Sieben Tage in Schweigen: Wie man in stiller Meditation zu sich findet
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Hier einfach nur in dieser Halle sitzen, still atmen, den Körper fühlen, das Licht sehen, die Menschen um uns herum wahrnehmen. Wer oder was müssen wir dazu sein? Niemand Bestimmtes. Es genügt einfach, in diesen Strom von erstaunlicher Lebendigkeit einzutauchen, ungetrennt darin aufzugehen, ohne etwas zu wollen oder zu vermissen.
Wenn trennende Gefühle nicht mehr da sind, ist Verbundenheit an ihre Stelle getreten.
Stephan Bielfeldt
Stephan has been doing meditation work and holding retreats in both German and English since 2003. He started working with Toni Packer in 1983, regularly taking part in her retreats in Germany and in the United States. Towards the end of 1990, Toni asked him to offer private meetings with participants during her retreats in Germany. In 2003, she asked that he lead retreats in Poland and in Germany; and since that time, he has been holding retreats regularly in German and in English. He has helped to found two meditation groups. Interested people may join the regular meetings of these groups live or online, which bring together people in Germany and abroad. Beginning in 1983, when Stephan first visited Springwater Center in the USA, he has come almost every year to participate in a retreat. In 2010, he began holding retreats at Springwater and comes back whenever his time allows it. 'I was most fortunate to have been able to work closely with Toni Packer for so many years. I seek to share with others the experience and insights of those years of meditation work, in retreat and in the meditation groups.' Stephan lives in northern Germany, near the city of Hamburg. In his daily life, he is an engineer. For him, it is of utter importance that professional life and meditative life can unfold together in harmony.
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Book preview
Sieben Tage in Schweigen - Stephan Bielfeldt
Für Toni
Inhalt:
Vorwort
Danksagung
Einführung
Erster Abend
Tag 1: Was ist Meditation?
Tag 2: Emotionen
Tag 3: Ich-Struktur und Verbundenheit
Tag 4: Was trägt uns?
Tag 5: Konflikt und Entscheidung
Tag 6: Gewahrsein im Alltag
Nachwort
Buchempfehlungen und Kontakte
Bibliografie
Vorwort
Vor vielen Jahren nahm ich an einem Workshop für „Non Violent Communication" teil. Dort spielte man kleine Szenen nach, bei denen man in seinem Alltag regelmäßig in emotionale Schwierigkeiten geraten war. Es ging darum zu üben, nicht den gelernten Impulsen (z.B. andere zu beschuldigen) zu folgen, sondern zunächst die eigene Befindlichkeit, die genau im jeweiligen Moment besteht, auszusprechen.
Im Laufe dieses Workshops stellte sich heraus, dass den meisten Menschen völlig unklar war, was sie im Augenblick wirklich fühlten. Stattdessen beschrieben sie häufig ein komplexes Paket aus Emotionen, Konzepten und Reaktionsmustem, das im jeweiligen Moment sprach und handelte. Wie kann man etwas ändern, wenn man nicht wahmimmt, was „ist"?!
Diese Möglichkeit, herauszufinden, was „ist", stellt Stephan Bielfeldt in seinen Vorträgen in den Mittelpunkt. Meditieren heißt bei ihm, in Respekt und Würde gegenüber sich selbst und den Anderen still zu werden und ein Schauen zu kultivieren, durch das wir uns besser kennen lernen, das uns zufriedener macht und beglückt. In der ihm eigenen klugen, unaufdringlichen Weise vermittelt er eine Atmosphäre von Intensität und Wachheit.
Immer wieder weckt er Neugier, statt fertige Antworten zu geben, und regt an, auf Entdeckungsreise zu gehen, ohne zu wissen, was es zu entdecken gibt. Mit Wissen und Klarheit untersucht er die Herausforderungen, die für uns entstehen, weil wir genetisch verankerte Wesen sind, die aber dennoch zu Veränderung fähig sind und für unser Tun auch Verantwortung übernehmen können. Er zeigt auf vielfältige und kreative Weise, wie wir durch Meditation die vielen Widersprüche, in denen wir leben, wahmehmen und den neuen Sichtweisen, die sich dadurch auftun, vertrauen können. Man spürt das eigene Erleben, aus dem heraus er spricht, und die Freude, seine Meditationserfahrung mit Anderen zu teilen.
Dagmar Apel
März 2021
Danksagung
Ich möchte meiner Frau Sabine danken, die mich in der Meditationsarbeit von der ersten Meditationswoche an begleitet hat. Sie war in unzähligen Gesprächen über die Meditation und dieses Buch eine unverzichtbare Ansprechpartnerin. Auch hat sie mich, nachdem sie die Transkripte der auf Tonträger aufgenommenen Vorträge dieses Buches geschrieben hatte, überzeugt, dass diese Vorträge in ein Buch gehören. Ohne diese Ermutigung und ihre beständige Unterstützung wäre dieses Buch nie entstanden.
Mein Dank gilt auch meinem Freund Joachim Stüben für die vielen guten Hinweise zu Inhalt und Form dieses Buches. Sein professionelles Lektorat war für mich eine große Hilfe. Außerdem bedanke ich mich bei Ute Thiesen aus Hamburg, die Joachim beim Korrekturlesen kompetent unterstützt hat.
Marianne Simmelbauer möchte ich für ihre Hilfe beim Transkribieren danken. Rainer Simmelbauer und Walter Rapf danke ich für die stimmungsvollen Fotografien.
Danke auch an Dagmar Apel für das schöne Vorwort. Ihr Optimismus bezüglich dieses Buches hat mir gutgetan.
Allen, die im Springwater Center lehren und arbeiten, gilt mein Dank. Auch nach dem Tod von Toni Packer ist Springwater mein wichtigster spiritueller Ort.
Die Meditationswoche, die in diesem Buch beschrieben wird, fand im Seminarhaus Schlagsülsdorf statt. Danke an alle Menschen, die uns dort so gut untergebracht und bewirtet haben.
Mein besonderer Dank gilt den vielen Menschen, die in den Meditationswochen und Gruppentreffen meine Meditationsangebote wahrgenommen haben. Oft denke ich, ich habe durch ihre praktische Mithilfe, aber insbesondere durch ihr Vertrauen und ihre Offenheit mehr von ihnen bekommen als sie von mir. Es macht mich froh, dass ich mit diesem Buch ein wenig davon zurückgeben darf.
Einführung
„Eine ganze Woche nicht reden? Das kann ich mir nicht vorstellen." Diese Worte höre ich immer wieder, wenn ich von meinen Meditationswochen berichte.
Wenn man etwas überhaupt nicht kennt, blüht die Fantasie, und das Nicht-Gewusste wird mit den eigenen Vorstellungen ausgeschmückt. Wie ist es aber wirklich, eine Woche in Schweigen zu verbringen, und warum tut man so etwas? In diesem Buch habe ich mir das Ziel gesetzt, Menschen, die noch nie meditiert haben, genauso wie solche, die schon in vielen Traditionen Meditationserfahrung gesammelt haben, in diese besonders freie und nicht traditionsgebundene Form der stillen Meditation einzuführen.
Die äußere Form ist schnell beschrieben: Eine kleine Gruppe von vielleicht zehn bis dreißig Menschen findet sich zusammen, um mehrere Tage in Stille zu verbringen.
Alle Geschlechter, Ethnien und Glaubensrichtungen sind dabei gleich willkommen. Das Alter spielt ebenfalls keine Rolle. Hohes Alter und körperliche Beeinträchtigungen sind kein Grund, auf diese Form der Meditation zu verzichten. Je nach körperlicher Konstitution und eigenen Vorlieben können die Teilnehmenden ihre Meditationspraxis so gestalten, dass es zu keiner körperlichen Überforderung kommt.
In der Regel sind es mindestens vier und höchstens zehn Tage, die in Stille verbracht werden. Benötigt wird dazu ein ruhig gelegenes Haus, in dem es möglich ist, die gesamte Zeit in Stille zu verbringen. Das bedeutet: Im ganzen Haus und auch draußen im Gelände wird geschwiegen. Meditiert wird gemeinsam in einem größeren Raum. Aber auch außerhalb der gemeinsamen Meditation, d.h. beim Essen, beim Ruhen, bei Spaziergängen, wird die Meditation in Schweigen fortgesetzt.
Das gemeinsame Meditieren findet im Sitzen statt. Im Gegensatz zu vielen Traditionen werden aber keine Sitzhaltungen vorgeschrieben. Gesessen wird auf Stühlen, Bänkchen oder auf Kissen am Boden. Jeder wählt die für sich am besten geeignete Position und kann diese auch wechseln. Eine Sitzhaltung ist gut geeignet, wenn sie ein anstrengungs- und schmerzfreies Sitzen über lange Zeit ermöglicht und auch die Wachheit unterstützt. Hilfe wird gerne gewährt, damit die Teilnehmenden eine gute Sitzposition finden, aber am Ende müssen alle ihre eigenen Erfahrungen machen, um eine oder mehrere gute und funktionierende Sitzhaltungen für sich zu finden. Über den Tag werden ca. zwölf gemeinsame Sitzperioden von 25 Minuten angeboten. Dazwischen gibt es jeweils fünf Minuten stilles Gehen in der Meditationshalle oder draußen. Nach drei oder vier solcher Sitzrunden gibt es längere Pausen, zum Beispiel zum Essen, zum Ruhen oder zum Spazierengehen.
Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wird größtmögliche Freiheit gewährt. Außer der Übereinkunft, die Zeit in Stille zu verbringen und andere Teilnehmer so wenig wie möglich zu stören, sind alle Angebote frei wählbar. Das bedeutet: Jeder entscheidet für sich selbst, ob er an einer Sitzrunde teilnehmen möchte oder an anderen Angeboten, auf die ich noch zu sprechen komme. Ich lege Wert darauf, dass besonders auf die Bedürfnisse des eigenen Körpers geachtet wird, dass Ruhen, Bewegung und gemeinsame stille Meditation nach den eigenen Bedürfnissen frei gewählt werden.
Nicht nur das Schweigen ist mir wichtig, sondern auch eine besondere Achtsamkeit in der Zeit außerhalb des gemeinsamen Sitzens, zum Beispiel beim Essen. Die Meditation findet fortwährend statt, so dass beim Essen z.B. ein klareres Bewusstsein dafür entsteht, wie viel man isst, wie schnell man isst und wie es schmeckt. Es geht nicht darum, die Zeit in Askese und Verzicht zu verbringen, sondern im Gegenteil, gerade die kleinen Dinge wie das Essen und stille Spaziergänge bewusst und in Meditation zu erleben und zu genießen.
Auch wenn den Teilnehmenden wenig vorgeschrieben wird, gibt es doch tägliche Angebote. Einmal am Tag findet ein Gruppengespräch statt. Ich biete außerdem Einzelgespräche an und halte täglich einen Vortrag. Diese Angebote sind ebenfalls optional. Es ist also möglich, wenn man das will, die ganze Woche ohne ein einziges gesprochenes Wort zu verbringen.
Was macht man während der langen Sitzmeditation und den anderen Stunden, die man in einer Schweigewoche verbringt? Die Antwort ist ausgesprochen schlicht: zuhören, gewahr werden. Es geht darum, präsent zu sein, ganz im Hier und Jetzt zu verweilen, eine innere Haltung, die Toni Packer „Gewahrsein" genannt hat. Ohne etwas auszuschließen, von Moment zu Moment, alles, was sich entfaltet, bewusst wahrzunehmen, ohne etwas hinzuzufügen. Damit ist alles gesagt und gleichzeitig nichts, denn Meditation muss gelebt werden. Was man darüber sagt, mag interessant sein und auch anregend, aber ohne Meditation wirklich zu praktizieren, intensiv und auch mit angemessenem Zeit-Einsatz, bleibt sie ein Gegenstand theoretischer Reflexion.
Über diese recht einfache äußere und innere Form zu hören, vermittelt noch niemandem, der es nicht selbst kennengelernt hat, worum es in so einer Meditationswoche wirklich geht. Noch nie habe ich es erlebt, dass jemand am Ende seiner ersten Woche gesagt hat: „Ja, es war genau wie ich es mir vorgestellt hatte." Letztlich muss jeder wirklich Interessierte das Wagnis eingehen und die praktische Meditation für sich selbst ausprobieren.
Diese Meditationsform ist kein unzugängliches Mysterium. Es ist durchaus möglich, auch mit Worten darauf zu deuten, worum es im Kern geht. Das versucht dieses Buch. Ich möchte dazu anregen, sich ganz spielerisch und experimentell der Meditation zu nähern. Ist es also möglich, Meditation schon während des Lesens oder in den Lese-Pausen zu erfahren? Wie geht das? Es ist uns allen möglich, innezuhalten und des aktuellen Moments gewahr zu werden, zumindest für eine kurze Zeit. Wir sind dann im Hier und Jetzt, spüren unseren Körper und können schauen, welche Gedanken und Gefühle zu dem gerade Gelesenen aufsteigen. Wenn wir uns beim Lesen Zeit lassen und solche Momente immer wieder einmal ermöglichen, dann ist das Meditation während des Lesens, so wie ich es meine.
Die Bücher und Vorträge von Toni Packer, die diese Meditationsform entwickelt hat, und auf die ich im letzten Kapitel noch näher eingehen werde, sind zu diesem Zweck geschrieben. Beim Lesen stellt sich bei mir spontan ein meditatives Gefühl ein. Nicht nur mir scheint es so zu gehen. Oft kommen Menschen zu mir und berichten, dass sie die Lektüre spontan zur Meditation angeregt habe