Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

Immer mehr von Dir: Leben aus der Fülle Obertitel: 365 Andachten
Immer mehr von Dir: Leben aus der Fülle Obertitel: 365 Andachten
Immer mehr von Dir: Leben aus der Fülle Obertitel: 365 Andachten
Ebook812 pages6 hours

Immer mehr von Dir: Leben aus der Fülle Obertitel: 365 Andachten

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

Shauna Niequists 365 Andachten sind perfekt für Frauen, die nur wenig Zeit haben, aber ihr geistliches Leben pflegen wollen. Ihre Botschaft: 'Tauche tief ein in die Güte Gottes und genieße jeden Augenblick!'
LanguageDeutsch
PublisherFontis
Release dateNov 1, 2015
ISBN9783038487524
Immer mehr von Dir: Leben aus der Fülle Obertitel: 365 Andachten

Related to Immer mehr von Dir

Related ebooks

Related articles

Reviews for Immer mehr von Dir

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    Immer mehr von Dir - Shauna Niequist

    Shauna Niequist

    Immer mehr von Dir

    www.fontis-verlag.com

    Für meine Großeltern Bob und Leah Barry,

    die nach all den Jahren immer noch

    eine Liebesgeschichte leben

    und uns allen zeigen, was es heißt,

    sich das Leben schmecken zu lassen.

    Titelbild

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de

    abrufbar.

    Die Bibelstellen wurden folgenden Übersetzungen entnommen:

    Einheitsübersetzung © 1980 Katholische Bibelanstalt, Stuttgart

    Elberfelder = Revidierte Elberfelder Bibel (Rev. 26) © 1985/1991/2008 R. Brockhaus im SCM-Verlag GmbH + Co. KG, Witten

    Hfa = Hoffnung für alle © 1983, 1996, 2002 Biblica, Inc.®,

    hrsg. von Fontis – Brunnen Basel

    Luther = Lutherbibel © 1984 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

    Originally published in the U.S.A. under the title:

    «Savor»

    Copyright © 2015 by Shauna Niequist

    Published by arrangement with

    The Zondervan Corporation L.L.C.,

    a subsidiary of HarperCollins Christian Publishing, Inc.

    Aus dem Amerikanischen übersetzt von: Christian Rendel, Witzenhausen

    © der deutschen Ausgabe: 2015 by Fontis – Brunnen Basel

    Umschlag: Spoon Design, Olaf Johannson, Langgöns

    Foto Umschlag: Aleshyn_Andrei / Shutterstock.com

    E-Book-Vorstufe: InnoSet AG

    , Justin Messmer, Basel

    E-Book-Herstellung: Textwerkstatt Jäger

    , Marburg

    ISBN (EPUB) 978-3-03848-752-4

    ISBN (MOBI) 978-3-03848-753-1

    www.fontis-verlag.com

    Inhalt

    Einleitung

    Januar

    Februar

    März

    April

    Mai

    Juni

    Juli

    August

    September

    Oktober

    November

    Dezember

    Dank

    Rezeptverzeichnis

    Frühstückskuchen mit Blaubeerjoghurt

    Zitronen-Dill-Suppe

    Fregolotta – Italienische Torte mit Konfitüre

    Kürbis-Bananen-Sonstwas-Muffins

    Melodys Wurst-Eier-Auflauf

    Friséesalat mit Haselnüssen, Ziegenkäse und Dijon-Vinaigrette

    Lindsays Schichtauflauf mit grünen Chilis

    Pasta-Salat «Ravinia»

    Tee-Sandwiches mit Hähnchen-Curry-Salat

    Monicas Ziegenkäsetoast

    Pikante Erdnussnudeln

    Sommersalat

    Jennifers Carnitas / Catbirds

    Saras Lasagne

    Blumenkohlcurry

    Überbackener French Toast

    Wildreissalat

    Eis mit gegrillten Pfirsichen und Karamellsauce

    Rindfleischsalat thailändisch

    Emilys Mohnkuchen

    Annettes Fondue

    Niequist

    Shauna Niequist

    Einleitung

    Ich möchte mir dieses Leben schmecken lassen – mein Leben, meine Kinder, meine Mitmenschen, diese herrliche Welt, die Gott geschaffen hat. Das wollen wir doch alle, oder? All das Gute rings um uns aufsaugen, die heiligen Fingerabdrücke überall bemerken, jeden Tag damit rechnen und darauf achten, dass mitten im Alltäglichen immer wieder das Göttliche aufschimmert – in einer Umarmung, einem Tomatensandwich, einem stillen Moment, einer SMS von einem lieben Menschen.

    Das wünsche ich mir, und wie oft verpasse ich es. Dann liege ich abends im Bett und bin frustriert über mich selbst, weil ich wieder einmal zugelassen habe, dass die kleinen Widrigkeiten des Lebens die herrliche Grundmelodie darunter übertönt haben. Ich überschlage mich im Alltag und nehme all das Schöne um mich her überhaupt nicht mehr wahr. Ich lasse zu, dass die Angst vor der ungewissen Zukunft oder mein Drang, alles und jeden um mich her unter Kontrolle haben zu wollen, die tiefe Schönheit, die Anmut und den Frieden überdecken, die wie ein stetiger Trommelschlag unter allem anderen liegen.

    Mit dieser Sammlung möchte ich versuchen, aufmerksam zu werden, Unrat und Lärm auszuräumen und auch dich dazu einzuladen, diesen Trommelschlag zu hören. Gott redet immer, in jedem Moment. Er ist immer in Bewegung, immer gegenwärtig, immer am Erschaffen, immer am Heilen. Das Kunststück – zumindest für mich – ist, darauf zu achten. Die Kunst ist, es auszukosten.

    Ein Großteil meines Lebens spielt sich in meinem Kopf ab. Ich gehe jedes Wort des letzten Gesprächs im Kopf noch einmal durch, bedaure, was ich getan habe, schaue voraus auf das, was kommt, mache mir Sorgen darum, was alles schiefgehen könnte. In der Zeit, die es dauert, mir die Zähne zu putzen oder bis die Brotscheiben aus dem Toaster springen, entfalten sich in meinem Kopf ganze Romanhandlungen – mit Anfang, Mitte und Ende.

    Ich bemühe mich, aus meinem Kopf herauszukommen. Mich hinzuknien und meine Finger in die frische Erde meines eigenen Lebens zu graben. Denn es geschieht, egal, ob ich darauf achte oder nicht. Diese Kinder werden jeden Tag größer. Gestern Abend habe ich nach Henry geschaut, und es kam mir vor, als streckten sich seine Beine bis zum Fußende des Bettes, so, als wäre er ein Teenager und nicht erst sieben Jahre alt.

    Es wird nicht immer so sein wie heute – es wird Neues passieren, Anderes, Gutes. Aber das hier, das Jetzt, diesen heiligen Alltag, will ich nicht verpassen. Und ich will nicht nur die Oberfläche sehen. Ich will die Tiefen wahrnehmen – das Wirken Gottes überall um mich her, in Gesprächen, im Gebet, in der Stille, in der Musik. Ich suche die Verbindung zu dem Gott, der mich ganz bewusst und mit einer bestimmten Absicht aus dem Staub der Erde gemacht hat. Ich will in einem herzlichen, betenden Gespräch durch meine Tage gehen und mir bei jedem Schritt bewusst sein, dass er mit mir geht, dass er mich hört, wenn ich rede, dass er mich trägt, wenn ich ruhe.

    Ich vergesse so leicht, dass es einen größeren Zusammenhang gibt. Wie leicht lasse ich mich von der Hektik des Tages verführen – von Küche und Wäschebergen, Terminen und Essenszeiten. Ich vergesse, dass all das zusammengehalten wird von einem heiligen, liebenden Gott und dass wir seine Mitarbeiter beim Wiederherstellen und Heilen sein dürfen. Ich vergesse, dass da mehr ist, als ich sehen kann, mehr, als ich träumen kann.

    Dieses Buch ist mein Geschenk an dich; meine Hand, die sich dir entgegenstreckt – lass uns gemeinsam diese Dinge bedenken. Lass uns gemeinsam Raum schaffen, im Vertrauen darauf, dass uns das, was wir selbst in kurzen Momenten des Gebets und der Stille finden, verwandeln wird. Wenn ich den Tag im Gebet beginne, fällt es mir leichter, so weiterzumachen. Wenn ich den Tag mit Gottes Wort beginne, mit Stille, mit dem festigenden Bewusstsein seiner Liebe zu mir, dann fällt es mir leichter, diese Dinge mit in den Tag zu nehmen. Aber ich finde sie nur schwer, wenn ich nicht zu Beginn bei ihnen innegehalten habe.

    Beginnen wir also gemeinsam. Lass uns diesen Tag auskosten, die Schönheit der Welt, die Gott geschaffen hat, den Reichtum der Familie und der Freundschaft, die guten Gaben der Kreativität und Arbeit. All diese Dinge, die unsere Tage füllen, sind es wert, sie sich schmecken zu lassen. Gehen wir ein Stück gemeinsam.

    Januar

    01

      02

      03

      04

      05

      06

      07

      08

      09

      10

      11

      12

      13

      14

      15

      16

      17

      18

      19

      20

      21

      22

      23

      24

      25

      26

      27

      28

      29

      30

      31

    1. Januar

    Unsere Geschichten

    Denkt also daran, dass ihr Gottes Tempel seid

    und dass Gottes Geist in euch wohnt!

    – 1. Korinther 3,16 (Hfa)

    Dies sind meine Geschichten, die Geschichten des Lebens, wie es sich in meinem Blickfeld zeigt, und die Figuren, die darin auftreten, sind meine Freunde, meine Familie und meine Nachbarn. Ich erzähle diese Geschichten, weil sie die einzigen sind, die ich kenne und die zu erzählen ich das Recht habe. Ich glaube aber, dass du darin deine eigenen Geschichten wiederfinden wirst, in denen deine eigenen wunderbaren und seltsamen Figuren und Handlungswendungen vorkommen. Ich glaube, diese Liebesbriefe an mein eigenes Alltagsleben werden die winzigen Schimmer der Hoffnung und Erlösung zum Vorschein bringen, die sich in deinem Winkel der Welt als normales Leben maskieren.

    Die Welt ist lebendig, sie blinkt und knackt und zwinkert uns verstohlen zu. Sie lädt uns ein, aufzustehen und zu der Musik zu tanzen, die seit Anbeginn der Zeit zu hören ist, wenn man sich ganz weit niederbeugt und sein Ohr auf den Boden legt.

    Du hast Geschichten, die es wert sind, sie zu erzählen. Erinnerungen, die es wert sind, sie hervorzuholen. Träume, die es wert sind, nach Kräften auf sie hinzuarbeiten. Einen Körper, der es wert ist, ihn zu nähren. Eine Seele, die es wert ist, sie zu pflegen. Und außerdem wohnt der Gott des Universums in dir, wo Übernatürliches und Natürliches wahrhaft zusammenkommen.

    Du bist mehr als Staub und Knochen.

    Du bist Geist und Kraft und Ebenbild Gottes.

    DEINE GESCHICHTE ist es wert, sie zu erzählen – sie ist Teil der Geschichte Gottes, und sein Geist wohnt in dir. Nimm dir ein paar Minuten Zeit, um Gott für deine Geschichte und für seinen Geist in dir zu danken.

    2. Januar

    Fang da an, wo du bist

    Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.

    Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.

    – Psalm 23,5 (Luther)

    Meine Freundin Laura hat sich fürs neue Jahr vorgenommen, «da anzufangen, wo sie ist». Das gefällt mir. Ob es irgendetwas ist, das uns Angst macht, eine neue Fähigkeit, die uns unerreichbar scheint, oder ein Vorhaben, das schon seit einer Ewigkeit über unseren Köpfen hängt: Fang da an, wo du bist.

    Jede von uns ist von einem heiligen Gott liebevoll erschaffen worden, ganz bewusst und mit einer bestimmten Absicht. Und doch haben viele von uns Angst oder fühlen sich unvorbereitet. Aber hier ist das Geheimnis: Niemand ist ausreichend vorbereitet. Niemand ist vollkommen bereit.

    Lass uns gemeinsam beschließen, heute einen Schritt vorwärtszugehen, was auch immer das für ein Schritt sein mag – ein Anruf, eine Stunde schreiben, einen Tag lang irgendwo hinfahren, um zu träumen. Manchmal kann schon eine halbe Stunde für Brainstorming oder Planung den Knoten lösen. Niemand lebt eine spannende Berufung aus, ohne irgendwann einmal einfach einen Schritt nach vorn zu gehen, trotz aller Furcht und Ungewissheit.

    Die Welt hat schon genug Leute, die einem einen Knopf an die Backe erzählen können von all den Gründen, wieso sie nicht einfach mit der Sache anfangen können, die sie doch so gerne anfangen möchten. Lass uns keine davon sein. Fangen wir lieber da an, wo wir sind.

    WAS IST dein Traum, deine Vision oder dein Vorhaben, zu dem du dich in dieser Phase deines Lebens berufen fühlst? Was wäre eine greifbare Möglichkeit, um da anzufangen, wo du bist?

    3. Januar

    Bittersüß

    Das Gute haben wir von Gott angenommen,

    sollten wir dann nicht auch das Unheil annehmen?

    – Hiob 2,10 (Hfa)

    Der Begriff bittersüß ist dabei, meine Lebensweise zu verändern. Er löst mein ganzes Verständnis des Lebens auf und webt es neu zusammen. Bittersüß heißt, dass es in allen Dingen sowohl etwas Zerbrochenes als auch etwas Schönes gibt, dass es selbst in der finstersten Nacht einen Schimmer der Helligkeit gibt, einen Schatten der Hoffnung in jedem Leid, und dass Freude nicht geringer wird, wenn sie einen Stich der Traurigkeit enthält.

    Bittersüß heißt, daran glauben, dass wir wirklich sowohl das Bittere als auch das Süße brauchen. Ein Leben, in dem es nur Süßes gibt, würde uns die Seele ebenso verfaulen lassen wie die Zähne. Das Bittere macht uns stark. Es zwingt uns, durchzuhalten. Mit dem Bitteren verdienen wir uns die Falten in unseren Gesichtern und die Schwielen an unseren Händen. Süß ist schön und gut, aber bittersüß ist wunderbar, nuanciert, voller Tiefe und Vielschichtigkeit. Bittersüß ist mutig, wacker, erdig.

    Daran also arbeite ich im Moment, und dich lade ich auch dazu ein: Wenn das Leben süß ist, freu dich und sag Dank. Und wenn das Leben bitter ist, wachse und sag Dank.

    NIMM DIR ein paar Minuten Zeit, um Gott auch für die bitteren Dinge in deinem Leben zu danken, weil du auch im Verlust seiner Liebe und Güte vertraust.

    4. Januar

    Ein Stück von einer Geschichte

    Das Wort, das zum Leben führt, war von Anfang an da. Wir haben es selbst gehört.

    Ja, wir haben es sogar mit unseren eigenen Augen gesehen und mit unseren Händen berührt. … Was wir nun selbst gesehen und gehört haben, das geben wir euch weiter.

    – 1. Johannes 1,1.3 (Hfa)

    Als mein Freund Doug mir sagte, das Muster von Tod und Wiedergeburt sei die zentrale Metapher des christlichen Lebens, gab er mir etwas weiter, das er sich durch die Brüche in seinem eigenen Leben erarbeitet hatte. Er erzählte mir etwas, das Gott als Teil seiner Geschichte in sein Leben hineingeschrieben hatte. Ich verstand es damals nicht, weil ich es nicht zu verstehen brauchte. Einige Jahre später aber wurde diese Wahrheit unverzichtbar für mich.

    Man gibt weiter, was man weiß, was man sich erarbeitet hat, was man mühsam gelernt hat. Man sieht zu, wie es scheinbar auf taube Ohren trifft, und murmelt dann unhörbar irgendetwas von Perlen und Säuen vor sich hin. Doch dann, zehn Jahre später, merkst du, dass ein Fragment deiner Geschichte plötzlich ins Leben eines anderen Menschen eingewoben wird und ihm eine Brücke zu einer neuen Erkenntnis und Lebensweise baut. Ich brauchte keine Beweisführung eines Theologen und keinen Tipp von einem erfahrenen Gemeindemitglied. Ich brauchte ein Stück von einer Geschichte, etwas Reales, voller Leben und Blut und Atem und Leid, etwas, das jemand durchlebt hatte, ein Stück hart erarbeitete Weisheit. Deshalb ist es so wichtig, dass wir unsere Geschichten erzählen.

    WESSEN GESCHICHTE hat dir zu neuer Erkenntnis und Lebensweise verholfen? Wem ist durch deine Geschichte, dein mühsam errungenes Verständnis schon geholfen worden?

    5. Januar

    Das hier ist es

    Darum rühme ich die Freude, denn es gibt für den Menschen nichts Besseres auf der Welt,

    als zu essen und zu trinken und sich zu freuen.

    Das wird ihn bei seiner Mühe begleiten das kurze Leben hindurch, das Gott ihm gegeben hat.

    – Prediger 8,15 (Hfa)

    Diese Erkenntnis blitzt in mir immer wieder auf: Das hier ist es. Das hier ist es, und zwar im besten Sinne. Das, worauf ich warte, dieses Abenteuer, dieses wunderbare Erlebnis, zu dem Filmmusik erklingen müsste – das hier ist es. Das normale Alltagsleben, das auf unseren Straßen und Bürgersteigen, in unseren Träumen und Gebeten und Kämpfen und Geheimnissen vorüberzieht. Dieses prosaische Leben ist das Kostbarste, was irgendeine von uns je erleben wird.

    Ich glaube, diese Art zu leben – diese Ausrichtung auf die Gegenwart, das Alltägliche, das Greifbare, diese intensive Konzentration nicht auf die Schlagzeilen, sondern auf die Blumen, die in deinem eigenen Garten gedeihen, die Kinder, die in deiner Familie aufwachsen –, diese Art zu leben hat das Potenzial, den Himmel aufzureißen und uns eine Handvoll glitzernder Diamanten zu bescheren, wo eben noch nichts als Kohle war. Indem wir so leben, auf die Dinge achten, unser Leben bauen und gestalten, können wir die Filmkulissen zerreißen und den Soundtrack zum Schweigen bringen und brauchen nicht mehr darauf zu warten, dass unser Leben endlich beginnt. Stattdessen werden wir frei dafür, das Leben zu sehen, das wir schon die ganze Zeit gestaltet haben, ohne es zu merken.

    ALLTÄGLICHES LEBEN ist ein kostbares Geschenk. Wie würde es aussehen, wenn du heute wirklich auf dieses Geschenk achten würdest?

    6. Januar

    Was hätte sein können

    Du siehst doch, wie lange ich schon umherirre!

    Jede Träne hast du gezählt, ja, alle sind in deinem Buch festgehalten.

    – Psalm 56,9 (Hfa)

    Wenn du die Narben von etwas trägst, das hätte sein können, dann vergisst du es nicht. Du kennst den Tag, die Jahre. Du weißt, wann das Baby geboren worden wäre. Du weißt genau, welchen Hochzeitstag du feiern würdest, wenn es zu der Hochzeit gekommen wäre. Du weißt genau, wie alt sie jetzt wäre, wenn sie noch lebte. Du wirst nie vergessen, wann du dein Kind zum letzten Mal gesehen hast oder wann für dich «Krebs» zuletzt ein Wort war, das nur das Leben anderer Leute betraf, oder an welchem Tag sich für dich einfach alles verändert hat. Der Kalender kommt dir dann vor wie ein Minenfeld, so als müsstest du dauernd auf Zehenspitzen über die Sprengkörper der Trauer staken, bis du eines Tages doch auf einen davon trittst und von dem, was hätte sein können, zerrissen wirst.

    Ich weiß nicht, welches Datum das für dich ist – was an jenem Tag zerbrochen ist, was du verloren hast, welche Erinnerungen für immer mit diesem Tag im Kalender verhaftet sind. Aber ich hoffe, dass du dich an jenem Tag wenigstens einen Moment lang für die Erinnerungen offen und verwundbar machen kannst. Als jemand, der auch trauert, trauere ich mit dir um das, was du verloren hast oder was hätte sein können.

    HAT DEIN Leben Narben von dem, was hätte sein können? Welche bedeutungsvollen Traditionen oder Momente praktizierst du an solchen Tagen? Lass heute den Gott, der dich liebt, deine Traurigkeit für dich tragen.

    7. Januar

    Die Wagenburg

    [Die Liebe] freut sich nicht am Unrecht, sondern freut sich, wenn die Wahrheit siegt.

    Liebe ist immer bereit zu verzeihen, stets vertraut sie,

    sie verliert nie die Hoffnung und hält durch bis zum Ende.

    – 1. Korinther 13,6–7 (Hfa)

    Ich glaube, die Freundschaft ist Gottes größter Beweis seiner selbst hier auf der Erde. Jeder braucht seine Mannschaft im Rücken: eine verschworene Gemeinschaft aus Leuten, zu denen man immer kommen kann, und sei es mitten in der Nacht, bei denen man nicht erst anklopfen muss. Leute, die uns durchtragen, wenn alles auseinanderbricht. Ich glaube, manchmal ist es gut, eine Wagenburg zu bilden – deine Leute um dich zu scharen, damit sie dir die Wahrheit sagen, während all die anderen Stimmen da draußen dir schlechte Nachrichten entgegenschreien. Und natürlich finde ich es am besten, wenn all diese Liebe, dieses Sich-gegenseitig-die-Wahrheit-Sagen, dieses Beten und Lachen sich rund um den Tisch abspielt.

    Deswegen liebe ich die Donnerstagabende so sehr. Donnerstags trifft sich unser Hauskreis. Wir essen immer zusammen. Zu Beginn und zum Ende unserer gemeinsamen Zeit beten wir miteinander. Wir schaffen Raum, damit jeder gehört wird und vom Guten und vom Schweren in seinem Leben erzählen und die anderen um Gebet und Hilfe bitten kann. Wir nehmen es sehr ernst damit, dass alles, was am Tisch gesagt wird, vertraulich und gut aufgehoben ist. Eine Bibelarbeit machen wir nicht immer. Oftmals lesen wir in der Bibel. Manchmal leitet jemand eine Liturgie oder eine Lesung. Manchmal leitet uns jemand in einer Übung, die uns hilft, mit einem Bibeltext, einem Gedankengang oder mit einer geistlichen Praktik in Beziehung zu treten. Aber um den Tisch versammeln wir uns jede Woche, und jede Woche ist mein Herz voller Dankbarkeit dafür.

    WER GEHÖRT zu der Mannschaft in deinem Rücken? Wie pflegst du diese Verbindungen und Beziehungen?

    8. Januar

    Bewusstsein für das Heilige

    Und er nahm das Brot, dankte und brach's und gab's ihnen und sprach:

    Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis.

    – Lukas 22,19 (Luther)

    Nach meiner Überzeugung fordert Jesus uns auf, seiner immer zu gedenken, wenn wir Brot brechen und Wein trinken, bei jeder Mahlzeit, jeden Tag – egal, wo wir sind, wer wir sind oder was wir getan haben.

    Wenn wir dieses Gedächtnis nur beim Abendmahl in der Kirche praktizieren, lassen wir uns jeden Tag drei Gelegenheiten entgehen, uns an ihn zu erinnern. Was für ein Zerrbild! Eugene Peterson sagt: «Für den, der Augen hat zu sehen, ist jeder Busch ein brennender Busch.» Für diejenigen unter uns, die das ganze Leben für etwas Heiliges halten, ist jeder Krümel Brot und jeder Schluck Wein eine Eucharistie, ein Gedenken, ein Aufruf zum Bewusstsein für das Heilige überall da, wo wir gerade sind.

    Ich wünsche mir, dass die Heiligkeit der Eucharistie aus den Kirchenmauern, aus den Händen der Priester überfließt auf die gewöhnlichen Straßen und Bürgersteige, in die Hände von ganz normalen, schmuddeligen Leuten wie dir und mir, auf unsere Tische, in unsere Küchen und Esszimmer und Gärten.

    Das Heilige ist überall, wenn wir die Augen dafür offen halten. Das Flüstern und der Trommelschlag des Geistes Gottes umgeben uns von allen Seiten, wenn wir darauf lauschen. Die Zutaten selbst der einfachsten Mahlzeit – Brot und Wein – erinnern uns daran: Er ist hier. Er ist hier, und er ist gut.

    JEDE MAHLZEIT ist eine Gelegenheit, sich an Jesus zu erinnern, ihn zu ehren und das Heilige zu feiern.

    9. Januar

    Segnungen und Flüche

    Ihr wolltet mir Böses tun,

    aber Gott hat Gutes daraus entstehen lassen.

    – 1. Mose 50,20 (Hfa)

    Wenn du erkennst, dass du die Geschichte deines Lebens auf tausenderlei Weise erzählen könntest, dass du sie als Tragödie erzählen könntest, dich aber stattdessen entscheidest, sie ein Epos zu nennen, dann fängst du an zu lernen, was Feiern heißt. Wenn das, was du vorfindest, so ganz anders ist als das, was du dir erträumt hast, aber du hast den Glauben, die Kühnheit, den Mut, es als etwas Schönes aufzufassen und nicht als etwas Falsches, dann feierst du.

    Wenn du dich ganz und gar hingeben kannst an das Leben, das dich umgibt, statt dich ein für alle Mal aus dem Spiel abzumelden, weil dir das Leben so übel mitgespielt hat, dass ja wohl keiner von dir erwarten kann, dass du trotzdem weitermachst, dann bist du ein reich beschenkter Mensch.

    Du bist an dem Punkt, wo die vermeintlichen Flüche aufstehen und glitzern und anfangen zu tanzen, und du merkst, dass sie vielleicht in Wirklichkeit schon von Anfang an Segnungen waren. Oder vielleicht auch nicht. Vielleicht waren es tatsächlich Flüche, aber die Kraft deines Glaubens, deiner Hoffnung und deiner unbändigen Liebe zum Leben hat aus dem Fluch einen Segen herausgeholt wie Wasser aus einem Felsen, wie Leben aus einem Grab, wie es in Gottes Geschichte immer wieder geschieht.

    WELCHE EREIGNISSE in deiner Vergangenheit kamen dir wie Flüche vor und entpuppten sich dann als Segnungen? Gibt es im Moment in deinem Leben etwas, das eher wie ein Fluch aussieht? Bitte Gott, dir das Gute zu zeigen, das er daraus entstehen lassen will.

    10. Januar

    In Gottes hohler Hand

    Er führte mich hinaus ins Weite,

    er riss mich heraus; denn er hatte Lust zu mir.

    – Psalm 18,20 (Luther)

    Ich habe entdeckt, dass ich mehr aushalten kann, als ich dachte, und dazu gar nicht so viel brauche, wie ich dachte. So naiv, zu glauben, dass die Veränderungen jetzt vorüber seien oder dass die nächsten leichter würden, bin ich nicht, aber ich habe mühsam gelernt, dass Veränderung eines der größten Geschenke Gottes und eines seiner nützlichsten Werkzeuge ist. Veränderung kann uns treiben, uns ziehen, uns zurechtweisen und uns erneuern. Sie kann uns zeigen, was aus uns geworden ist, im Guten wie im Schlechten. Sie ist nicht etwas, wovor wir fliehen müssten, selbst wenn wir das könnten. Oftmals kommt Veränderung nicht aus der Grausamkeit des Lebens, sondern aus der Gnade Gottes.

    Veränderung ist etwas Gutes, so wie eine Entbindung etwas Gutes ist. Leid ist etwas Gutes, und Versagen ist etwas Gutes. Damit meine ich, dass Veränderung unglaublich schmerzhaft ist, und noch um ein Vielfaches schmerzhafter, wenn wir dagegen ankämpfen. Aber sie hat auch das Potenzial, dich aufzuschließen, das Leben aufzuschließen, dich geradewegs in die hohle Hand Gottes auszuliefern. Genau dahin, wo du eigentlich schon immer sein wolltest. Nur warst du zu sehr damit beschäftigt, dein Leben so zurechtzuschieben und -zuzerren, wie es deiner Meinung nach sein sollte.

    OBWOHL VERÄNDERUNG schwer und beängstigend sein kann, gebraucht Gott sie oft auf gute, machtvolle Weise. Gibt es Veränderungen in deinem Leben, die möglicherweise von Gottes Gnade zeugen, auch wenn sie dir im Moment schwerfallen?

    11. Januar

    «Sollte» ist ein Warnsignal

    Er streckte seine Hand aus von der Höhe und fasste mich

    und zog mich aus großen Wassern.

    – Psalm 18,17 (Luther)

    Wir haben alle unsere seltsamen Regeln und Vorschriften, was wir lieben sollten, was uns glücklich machen sollte und wie die Dinge laufen sollten. Offen gesagt, sollte ist ein Warnsignal. Wenn du merkst, dass du immer häufiger das Wort sollte gebrauchst, ist das ein Zeichen, dass du dich in deinem Leben immer weiter von deinem wahren, besten Ich entfernst. Du lebst dann für irgendwelche anderen Maßstäbe oder Bestätigungen, von denen du dir erwartest, dass sie dich glücklich machen.

    Sollte macht niemanden glücklich.

    In einer Zeit, als ich besonders beschäftigt war, hatte ich das Gefühl, ich sollte eigentlich glücklich sein, weil ich Dinge tat, die ich tun wollte – glaubte ich zumindest. Als Mac noch ein Baby war und fast ein Jahr lang keine Nacht durchschlief, hatte ich das Gefühl, ich sollte mich nicht beklagen, weil ich mich doch so sehr danach gesehnt hatte, ihn zu bekommen. Also verkniff ich es mir, zu sagen, dass ich müde war und die Rechnung nicht aufging und dass mir die Fähigkeit verloren ging, mein Leben zu lieben und auszukosten und mit allen Sinnen zu erfahren. Das hätte sich ja wie ein Versagen angefühlt.

    Bis ich plötzlich merkte, dass mir sollte egal wurde.

    Ich wollte so leben, dass es sich wie Leben anfühlte und nicht wie Ertrinken.

    Und der erste und wichtigste Schritt dazu war, das laut auszusprechen.

    WIE OFT gebrauchst du das Wort «sollte»? Und sei es nur in Gedanken? Wo stehst du auf dieser Skala zwischen Leben und Ertrinken? Sei im Hinblick darauf ehrlich zu dir selbst, und dann zu Gott und zu den Menschen, die du liebst und denen du vertraust.

    12. Januar

    Warten

    Ermahnt und ermutigt einander immer wieder,

    solange jenes «Heute» gilt.

    – Hebräer 3,13 (Hfa)

    Ich habe mein Leben lang gewartet. Gewartet, jemand anderes zu werden. Gewartet darauf, zu der Person zu werden, von der ich immer dachte, dass sie in mir steckt. Gewartet auf das Leben, das ich mir für mich vorstellte. Im Geist war ich immer nur einen Schritt davon entfernt. Auf der Highschool wartete ich darauf, zu der College-Version meiner selbst zu werden, die ich vor meinem geistigen Auge schon ganz deutlich sehen konnte. Auf dem College stand mir immer die «Erwachsene» nach dem Abschluss vor Augen, klüger, stärker, besser organisiert. Dann die verheiratete Frau, dann die Person, die ich werden würde, wenn wir erst Kinder hätten. Seit zwanzig Jahren warte ich darauf, die schlanke Version meiner selbst zu werden, denn dann fängt mein Leben eigentlich erst an.

    Mein Leben geht vorbei, Tag für Tag, und ich warte darauf, dass es anfängt.

    Ich will nicht mehr warten. Ich glaube, es gibt nichts Heiligeres oder Tieferes als diesen heutigen Tag. Vielleicht sind in diesen Tag tausend große Momente eingebettet, winzige Goldkörnchen, die nur darauf warten, entdeckt zu werden. Die großen Momente sind eigentlich winzige Momente der Tapferkeit und Vergebung und Hoffnung, an denen wir uns festhalten und die wir uns gegenseitig schenken. Solche großen Momente gibt es in jedem Gespräch, in jedem gemeinsamen Essen und in jeder Begegnung. Das ist das Drama des Lebens, das uns umtost.

    WORAUF WARTEST du? Was hält dich an den Seitenlinien deines Lebens fest? Und was würdest du tun, wenn du beschlössest, hineinzuspringen und nicht mehr zu warten?

    Frühstückskuchen mit Blaubeerjoghurt

    Den Sommer verbringen wir immer in einer winzigen Ortschaft am See, die für ihre Blaubeeren bekannt ist. Davon pflücken wir unfassbare Mengen, um sie einzufrieren, und ich halte immer Ausschau nach neuen Verwendungsmöglichkeiten dafür. Auf dem Markt in jenem kleinen Dorf gibt es eine Frau, die daraus einen Frühstückskuchen macht, auf den ich ganz verrückt bin – die perfekte, nicht zu süße Köstlichkeit am Morgen. Dieser Kuchen ist von all diesen Dingen inspiriert: von den Sommern am See, von den Blaubeeren, von jenem Frühstückskuchen auf dem Markt. Der herbe Joghurtgeschmack ist ein gutes Gegengewicht für die süßen, saftigen Beeren. Man streut sie über den Teig, aber am Ende sind sie überall zu finden, aufgeplatzt und zart.


    120 g Butter, weich, dazu noch etwas mehr für die Backform

    200 g Zucker, dazu 2 EL für die Beeren

    3 Eier

    375 g Joghurt

    TL Mandelextrakt

    200 g Mehl

    1 TL Backpulver

    1 TL Natron

    275 g gestoßene Blaubeeren


    Ofen auf 180 Grad vorheizen. Eine 25-cm-Springform mit gebuttertem Backpapier auslegen.

    Butter, Zucker, Eier, Joghurt und Mandelextrakt in eine große Schüssel geben und gut verrühren. Mehl, Backpulver und Natron hinzugeben und mit der Hand zu einem gleichmäßigen Teig verkneten. Nicht zu stark kneten. Den Teig in der Springform verteilen. Die Beeren mit den 2 EL Zucker überstreuen und dann auf dem Teig verteilen.

    45 bis 55 Minuten backen, oder so lange, bis kein Teig mehr hängen bleibt, wenn du einen Zahnstocher in die Mitte steckst. 10 Minuten abkühlen lassen und dann aus der Springform nehmen und auf eine Tortenplatte stellen.

    13. Januar

    Der nächste richtige Schritt

    Ein gutes Essen macht fröhlich.

    – Prediger 10,19 (Hfa)

    Ich lerne ganz allmählich, gutes Essen und Fasten in einen Rhythmus zu bringen, der meinem Jahresablauf eine klangvolle Melodie verleiht. Das Wort Fasten gebrauche ich hier im weiteren Sinne als Gegenbegriff zum guten Essen – mal sich etwas gönnen, mal Disziplin üben; das ist ein notwendiges Hin und Her entlang der Skala unserer Essgewohnheiten.

    Die Wochen zwischen Thanksgiving und Neujahr sind eine Zeit für gutes Essen. Ich liebe die Traditionen und Geschmacksrichtungen dieser Jahreszeit – süße Kartoffelplätzchen mit Ahornbutter, Tante Marys Rosinenbrot, getoastet und mit pikanten geschmolzenen Käsescheiben belegt.

    Und im Januar gibt das Fasten mir dann Gelegenheit, mich in Disziplin zu üben und mir nicht jederzeit alles zu nehmen, was ich will, meinen Verzehr einzuschränken, in meinem Körper und Geist Raum zu schaffen für ein neues Jahr, eines, in dem nicht immer nur mein Mund regiert mit dem, was er will und verzehrt.

    Am Anfang, finde ich, ist das Fasten ein Akt, der den Körper betrifft, aber er gewinnt rasch eine geistliche Dimension: Bin ich eine Sklavin meiner Begierden? Lasse ich mich von meinem Hunger beherrschen? Vertraue ich darauf, dass Gott meine Bedürfnisse befriedigt, oder bin ich ungeduldig und gierig, so dass ich unbedingt selbst für sie sorgen will? Das köstliche Essen und der feste Wert der Feiertage, gezügelt durch die Einschränkungen und die Struktur des neuen Jahres, ergeben einen Rhythmus, der mich näher zu Gott hinzieht, mich abhängiger von ihm macht, mich enger an ihn bindet, mich dankbarer sein lässt für seine Gegenwart.

    WELCHE RHYTHMEN und Muster gibt es in deinem Jahr? Was machst du von Jahreszeit zu Jahreszeit anders, um gesund zu bleiben?

    14. Januar

    Schlafen und Beten

    Ich kann ruhig schlafen, auch wenn kein Mensch zu mir hält,

    denn du, Herr, beschützt mich.

    – Psalm 4,9 (Hfa)

    Teilweise glaube ich an Gott, weil ich nicht anders kann, weil ich jemanden brauche, an den ich mich im Gebet wenden kann mit der wilden Mixtur aus Furcht und Liebe, die in mir steckt. Als Henry ein Baby war, wäre bei mir jede Nacht eine Sicherung durchgebrannt, hätte ich ihn nicht Gottes Obhut anvertrauen können, während ich schlief. Schlafen fällt mir sowieso schon schwer genug, und deshalb klammere ich mich verzweifelt an Gott. Ich könnte nie ein Auge zutun, wenn ich es nicht täte.

    An jenen ersten Abenden betete ich jede Nacht laut und bat Gott, Henry über Nacht am Leben zu erhalten. Ich hatte keinerlei Grund zu der Befürchtung, dass ihm irgendetwas passieren würde. Er war gesund und normal, wenn es auch relativ zu sein scheint, was gesund und normal eigentlich bedeutet. Neugeborene Kinder sind ja so winzig und wackelig und fremdartig. Also betete ich laut voller Inbrunst, als wäre ich bei einer Erweckungsversammlung. «Lieber Gott, bitte, bitte, bitte pass auf unser Baby auf, damit es über Nacht gesund und am Leben bleibt. Danke, danke, danke für ihn, und bitte, bitte, bitte bewahre ihn während der Nacht.» Sprachlich war ich dabei nicht gerade kreativ, aber was mir an Wortschatz fehlte, machte ich durch Eindringlichkeit wett.

    WOFÜR BETEST du zurzeit so eindringlich und inbrünstig? Denk daran, dass Gott uns trägt, wenn wir schlafen, dass nicht alles an uns liegt, dass sein Schutz und seine Macht real sind.

    15. Januar

    Was wir lieben

    Der Herr schaut vom Himmel herab und sieht jeden Menschen.

    Von seinem Thron blickt er nieder auf alle Völker der Erde. Er gibt ihnen die Fähigkeit zum Denken und Handeln; über alles, was sie tun, weiß er Bescheid.

    – Psalm 33,13–15 (Hfa)

    Lynne Rossetto Kasper, die Moderatorin der amerikanischen Kochsendung The Splendid Table, sagt, es gebe zwei Arten von Menschen auf der Welt: Leute, die beim Aufwachen darüber nachdenken, was es zum Abendessen gibt, und Leute, die das nicht tun. Ich gehöre auf jeden Fall in die erste Gruppe.

    Ich wache morgens auf und denke übers Abendessen nach. Ich denke über die Lebensmittel nach und die Leute und darüber, was wir vielleicht alles über das Leben und übereinander entdecken werden. Ich denke an das Zischen des Öls in der Pfanne und daran, wie der Rosmarin seinen Duft verströmt, wenn ich ihn schneide. Mag sein, dass Gott mich vom Moment meiner Geburt an so gemacht hat, oder vielleicht hat er mich auch erst im Lauf der Zeit so werden lassen, als ich die Heimlichtuerei, die Verleugnung und die Scham hinter mir ließ, die mich jahrelang geprägt haben. Entscheidend ist, dass zum Erwachsenwerden auch gehört, dass wir uns offen zu dem bekennen, was wir lieben.

    Ich liebe den gedeckten Tisch. Ich liebe das Essen: was es bedeutet, was es tut und wie es sich

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1