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DAS ERZ DER ENGEL: Story Center
DAS ERZ DER ENGEL: Story Center
DAS ERZ DER ENGEL: Story Center
Ebook188 pages2 hours

DAS ERZ DER ENGEL: Story Center

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Engel, vor allem die Erzengel, werden in der Literatur – wie auch im Film – gerne auf eine bestimmte Art und Weise dargestellt. Groß, mächtig, von Gott gesandt und ihm ohne Frage dienend, manchmal zweifelnd, nicht immer als die Guten, manchmal auch als die … nicht wirklich Bösen, eher … die Grauen, manchmal … nein, eigentlich immer ambivalent.
Die Erzengel in diesem Story Center sind anders. Hier sind die Erzengel Michael, Gabriel, Raphael und Uriel eine von Gott gesandte und göttlichen Gesetzen gehorchende Truppe, Superhelden nicht unähnlich, die in einem galaktischen Imperium der Menschen an den unterschiedlichsten Orten die verschiedensten Aufgaben im Kampf gegen das Böse übernehmen und lösen.
Die Erzengel sind eine überragende, aber nicht allmächtige Macht. Und das Böse ist nicht unbezwingbar – und es kehrt immer wieder.
Und dann sind da noch Fragen zu beantworten: Warum sind die Erzengel, wie sie sind? Und was ist das Erz der Engel?
LanguageDeutsch
Publisherp.machinery
Release dateOct 23, 2021
ISBN9783957658395
DAS ERZ DER ENGEL: Story Center

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    DAS ERZ DER ENGEL - p.machinery

    Gard Spirlin: Nur ein Schritt nach links

    01-illustration-spirlin

    Gott, war ich müde! Obwohl, man sollte den Namen vom Alten nicht so leichtfertig in den Mund nehmen. Schließlich ist er der Boss und man weiß nie, wann er mitlauscht. Er besitzt ja nicht umsonst das Attribut ›allwissend‹. Unter anderem.

    Tatsache war jedoch an diesem trüben Tag auf einem beschissenen Planeten namens Erde am Rande der Galaxis, dass ich mich in einem Zustand befand, gegen den ein Jetlag wirkte wie ein Schnupfen gegen Gonorrhö. Nicht, dass ich eines davon schon mal gehabt hätte. Aber man bekommt ja so einiges mit. Ich war jedenfalls vollkommen fertig, kein Wunder, hatte ich doch in dieser Dienstperiode schon den fünften Auftrag in Serie erledigt – ohne Pause dazwischen und zur vollsten Zufriedenheit vom Boss, wie ich bemerken darf. Schließlich bin ich Uriel, bekannt für meine Zuverlässigkeit, sozusagen die Delta Force vom Alten. Im Gegensatz zu Gabriel, Michael und Raphael wird mir aber selten die gleiche Anerkennung zuteil wie diesen Strebern. Aber egal, der Boss weiß schon, was er an mir hat. Er schickt mich immer dann, wenn die anderen nicht mehr weiter wissen. Oder, wenn es richtig hässlich wird. Könnte ja sonst dem Image der feinen Saubermänner schaden. Mir egal, ich bin der Engel fürs Grobe und ich habe kein Problem damit.

    Ich hegte den leisen Verdacht, dass es auch diesmal kein besonders angenehmer Job werden würde. Schon der Text des Auftrags – wie üblich übers transdimensionale Engel-Telex versendet – ließ nichts Gutes ahnen: »Rebellengruppe Pharzuph auf Sol 3 aufspüren, reintegrieren oder ggfs. neutralisieren«, hieß es knapp.

    Ein mieses Gefühl weckte einerseits die Formulierung der Nachricht, die mir im äußersten Fall vollkommen freie Hand bei der Wahl der Mittel ließ, andererseits die Tatsache, dass ich Pharzuph persönlich kannte, wenn auch nur flüchtig. Er hatte schon seinerzeit eine geradezu fanatische Bewunderung für die Bewohner von Sol 3 gepflegt und war anderen Engeln damit auf den heiligen Geist gegangen. Meiner Meinung nach verhielt er sich schon damals mittelmäßig durchgeknallt, aber offene Rebellion? Das hätte ich ihm eigentlich nicht zugetraut.

    Aber egal, Auftrag ist Auftrag, und so warpte ich trotz mentaler Erschöpfung unverzüglich hierher, auf diesen besch… – aber das sagte ich bereits. Mann, ist die Luft trocken hier, auf anderen Planeten mit Humanoiden ist es wesentlich angenehmer. Ja, bitte noch ein Bier! Oder besser zwei, eines noch für meinen Freund hier, der sich morgen sowieso nicht mehr an dieses Gespräch erinnern wird. Aber hin und wieder muss sich auch ein Engel ausquatschen, oder?

    So, wo war ich stehen geblieben? Ach ja, Pharzuph. Ich hatte geglaubt, dass er schwierig aufzufinden sein würde, aber im Gegenteil: Er machte gar keinen Hehl aus seinem Aufenthaltsort, ganz so, als wollte er gefunden werden. Und als ich an die wuchtige Eichentüre des alten Herrenhauses klopfte, in dem er angeblich zurzeit wohnte, öffnete er mir sogar persönlich die Tür. Allerdings musste ich zweimal hingucken, um ihn zu erkennen. Nun ist es ja mit der äußeren Erscheinungsform von Engeln im Allgemeinen so, dass wir in jeder beliebigen Gestalt auftreten können. Untereinander erkennen wir uns aber trotzdem immer, nämlich an ganz charakteristischen Merkmalen in unserer Aura. Dennoch blieb mir erst mal die Spucke weg: Da stand Pharzuph vor mir, in der Gestalt eines männlichen Erdbewohners – aber angezogen wie eine Frau!

    »Uriel! Was für eine schöne Überraschung, dich zu sehen! Komm doch herein, wir feiern gerade eine Party und du bist natürlich herzlich willkommen!«, flötete er mir entgegen.

    Ich muss ziemlich verdutzt dreingeschaut haben, denn er hob eine Augenbraue, und als ich nach fünf Sekunden noch immer nicht reagierte, nahm er (oder sie? Warum hatte er nicht gleich Frauengestalt angenommen, wenn ihm das besser gefiel?) meinen Arm, hakte sich unter und führte mich in die große Halle.

    Da tanzte aber tatsächlich der Bär, bei meiner nichtvorhandenen Seele! Er hatte offenbar eine ziemlich umfangreiche Gefolgschaft um sich geschart, die hauptsächlich aus zweit- und drittklassigen Engeln, aber auch aus vielen Erdbewohnern zu bestehen schien. Sie tanzten zu wilder Musik durcheinander, allesamt in bunte Kostüme gekleidet, die allerdings mehr zeigten als verhüllten. Engelschöre waren das definitiv nicht. Ich wollte gerade eine spitze Bemerkung darüber fallen lassen, da erinnerte ich mich an Pharzuphs ›Fachgebiet‹: Er war ja der Engel der Unzucht und Lust!

    Sollte er in geflissentlicher Diensterfüllung ein wenig zu tief in die Materie eingetaucht sein? Aber warum dann der Auftrag? Wo war die Rebellion? Es blieb mir ein Rätsel, aber ich beschloss, zunächst einmal den Ahnungslosen zu spielen und den Guten zuerst möglichst auszuhorchen, bevor ich auf die Pauke haute.

    Pharzuph hingegen schien voll in seinem Element. Während er sich und mich durch die Schar der Gäste manövrierte, mich da und dort vorstellte (»Mein guter Freund Uriel«) und sowohl Männlein wie Weiblein hin und wieder beiläufig, aber lustvoll ans Gesäß griff, laberte er mich mit einem Lobgesang nach dem anderen auf die menschliche Spezies voll. Nichts für ungut, ich mag euch auch ganz gerne, solange ihr den Rand haltet und nicht allzu viel Ärger verursacht, aber der Kerl äußerte sich ja geradezu euphorisch über euch!

    Dennoch fand ich in Pharzuphs Äußerungen nach wie vor keinen Grund für einen derartig drastisch formulierten Einsatzbefehl. Er brüstete sich zwar mit unzähligen Eroberungen, sowohl von weiblichen als auch männlichen Erdlingen, aber wenn das ein Verbrechen sein sollte, müsste man den ganzen Planeten eliminieren. Außerdem, wie schon gesagt, das gehörte ja zu seinem göttlichen Auftrag, auch wenn ein solches persönliches Engagement schon sehr außergewöhnlich war. Er nahm halt seinen Job ernst, könnte man vielleicht argumentieren.

    Nein, da musste noch etwas anderes dran sein und ich wollte freiwillig hundert Jahre bei Luzifer den Türsteher machen, wenn ich nicht dahinterkommen würde! Es sollte indessen keine besondere Anstrengung meinerseits dazu nötig sein, wie sich noch herausstellen würde, aber zunächst einmal bewegte ich mich unauffällig durch die Menge, nachdem ich Pharzuph kurzfristig losgeworden war, und hielt meine Augen offen. Die Party näherte sich offensichtlich langsam, aber stetig ihrem Höhepunkt. Ebenso wie jede Menge Pärchen, wie ich bemerken musste. Die trieben es ganz ungeniert auf den Treppen, an Fensternischen und sogar auf einigen Tischen, umtanzt von anderen Feierwütigen. Und zwar bunt gemischt: Menschen mit Menschen, Menschen mit Engeln in Menschengestalt, Engel mit anderen Engeln in sonst welcher Gestalt. Eros hätte seine Freude gehabt, wenn wir ihn nicht seinerzeit mit seinem ganzen olympischen Pack zum Teufel gejagt hätten, buchstäblich natürlich. Egal, entgegen der Meinung so manch selbst ernannten Religionsstifters hier oder auch auf anderen Planeten sind wir Engel ja nicht prüde – und unser Chef übrigens auch nicht. Aber noch immer gab es überhaupt keinen Anhaltspunkt, weshalb ich überhaupt hierher bestellt worden war. So kam ich nicht weiter!

    Entschlossen hielt ich auf die große Tafel zu, auf der sich gerade Pharzuph lang ausgestreckt unter einem niedlichen Cherub wand, die auf ihm ritt und gleichzeitig hingebungsvoll und ambitioniert am Mittelstück eines Erdlings nuckelte. Ich tippte den Engel der Wollust heftig an, was ihn aber nur dazu brachte, seinen Arm um meinen Nacken zu schlingen und mich zu sich herunterzuziehen, um mich zu küssen. Ich gab ihm einen Brusthammer, dass der Tisch zusammenbrach. Als er sich aus den Trümmern aufrappelte, war mir zumindest seine Aufmerksamkeit sicher.

    »Los, komm mit! Sofort!«, befahl ich ihm, drehte mich um und ging auf ein Separee zu.

    »Aber Uriel, Schätzchen, dazu müssen wir uns doch nicht verstecken! Außerdem wusste ich gar nicht, dass du auf mich stehst.«

    Ich drehte mich nur um und schaute ihn böse an. Wie gesagt, das war Auftrag Nummer sechs und ich war definitiv urlaubsreif. Jedenfalls schlich der Gute nun schnell an mir vorbei, zog den Vorhang zum Separee auf und scheuchte mit einer Handbewegung zwei sich dort vergnügende Erdlingsfrauen hinaus. Dann verbeugte er sich artig und ließ mich eintreten.

    »Was kann ich für dich tun?«, fragte er in geschäftsmäßigem Ton, nachdem wir uns gesetzt hatten.

    »Die Frage ist wohl eher, was hast du mir zu sagen? Ich bin schließlich dienstlich hier!«

    »Ach, die Obrigkeit wird aufmerksam auf uns? Sehr fein, sehr fein! Du siehst ja, was wir hier aufgebaut haben. Wir leben in völliger Harmonie und Eintracht, Menschen wie Engel. Keine Eifersüchteleien mehr, von wegen keine Seele oder keine Unsterblichkeit, nur freie Liebe, ganz im Sinne vom Boss! Unsere kleine Gemeinschaft floriert und wird mit jedem Tag größer. So nähern wir uns beständig SEINEM Ziel: In jeder Hinsicht gottgleich zu werden! Was soll daran falsch sein?«

    »Nein, nein, mein Freund, so brauchst du mir nicht zu kommen! Wegen ein paar Orgien, von mir aus auch mit Menschen, sendet mich der Alte nicht quer durch die Milchstraße. Also raus mit der Sprache: Was hast du ausgefressen?«

    Pharzuph seufzte theatralisch, zupfte am Saum seiner Strümpfe, die durch das hoch geschlitzte Kleid hervorblitzten, und zog einen Lippenstift aus seinem Handtäschchen, um sich mit geübtem Strich die Lippen nachzuziehen.

    »Ach Urilein, sei doch nicht gleich so böse! Genieße doch ein bisschen die Party! Ich verspreche dir, bald wirst du alles erfahren. Wir stehen nämlich kurz vor unserem großen Ziel und als Höhepunkt dieser kleinen Feier werde ich es präsentieren. Also Geduld, mein Süßer, du wirst begeistert sein!« Mit diesen Worten kniff er mich in die Wange, stand auf und stöckelte davon.

    Manchmal denke ich, ich werde langsam zu alt für diesen Job. Sechstausend Jahre sind genug, sollte man meinen. Aber als Erzengel hat man keinen geregelten Pensionsanspruch, leider. Also machte ich zunächst das Beste daraus, sprich: Ich trank ein paar Biere. Bier ist wahrscheinlich das Genialste, was ihr auf diesem Planeten je erfunden habt. Nicht, dass ich davon betrunken werde, aber es schmeckt mir. Im Gegensatz zu dir, mein Freund, wird mich also morgen kein Brummschädel plagen und ich werde mich noch sehr genau an alles erinnern können. Auf dein Wohl! Was sagst du? Wie viele andere Planeten mit Menschen es noch gibt? Millionen, mein Freund, Millionen. Aber für euch gibt es keine Chance eines Besuchs. Haben wir uns fein ausgedacht, das mit der Lichtgeschwindigkeit, gell?

    Aber wo war ich stehen geblieben? Ach ja, die große Präsentation …

    Pünktlich um Mitternacht dimmte jemand das Licht im Saal, eine Trennwand bewegte sich wie von Geisterhand beiseite und offenbarte eine Bühne, die jedoch noch von einem Vorhang verhüllt wurde. Erwartungsvolles Schweigen senkte sich über die Partygäste. Als der Vorhang hochging, sah man zunächst nur die Silhouette eines großen quaderförmigen Kastens auf einem Podest gegen den spärlich beleuchteten Bühnenhintergrund. Davor, ebenfalls nur als Umriss zu erahnen, stand eine Gestalt, in der ich Pharzuph erkannte. In die Stille hinein konnte man die Anspannung geradezu knistern hören.

    Da! Gleißende Scheinwerfer flammten zugleich mit einem grellen Fanfarenstoß auf, ließen den Engel in dunklem Glanz erstrahlen. Hoch aufgerichtet stand er da und badete in der dramatischen Musik, sein schwarzes Kleid floss geradezu an ihm herab. In absoluter Verzückung reckte er seine Arme hoch gegen den Himmel, den Kopf weit in den Nacken gelegt. Er hatte schon immer ein Faible für bombastische Auftritte gehabt, aber das stellte alles Bisherige in den Schatten. Die Musik drängte empor, steigerte sich zu einem orgiastischen Höhepunkt – und verstummte. Und Pharzuph sprach zu seinem Volk.

    »Meine lieben Freunde, Mitengel und Sterbliche! Ihr wisst, was dieser Tag für unsere Gemeinschaft bedeutet: Der Preis, das lang ersehnte Ziel unserer Wünsche, ist zum Greifen nah. Ihr alle habt hart gearbeitet, um dieses Ziel zu erreichen, und manchmal schien das Scheitern nah. Doch nun sollt ihr belohnt werden. In wenigen Augenblicken werden wir uns endlich zu dem erheben, was unsere Bestimmung ist! Freunde, es ist so weit: Lasst uns beginnen!«

    Er ließ seine Arme sinken und in diesem Moment begann der Kasten hinter ihm in elektrischem Blau zu pulsieren, zunächst nur schwach, doch mit jedem Herzschlag verstärkte sich das Glühen, die Konturen verzerrten sich, Dimensionen schienen zu zerfließen, Umrisse waberten in irrwitzigen Farben, kleine Blitze wisperten entlang verschwimmender Körperlichkeit. Dann: eine donnernde Entladung, die die Zeit selbst gleißend entzweizureißen schien. Dunkelheit. Stille …

    Ein einzelner Scheinwerfer blendete verhalten auf und beleuchtete das Podest. Statt des Kastens

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