30 Minuten Scrum
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Die Anwendung von Scrum als agiles Framework in der Produktentwicklung wird immer populärer. Zu Recht, denn sie führt z.B. zu höherer Produktqualität, höherer Termintreue oder zufriedeneren Mitarbeitern. Viele Unternehmen erhoffen sich diese positiven Effekte durch die Einführung von Scrum ohne zu verstehen, dass dies nur durch eine Veränderung der Unternehmenskultur hin zu einer agilen Unternehmenskultur nachhaltig gelingen kann.
In diesem Ratgeber erhalten Sie eine Einführung in Scrum, die auch ohne IT-Vorkenntnisse für jeden Interessierten verständlich ist. Finden Sie heraus, warum Scrum für Ihr Unternehmen wichtig ist und ob die Scrum-Werte zu Ihrer Unternehmenskultur passen. Darüber hinaus lernen Sie die Elemente von Scrum sowie Anwendungsbeispiele inner- und außerhalb der IT kennen und erfahren, wie Sie die Methode in Ihrem Team erfolgreich einführen können.
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30 Minuten Scrum - Jürgen Hoffmann
1.Was ist Scrum?
Um größere Ziele zu erreichen, schließen sich Menschen seit Jahrtausenden in Organisationen zusammen. Über Jahrhunderte strukturierten sich große Organisationen in Einliniensystemen. Jeder Mensch hat genau einen Vorgesetzten und die Kollegen haben eine ähnliche Ausbildung und vergleichbare Tätigkeiten. Frederick Taylor beschreibt in seinem Hauptwerk „The Principles of Scientific Management" die dazu passende Trennung von Denken und Handeln als die Aufteilung in Aufgaben von Management und Aufgaben der Arbeiterschaft. Er vertrat die Ansicht, dass der Arbeiter nicht fähig wäre, die beste Arbeitsmethode zu finden. Dieses Unterfangen müsse mit wissenschaftlichen Methoden von Spezialisten im Management durchgeführt werden. Scrum hingegen ist ein Ansatz, der das Denken und Handeln wieder an einer Stelle – im Scrum Team – zusammenführt. Ziel ist es, komplexe Probleme der Produktentwicklung schneller zu lösen und aus einer Kommunikation zwischen Bereichen, Abteilungen und Teams – aus der Inter-Team-Kommunikation – eine Intra-Team-Kommunikation zu machen.
1.1Die „Entdeckung" von Scrum
Traditionelle Produktentwicklung ist mit einem Staffellauf vergleichbar. Spezialisten eines Fachgebiets geben den Staffelstab an die nächsten Spezialisten sequenziell weiter. Takeuchi und Nonaka veröffentlichten 1986 im Harvard Business Review (Takeuchi, 1986) eine Analyse der Produktentwicklungsprozesse erfolgreicher Produkte aus der Mitte der 1970er-Jahre. Sie entdeckten gemeinsame Muster und benutzten Rugby als Metapher für die neue Art der Produktentwicklung, bei der der Entwicklungsprozess aus der ständigen Interaktion von Spezialisten verschiedener Fachrichtungen entsteht. Das multidisziplinäre und handverlesene Team arbeitet von der ersten bis zur letzten Minute der Produktentwicklung zusammen. Der Wechsel zu einem solchen integrierten Ansatz ermöglicht schnelles Lernen und neue Denkansätze auf allen Ebenen der Organisation. Damit ist er auch ein Katalysator für marktangepasste Organisationsveränderungen.
Was hat Scrum mit Rugby zu tun?
Dass Scrum auf die Rugby-Metapher von Takeuchi und Nonaka zurückgeht, verrät schon der Begriff: „Scrum ist eine Bezeichnung aus dem Rugby-Sport und bedeutet „Gedränge
.
Sechs Erfolgsfaktoren
Nonaka und Takeuchi identifizierten in diversen Firmen wie zum Beispiel Honda, Epson, Fuji-Xerox, Canon und 3M sechs Erfolgsfaktoren. Diese führenden Unternehmen setzten Mitte der 1970er-Jahre mit Scrum auf folgende ineinandergreifende und sich ergänzende Erfolgsfaktoren beim Management ihrer Produktentwicklungsprozesse:
1. Eingebaute Instabilität
Die Unternehmensführung gibt nur ein sehr grobes Ziel oder eine strategische Richtung in Kombination mit herausfordernden Rahmenbedingungen vor. Alle Details bleiben in der Hand des Produktentwicklungsteams, das in einem täglichen Ringen um das tatsächlich Mögliche die Grenzen weitersteckt. Das Team startet aus einem Zustand von „Zero Information" und erarbeitet sich immer weiter reichendes Wissen.
2. Selbstorganisierende Teams
Man erkennt ein selbstorganisierendes Team an drei charakteristischen Merkmalen:
Autonomie – es hat oder entwickelt alle Fähigkeiten, um zu liefern.
Gegenseitige Inspiration – es besteht aus einer breiten Mischung von Spezialisten und Persönlichkeiten.
Selbsttranszendenz – es reicht über sich selbst hinaus und verschiebt scheinbar unerreichbare Grenzen in der Produktentwicklung immer weiter.
3. Überlappende Entwicklungsphasen
Der sehr herausfordernde Zero-Information-Startpunkt zwingt die Teammitglieder, all ihr Wissen auf den Tisch zu bringen, um gemeinsam den nächsten Schritt zu gehen. Marktinformationen und technische Details spielen von der ersten Minute an zusammen und es entsteht ein gemeinsamer Rhythmus und ein perfektes Zusammenspiel aller beteiligten Experten.
4. Lernen auf allen Führungsebenen und in allen Fachrichtungen
Beschleunigtes individuelles Lernen und Gruppenlernen werden gefördert durch den Blick über den Tellerrand und herausfordernde Ziele, die den äußersten Einsatz von Kreativität fordern. Der Erwerb von Wissen außerhalb der eigenen Spezialisierung wird gefördert und ist erwünscht.
5. Fast unmerkliche Kontrolle
Kontrolle findet nicht durch Kontrolle der Tätigkeiten statt – das Management übt Kontrolle eher über die Gestaltung von Rahmenbedingungen aus. Nonaka und Takeuchi haben folgende Beispiele dafür zusammengestellt:
Wie sind Teams zusammengesetzt?
Unterstützt die Arbeitsumgebung Zusammenarbeit?
Wann haben die Ingenieure das letzte Mal mit einem Kunden gesprochen?
Führung durch Teamziele statt individueller Ziele.
Etablieren einer offenen Fehlerkultur, in der Fehler als Lernmomente begriffen werden.
Das Belohnen der Selbstorganisation von Zulieferern – sie erhalten den Auftrag, Probleme zu lösen, statt vorgedachte Lösungen anzufertigen.
6. Unternehmensweiter Wissenstransfer
Die Mitarbeiter geben ihr neu gelerntes Wissen innerhalb des Unternehmens gerne weiter – wenn das Management Kontaktmöglichkeiten schafft. Erfahrungen werden auch institutionalisiert. Wobei man da vorsichtig sein muss: Unter sich plötzlich ändernden Bedingungen können Lehren der Vergangenheit hinderlich sein. Es braucht einen Wechsel von Lernen und Abgewöhnen von Vertrautem, um in sich schnell wandelnden Märkten zu bestehen.
Die Entdeckung von Scrum für Software
1993 formte Jeff Sutherland das erste Scrum Team bei der Easel Corporation. 1995 präsentierte Ken Schwaber die Erfahrungen mit Scrum in der Softwareentwicklung auf der OOPSLA-Konferenz. In den Jahren