Wenn der Moorgeist klagt: Irrlicht - Neue Edition 2 – Mystikroman
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Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Mystik Romanen interessiert.
Vor ihr bewegte sich etwas im Gebüsch. Maurene spürte, wie sich Panik in ihr ausbreitete. Zweige brachen, und ein paar verschreckteVögel flogen auf. Maurene rutschte aus und stürzte. Ein dunkler Schatten war über ihr, und das klagende Heulen drang dicht an ihr Ohr. In Todesangst schrie Maurene auf und hob abwehrend ihre Hände. Die Gestalt, die sich über sie beugte, schien einem Gruselfilm entsprungen zu sein. Das Gesicht war schmutzig und von einem wilden Bart teilweise verdeckt. Das Wesen war in einen zottigen Pelz gehüllt und stieß nun unartikulierte Laute aus. Eine behaarte Pranke hatte sich auf Maurenes Mund gelegt und erstickte ihre Angstschreie. Maurene strampelte mit Händen und Füßen, um die Gestalt abzuwehren, aber sie war einfach zu schwach. Gegen so einen starken Gegner hatte sie keine Chance. Das Klingeln des Telefons riß Maurene aus ihren trüben Gedanken. Sie überlegte, ob sie überhaupt abheben sollte. Möglicherweise war es Derrek, der anrief – dann würde sie sofort wieder auflegen! Nein, dachte sie wehmütig, er würde ganz bestimmt nicht anrufen. Als sie sich vor einer Woche getrennt hatten, war eine klare Absprache getroffen worden, und Derrek hielt sich an Verabredungen dieser Art. »Hallo, Maurene, hier ist Patrick«, hörte sie die Stimme ihres Cousins. »Patrick!
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Wenn der Moorgeist klagt - Danielle Baton
Irrlicht - Neue Edition
– 2 –
Wenn der Moorgeist klagt
Unheil und Verderben sind seine Gefährten
Danielle Baton
Vor ihr bewegte sich etwas im Gebüsch. Maurene spürte, wie sich Panik in ihr ausbreitete. Zweige brachen, und ein paar verschreckteVögel flogen auf. Maurene rutschte aus und stürzte. Ein dunkler Schatten war über ihr, und das klagende Heulen drang dicht an ihr Ohr. In Todesangst schrie Maurene auf und hob abwehrend ihre Hände. Die Gestalt, die sich über sie beugte, schien einem Gruselfilm entsprungen zu sein. Das Gesicht war schmutzig und von einem wilden Bart teilweise verdeckt. Das Wesen war in einen zottigen Pelz gehüllt und stieß nun unartikulierte Laute aus. Eine behaarte Pranke hatte sich auf Maurenes Mund gelegt und erstickte ihre Angstschreie. Maurene strampelte mit Händen und Füßen, um die Gestalt abzuwehren, aber sie war einfach zu schwach. Gegen so einen starken Gegner hatte sie keine Chance. Als wäre sie nur ein Kleiderbündel, hob der Unheimliche sie auf und schleppte sie in die Büsche …
Das Klingeln des Telefons riß Maurene aus ihren trüben Gedanken. Sie überlegte, ob sie überhaupt abheben sollte. Möglicherweise war es Derrek, der anrief – dann würde sie sofort wieder auflegen!
Nein, dachte sie wehmütig, er würde ganz bestimmt nicht anrufen. Als sie sich vor einer Woche getrennt hatten, war eine klare Absprache getroffen worden, und Derrek hielt sich an Verabredungen dieser Art.
»Hallo, Maurene, hier ist Patrick«, hörte sie die Stimme ihres Cousins.
»Patrick! Das ist aber nett, wieder einmal von dir zu hören. Wie geht es euch dort oben?«
»Danke der Nachfrage. Das Wetter ist prächtig, und in ein paar Wochen ist die Jagd auf. Hast du nicht Lust, uns zu besuchen? Ich bin sicher, Dad würde sich freuen.«
»Weißt du, daß du genau im richtigen Moment anrufst? Ich könnte jetzt wirklich einen Tapetenwechsel gebrauchen.«
Maurene erzählte, welcher Kummer sie bedrückte, und Patrick versprach, für Abwechslung zu sorgen. Sie plauderten noch eine Weile, dann legte Maurene mit einem Gefühl der Freude und Erleichterung auf. Bestimmt würde es ihr guttun, Dublin für einige Zeit zu verlassen, um in anderer Umgebung Derrek vergessen zu können. Hier gab es doch zuviel, was sie an ihn erinnerte. In zwei Wochen waren Semesterferien, diese Zeit galt es noch auszuhalten.
Maurene bürstete ihr rotblondes Haar durch und zog die Lippen nach. Mit ihren knapp zwanzig Jahren hatte sie gerade die Grenze vom jungen Mädchen zur Frau überschritten, und sie hatte das gewisse Etwas, das die Männer ansprach. Nicht nur die Studenten an der Uni sahen ihr begeistert hinterher, wenn sie zu einer Vorlesung ging. Auch so mancher Professor hatte einen Blick für sie übrig, in dem unverhohlene Bewunderung lag.
An der Uni hatte sie auch Derrek Brennan kennengelernt, einen gutaussehenden jungen Mann, der einige derselben Kurse belegt hatte wie Maurene. Aus einem anfänglichen Flirt war schon bald ein Liebesbeziehung geworden, die jedoch keinen Bestand haben konnte, weil Derrek nicht viel von Treue hielt. Maurene mußte dies schmerzhaft erkennen. Gerade noch rechtzeitig gelang es ihr, einen Schlußstrich zu ziehen.
Die Aussprache an jenem Abend, an dem sie sich das letzte Mal gesehen hatten, brachte Derreks wahren Charakter zum Vorschein. Kühl und berechnend hatte er sie angesehen und ihre Vorhaltungen mit einem spöttischen Lächeln abgetan.
Nein, das war nicht der Mann, mit dem Maurene ein ganzes Leben teilen wollte! So groß ihr Schmerz auch war, besser war es, ihn zu ertragen, als die Zukunft in die Hände eines solchen Mannes zu legen.
Maurene versuchte zu lächeln. Patricks Anruf hatte ihre Laune gebessert, und sie freute sich schon auf die Zeit, die sie bei den Verwandten und Cashel Abbey verbringen würde. Gleich morgen wollte sie zum Bahnhof gehen und sich nach den Abfahrtszeiten erkundigen.
Der Gedanke brachte sie wieder in Schwung, und als am Abend Pamela, eine Studienfreundin, vorbeikam, um sie zu einem Kinobesuch zu überreden, brauchte sie ihre ganze Überredungskunst nicht einzusetzen.
Hinterher saßen sie noch in einem Pub zusammen, und der Barmann mußte mehr als einmal auf die Polizeistunde hinweisen, bevor die Mädchen lachend nach Hause gingen.
*
Maurene fuhr mit dem Zug von Dublin nach Dundalk im Norden Irlands. Von dort ging es weiter in Richtung Nordwest. Cashel Abbey war nur wenige Meilen von der Grenze entfernt, die Nordirland von der Republik Irland trennte. Moore und große Heidegebiete prägten diese Landschaft.
Die junge Frau lehnte sich bequem in die Polster ihres Abteils. Noch gut drei Stunden Bahnfahrt lagen vor ihr, bevor sie ihr Ziel erreicht hatte. Patrick hatte versprochen, sie am Bahnhof abzuholen. Der Familienbesitz der O’Connors lag etwa zehn Meilen von Cashel Abbey entfernt.
Maurene hatte das ganze Abteil für sich. Während des Umsteigens in Dundalk hatte sie sich mit Zeitschriften eingedeckt, so daß für sie keine Langeweile aufkommen würde. Der Zug bummelte gemächlich durch das Land und hielt beinahe an jeder Station. Immer dann sah Maurene aus dem Fenster, und sie erkannte Namen und Landschaften aus ihrer Kindheit wieder. Hier war sie geboren und aufgewachsen.
Die Familie O’Connor war eine alte, weitverzweigte Sippe, die sich dem irischen Adel zurechnete. Jeder O’Connor wußte stolz von den Heldentaten der Altvorderen zu berichten.
Maurene lächelte, als sie daran dachte. Sie war eine moderne junge Frau und empfand das Traditionsgehabe als nicht mehr ganz zeitgemäß. Viel lieber waren ihr da die Erinnerungen an ihre Kindheit, deren Großteil sie auf dem Gut verbracht hatte. Sie war gespannt auf das Wiedersehen mit Onkel James und Cousin Patrick, die sie beide seit Jahren nicht mehr gesehen hatte.
Weiter ging die Fahrt durch weite Heideflächen und vorbei an düsteren Mooren, in denen angeblich immer noch Feen und Geister hausten. Maurene erinnerte sich an die Erzählungen ihrer Kinderfrau. Die alte Nanny wußte Geschichten zu erzählen, die einem einen Schauer über den Rücken jagten, wenn es draußen dunkel war, die Herbststürme um das Haus fegten und ein besonders heftiger Windstoß in den Kamin jagte, der das Feuer hell auflodern ließ.
Besonders deutlich war ihr die Legende vom Banshee in Erinnerung geblieben. Das war ein Luftgeist auf dem Moor, dessen klagender Ruf den Tod eines Menschen ankündigte...
Der Zug hatte wieder einmal gehalten. Maurene bedauerte, daß sie nicht Zeit genug hatte auszusteigen und sich noch einige Zeitschriften zu kaufen. Offenbar hatte sie in Dundalk doch nicht genug erworben, denn die letzte, ein Modejournal, hatte sie eben durchgeblättert. Doch der Zug ruckelte schon wieder an.
Gerade als Maurene beschloß, ein wenig auf dem Gang auf und ab zu gehen, öffnete sich die Tür, und ein junger Mann betrat das Abteil. Ächzend stemmte er einen schweren Koffer in die Ablage über den Sitzen. Dem Koffer folgte eine schwarze Tasche, offenbar eine Fotoausrüstung, wie Maurene dem Werbeaufdruck des Herstellers entnehmen konnte. Dann drehte der Mann sich zu ihr um und lächelte sie freundlich an.
»Guten Tag, Miß«, sagte er mit einer angenehmen Stimme. »Da habe ich ja richtig Glück gehabt, in solch netter Begleitung zu fahren. Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Rick Perkins.«
Dabei hatte er sich schon hingesetzt.
Maurene erwiderte sein Lächeln und stellte sich dann ehenfalls vor.
»Verzeihen Sie meine Neugierde«, setzte Mister Perkins das Gespräch fort, »aber was macht eine so hübsche junge Frau in einer so gottverlassenen Gegend?«
»Sie werden es nicht glauben«, gab Maurene lachend zurück, »aber ich bin hier geboren.«
»Welch ein wunderbarer Zufall. Da haben Sie bestimmt einige Tips für mich parat. Ich bin Fotograf und arbeite für ein Londoner Magazin. Im Moment bin ich auf der Suche nach ein paar stimmungsvollen Motiven. Ich denke da an keltische Hochkreuze, Burgen oder auch alte verfallene Abteien. Und dann natürlich an das Moor, das so weit und unendlich ist.«
Sein Blick hatte etwas Schwärmerisches angenommen, als er dies sagte.
Maurene sah ihn lächelnd an. Rick Perkins sah nicht nur sehr gut aus, er schien auch eine romantische Ader zu haben.
»Da werden Sie bestimmt fündig werden. Die ganze Gegend hier ist voll von Zeugnissen der Vergangenheit, und bei uns – ich fahre übrigens nach Cashel Abbey – gibt es wirklich eine noch recht gut erhaltene Abtei aus dem dreizehnten Jahrhundert.«
»Cashel Abbey – nein, es ist wirklich kein Zufall, daß ich Sie getroffen habe – ich fahre nämlich auch dorthin.«
Für den Rest der Zugfahrt kam keine Langeweile mehr auf. Rick Perkins war ein glänzender Unterhalter,