Sternschnuppen: Gedachtes und Gefundenes 2021
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About this ebook
Siegfried Grillmeyer hat in seinem Leben schon viel geschrieben, zumeist aber zu seinen Arbeitsbereichen der politischen und interreligiösen Bildung. Mit diesen Tagebuchaufzeichnungen betritt er Neuland. Er lebt in Nürnberg und leitet seit 2008 die dortige Akademie CPH.
Siegfried Grillmeyer
The book is published at BOD by Siegfried Grillmeyer and the printing is supported by the CECUP e.V. association.
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Book preview
Sternschnuppen - Siegfried Grillmeyer
„Wer verstanden werden will, muss zuhören." Alejandro González Iñárritu, Film „Babel", 2006
All jenen gewidmet, die es aushalten, dass ich dieser Weisheit nicht (immer) folge, allen voran meiner Familie (Katharina, Leonhard und Hildegard) und meinen Freundinnen und Freunden mit innigem Dank für unsere Verbundenheit.
Inhaltsverzeichnis
Danksagung und ein kurzes Vorwort
Ein neues Kapitel - das Jahr 2021 in Gedanken
Der Beginn zu schreiben 2020
Die Erfahrung des Schmerzes - 2020
Das Krisenjahr 2020
Freitag, 1. Januar 2021 - Unbeschriebene Blätter
Samstag, 2. Januar 2021 - Bilder der Not (im Jemen)
Sonntag, 3. Januar - Coronaleugner
Montag, 4. Januar - heilige Tage
Mittwoch, 6. Januar - Dreikönig
Donnerstag, 7. Januar - demokratische Symbole
Samstag, 9. Januar - Ordnung und Struktur
Sonntag, 10. Januar - Fingerübungen
Dienstag, 12. Januar - Staudamm oder Ritardando
Sonntag, 17. Januar - Etty Hillesum
Mittwoch, 20. Januar - wenn der Tod seine Unschuld verliert
Freitag, 22. Januar - Kurzgeschichten und Schreiben
Samstag, 23. Januar - Kurzgeschichte: Jeff - eine Begegnung in Lusaka
Mittwoch, 27. Januar - Holocaustgedenktag und Flossenbürg
Freitag, 29. Januar - Kurzgeschichte: Hebei - endless love
Sonntag, 31. Januar - einen Monat lang (nichts) schreiben
Dienstag, 2. Februar - Maria Lichtmess
Sonntag, 7. Februar - Kurzgeschichte: Venezuela
Mittwoch, 10. Februar - Entgrenzungen (der Arbeit)
Donnerstag, 11. Februar - Entgrenzungen und Eingrenzung
Sonntag, 14. Februar - Brötchenofenduft
Montag, 15. Februar - Kurzgeschichte: Assam
Mittwoch, 17. Februar - Vertrauen
Samstag, 20. Februar - Kurzgeschichte: Toilettenhäuschen
Montag, 22. Februar - Wochenbeginn mit Wertschätzung
Mittwoch, 24. Februar - Kränkung
Freitag, 26. Februar - Kurzgeschichte: Ameisen in ihrem Bau
Freitag, 26. Februar - Schwimmen mit Ballast
Samstag, 27. Februar - Kurzgeschichte: Aleppo im Herzen
Dienstag, 2. März - Abregphase
Sonntag, 7. März - Kurzgeschichte: Von Engeln und Menschen in Lalibela
Dienstag, 9. März - Kurzgeschichte: Adolfo Nicolás
Donnerstag, 11. März - „Einseitige Gedanken": Wohlwollen
Samstag, 13. März - „Einseitige Gedanken": Gott
Sonntag, 14. März - Kurzgeschichte: Die scuola mosaico in Spilimbergo
Sonntag, 14. März - Kurzgeschichte: Die tiefen Wurzeln des Baumes
Donnerstag, 18. März - Bilder des Lebens: Der Löwe
Freitag, 19. März - Kurzgeschichte: „Water is precious" in Muthulingapuram
Samstag, 20. März - Tagebuch und Story.one
Sonntag, 21. März - Familienbande. „Fluch über das Gesetz"
Montag, 22. März - Facebook-Lektüre: Peter Steger
Mittwoch, 24. März - „schuldig" - die große Vokabel
Freitag, 27. März - Kurzgeschichte: Bretagne
Sonntag, 28. März - Sinnsprüche
Samstag, 27. März - Kurzgeschichte Story.one: Geschichten im Gepäck
Mittwoch, 1. April - Kurzgeschichte: Der Name der Rose in Tambacounda
Ostersonntag, 4. April - Exsultet in Schwarzenberg
Ostermontag, 5. April - Langeweile
Dienstag, 6. April - Korsett
Mittwoch, 7. April - Begehren
Samstag, 10. April - Bücherregeln
Donnerstag, 15. April - Corona-Erschöpfung
Samstag, 17. April - Kurzgeschichte: Versöhnung
Montag, 19. April - Musikalische Ergriffenheit
Montag, 19. April - Das politische Welttheater
Mittwoch, 21. April - Enttäuschungsaggression
Donnerstag, 23. April - Mantel und Degen
Samstag, 24. April - Kurzgeschichte: Bäckerei in Istanbul
Donnerstag, 29. April - Bundesverfassungsgericht
Freitag, 30. April - Kreativität
Sonntag, 2. Mai - Kurzgeschichte: Earthrise ans Blue Marble
Mittwoch, 5. Mai - Toxische Lebenswelten
Samstag, 8. Mai - toxische Lebenswelten und Demokratie
Samstag/Sonntag, 8./9. Mai - Lange Nacht der Demokratie
Dienstag, 11. Mai - Maiandacht
Samstagnacht, 15. Mai - Kurzgeschichte: Den Menschen Würde geben
Mittwoch, 19. Mai - Kämpfe und Spiele des Tages
Pfingstmontag, 24. Mai - Kurzgeschichte Taube
Dienstag, 25. Mai - Kurzgeschichte: Macht Euch die Erde untertan
Mittwoch, 26. Mai - Gleichklang
Freitag, 28. Mai - Rothsee
Mittwoch, 2. Juni - Erschöpfung
Donnerstag, 3. Juni - Fronleichnam
Freitag, 4. Juni - Kirche und Kardinal
Samstag, 5. Juni - Kurzgeschichte: Ein unvergessliches Lachen
Samstag, 12. Juni - Reisesehnsucht
Mittwoch, 16. Juni - um Gottes Lohn
Donnerstag, 17. Juni - Phrase unser
Freitag, 18. Juni - Schreiben am „dritten Ort" als Fuge
Samstag, 19. Juni - Europameisterschaft
Montag, 21. Juni - Bildung als „dritter Ort" der Kirche
Montag, 21. Juni - katholische Akademien
Dienstag, 22. Juni - Achtzig Jahre Vernichtungsfeldzug in Rußland
Samstag, 26. Juni - innere Sonnenfinsternis
Sonntag, 27. Juni - Heimat und Willkommen
Dienstag, 29. Juni - Deutschlandspiel mit Lisa Herzog
Mittwoch, 30. Juni - Lastenesel und Resilienz
Sonntag, 11. Juli - Benedikt von Nursia
Montag, 12. Juli - Vom Schreiben und Erleben
Mittwoch, 14. Juli - Kränkungen
Freitag, 16. Juli - Bürokratisierung und Ermüdung I
Montag, 19. Juli - unser Trompeter aus Kiew
Mittwoch, 21. Juli - Arztbesuch und Morgenübelkeit
Freitag, 23. Juli - Franz Xaver und die Jesuiten
Samstag, 24. Juli - Kurzgeschichte: Heilsbronn/ein heiliger Ort
Dienstag, 27. Juli - Bürokratisierung und Ermüdung II
Mittwoch, 28. Juli - berufliche Identitäten
Donnerstag, 29. Juli - Aufbruch und Logbuch
Freitag, 30. Juli - Milliardäre im Weltall/obszöne Vorgänge
Samstag, 31. Juli - Ignatius von Loyola
Sonntag, 1. August - das Reisen mit der Fähre
Dienstag, 3. August - Tiefsinniges
Donnerstag, 5. August- Lesen in Smartphonezeiten
Sonntag/Montag, 15./16. August - Afghanistan
Dienstag, 17. August - Wolken
Freitag, 20. August - Unbeschwertheit
Dienstag, 24. August - Narzisst
Freitag, 3. September - Logotherapeutischer Blick
Montagnacht, 6. September - Lebenspuzzle
Montag, 6. September - Jean-Paul Belmondo
Mittwoch, 15. September - Gespräch vor St. Lorenz
Donnerstag, 16. September - Kastenwesen
Sonntag, 24. September - Sukkoth
Samstag, 25. September - die großen Erzählungen (Mail 1)
Sonntag, 26. September - Bundestagswahl
Dienstag, 28. September - Nachtgedanken
Mittwoch, 29. September - Spannungslöser
Montag, 4. Oktober - Bonner Impressionen
Dienstag, 5. Oktober - Paul Tillich
Freitag, 8. Oktober - die herrschenden Ideen
Samstag, 9. Oktober - muslimische Akademien
Sonntag, 10. Oktober - eine innere Freiheit
Mittwoch, 13. Oktober - Der Modus des Denkens
Sonntag, 17. Oktober - Flug ins Baltikum
Montag, 18. Oktober - Baltikum: Vilnius
Dienstag, 19. Oktober - Baltikum: Siaundiali/Rundale
Mittwoch, 20. Oktober - Baltikum: Riga
Donnerstag, 21. Oktober - Baltikum: Sigulda und Cesis
Freitag, 22. Oktober - Baltikum: Tartu
Samstag, 23. Oktober - Baltikum: Tallinn
Sonntag, 24. Oktober - Rückreise nach Hause
Dienstag, 26. Oktober - Jüdische Fragen
Mittwoch, 27. Oktober - Reisetagebuch
Samstag, 30. Oktober - Herkunftsgedanken
Montag, 1. November - Allerheiligen und Abschiede
Mittwoch, 3. November - Moralentwicklung
Mittwoch, 10. November - Christiane Florin
Donnerstag, 11. November - Herders Gedanke
Donnerstag, 11. November - Lions - Tempo der neoliberalen Welt
Freitag, 12. November - Kirill Wedernikow
Samstag, 13. November - Gedankliche Ordnung
Sonntag, 14. November - Volkstrauertag
Montag, 15. November - (Alb)Traum von Kirche
Mittwoch, 17. November - Jüdisches Gebet
Donnerstag, 18. November - an den Grenzen der Menschlichkeit
Samstag, 20. November - Zur heiligen Maria
Montag, 22. November - Traum vom Schmetterling
Dienstag, 23. November - Die humane Erzählung und ihre Agenten
Mittwoch, 24. November - In den Spuren unserer Väter
Dienstag, 30. November - Luft holen in der Pandemie
Mittwoch, 1. Dezember - Mißbrauch und Kirche
Freitag, 3. Dezember - Allianz gegen Rechtsextremismus
Montag, 6. Dezember - Covidstation
Mittwoch, 8. Dezember - Ampelleuchten
Mittwoch, 7. Dezember - Verrechtlichung
Freitag, 17. Dezember - Elternzeiten
Sonntag, 20. Dezember - Ehe die Spuren verwehen
Dienstag, 21. Dezember - Die erschöpfte Gesellschaft
Freitag, 24. Dezember - Und es begab sich zu jener Zeit
Montag, 27. Dezember - Reisen im Winter
Dienstag, 28. Dezember - Von Bären und Menschen
Mittwoch, 29. Dezember - Eremitage und Mariinsky Theater
Donnerstag, 30. Dezember - Im Zug von St. Petersburg nach Moskau
Freitag, 31. Dezember - Das Schließen des Buches
Freitag, 31. Dezember - Nachruf auf das alte Jahr
Danksagung und ein kurzes Vorwort
In meinem Leben habe ich schon viel geschrieben und auch veröffentlicht. Aber mit diesem Buch hat es nun eine besondere Bewandtnis und um es gleich einleitend zu sagen: es müsste nicht unbedingt gedruckt werden. Eigentlich würde es reichen, diese Seiten einfach für mich und meine Freundinnen und Freunde zu vervielfältigen, um damit Reflexionen und Gedanken zu teilen und (gemeinsam) weiter zu entwickeln.
Aber da es nun die Möglichkeit gibt, sehr einfach über „Book on demand" aus diesen Aufzeichnungen ein handliches und ansprechendes Buch (und ebenso ein e-book) werden zu lassen, darf ich nun diese Einladung zum gemeinsamen Nach- und Weiterdenken überreichen. Und ebenso herzlich sind alle Interessierten, die nicht zu meinem engeren Freundeskreis zählen, zu diesen gedanklichen Spaziergängen des Jahres 2021 eingeladen und willkommen.
Nun - was folgt auf den kommenden Seiten? Es ist eine bunte Mischung aus Tagebuchnotizen, kurzen Essays, Reportagen, - sozusagen ein persönlicher Zettelkasten. Manches davon dürfte banal sein, manches davon auch egozentrisch und sollte dann auch schnell überblättert werden. Meine Hoffnung ist allerdings, dass auch Manches über den Tag hinaus als anregender Gedanke bleibt, an den man noch anknüpfen möchte. Ich selbst habe auf jeden Fall mit einigen hier formulierten Skizzen noch nicht abgeschlossen, so wie man mit dem Denken ja nie zu einem Ende kommt. Es ist meine Hoffnung, dass es beim Lesen auch Euch und Ihnen so ergeht!
Das Buch und damit dieses Tagebuchprojekt wäre ohne eine Erkrankung am Ende des vorhergehenden Jahres nicht entstanden. Und erst allmählich (und bis heute nicht abgeschlossen) ergab sich der nachvollziehbare Suchprozess, wie ein derartiges „Gedankentagebuch" zu führen ist. Ab Ende Januar kamen Kurzgeschichten dazu, ab Juni Essays wie bspw. über Bildungsorte, die zwischenzeitlich in anderen Zusammenhängen veröffentlicht wurden. Und gerade zum Ausklang des Jahres, (während ich dieses kurze Vorwort schreibe), wurde mir besonders deutlich, wie schwierig die Auswahl jener Gedanken ist, die man zu Papier bringt.
Die schöne Zusammenfassung aus der afrikanischen Ubuntu-Philosophie: „Ich bin nur, weil Du bist und wir sind, weil ich bin. gilt im besonderen Maße für unser Denken. Daher zum Abschluß mein Dank an meine „Lebensmenschen
, wie Thomas Bernhard jene Menschen bezeichnete, ohne die man den eigenen Weg nicht gehen könnte - im Leben und im Denken!
Im Januar 2022 - Dein/Ihr Siegfried (Grillmeyer)
Ein neues Kapitel - das Jahr 2021 in Gedanken
Es ist ein gutes Gefühl, einen neuen Ordner anzulegen oder ein neues Album zu erstellen. Entweder entfaltet sich das beglückende Gefühl des Abschließens und der Ablage oder der Zauber des Neubeginns und das Gefühl des Aufbruchs. Und zweifelsohne ist das eine mit dem anderen auch immer verbunden, wie es Hermann Hesse in seinem wunderbaren Gedicht „Stufen formulierte. Und dessen geflügeltes Wort, dass „jedem Beginn ein Zauber inne wohne
kann Pate stehen für mein neues Unterfangen:
Hermann Hesse schrieb am 4. Mai 1941, „Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe, bereit zum Abschied sein und Neubeginne, um sich in Tapferkeit und ohne Trauern, in andre, neue Bindungen zu geben. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben. Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten, an keinem wie an einer Heimat hängen. (…) Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, mag lähmender Gewöhnung sich entraffen." (Hermann Hesse: Stufen. Alte und neue Gedichte in Auswahl. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1961)
Auf den Umschlag der handschriftlichen Notizen dieser Zeilen schreibe ich in großen Lettern: „2021. Es geht mir noch nicht von der Hand und das liegt keineswegs daran, dass es immerhin noch ein paar Tage sind, bis das neue Jahr beginnt und ich schon „zwischen den Jahren
zu schreiben beginne. Irgendwie bin ich mit diesem Jahr 2020 noch nicht fertig - und zwar in dem Sinne, dass ich die Veränderungen dieses außergewöhnlichen Jahres noch nicht für mich eingeordnet, gedeutet und damit wenigstens geistig durchgekaut habe. Und damit ist sowohl das große Weltgeschehen gemeint - wie wird Corona und die Folgen der Pandemie unsere Gesellschaften auf Dauer verändern? - wie ebenso meine kleine Welt mit den neuen Herausforderungen und Einschränkungen. Letztlich hat mich eine Erkrankung im Dezember an den Schreibtisch und zu diesem Projekt gebracht und so beginnt diese Sammlung von Gedanken und Lesefrüchten mit den ersten Aufzeichnungen des bald vergangenen Jahres.
Der Beginn zu schreiben 2020
„Es wird Zeit, mit dem Schreiben zu beginnen." Das sind die ersten Worte, die ich nun auf das Papier bringe. Und schon halte ich den Stift wieder gedankenverloren in den Händen und bin geneigt, gleich wieder aufzuhören. Gleich nach diesem ersten Satz.
In den letzten Nächten bin ich immer wieder an den Schreibtisch gegangen. Immer wieder bin ich schlaflos in das Arbeitszimmer und habe mir Papier und Stift schon zurechtgelegt, um zu beginnen. Diese eigenartige Krankheit hat mir den Schlaf geraubt oder vielleicht besser gesagt, sie hat mich aus meinem selbstverständlichen Rhythmus gebracht, diesen gewohnten und dauerhaften Kreislauf: Aufwachen, Aktivsein, Organisieren und Reagieren, ein wenig Reflektieren, müde werden und schlafen, dann wieder Aufwachen… und so fort. Plötzlich funktionierte der Körper nicht und gehorchte nicht dem gewohnten Ablauf und dann war nach einigen Tagen auch der Geist nicht mehr bereit, in das Hamsterrad des Alltags zu steigen.
In den nächtlichen Stunden tauchten viele Erinnerungen und Fragmente auf, die ich mir zur Erklärung meiner kleinen Welt zurechtgelegt hatte, warum der Körper und dann der Geist außer Tritt geraten war. Oder vielleicht war es auch längst der Geist, der seine eigene Mitte und damit Ruhe nicht mehr fand und den Körper ermunterte, den Rhythmus zu unterbrechen. Wie auch immer.
Nun beginne ich also zu schreiben. Erstmal für