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Ich glaubte immer an die Kraft in mir: Wie meine Kindheit in Armut mein Leben positiv prägte
Ich glaubte immer an die Kraft in mir: Wie meine Kindheit in Armut mein Leben positiv prägte
Ich glaubte immer an die Kraft in mir: Wie meine Kindheit in Armut mein Leben positiv prägte
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Ich glaubte immer an die Kraft in mir: Wie meine Kindheit in Armut mein Leben positiv prägte

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About this ebook

Sie wuchs in tiefster Armut auf und war zeitweise obdachlos. Während ihrer traumatischen Kindheit lernte Ex-Miss Schweiz Bianca Sissing, schon früh, was es heisst, ausgegrenzt zu sein und um ihr Überleben zu kämpfen.

Als sie acht Jahre war, wurde ihre Mutter wegen schweren Depressionen in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Mit neun Jahren wurden beide obdachlos und bis im Alter von dreizehn Jahren musste Bianca Sissing mit ihrer psychisch labilen Mutter über zwanzig Mal umziehen und immer wieder die Schule wechseln. Diese schwierigen Umstände machten sich auch bei Bianca Sissing bemerkbar, bis sie selbst auch schwer erkrankte.. Trotzdem hörte sie nie auf zu glauben, an sich selbst, an das Gute und daran, dass sie es schaffen würde, für sich ein besseres Leben aufzubauen. Harte Arbeit, Disziplin und der unerschütterliche Glaube an die universelle positive Energie, halfen ihr, die Vergangenheit zu überwinden, sich von ihrer traumatischen Kindheit zu verabschieden und sich das Leben so zu gestalten, wie sie es sich immer gewünscht und erträumt hatte.

Diese berührende und zugleich inspirierende Biographie, zeigt auf, dass man alles erreichen kann, wenn man nur will und wenn man nicht aufgibt, an sich selbst zu glauben!
LanguageDeutsch
PublisherGiger Verlag
Release dateJan 4, 2022
ISBN9783906872063
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    Ich glaubte immer an die Kraft in mir - Bianca Sissing

    LEBEN IM MOMENT

    TEIL I

    »Wenn deine Gedanken ruhig sind, kannst du deine Seele hören. Die Seele spricht immer, doch oft kannst du sie nicht hören, weil das Ego zu laut ist.«

    Ich lebe im Moment. Das habe ich immer getan und werde es vermutlich immer tun. Ich habe es bereits in einem sehr zarten Alter gelernt. Nicht in der Schule. Auch habe ich mit meinen Eltern keine philosophischen Gespräche über das Leben im Jetzt geführt. Ich lernte es, weil ich während des größten Teils meines Lebens so lebte, von Moment zu Moment, überlebend. Das war mein tägliches Leben. Ich dachte nie daran, wo ich in den nächsten Ferien sein würde, an Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenke, welche Kleidung ich zu einem Ausflug tragen könnte oder welche Salate ich am nächsten Wochenende zum Grillen mitnehme. Die Gedanken, die mich beschäftigten, waren: Können wir Ende des Monats die Miete zahlen? Ist die Wasser- und Stromrechnung bezahlt? Kein Geld für die Wäscherei – wir müssen die Sachen mit der Hand in der Badewanne waschen. Ist Mom okay? Mom und ich lebten von Stunde zu Stunde. Manchmal wussten wir nicht, ob wir abends Strom haben würden.

    Manche Leute fragen mich heute: »Wie lebst du im Moment?« oder »Du machst immer so einen ruhigen Eindruck. Gibt es nichts, das dir Sorgen bereitet oder dich ärgert?« Ich möchte die zweite Frage zuerst beantworten, die ist etwas leichter. Ja, meistens bin ich ein ruhiger Mensch, und Nein, es gibt nicht viele Dinge, die mir Sorgen bereiten oder die mich stören. Warum? Na ja, die Antwort ist einfach: Weil ich weiß, dass sich letztendlich eine Lösung für alles finden wird. Das heißt nicht, dass es so kommt, wie ich es mir vorgestellt habe oder wie ich es möchte, sondern es wird auf eine Weise gelöst, mit der ich leben und überleben werde. Das Universum gibt dir nichts, mit dem du nicht umgehen kannst. Letztendlich ist es das Wichtigste, dass du überhaupt überlebst. Denn alles, was du überlebst, macht dich langfristig stärker. Oder lass es mich anders ausdrücken, es gibt immer eine Lösung. Manchmal musst du verdammt kreativ dafür sein und manchmal musst du deinen Stolz hinunterschlucken.

    Doch, wie einer meiner Lieblingssprüche sagt: »Wo es einen Willen gibt, da gibt es auch einen Weg.« Das kann ich persönlich bestätigen. Wenn du den Willen hast, etwas zu tun oder zu erreichen oder das Beste aus einer Situation zu machen, und wenn du mit deinem ganzen Herzen wirklich vertraust, dann wirst du immer einen Weg finden. Ich sage nicht, dass es leicht ist. Da werden vermutlich auch Unebenheiten und Kurven auf dem Weg liegen (außer, wenn du zu den fünf Prozent der Bevölkerung gehörst, für die alles perfekt zu laufen scheint, doch die haben ihre eigenen Probleme). Es wird vielleicht eine lange Reise, länger als du denkst. Manchmal werden die Dinge, die du dir wünschst, nicht zu dem Zeitpunkt eintreten, zu dem du es gern möchtest. Du musst vielleicht ein paar Monate oder sogar Jahre warten. Der Weg mag sich auf der Reise verändern und dich auf ganz andere neue Wege führen, die dich letztendlich an den Ort bringen, an dem du sein möchtest. Eines der wichtigsten Dinge, die ich auf meiner Reise gelernt habe, ist, immer flexibel zu sein, offen für Neues und anderes. Flexibilität erlaubt dir, neue Möglichkeiten zu erkennen, neue Wege, neue Richtungen, die vielleicht sogar noch etwas Besseres bringen, als wir uns vorstellen können.

    Wie hilft all das also, sich keine Sorgen zu machen und ruhig zu bleiben? Sich einfach der Tatsache bewusst zu sein, dass alles aus einem Grund heraus passiert, ist 50 Prozent der Miete. Wenn du das nächste Mal in einer schwierigen Situation bist, dann wiederhole mehrmals folgenden Satz: »Alles passiert aus einem Grund.« Wiederhole ihn immer wieder und wieder und wieder, bis er in deinem Kopf klebt, wie eines der Lieder, die, egal wie sehr du versuchst, sie zu vergessen, immer wieder auftauchen. Ich weiß schon, wie deine nächsten Fragen lauten. »Wie kannst du einfach akzeptieren, dass alles aus einem Grund heraus passiert? Vor allem, wie kannst du das akzeptieren, wenn du den Grund nicht kennst? Machst du es dir da nicht zu einfach?« Also, eine Frage nach der anderen. Frage eins: »Wie kannst du akzeptieren, dass alles aus einem Grund heraus passiert?« Na ja, einfach weil es das tut! Es gibt keine andere Möglichkeit, es zu erklären. Wenn etwas geschieht, dann gibt es ebenfalls einen Grund dafür. Der Satz kann auch negativ gedacht werden. Wenn etwas nicht passiert, dann gibt es einen Grund dafür, dass es nicht passiert. Gründe dafür, dass etwas passiert oder nicht passiert, müssen nicht weltbewegend sein, sie können so klein sein wie eine Ameise.

    Frage zwei: »Wie kannst du akzeptieren, dass alles einen Grund hat, wenn du ihn nicht kennst?« Ich werde diese Frage mit einer anderen Frage beantworten. Müssen wir immer alles wissen? Also, es ist so, die Tatsache, dass wir den Grund nicht kennen, ist zweitrangig gegenüber der Akzeptanz, dass es ihn gibt. Wenn du akzeptieren kannst, dass alles aus einem Grund heraus passiert, dann wird der Grund selbst weniger wichtig oder sogar völlig irrelevant. Manchmal erkennen wir den Grund vielleicht früher oder später. Manchmal entdecken wir ihn vielleicht nie. Doch wenn du es annimmst und wirklich glauben kannst, dass alles einen Sinn hat, dann sollte die Notwendigkeit, den Grund zu entdecken, kein Thema mehr sein.

    Dritte Frage: »Machst du es dir damit nicht zu einfach?« Das ist es nun wirklich nicht. Zu akzeptieren, dass alles im Leben, das Gute, das Schlechte und das Hässliche aus einem bestimmten Grund passiert, und damit einverstanden zu sein, ist viel schwerer, als du glaubst, insbesondere wenn man in schwierige Situationen gerät. In Momenten der Trauer, der Verzweiflung und der Wut ist es viel einfacher, sich von diesen Emotionen überwältigen zu lassen und in ein Loch negativer Gedanken zu fallen. Doch die Kontrolle zu übernehmen, die Situation zu akzeptieren, wie sie ist und die negativen Gefühle loszulassen, ist eine sehr viel schwierigere Aufgabe, und zwar eine, die Übung, Training und Geduld erfordert.

    Am Schluss beschreibe ich ein paar Techniken, die ich zu benutzen gelernt habe, um ruhig zu bleiben, und den Dingen nicht zu erlauben, mir Sorgen zu bereiten oder mich darüber zu ärgern. Wie ich schon sagte, es braucht Zeit, Übung und Geduld, bis man akzeptiert und voll und ganz davon überzeugt ist, dass jedes Geschehnis seinen Grund hat. Wenn du jeden Tag mit kleinen Dingen trainierst, sie anzunehmen und zu vertrauen, dann erscheinen irgendwann die großen Dinge nicht mehr so riesig.

    Erste Erinnerungen

    »Jeder Moment hat das Potenzial, etwas Besonderes zu sein. Du hast die Wahl.«

    Meine ersten Erinnerungen … mhm. Da muss ich wirklich schwer überlegen. Mein Leben begann in Toronto, Ontario, Kanada. Mein Vater ist ein hundertprozentiger Schweizer, aus einem kleinen Städtchen namens Wolfenschiessen in Nidwalden, Schweiz. Er ist als junger Mann mit Anfang 20 auf die Reise gegangen und ist in Kanada gelandet. Meine Mutter hat eine mosaikartige Herkunft aus Südafrika, England, Syrien und Frankreich, und vielleicht sogar noch mehr, je nachdem, wie weit man zurückgeht. Aber mehr wissen wir nicht. Sie ist in Kapstadt geboren und aufgewachsen und mit 18 Jahren mit ihrer Familie nach Kanada gegangen.

    Meine ersten Erinnerungen führen mich in ein Haus in der Gegend von Dufferin und Eglington, in die Branstone Road nach Toronto, wo wir nicht weit von der Yorkdale Shopping-Meile entfernt lebten. Es war ein altes Haus, das mein Dad viele Jahre lang renoviert hat. Er renovierte alles, vom Keller bis hinauf zum Dach. Mein Dad war ein talentierter Handwerker (und ist es immer noch), er konnte fast alles, fand Lösungen für sehr viele Konstruktionsprobleme. Ich verbrachte Stunden damit, ihm zu helfen, etwas zu bauen, reichte ihm Werkzeuge oder hielt irgendwelche Materialien bereit, damit er sie einbauen konnte. Manchmal war ich glücklich, wenn ich nur dabeisaß und ihm zusah. Ab und zu stellte ich ihm Fragen darüber, wofür die Dinge waren und wie man sie benutzte. Oft stellte ich mir all die Sachen vor, die ich machen würde, wenn ich älter wäre und das Werkzeug selbst benutzen könnte.

    Ich erinnere mich, dass einmal etwas Holz übrig geblieben war, und ich fragte Dad, ob wir irgendetwas daraus machen könnten. Dann bauten wir daraus zusammen eine kleine Bank für meine Puppen. Diese Bank habe ich jahrelang aufgehoben, bis in meine Teenagerjahre hinein, schon als ich längst keine Puppen mehr hatte. Für mich war sie eine Erinnerung an gute Zeiten mit meinem Dad. Manchmal habe ich sie nur angestarrt und mich wieder daran erinnert, wie Dad und ich unsere Zeit genossen haben.

    Ich lebte mit Mom und Dad in diesem Haus und mochte es sehr. Es hatte eine erste Etage, ein Obergeschoss und einen Keller. Wir hatten einen großen Hinterhof mit einem Apfelbaum, einem Pflaumenbaum, einem Gemüsegarten und einer Spielecke mit Sandkasten, einer Schaukel und einer Rutsche. Was hätte sich ein kleines Mädchen sonst noch wünschen können? Ich war viele Stunden draußen, spielte mit meinen Freunden, kletterte auf Bäume oder erntete Gemüse aus dem Garten. Sogar im Winter haben wir uns alle unsere Schneeanzüge und Stiefel angezogen und spielten draußen. Wir bauten Schneeberge, Iglus oder bewarfen uns mit Schneebällen. Ich erinnere mich, dass ich zwei Spielgefährten aus dem Nachbarhaus hatte. Zumeist spielten wir in unserem Hinterhof.

    Ich erinnere mich, dass ich als kleines Mädchen in meinen Leggings, im Trikot und den Slippers zum Kunstturnen ging. Ich war immer die Größte in der Gruppe und irgendwann sagten sie, dass ich für das Kunstturnen zu groß sei. Meine Mom fuhr mich hin und holte mich hinterher wieder ab. Manchmal fuhren wir zur Autowäsche. Das war eine, bei der man im Auto sitzend durchfahren konnte. Ich liebte das. Ich beobachtete jedes Detail, wie sich die Seifenblasen um die Fenster herum bewegten und wie die riesigen Bürsten um das Auto herumtanzten. Das war ein beliebtes, kleines Vergnügen für uns. Es war eine Autowäsche von fünf Minuten, doch die gab uns fünf Minuten absoluten Getrenntseins von der äußeren Welt.

    Ich erinnere mich, dass ich zum Tanzunterricht gegangen bin. Ich hatte Jazztanz, Modern Dance und Steppen belegt. Ich war ein sehr körperbetontes aktives Kind und liebte Laufen, Springen, Tanzen, Gymnastik und Sport. Ich erinnere mich, dass wir in einer meiner Tanzgruppen für eine Aufführung übten, eine Show für unsere Familien und Freunde. Das Thema waren die Care Bears, Kinderkarikaturen und Rollen aus einem Buch und einem Trickfilm. Ich war der Sonnenscheinbär. Zu Hause hatten wir keine Nähmaschine, also waren wir auf Hilfe von außen angewiesen. Wir fragten eine Nachbarin, die eine sehr gute Schneiderin war und einen Entwurf für mein Care-Bear-Kostüm machte. Es war das beste Care-Bear-Kostüm, das ich je gesehen habe. Als die anderen Kinder und Eltern es sahen, fragten sie, ob wir es professionell hätten anfertigen lassen. Ich war so stolz auf mein Kostüm und hegte und pflegte es jahrelang. Ich war es nicht gewohnt, etwas so Besonderes zu haben, das nur für mich gemacht worden war.

    Ich erinnere mich, dass ich Samstag- und Sonntagmorgens zur italienischen Bäckerei hinter unserem Haus ging, um frisches Brot zu kaufen, das noch ofenwarm war. Ich erinnere mich, dass ich mit meinem Dad auf dem Heimweg nach der Schule manchmal zu dem Donut-Shop ging, um einen besonderen Leckerbissen zu erwerben. Ich kann mich noch gut daran erinnern, was ich meistens bekam: meinen Lieblings-Donut mit regenbogenfarbigen Streuseln. Ich liebte die Kombination des weichen Teiges mit dem knusprigen Biss der Streusel.

    Ich erinnere mich an die Tapete in meinem Zimmer. Da waren die Schlümpfe drauf. Ich hatte eine ganze Wand voller Schlümpfe, ich liebte sie. Wenn ich morgens aufwachte und bevor ich abends schlafen ging, habe ich sie ewig lange angestarrt. Ich habe mir Schlumpfgeschichten ausgedacht und mir vorgestellt, wie es wohl in ihrem Dorf aussieht.

    Ich erinnere mich, dass ich mit meinem Dad zum Erdbeerpflücken ging. Wir fuhren aufs Land hinaus, wo die Erdbeerfelder lagen. Stundenlang haben wir unsere Körbe gefüllt. Und zum Schluss hatte ich überall rote Flecken von den Erdbeeren. Ich erinnere mich, dass ich mit meiner Mom losgefahren bin, um neue Nachbarschaften auszukundschaften, und dass wir im Auto mit dem Radio um die Wette gesungen haben. Manchmal sind wir einfach nur drauflos gefahren, ohne Ziel. Die Reise war das Ziel. Es ging darum, jeden Augenblick zu genießen und jeden Moment neu zu entdecken. Wir sind gefahren und unserem Instinkt gefolgt. Rechts oder links, das war eine spontane Entscheidung. Und den Rückweg haben wir aus unserer Erinnerung und Intuition gefunden. Ich liebte diese Ausflüge. Da war kein Stress, da waren keine Sorgen, einfach nur der Genuss des Augenblicks.

    Wir hielten uns viel in der Küche auf, ob wir nun kochten, am Tisch gearbeitet haben oder einfach nur dasaßen und redeten. Eines Tages kochten wir eine Suppe zum Mittagessen. Wie gewöhnlich wollte ich helfen, wie es jede Fünfjährige möchte. Ich fasste den Topf am Griff und wollte ihn vom Herd zur Esstheke stellen. Er war voller und schwerer, als ich erwartet hatte. Der Topf kippte zur Seite und die kochend heiße Suppe schwappte auf meine Beine und Füße und verbrannte mich augenblicklich. Die Suppe allein hätte vermutlich eine örtliche Hautverbrühung ergeben. Aber leider trug ich an dem Tag einen Rock und eine Nylonstrumpfhose. Sobald die heiße Suppe mit meiner Strumpfhose in Kontakt kam, schmolz diese und verschmolz mit meiner Haut. Mom reagierte intuitiv. Das Nächste, woran ich mich erinnere, waren extreme Schmerzen. Meine Mom musste die Strumpfhose, die mit meiner Haut verschmolzen war, abreißen. Ich bin sicher, du kannst dir vorstellen, was dann passierte. Achtung! Wenn dir schnell schlecht wird, dann lies die nächsten Sätze vielleicht lieber nicht. Als meine Mutter die Strumpfhose abriss, ging die oberste Hautschicht, die mit dem Nylon verschmolzen war, mit ab.

    Meine Mom musste das tun, während alles noch relativ heiß und beweglich war. Wenn sie gewartet hätte, dann wäre alles noch schlimmer geworden. Also sammelte Mom all ihren Mut zusammen und tat, was sie tun musste. So, ab hier kannst du weiterlesen. Danach legte sie sofort ein feuchtes Tuch über meine verwundeten Beine, um die Luft und die Bakterien abzuhalten, damit die Haut feucht bleibt.

    Mom rief dann im Krankenhaus an und die wiesen sie sofort an, das Nylon zu entfernen, sonst würde die Brandwunde noch schlimmer. Glücklicherweise war sie bereits ihrer Intuition gefolgt. Ein paar Minuten später kamen die Sanitäter. Sie verteilten eine Salbe auf meinen Beinen und Füßen, legten Verbände an und wir fuhren ins Krankenhaus. Verbrennungen zweiten Grades. Danke Mom, für deine Rettungsaktion. Am Anfang mussten die Bandagen jeden Tag erneuert werden, was sehr schmerzhaft war, weil die Verbände manchmal klebten. Zum Glück habe ich ein gesundes Immunsystem und ein schneller Heilungsprozess setzte ein. Nach ein paar Jahren waren glücklicherweise alle Brandnarben vollkommen abgeheilt, und niemand hätte je vermutet, dass ich Verbrennungen zweiten Grades gehabt hatte. Nach diesem Unfall hielt ich lange Zeit Abstand vom Herd.

    Und dann erinnere ich mich auch noch an das Brüllen und Schreien, das Kämpfen und Weinen, erinnere mich an das Zuknallen von Türen und an das Herumschleudern von Gegenständen, die durch den Raum flogen. Solange ich zurückdenken kann, hatten meine Eltern eine Beziehung, die manchmal lief und manchmal nicht. Sie liebten sich beide wirklich sehr. Es schien einfach die falsche Zeit in ihrem Leben gewesen zu sein, zu der sie sich trafen. Mein Vater, ein Mann mit einem großen, liebenden Herzen, der bereit war, für die, die er liebte, die Welt zu retten, und der doch manchmal in seinen Gedanken gefangen war, fand nicht immer die richtigen Worte und den Mut, sich auszudrücken. Meine Mutter, eine warmherzige und fürsorgliche Frau, die sich danach sehnte, ihre Liebe zu verströmen und Liebe zu empfangen, war auch ein emotionales und unstabiles Chaos.

    Es schien so, als hätten ihre Stärken ein perfektes Zusammenspiel ergeben können. Doch es kam anders. Leider gewannen ihre Schwächen die Überhand. Sie versuchten, sich in meiner Gegenwart nicht zu streiten und anzuschreien, doch das hat nicht immer geklappt. Das Verrückteste, was durch den Raum flog, war – soweit ich mich erinnere – eine heiße Tasse Kaffee. Zum Glück verfehlte sie meinen Vater um ein paar Zentimeter und traf die Wand hinter ihm. Es blieben Kaffeeflecken zurück, die noch viele Jahre lang zu sehen waren.

    Irgendwann, erinnere ich mich, lebte mein Dad nicht mehr mit uns zusammen. Meine Eltern glaubten, dass es besser sei, getrennt zu leben, vielleicht würden sie sich dann weniger streiten, sich besser verstehen, und ich würde nicht mehr länger Zeuge ihres Unfriedens. Also blieben Mom und ich im Haus und Dad fand eine Wohnung. Ich war damals sechs Jahre alt.

    Im Krankenhaus

    »Den Charakter eines Menschen kann man daran erkennen, wie er diejenigen behandelt, von denen er glaubt, dass sie nichts für ihn tun könnten, denn jeder kann etwas für jemand anderen tun.«

    Mom und ich lebten in dem Haus in der Branstone Road noch etwa ein Jahr, nachdem Dad ausgezogen war. Dann zogen wir innerhalb von zwei Jahren zweimal um. Dad zog dann in das Haus zurück, in die Souterrainwohnung, und vermietete den oberen Teil des Hauses. Ich besuchte ihn manchmal in der Woche und an

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