten ließ sich Zeit dabei, ihre Zeugnisse und Referenzen zu studieren. Ihr Gesichtsausdruck war wohlwollend neutral, seit sie Gina ins Haus gebeten hatte, und ließ nicht erkennen, was sie von den Informationen auf dem Papier vor sich hielt. Ihr graues Kostüm hatte genau die gleiche Farbe wie die Sitzmöbel – und keine einzige ungeplante Falte. Vielleicht gab es spezielle Schulen für vornehme Damen, an denen man so etwas lernte. Madame Giselles Institute für Damen und Standbilder.

    Der Drang, nach dem filigranen Silberkreuz zu greifen, das von einer Silberkette um ihren Hals hing, war immer dann am stärksten, wenn Gina nervös war. Aber sie hielt die Hände im Schoß gefaltet und hoffte, dass die abgetragenen dunklen Jeans und die weiße Bluse ihr keine Minuspunkte einbrachten. Wer hätte denn auch gedacht, dass das hier so vornehm wäre? Sie brauchte diesen Job. Wenigstens hatte sie daran gedacht, ihre dunklen Locken zu einem Knoten aufzudrehen, der sie angeblich erwachsen und professionell aussehen lassen sollte. Hatte das Frauenmagazin behauptet. Sie fühlte sich eher, als trage sie ein Vogelnest spazieren. Aber eine bessere Alternative war ihr auf die Schnelle nicht eingefallen. Diese Bewerbung war ein eher spontaner Einfall gewesen. Wahrscheinlich eine Schnapsidee.

    Schließlich hob die Dame den Blick. »Wie ich sehe, haben Sie ihre Schwester drei Jahre lang betreut. Das sind sehr nützliche Fähigkeiten. Was hat diese Situation beendet?«

    »Der Tod meiner Schwester«, antwortete Gina.

    »Das tut mir leid«, antwortete die Dame in dem gleichen Ton, in dem man einen plötzlichen Regenschauer kommentiert hätte. »Haben Sie seitdem in vergleichbaren Gebieten gearbeitet?«

    »Nein, ich habe mich auf mein Studium konzentriert.«

    »Sie scheinen sehr ehrlich.«

    Was hätte sie auch erzählen sollen? Schließlich hatte diese Frau ihren Lebenslauf vor sich. Gina bemühte sich, ihre Gesichtsmuskeln entspannt zu halten. Es fiel ihr schwer, ihre Gedanken nicht mit ihrer Mimik zu verraten. Lisa hatte darüber immer gelacht.

    »Sie müssen wissen, wir befinden uns in einer … delikaten Situation. Es ist nicht so, dass unser Sohn körperliche Pflege brauchen würde – uns geht es mehr um ... fürsorgliche Gesellschaft. Er befindet sich in einer schwierigen Phase, müssen Sie wissen.«

    Das klang ziemlich speziell. »Ist er gefährlich?«

    »Er ist bis jetzt noch nie gewalttätig geworden«, antwortete die Dame und sah zum ersten Mal lebendig aus. »Falls es das ist, was Ihnen Sorge bereitet.«

    Gina drehte ihre Handflächen nach oben. »Genau darauf wollte ich hinaus. Ich bin weder besonders groß noch stark, wie Sie sehen. Aber das, was Sie brauchen, kann ich leisten.«

    Die Dame seufzte erleichtert. »Wunderbar, dann lasse ich den Assistenten meines Mannes alle Papiere vorbereiten. Bestimmt möchten Sie Ihren Schützling gleich kennenlernen.«

    Gina nickte, erhob sich und folgte der Dame aus dem erdrückenden Wohnzimmer in den helleren, überaus repräsentativen Eingangsbereich der Villa. Die Marmorböden waren spiegelglatt und die Wände so weiß, dass man Gefahr lief, schneeblind zu werden.

    »Sie können mich Dorothea nennen«, sagte die Dame über die Schulter, eine Hand auf das Treppengeländer gelegt.

    »Ein schöner Name«, antwortete Gina. Sie hielt den Atem an, als sie auf dem Weg nach oben an einer gigantischen Vase voll Lilien vorbeikamen. Die Blumen nickten auf dem Treppenabsatz in einer warmen Brise.

    Dorothea hatte zu viel Klasse, um auf dieses Kompliment zu reagieren. »Wir haben ein Zimmer in Felix‘ Flügel für Sie hergerichtet, Sie sollen sich ganz wie zuhause fühlen. Die Küche steht Ihnen jederzeit offen.« Vor einer Zimmertür beinahe am Ende eines weiß gestrichenen Ganges mit antikem, liebevoll gepflegtem Holzdielenboden hielt sie an und reichte Gina einen Umschlag. »Hier finden Sie die Telefonnummern von einigen wichtigen Kontakten, falls Sie weitere Informationen benötigen.«

    »Felix‘ Ärzte?«

    »Mein Mann, sein Assistent, meine Nummer natürlich auch.« Dorothea zögerte. »Vielleicht sollte ich es Ihnen sagen … wir hatten einen Verlust in der Familie. Es hat uns alle sehr mitgenommen. Felix ist seitdem nicht mehr derselbe. Aber lassen Sie sich davon nicht entmutigen. Das ist sein Zimmer.« Sie klopfte, wartete kurz und öffnete die Tür.

    Zimmer war untertrieben. Hinter der Tür lag ein großzügig bemessener Raum mit Sitzgruppe, Schreibtisch, etlichen Bücherregalen, einem Teleskop und einem Klavier. Alles wirkte sehr hochwertig und ausgiebig bewohnt – Kleidungsstücke hingen über der Sofalehne, jemand hatte seine Sneakers hinter der Tür von den Füßen gekickt, auf dem Klavier stand eine Tasse Tee. Sie dampfte nicht mehr, und auf der Innenseite des hauchdünnen Porzellans konnte Gina einen bräunlichen Film erkennen. Auf beiden Seiten des Raumes gingen Türen ab, hinter denen sie das eigentliche Schlafzimmer und das Bad vermutete.

    Es dauerte einen Moment, ehe sie ihren zukünftigen Schützling entdeckte.

    Der war die nächste Überraschung.

    Gina hatte mit einem Kind gerechnet, vielleicht mit einem Teenager – aber in der Ecke zwischen Fenster und Heizung kniete ein blasser junger Mann mit widerspenstigem blondem Haar auf dem Boden und schien etwas zu löten. Der Geruch erinnerte sie entfernt an Kabelbrand.

    Der war ja mindestens so alt wie sie.

    Worauf hatte sie sich da eingelassen?

    Die Dame – Dorothea – bemerkte ihre Überraschung entweder nicht, oder sie war entschlossen, sie zu ignorieren. »Felix, kommst du bitte einen Moment her? Wir haben Besuch.«

    Zuerst sah es aus, als habe er seine Mutter nicht gehört. Dann legte er das Werkzeug vorsichtig beiseite und sah mit gerunzelter Stirn auf. »Mutter, wir hatten doch darüber gesprochen.« Geschickt kam er auf die Beine und durchquerte den Raum.

    Dorothea verschränkte die Hände vor dem Körper. »Dein Vater und ich haben das ausgiebig miteinander diskutiert und halten es für die beste Idee. Das hier ist Gina, sie wird dir Gesellschaft leisten.«

    Ginas Mund war trocken. Sie lächelte, trat einen Schritt vor und streckte die Hand aus. »Freut mich, Sie kennenzulernen.«

    Die Höflichkeit zwang ihn, ihre Hand zu schütteln. Seine Finger waren schlank und warm. »Sehr erfreut, Gina. Ich bin Felix. Und Sie sind also meine … Nanny.«

    »Felix!« Dorothea war entsetzt.

    Aber Gina winkte ab. »Schon gut. Ich muss gestehen, ich hatte auch mit einem jüngeren … Schützling gerechnet.«

    Dorothea warf ihr einen kritischen Blick zu. »Ist das ein Problem für Sie?«, fragte sie mit hochgezogener Augenbraue.

    »Keinesfalls«, beruhigte Gina sie. »Ich bin vielmehr froh, dass ich nicht so tun muss, als könne ich skateboarden und sei cool.«

    Ein Grinsen zuckte in Felix‘ Mundwinkeln.

    Seine Mutter hatte den Witz offenbar nicht bemerkt. Oder vielleicht fand sie ihn auch undamenhaft. »Sei ein Schatz und zeig Gina ihr Zimmer – du weißt schon, das kleine Zimmer am Ende des Flurs. Ich habe leider anderweitige Verpflichtungen. Gina, ich hatte das so verstanden, dass Sie gleich anfangen können?«

    »Im Prinzip ja. Allerdings … ich hatte nicht damit gerechnet, direkt hierzubleiben. Es wird hoffentlich kein Problem sein, wenn ich noch einmal losfahre

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