Eigentlich ist Weihnachten ganz anders: Hoffnungstexte
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Die Hoffnungstexte von Andrea Schwarz sind wie die Lichter in der Advents- und Weihnachtszeit: Sie begleiten uns vom 1. Advent bis zu Dreikönig, erhellen dunkle Stunden und erinnern uns an das Geheimnis von Weihnachten.
Andrea Schwarz
Andrea Schwarz, geb. 1955, Sozialpädagogin, viele Jahre in der Gemeindearbeit in Viernheim bei Mannheim, heute als gefragte Referentin und Bibliolog-Ausbilderin tätig. Andrea Schwarz gehört zu den meistgelesenen christlichen Autorinnen unserer Zeit. Sie lebt in Steinbild im Emsland.
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Eigentlich ist Weihnachten ganz anders - Andrea Schwarz
Andrea Schwarz
Eigentlich ist Weihnachten
ganz anders
Hoffnungstexte
Vollständig durchgesehene und aktualisierte Neuausgabe 2021
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2014
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Die Bibelverse wurden folgender Ausgabe entnommen:
Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift,
vollständig durchgesehene und überarbeitete Ausgabe
© 2016 Katholische Bibelanstalt, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten.
Umschlaggestaltung: Verlag Herder
Umschlagmotiv: © Koshova/shutterstock
E-Book-Konvertierung: Carsten Klein, Torgau
ISBN E-Book 978-3-451-82480-7
ISBN Print 978-3-451-03321-6
Lieber Leser, liebe Leserin,
wenn sich Verlag und Autorin entscheiden, ein Weihnachtsbuch vierzehn Jahre nach seinem ersten Erscheinen noch einmal neu herauszubringen, dann sagt das möglicherweise zwei Dinge. Zum einen: Man muss Weihnachten nicht jedes Jahr neu erfinden und mit den aktuellsten Modetrends verzieren. Und zum anderen: Es könnte sein, dass Weihnachten wirklich ganz anders ist als das, was wir daraus gemacht haben. Und dass das Buch deshalb bis heute seine Leser und Leserinnen gefunden hat.
Denn eigentlich hat dieses Fest wenig mit »Jingle Bells« und »Süßer die Glocken nie klingen«, mit Stimmung und Idylle zu tun – und noch weniger mit dem Geschenke-Stress und überfüllten Innenstädten kurz vor den Feiertagen.
Wenn man genau hinschaut, dann ist Weihnachten eher ein ziemlich erbärmliches Fest. Ein kleines Kind kommt in einem dreckigen Stall zur Welt, die Elternschaft scheint reichlich ungeklärt, und gleich nach der Geburt muss die Familie die Flucht ergreifen, um das Kind vor dem sicheren Tod zu retten. Und gut dreißig Jahre später endet die Geschichte dieses Kindes damit, dass es brutal am Kreuz hingerichtet wird.
Mit dem Tod am Kreuz aber endet es eben gerade nicht – sondern die Geschichte fängt damit eigentlich erst an und entwickelt sich zu einer Weltreligion.
Christen glauben daran, dass vor gut zweitausend Jahren in diesem Kind Gott als Mensch zur Welt kommt, um uns ganz nahe zu sein. Wenn Gott uns aber ganz nahekommen will, dann ist da nicht nur Lachen, Freude, Glücklichsein. Menschliches Leben ist mehr. Dazu gehören auch Weinen, Angst und Hoffnungslosigkeit, dazu gehören der Tod und manchmal auch der Dreck im eigenen Stall. Wenn Gott zur Welt kommt, dann kommt er nicht nur in die nette, schöne und heile Welt, die wir in den Wochen vor Weihnachten inszenieren, sondern dann kommt er gerade auch in diese dunkle Welt, in der Menschen keinen Ausweg mehr wissen, auf der Flucht sind, verhungern, hingerichtet werden. Dann kommt er zu Menschen, die einsam sind und von Angst besetzt, nicht wissen, wie sie die nächste Miete bezahlen sollen, wann sie das nächste Mal eine warme Mahlzeit bekommen. Dann kommt er zu den Menschen, deren Träume gescheitert sind, die an ein Beatmungsgerät angeschlossen sind, deren Diagnose »nicht mehr heilbar« heißt.
Gott kommt nicht zu den Reichen, Starken, Schönen, um mit ihnen rauschende Feste zu feiern, sondern er kommt zu den Kleinen, Armen, Schwachen. Er kann die Dunkelheiten, in denen wir Menschen leben, nicht wegnehmen, aber er begibt sich selbst mit hinein, als Kind in der Krippe, als Sterbender am Kreuz, um uns zu sagen: »Ich liebe euch so sehr, dass ich euch nicht allein lasse!«
Dieser Gott erbarmt sich unser, indem er selbst Mensch wird und all diese Dunkelheiten unseres Mensch-Seins auf sich nimmt, um uns ganz nahe zu sein.
Und begonnen hat das damals vor gut zweitausend Jahren in Betlehem. Das ist der eigentliche Anlass, warum wir Weihnachten feiern. Und deshalb ist Weihnachten ein ziemlich erbärmliches Fest – weil Gott sich unser erbarmt. Ein Weihnachtsfest, das die Dunkelheiten ausklammert, ergibt eigentlich keinen Sinn. Und die künstlichen Lichter, die wir großzügig installieren und anschalten, können nur oberflächlich über diese Dunkelheiten hinwegtäuschen.
Weihnachten ist eigentlich ganz anders.
Und deshalb beginnt dieses Buch auch mitten im November …
Danke sagen möchte ich dem Verlag Herder, der es mit der Neuausgabe ermöglicht, dass die Texte und Gedanken dieses Buches auch weiterhin ihren Weg finden können.
Steinbild, im März 2021
Andrea Schwarz
Inhalt
Lieber Leser, liebe Leserin
Bonjour tristesse! oder: Meine Traurigkeit umarmen …
manchmal
Zwischenspiel
Drei Wochen vor Weihnachten …
Gib mir die gabe der tränen gott
Advent
Abenteuer Advent
Ein Gott, der uns entgegenkommt
Dunkler Advent
Advent – Trainingslager für das Leben
Und welcher Geschenke-Typ sind Sie?
Vielleicht ein Flügelschlag ...
Manchmal kann das Licht
Haben Sie schon Ihre Barbara-Zweige?
Ostern
und gott spricht
Zur Wolke werden, die herabtaut
Eigentlich
Gold, Weihrauch – und Karotten
Die Botschaft der Weihnachtsplätzchen
Und was haben Sie für einen Weihnachtsbaum?
»Die Maria ist noch nicht da!«
Danach verließ sie der Engel (Lukas 1,38b)
Ein Engel namens Chantal
Advent – alles ist unterwegs
Weihnachten
Und Weihnachten geschieht!
Zartherb
… und im Dunkel strahlt ein Licht
Das Geheimnis der Weihnacht – das Geheimnis der Dreifaltigkeit
Ausgesetzt
Das Fest der Mistkäfer
Ich bin da – Es ist Weihnachten
Mutter der schönen Liebe
Die Heilige Familie gibt’s nur im Dreierpack!
Im Geheimnis wohnen
irgendwann – irgendwo
Sternenstaub
Vom kleinen Stern, der sich verflogen hatte …
Heilige Nacht
Hoffnungsgrün
erkennen
Eine wahre Geschichte oder: das Fest der Maulwürfe?
Das Fest ist vorüber
Heraus
An der Käsetheke …
Geburt
Jahreswechsel
Geschenkt
Der nächste Schritt
Jahresschlussgottesdienst
Neujahr
Fest der Erscheinung des Herrn (Dreikönig)
Gott im Alltag leben
Gottes Bund mit den Menschen
… denn eigentlich ist Weihnachten ganz anders
Quellennachweise
Über die Autorin
Bonjour tristesse!
oder: Meine Traurigkeit umarmen …
Ganz ehrlich gesagt – ich mag den November. Und zu diesem Monat gehören für mich durchaus manche Stimmungen einfach mit dazu: Ein wenig Traurigkeit, ein wenig Melancholie – und auch das Schmuddelwetter, das es an manchen Tagen gar nicht richtig hell werden lässt. Trotzdem …
Ich weiß, dass ich mit dieser Meinung ziemlich alleine stehe, für die meisten Menschen ist dieser Monat nur grau und trist, und sie würden ihn am liebsten ganz streichen, wenn es denn irgendwie ginge. Und wer es sich zeitlich und finanziell leisten kann, entflieht der Nebelküche und tankt irgendwo im Süden ein paar Sonnenstrahlen.
Aber ich glaube, dass diese tristen Novembertage eine wichtige Aufgabe im Gesamt des Jahres haben – und eine wichtige Lebenslektion für uns sein wollen. Und die Lektionen des Lebens sind nicht immer nur schön, nett und angenehm, auch im Leben scheint eben nicht immer nur die Sonne. Da gibt es Traurigkeit, Angst, Einsamkeit, Krankheit und Sterben. Und da gibt es keine Billigflieger, die einen grad mal eben in die sonnigen Gefilde entführen.
Diese Lektionen wollen und müssen gelernt werden – und wer sie nicht lernt, der bleibt sitzen, der kommt nicht voran. Das ist im Leben nicht anders als in der Schule. Und die Novembertage könnten ein ganz guter Schulmeister dafür sein.
Das erste Kapitel dieser Lebenslektion heißt: »Wir brauchen das Dunkle, die Traurigkeit, um zu wachsen.« Viele Eltern kennen das eigentlich von ihren Kindern: Eine überstandene Krankheit, das erste Mal ohne die Eltern unterwegs sein – und die Kinder kommen »erwachsener« aus solchen Tagen heraus, bis dahin, dass anschließend manchmal die Hosen tatsächlich nicht mehr passen.
Wir erleben die dunklen Zeiten unseres Lebens als unangenehm – und deuten sie deshalb schnell als Krise. Aber die dunklen Zeiten sind eigentlich Phasen, in denen wir etwas verarbeiten, in denen in uns etwas heranwachsen und -reifen kann. Unsere Energie kann sich auf das »in uns« konzentrieren. So ist Traurigkeit eine Form, Trauer zu verarbeiten, einen Abschied, einen Verlust. Wer eine solche Traurigkeit nicht zulässt, sondern sie einfach nur verdrängt, der verarbeitet auch eine solch menschliche Erfahrung nicht, sondern packt sie einfach nur weg, ohne daraus zu lernen. Daraus ergeben sich die sprichwörtlichen »Leichen im Keller« – also all das, was man nicht begraben, sondern nur versteckt hat. Und das kann einem im unpassendsten Moment einen Streich spielen – und gerade dann zur »Kellertreppe« hochkommen, wenn man es überhaupt nicht gebrauchen