Die Windsors - Eine schrecklich nette Familie: Royal Babylon
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"Diesen royalen Import aus Hannover hätte sich England sparen können." Heathcote Williams
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Die Windsors - Eine schrecklich nette Familie - Heathcote Williams
Vorwort
Die Briten behaupten gerne, dass ihr Parlament die Mutter aller Parlamente sei und deshalb als Vorbild für Demokratien in aller Welt diene. Eher selten angesprochen wird die Tatsache, dass die Mehrheit derjenigen, die in dieser pseudo-gotischen Touristenattraktion am Ufer der Themse – treffend bezeichnet als der Palast von Westminster – berechtigt sind, ihre Stimme abzugeben, nicht einmal gewählt werden. Sie werden ernannt.
Die 792 Mitglieder des House of Lords, das Oberhaus des britischen Parlaments, sind entweder Parteispender oder linientreue Apparatschiks in einer Institution, die von vielen Briten als Großbritanniens pompösestes Altenheim bezeichnet wird. Die Rechnung übernimmt der Steuerzahler. Das House of Lords ist weltweit die einzige zweite Kammer, die größer ist als die erste Parlamentskammer: Das demokratisch gewählte House of Commons, das britische Unterhaus, hat 650 Mitglieder.
Zusätzlich hat das House of Lords etwa zwanzig Repräsentanten der staatlichen Kirche, nicht gewählt, sondern ebenfalls ernannt. Der einzige Staat, der ebenfalls per Gesetz klerikale Vertreter im politischen System vorsieht, ist der Iran.
Die Krönung dieses sonderbaren demokratischen Systems ist sein auf Erbschaft beruhendes Staatsoberhaupt – das ist ebenfalls beliebt bei den Touristen, allerdings nicht ganz so sehr, wie es selbst vermutet: Legoland im Windsor Great Park zieht mittlerweile mehr Besucher an als die Residenz der Königsfamilie im Schloss Windsor.
Man kann wohl sagen, dass der Platz der Königsfamilie in der Regierung einer sogenannten fortschrittlichen Industrienation, sein Verfallsdatum bereits lange überschritten hat. Diese behauptet aber im Gegenzug, dass ihre Macht lediglich von symbolischem Charakter sei – jedoch ein fadenscheiniger Vorwand, wie sich zeigt:
Die Queen ersetzte 1975 zum Beispiel den australischen Premierminister Gough Whitlam, angeblich weil der dem Sozialismus zugeneigt war. Sie hat sogar die Macht, über Leben oder Tod zu entscheiden – die wohl größte Macht überhaupt: Die Queen unterzeichnet noch immer die Todesurteile für Staatsangehörige in den ehemaligen Kolonien und Schutzgebieten. Die rücksichtslose Behandlung ihrer unterbezahlten Bediensteten, die sich regelmäßig über die arrogante Anmaßung der Windsors beschweren, ist auf düstere Weise im Einklang mit ihrer eifrigen Begeisterung fürs Metzeln von Tieren zum Freizeitvergnügen. Ferner sind die Windsors die bevorzugten PR-Frontmänner der gigantischen britischen Rüstungsindustrie. Nicht nur sind sie regelmäßig an den oft zwielichtigen Geschäften mit zweifelhaften Partnern beteiligt, sondern auch an der fortwährenden Imagekampagne für den Handel mit Hightech-Vernichtungswaffen: Die Royals machen das Geschäft mit dem Tod salonfähig.
Die Windsors sind, wie diese Untersuchung zeigen soll, ein Schandfleck im kulturellen Erbe Großbritanniens. Ein Land, das in den vergangenen Jahrhunderten politische und geistreiche Lichtfiguren wie Thomas Paine, William Blake und William Morris hervorgebracht hat. Es ist an der Zeit, dass Großbritanniens Einwohner erwachsen werden und lernen, ohne die Windsors zu leben. Anders formuliert: Jetzt ist die Zeit, Bürger zu werden, nicht Untertan.
Royal Babylon
Im Jubeljahr der Königin spähten wie üblich Touristen
Durch die Gitterzäune des Palasts von Buckingham,
Nur war die königliche Fee da schon recht flügellahm, die Schwingen arg gerupft
Vom Punk der Sex Pistols, die Monarchie fest im Visier.
»Gott schütze die Queen«, posaunten sie, »ein faschistisches Regime!«
Und der Kehrreim ihres Lieds schwang sich zu einer neuen Hymne auf –
Bestürzend für die fahnenschwenkenden Pulks entlang der Straßen,
Entsetzlich für die Daily Mail und Englands Mittelschicht.
»Sie ist kein Mensch«, verkündeten die Sexpistolen,
Und auf ihren subversiven Plattenpostern
War der anstößige Name der Band auf der Königin Mund geklebt,
Während die Spinnen zweier Swastika die Augäpfel maskierten.
Sie sangen: »Ich glaub’ keinen Illusionen, zu viel ist real«,
Gaben der Royalvisage, wie einer Voodoopuppe halt,
’ne Sicherheitsnadel zum Dekor, und beklebten ihre Züge
Mit ausgeschnittenen Lettern wie eine Erpressungsbotschaft an die Welt.¹
»Oh nein«, stöhnten die Leute, » man tastet doch die Königin nicht an«
Und schnaubten laut, zur Vorsicht mahnend.
»Oh nein, doch nicht die Königin – die Queen, verstehen Sie, schwebt über aller Politik.
Die Royals dürfen sich nicht wehren, stimmt’s, deswegen ist’s ja auch nicht fair.«
»So steht’s in der Verfassung, etwa nicht?«, behaupteten sie allen Ernstes,
Und vergaßen, dass Großbritannien so ein Schriftstück nie besaß.
Trotz ihres eitlen Stolzes auf die eigene Geschichte können die Briten eben
Auch beweisen, dass sie davon weniger wissen als der Rest der Welt.
Das Land hält sich trotz, nicht wegen seiner eigenen Vergangenheit,
Und sein infantiler Wunsch nach gütigen Eltern jenseits aller Politik
Verleitet es, unliebsame Fakten zu übersehen, so etwa der Monarchin Unterstützung
Für den hässlichsten politischen Akt von allen, das Töten.
Denn des Staatsoberhaupts allererste Rolle ist die Musterung,
Der bewaffneten Streitkräfte des Landes, Reih’ um Reih’ –
In der Ausbildung gebrochen, von Grund auf neu zusammengesetzt
Und dann zum Töten auf Befehl gedrillt.
Die Monarchie ist das Schmierfett der Kriege Großbritanniens,
Denn sie überzeugt ihre Soldaten, allzeit pflichtbewusst fürs Vaterland zu sterben,
Um schließlich, nach Ehrung der Opfer staatlichen Gemetzels,
Die Profite der Waffenhändler zu vermehren.
Waffenhersteller und ihre Kunden werden auf Schloss Windsor
Gern zum Tee geladen – Flugschauehrung inklusive –,
Denn Monarchie und Militärgeschäft sind eng verwoben:
In Großbritannien ist »Rüstungsindustrie« ein royaler Markenname.
Eine gutsbesitzende Verschwörerbande mit Wappen als Zeichen ihrer Privilegien,
Bildet noch immer ein elitäres Netz von Spezis, die sich das Land abstecken
Und sich den Monarchen als ihren Gott bewahren, um die zu täuschen,
Die hier leben und deren Gemeindeland sie einstmals stahlen und umzäunten.
Der Militarismus der Monarchie ist Echo einer Zeit, als Hohn auf Majestäten unbekannt,
Als Kritik am Königshaus Verrat noch war, und wer den Status quo damals bedrohte,
Der konnte ergriffen und mit den Gliedmaßen an Pferde festgebunden werden,
Die in alle Richtungen stoben, wenn sie die Peitschenhiebe spürten.
Nach dem Spektakel des lebendigen In-Stücke-Reißens
Zerschnitten Kronlakaien die Herzen der königlichen Opfer
Und versandten sie sodann ins ganze Land zur öffentlichen Schau,
Als Warnung an alle, die sich mit Aufstandsplänen trugen.
In der Vergangenheit war die Brachialgewalt der Monarchie
Ganz ohne Grenzen, während sie sich heutzutage, ausgefallen kostümiert,
Schon schicklicher geriert, sich selbst mit unverdienten Orden lamettiert,
Und Kränze niederlegt für all die Toten, die in ihrem Namen ihr Leben ließen.
Denn ihr politisiertes Charisma sorgt noch immer für eine Riesenzahl von Leichen;
Menschenleben vom Zauberspruch »Für Königin und Vaterland« dahingerafft.
Die Royals vergelten’s ihren toten Untertanen mit ’nem Defilee,
Wenn die, in Kisten eingesargt, dahin zurückgeliefert werden, wo sie einst lebten.
Der Patriotismus der Königlichen selbst hält sich dagegen arg in Grenzen,
Wie man im Ersten Weltkrieg sah, im Jahr 1915, als der Monarch,
Während in Flandern Millionen für König und Vaterland der Tod ereilte,
Selbst lieber zum Rodeln in St. Moritz weilte.
Er kehrte heim, um eine Rekordzahl von Sandringham-Fasanen abzuknall’n,
Teil der blutigen Schneise, die er alljährlich durch den Wildbestand des Gutes schlug,
Ebenso beschloss George VI. 1939 zum eigenen Gemach, dass es nicht erquicklich sei,
Wenn der Krieg die »Jagdsaison auf Moorhühner in Balmoral« unterbrach.²
Großbritanniens militärisch-monarchischer Komplex ist eine zynische Industrie,
Weshalb denn auch ein General, Frederick Browning, die Königin unter die Fittiche nahm;
Desgleichen war der Mentor von Prinz William gleichzeitig Kriegsapparatschik von Tony Blair:
David Manning, der ehemalige Botschafter des Königreichs in Washington.
»Es ist Manning, der den Konflikt mit dem Irak betreibt«,
Schrieb John Kampfner, Autor von Blair’s Wars.
So wird der Thronfolger des Thronfolgers von einem Mann dirigiert,
Der Drahtzieher ist in Großbritanniens jahrhundertealtem Blutrausch.³
Die Majestäten profitier’n die ganze Zeit auch selbst vom Geschäft mit Waffen,
Dank ihrer Kronagenten, die ihre Unternehmensbeteiligungen verwalten
Und mit Lockheed und BAE Systems ungerührt Anteile
an Streubomben-, Uranmunition und Landminenproduzenten halten.
Die neuesten Landminen sind so gebaut, dass sie aus dem Boden schießen,
Ausgelöst von in der Nähe gehenden oder spielenden Kindern,
Sie detonieren mitten in der Luft und zerfetzen alle ihre Glieder,
Zum Nutzen der Superreichen, deren Beteiligungen weiter steigen.
Laut Reichenliste der Sunday Times hatte das Vermögen der Königin 2010
Um 20 Millionen zugelegt, sie kröne »ein erfolgreiches Jahr ihres Beteiligungsportfolios
Mit einem persönlichen Vermögen von 290 Millionen Pfund«.⁴
Andere schätzten dagegen, dass ihr Reichtum leicht in die Milliarden geht.
Doch mit den wahren Kosten der britischen Waffenexporte konfrontiert,
Zum Beispiel den indonesischen Massakern in Osttimor,
Ließ Sohnemann Charles verlauten: »Verkaufen wir ihnen keine Waffen,
Tun’s eben die andern«, und offenbarte so ungeniert die moralische Leere der Monarchie.
Diese Leere ist ein gefräßiges Vakuum, das auch von sieben Palästen nicht zu sättigen ist,
Die über tausend Bedienstete erfordern. Die heilige Familie des Staats
Wird überdies sieben Tage die Woche von Spezialkräften rund um die Uhr beschützt,
Bezahlt vom Steuerzahler, ohne lang nach dessen Einwilligung zu fragen.
Nachdem Prince Albert eine »Zivilliste«, das heißt Steuergeld als Apanage gefordert hatte,
Um sich »nach der Art, wie es einem wohlhabenden Gentleman geziemt«, zu finanzieren,
Beharren auch seine Nachfahren darauf, ihre Vakuums aus öffentlichen Kassen aufzufüll’n,
Trotz des schwarzen Lochs, in das die Wirtschaft ihres Lands geschlittert ist.
So gibt Prinz Charles für den Floristen seines Landsitz’ Highgrove jährlich 30 000 aus,
Und 50 000 für die Bahn, um seine krausen Botschaften unters Volk zu tragen,
Obwohl er doch selbst mit den Erträgen seines Herzogtums Cornwall mehr als genug hat –
Aus seinen Wucherpachten und dem scheinsozialen Wohnungsbau.
Während der Schutz der Königsfamilie im Jahr über 50 Millionen Pfund verschlingt,
Werden die Gesamtkosten für die Nation nie einer gründlichen Prüfung unterzogen,
Und zwar, damit die »Ehre und Würde der Krone« aufrechterhalten werden kann
Und ihre monarchischen Geheimnisse unangetastet bleiben.
Aufschlussreicherweise ist es bei ihren Staatsaktpantomimen,
Aus denen die Royals so viel von ihrer symbolischen Wirkung zieh’n,
Leider vonnöten, dass man den Paradepferden Acepromazin verabreicht,
Damit sie bloß den ganzen Umzug über folgsam bleiben.⁵
Der den königlichen Dienern abgenötigte Gehorsam ist ein nicht minder starkes Stück:
Einige mussten sogar den Lieblingssohn der Queen, Prinz Edward, ertragen,
Als der in ihre Privatgemächer drang und sie als sexuelles Hab und Gut traktierte,⁶
Bevor er seinem Hund verdrosch, um sich zu vergewissern, wer hier der Überlegene ist.
Obwohl die Apanage der Königsfamilie mehr als ausreichend ist,
Setzt die royale Habsucht gerne noch eins drauf:
So wurde auf Band festgehalten, wie die Herzogin von York 40 000 Pfund
in druckfrischen Banknoten von einem selbsternannten Wohltäter an sich nimmt.
Für 500 000 weitere Pfund, so gab sie diesem zu verstehen,
Verschaffe sie ihm gerne ein Entree zu Andrew, ihrem Prinzgemahl.⁷
Zur Rede gestellt, schloss die königliche Familie indes schnell ihre Reihen
Und wies jegliche Beweise ihrer nackten, animalischen Gier von der Hand.
Prinz Andrews verzogene Reaktion auf den Skandal war eine Wuttirade
Gegen das Dezernat für schwere Betrugsdelikte, sein Hassobjekt,
Dem er es heftig übel nahm, Bestechung bei den Waffengeschäften der Saudis aufzudecken⁸
(Die wohl auch zu seinem eigenen Nutz und Frommen war).
Bei einem offiziellen Dinner in Kirgisistan tönte der Prinz gereizt,
Dass jene, die Gerechtigkeit verlangten, »Idioten« seien,
Da er als britischer Gesandter mit Verantwortung für Waffenhandel
Bestechung zur Sicherung von Verträgen für ’ne gute Sache hielt.
Dann griff er jene an, die seiner Meinung nach ein 43-Milliarden-Pfund-Geschäft
Für britische Waffen an die Saudis fahrlässig aufs Spiel setzten,
Und wetterte gegen die Narretei, eine solch »großzügige Regelkonformität« zu verachten,
Die, so fand der Prinz, mal besser als legal behandelt würde.⁹
Dieser Connaisseur der Lasterhaftigkeit, dessen Spezialität es ist,
Waffen an brutale und undemokratische Regime zu verhökern,
Frönt seinen Umtrieben, indem er schwadronierend als »Idioten« verhöhnt und kujoniert,
Wer die Unverfrorenheit besitzt, sich in seinen fürstlichen Weg zu stellen.
»Der Grobheit dieses legendären Protz den kleinen Leuten gegenüber
Kommt nur noch seine Schleimerei den Reichen gegenüber gleich«,
So schrieb’s Nick Abbott, ein Londoner Radiomann,
Als die Arroganz des Prinzen auf WikiLeaks zum Vorschein kam.¹⁰
Ans Licht gelangte auch die Kunde vom extralangen Bügelbrett des Prinzen,
Mit dem zu reisen er für seine »Aufmachung« für unverzichtbar hält;
Danach befragt, druckste ein verlegener Diener: »Niemand kann
Seiner Königlichen Hoheit Hosen damit so bügeln wie ich selbst.«¹¹
Unterdessen hüllt sich Andrews älterer Bruder, der Thronfolger, in östliche Gewänder,
Und zieht spitz hochgekringelte Babouchen an, um seine Gäste zu begrüßen,
Genusssucht war ihm schon ins Kinderwägelchen gelegt, dessen Chassis und weiße Räder
Auf Knien rutschende Lakaien zu polieren niemals müde wurden.
Ein unwalisischer Prinz von Wales, verliert Charles gerne mal die Fassung,
Wann immer die Verhätschelung durch seinen Stab im Mindesten zu wünschen übrig lässt,
Wenn der Kies nicht ordentlich geharkt oder das Hemd nicht korrekt gefaltet ist,
Oder wenn Kleidungsstücke da herumliegen, wo er sie hingeworfen hat.
Seine Socken sind