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Planet Ozean: Unser Leben hängt vom Meer ab, die Zukunft der Meere von uns
Planet Ozean: Unser Leben hängt vom Meer ab, die Zukunft der Meere von uns
Planet Ozean: Unser Leben hängt vom Meer ab, die Zukunft der Meere von uns
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Planet Ozean: Unser Leben hängt vom Meer ab, die Zukunft der Meere von uns

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Eine Hymne auf die Schönheit und Fragilität der Meere, ein Aufruf, die Wiege unseres Lebens zu schützen.

Meere und Ozeane bedecken 71 % unseres "blauen Planeten". Sie regulieren das Klima, produzieren 50 % des Sauerstoffs, sichern Milliarden Menschen Nahrung und Arbeit. 80 % aller Lebewesen leben im Wasser: Schildkröten und Haie, Seegraswiesen und Korallen, Laternenfische und Yeti-Krabben in lichtlosen Tiefen. Doch wir wissen wenig über das Reich unter Wasser; nur etwa 5 % der Meerestiefen mit ihren Gebirgszügen, Gräben und Vulkanen sind vermessen, die ganze Vielfalt der Lebewesen ist wenig erforscht. Mariasole Bianco macht als Meeresbiologin die Zusammenhänge sichtbar und beschreibt die Meere als Stabilisatoren unseres Ökosystems sowie als Garanten der Biodiversität und sie warnt eindringlich vor Überfischung, Zerstörung der Mangrovenwälder oder Plastikmüll.
LanguageDeutsch
PublisherFolio Verlag
Release dateAug 24, 2021
ISBN9783990371244
Planet Ozean: Unser Leben hängt vom Meer ab, die Zukunft der Meere von uns

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    Book preview

    Planet Ozean - Mariasole Bianco

    Einleitung

    Ich habe mich in das Meer verliebt, als ich ein kleines Mädchen war.

    Die Regel, erst zwei Stunden nach dem Essen ins Wasser zu gehen, habe ich nie beachtet, manchmal habe ich mein Brötchen direkt im Meer gegessen. Meine Liebe brachte mir durch Sonne und Salzwasser ausgebleichte Haare und endlose Diskussionen ein, wenn ich gegen Ende des Sommers wieder Schuhe anziehen musste … und schlussendlich führte sie dazu, dass aus mir eine leidenschaftliche Anwältin für den Schutz des Meeres geworden ist.

    Mit seiner Schönheit, seiner unbändigen Kraft und seinen Geheimnissen hat es mich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Im Laufe meines Studiums und danach habe ich mein Wissen über die Artenvielfalt der Unterwasserwelt vertieft und mich dem Erhalt dieses einzigartigen Lebensraums verschrieben. Dabei ist mir neben der Großartigkeit des Meeres noch etwas aufgefallen: seine Verwundbarkeit.

    Die Ozeane waren schon immer der Inbegriff für Unendlichkeit, Unerschöpflichkeit und Immunität gegenüber menschlichen Eingriffen. Aber die Realität sieht anders aus. In den vergangenen Jahrzehnten ist immer offensichtlicher geworden, dass die Weltmeere sich in einer Geschwindigkeit verändern, die alle noch so pessimistischen Prognosen übertrifft. Durch die Erwärmung des Wassers verändern sich seine chemischen und physikalischen Eigenschaften, es wird saurer und der Sauerstoffgehalt nimmt ab. Und auch die Biodiversität des Meeres verändert sich und gefährdet die Existenz aller von ihm abhängigen Lebensformen, nicht zuletzt die des Menschen. Die Beziehung zwischen Mensch und Meer ist von gegenseitiger Abhängigkeit geprägt: Unser Leben hängt vom Meer ab, die Gesundheit und die Zukunft des Meeres von uns.

    Der Einsatz ist inzwischen sehr hoch. Wir sind dabei, die naturgegebenen Ressourcen zu vergeuden und unserem Planeten die Lebensader abzuschneiden, mit verheerenden Folgen für zukünftige Generationen. Die Meere sorgen für die Hälfte des Sauerstoffs, den wir atmen, sie regulieren das Klima, absorbieren den Großteil des von uns produzierten Kohlendioxids und sind für die Hälfte der Weltbevölkerung eine wichtige Einkommens-, Nahrungs- und Energiequelle.

    Aber es gibt Hoffnung. Zumindest wissen wir, wie wir die Probleme lösen und das Steuer noch herumreißen können. Noch haben wir Zeit dazu, wir müssen es nur wollen. Wir befinden uns gerade in einer entscheidenden Dekade für die Gesundheit unserer Meere: Die Beschlüsse der nächsten zehn Jahre und ihre Umsetzung werden die Zukunft unseres Planeten in den nächsten Jahrhunderten bestimmen.

    Mit diesem Buch möchte ich Ihnen die Schönheit unserer Meere näherbringen und Möglichkeiten aufzeigen, sie zu erhalten. In kleinen Schritten, denn Lösungen beginnen mit der Erkenntnis, die schließlich zu mehr Bewusstsein, dem Willen zur Umsetzung und größerem Respekt führt.

    1.

    Das Reich des Pelagos

    Ich lade Sie herzlich ein, zusammen mit mir in die Unterwasserwelt einzutauchen. Wir verabschieden uns vom Rauschen des Windes und der Wellen über uns und lassen uns in die Stille der Tiefe sinken.

    Da ist das tiefe Blau: Die beherrschende Farbe eines Großteils unseres Planeten, denn 71 Prozent der Erdoberfläche sind mit Wasser bedeckt. Das unendliche Blau, dem wir unser Leben verdanken.

    Merkwürdig, nicht wahr? Die Meere sind flächenmäßig der größte Lebensraum unseres Planeten, und doch schenken wir diesem Habitat nur relativ wenig Aufmerksamkeit. Oft beschränken wir uns darauf, seine unendliche Weite zu bewundern und mit einem Seufzer das spektakuläre Bild zu genießen, wenn die Sonne im Meer versinkt. Unser Blick bleibt jedoch an der Oberfläche.

    Um unsere Reise zu beginnen, müssen wir deshalb unter Wasser tauchen. Nur so können wir die ganze Bedeutung des Meeres erkennen.

    In der Tiefsee zeigt sich diese unbekannte Welt voller Geheimnisse am besten. Hier gibt es die weitesten und tiefsten Täler unseres Planeten, Seen, Flüsse und sogar Unterwasser-Wasserfälle. Zudem zigtausende aktive Vulkane, etwa entlang des Mittelatlantischen Rückens, der sich über etwa 16.000 Kilometer erstreckt und damit das längste Gebirgssystem unserer Erde darstellt. Insgesamt summiert sich die Längsausdehnung der mittelozeanischen Rücken auf mehr als 70.000 Kilometer. Sie bedecken etwa 23 Prozent der Gesamtoberfläche unseres Planeten.

    Wir haben entdeckt, dass die Ozeane vor Lebewesen wimmeln, selbst in der dunkelsten Tiefsee, wo man weder Pflanzen noch Tiere vermutet hatte. Heute wissen wir, dass dort eine ebenso große, wenn nicht größere Biodiversität existiert wie im tropischen Regenwald. Allein schon die Entdeckung, dass Leben nicht nur dort möglich ist, wo es Sonnenlicht gibt, hat unser Verständnis über das Leben auf der Erde revolutioniert.

    Mit der wissenschaftlichen Erforschung der Weltmeere wurde erst in jüngster Zeit begonnen, die meisten Entdeckungen datieren sogar erst nach der Mondlandung (1969). Kaum zu glauben, aber wahr: Von Mond oder Mars gibt es detailliertere Karten als von der Tiefsee. Und das ist kein Zufall, sondern spiegelt die Verteilung der Forschungsgelder wider: Mit dem jährlichen Budget der NASA könnte die NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration), die US-amerikanische Behörde für die Erforschung der Ozeane, ihre Aktivitäten sage und schreibe 1600 Jahre lang finanzieren!

    Bahnbrechende Fortschritte der Tiefseetechnik haben es Forschern in jüngster Zeit ermöglicht, bis in die abgelegensten Bereiche der Weltmeere vorzudringen. Trotzdem stehen wir noch am Anfang eines unglaublichen Abenteuers, denn bis jetzt sind gerade einmal fünf Prozent des Lebensraums Tiefsee erkundet. Obwohl die Menschen bereits seit Jahrhunderten versuchen, immer weiter und tiefer vorzudringen, liegen die größten Herausforderungen noch vor uns.

    Eine kurze Geschichte der Erforschung der Tiefsee

    Die gewaltigen Dimensionen der Ozeane, die endlos scheinende Wasseroberfläche und die schwärzesten Untiefen haben seit jeher Mythen und Legenden genährt. Die Seeleute der Antike waren fest davon überzeugt, dass in den Tiefen der Meere Monster und Fabelwesen hausen. Schriftsteller haben darüber berichtet, Kartografen haben sie auf den Meereskarten verzeichnet.

    In den letzten Jahrhunderten jedoch verschwanden die Mythen über Drachen und Meerjungfrauen. Die Vermessung der Meeresoberfläche und die Berechnung der Breiten- und Längengrade wurden präziser, und nach und nach wagte man sich an die Erforschung der Meeresböden und die Tiefenvermessung.

    Bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts versuchte Fernando Magellan die Tiefen des Pazifischen Ozeans zu vermessen – mit einer 730 Meter langen Bleileine, die ganz offensichtlich nicht bis zum Meeresboden reichte. 200 Jahre später versuchte der Wissenschaftler Pierre-Simon Laplace die Tiefe des Atlantischen Ozeans auf der Grundlage der Bewegung der Gezeiten an der Westküste Afrikas und vor Brasilien zu berechnen. Aus den Wasserbewegungen schloss er, dass die durchschnittliche Tiefe etwa 4000 Meter betragen müsse. Dank unserer heutigen Messtechnik wissen wir, dass seine Berechnungen schon damals richtig waren!

    Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts nahm man an, dass es in Tiefen von mehr als 300 Faden, etwa 500 Metern, kein Leben geben konnte, mit Ausnahme von Meeresungeheuern oder riesigen Walfischen. Kurz darauf begann die wissenschaftliche Erforschung der Tiefsee. Der Grundstein für die moderne Ozeanografie wurde mit der britischen Challenger-Expedition (1872–1876) gelegt. Dieses kleine Kriegsschiff der Marine war mit wissenschaftlichen Messinstrumenten und Laboratorien ausgestattet, um Daten über Temperatur, chemische Zusammensetzung, Strömungen, Tierwelt und Geologie der Tiefsee zu sammeln und auszuwerten. Während der vier Jahre dauernden Expedition wurden fast 70.000 Seemeilen zurückgelegt, 4717 neue Arten entdeckt und Hunderte von Proben gesammelt. Ein weiteres bedeutendes Ergebnis war die Vermessung der Tiefe des Marianengrabens, die mit etwa 8100 Metern berechnet wurde. Heute nennt man den tiefsten Punkt des Grabens Challenger Deep und wir wissen, dass er 10.994 Meter unter dem Meeresspiegel liegt. 1960 tauchten Jacques Piccard und Don Walsh als erste Menschen auf den Grund des Marianengrabens. Nach fünf Stunden Fahrt durch die Dunkelheit mit dem Tiefseetauchgerät Trieste erreichten sie ihr Ziel. Trotz des gewaltigen Wasserdrucks, tausend Mal höher als an der Wasseroberfläche, blieb das Tauchboot, bis auf einen Riss in der Glasscheibe, unversehrt. Auf ihrer langen Fahrt begegneten ihnen immer wieder Fische und andere Meeresbewohner, der Beweis, dass auch in den tiefsten Tiefen vielfältiges Leben zu finden ist. 2012 gelang dem Regisseur James Cameron mit dem Tiefsee-U-Boot Deepsea Challenger der erste Solo-Tauchgang zum Grund des Marianengrabens. Das Boot war mit zahlreichen Kameras ausgestattet, deren Aufnahmen Grundlage des 3D-Dokumentarfilms Deepsea Challenge wurden. Unglaublich, aber wahr: Bereits zwölf Menschen haben es bis auf den Mond geschafft, aber nur vier bis zum tiefsten Meeresgrund: Cameron, Piccard, Walsh und Victor Vescovo.

    Die Hochsee ist eine weitgehend unbekannte Welt, unter der riesigen Wasserfläche verbergen sich viele Geheimnisse. Wir haben gerade erst mit ihrer systematischen Erforschung begonnen. Es entstand die Theorie der Plattentektonik, man bewies die Drift der Kontinente, wir haben Leben um hydrothermale Tiefseequellen entdeckt, an Stellen, wo unglaublicher Druck herrscht und kein Sonnenlicht für die Fotosynthese hingelangt. Das alles ist schwer zu verstehen, aber es ist so. Es kann sogar sein, dass es in den Tiefen der Ozeane mehr Pflanzen und Tiere gibt als in den höheren Wasserschichten.

    Deshalb müssen wir genau dort ansetzen. Der Weg zu dem Ort, an den ich Sie mitnehmen möchte, ist weit. Bereiten Sie sich gut vor und machen Sie sich darauf gefasst, dass es Stunden dauert, bis wir wieder an der Oberfläche sind.

    Die epipelagische Zone

    Wir verlassen die Wasseroberfläche und tauchen in die Tiefe, das Blau unter uns wird noch immer von der Sonne durchflutet. Wir befinden uns im Epipelagial, der obersten Schicht des Meeres, die bis in eine Tiefe von 200 Metern reicht. Im Laufe unserer Reise fällt sofort auf, dass die Farben immer blasser werden; je tiefer wir kommen, desto mehr werden sie absorbiert. Als Erstes verschwinden die langwelligen Farben, wie Rot, Gelb und Orange, die kurzwelligen Farben, wie Violett und Blau, begleiten uns am längsten. Ein ähnliches Phänomen wie am Himmel: Obwohl das Wasser durchsichtig ist, wirkt das Meer für unsere Augen wie ein riesiges blaues Segel.

    Diese Zone wird von der Sonne durchflutet und erlaubt Algen und anderen planktischen Organismen, Fotosynthese zu betreiben, genau wie über dem Wasser an Land. Deshalb ist die epipelagische Zone so wichtig für das Leben im Meer: Hier findet die Primärproduktion statt. Kaum zu glauben, dass mit bloßem Auge nicht sichtbare Organismen so wichtig und so zahlreich vorhanden sind, dass sie die Energiequelle und die Basis für das Leben von Millionen von Spezies darstellen: das Phytoplankton.

    Plankton ist die Bezeichnung für die Gesamtheit der winzig kleinen Organismen, die frei im Wasser schweben und von Strömungen und Wellen bewegt werden. Der Begriff umfasst sowohl tierisches Plankton (Zooplankton) als auch pflanzliches Plankton (Phytoplankton). Darunter fallen Mikroalgen und Fotosynthese betreibende Cyanobakterien. Diese produzieren mehr als die Hälfte des Sauerstoffs, den wir atmen, und absorbieren und verbrauchen etwa ein Drittel des in der Atmosphäre vorhandenen Kohlendioxids. Zudem bilden sie als erste Stufe der maritimen Nahrungskette die Basis für die Gesundheit und Funktionalität des Meeres und die Nahrungsquelle unzähliger Lebewesen, von Mikroorganismen bis hin zu Walen.

    Schauen wir uns einige dieser Organismen unter dem Mikroskop an, dann entdecken wir überraschende Farben und Formen, wie zum Beispiel die Kieselalgen. Sie kommen in Meeren gemäßigter Klimazonen vor und haben schalenartige Zellenhüllen, die wie Kunstwerke wirken.

    Oder die Dinoflagellaten, die ihren Namen zwei mikroskopisch kleinen Flagellen verdanken, fadenförmige Gebilde, die wie Peitschen wirken und der Fortbewegung dienen. Sie sind so winzig und zahlreich, dass sich in einem Glas Meerwasser mehrere Millionen dieser Einzeller befinden können. Obwohl sie mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind, können sie Bemerkenswertes leisten. Einige sind schädlich, wie die Karenia brevis, die sich in gigantischen Massen sammeln und so viel Gift produzieren, dass sie die Küstenfauna in wenigen Monaten erheblich dezimieren können. Andere, wie die Noctiluca scintillins, ein Dinoflagellat, der zur Biolumineszenz fähig ist, kann in Massenansammlungen nachts ganze Buchten zum Leuchten bringen.

    Inzwischen sind wir tiefer getaucht. Nach und nach ist auch der letzte Lichtschein verschwunden und mit ihm die letzten Konturen der Welt, wie wir sie kennen. Wir sind in der nächsten Zone angekommen und bewegen uns unsicher und nahezu blind im diffusen Halbdunkel. Unter uns liegt die Tiefsee.

    Die mesopelagische Zone

    Wir haben das Licht hinter uns gelassen. Zwischen 200 und 1000 Metern Tiefe öffnet sich ein Reich, extrem und doch artenreich, das man Mesopelagial oder Dämmerzone nennt. Hierher dringt nur noch ein Prozent des Sonnenlichts durch, viel zu wenig, als dass die Primärproduzenten, das

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