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Kee: Der lange Marsch der Navajo
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Ebook171 pages1 hour

Kee: Der lange Marsch der Navajo

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About this ebook

Kee ist ein kleiner Indianerjunge, vom Volk der Navajo. Als Soldaten auftauchen, um sie aus der Heimat zu vertreiben, verändert sich sein Leben für immer.
Hintergrund: 1864 wurden die Navajo-Indianer durch die U.S. Kavallerie gezwungen, ihre angestammte Heimat in Arizona zu verlassen. Sie wurden zu einem Gewaltmarsch in ein Internierungslager der Regierung gezwungen, das 300 Meilen entfernt war. Der lange Marsch der Navajo ist die Geschichte des jungen Navajos Kee, der diese lange, anstrengende Strecke mit seiner Mutter, Großmutter, der kleinen Schwester und einigen Haustieren bewältigt. Während dieser 4-jährigen Trennung von seiner Heimat gelingt es ihm, sich an diese unwirtliche Umgebung anzupassen. Endlich kommt der Tag, an dem die überlebenden Navajo in ihr Heimatland zurückkehren dürfen. Kee erkennt, wie sehr sein Volk unter der Kontrolle der weißen Soldaten leidet - und dass sie einen Weg finden müssen, mit dem weißen Mann auszukommen, wenn sie als Volk überleben wollen.
"DIE WUNDEN DIESER ZWANGSUMSIEDLUNG SIND BIS HEUTE NICHT VERHEILT"
Spannend und authentisch für Kinder ab 9 Jahren – und für Erwachsene geeignet. Ein Buch im Programm des "Council for Indian Education Series"
LanguageDeutsch
Release dateFeb 13, 2022
ISBN9783948878085
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    Book preview

    Kee - Nancy M. Armstrong

    1. Kapitel

    Sorgen auf der Mesa – der Hochebene

    Durch das Rauchloch des Hogans konnte Kee sehen, dass der Sonnenträger gerade begonnen hatte, den Himmel erstrahlen zu lassen. Sein Vater Strong Man war längst dabei, sein Frühstück einzunehmen. Strong Man bedeutet „Starker Mann", denn er war ein mutiger Krieger. Kees Großmutter hieß Wise Woman – Weise Frau, weil sie schon so viel in ihrem Leben erlebt hatte. Sie unterhielt sich beim Essen leise mit dem Vater. ‚Er wird sich wohl wieder auf einen Raubzug begeben, um endlich unsere Mutter zurückzubringen’, dachte Kee voller Hoffnung.

    Oh ja, auch Strong Man hoffte sehr, Kees Mutter wiederzufinden! In den letzten zwei Jahren war es ohne sie so einsam im Hogan gewesen – seit sie von den Ute-Indianern gefangengenommen und entführt worden war.

    Die Mutter hieß „Gentle Woman", Sanfte Frau, und sie fehlte ihnen so sehr. Strong Man hatte viel Zeit damit verbracht, mit anderen Navajo-Männern loszureiten, um nach ihr zu suchen. Wenn er sie je finden würde, wäre das bestimmt der glücklichste Tag in Kees Leben.

    Ein Hogan ist die rundförmige Behausung der Navajo, die aus Holzstämmen und Ästen gebaut – und mit Erde und Lehm eingedeckt wird. Viele Navajo leben noch heute in ihren ‚Hogans‘. Hogan bedeutet ‚Heim‘.

    Als Kee sich unter seinem verschlissenen Schaffell streckte, lächelte Strong Man auf ihn herab und sagte: „Mein Sohn, pass gut auf unsere Schafe, deine Schwester und deine Großmutter auf, während ich unterwegs bin. Ich werde versuchen, ein Pferd von diesem Raubzug mitzubringen, denn es ist langsam Zeit, dass du ein eigenes Pferd bekommst."

    Ein breites Lächeln huschte über Kees Gesicht. Er konnte seine Begeisterung kaum zügeln. Er wusste, dass die Navajo das Pferd als ‚jenes, das mit den Menschen lebt´ bezeichnen, und er träumte davon, endlich auch eines zu besitzen.

    Beim Klang nahender Hufschläge rollte Kee sich rasch aus seinem Schaffell. Schon stürzte sein Onkel Red Cloud, Rote Wolke, in den Hogan und wandte sich an Kees Vater:

    „Komm, wir müssen schnell losreiten. Es gibt Ärger. Soldaten vom Fort Defiance haben einige Navajo gefangengenommen und ins Fort verschleppt."

    Nachdem Strong Man und Red Cloud sich entfernt hatten, kroch auch Hasba, Kees kleine Schwester, aus ihren Schaffellen, und die beiden genossen ihr Frühstück aus Maismehl und Ziegenmilch.

    „Warum sollten Soldaten die Navajo angreifen? Warum können sie uns nicht in Ruhe lassen?", fragte Kee.

    Fort Defiance – Festung des Widerstandes, wurde 1851 als militärischer Stützpunkt gegen die Navajo gegründet, damals noch Neu-Mexiko, auf dem 2084 m² hohen Defiance Plateau – eine Hochebene von einer Länge von 150 Kilometern und einer Breite von 70 Kilometern – das Herzstück des Navajolandes, in dem sich auch der Canyon de Chelly befindet, eine Zufluchtsstätte der Navajo.

    Großmutter zuckte die Schultern. „So handeln eben Soldaten. Keiner kann sagen, was sie vorhaben. Wir wollen hoffen, dass sie nicht bis hierher kommen, aber haltet die Augen offen, wenn ihr die Schafe und Ziegen hütet."

    „Vielleicht sollten wir heute mal hierbleiben? Es scheint draußen richtig gefährlich zu sein", schlug Hasba vor.

    Kee stieß ein etwas gezwungenes Lachen aus. Er versuchte überzeugend und ohne Furcht zu klingen, als er sagte: „Die Schafe und Ziegen brauchen doch Futter. Aber hab‘ keine Angst, Schwesterchen, ich bin ja bei dir."

    „Geht lieber nicht so weit weg. Ihr müsst nicht beweisen, wie mutig ihr seid, sagte Wise Woman. „Und nehmt Burro mit. Burro war ihr kleiner Esel.

    Kee nickte und rang sich ein Lächeln ab. Als sie gerade aus dem Hogan traten, um mit den täglichen Aufgaben anzufangen, sprang Grey Dog, der graue Hütehund, unter dem Wacholderbusch hervor. Übermütig hüpfte er an Kee hoch, um sein Guten-Morgen-Leckerli in Form eines Stückes zähen Fleisches zu bekommen, dann raste er zur Koppel vorweg. Kee und Hasba lösten die Stützpfeiler am Tor, und sofort stürmten die Schafe und Ziegen ins Freie, um quer über die Mesa zum Wasserloch zu gelangen.

    Eine Mesa ist ein Tafelberg, das heißt ein Berg mit einer flachen Hochebene – meist mit steilen Hängen.

    Hasba löste auch die Stangen am Eselstall, schnalzte mit der Zunge und rief nach Burro: „Nun komm schon, du Faulpelz."

    Aber der Esel rührte sich nicht vom Fleck. Kurz darauf erschien Wise Woman am Tor, schnalzte ebenfalls mit der Zunge – und siehe da: Burro, der kleine Esel, erhob sich und rannte zu Wise Woman, um an ihrer Schulter zu schnüffeln. „Wie kann der bloß dein Zungenschnalzen von meinem unterscheiden, Großmutter?", fragte Hasba.

    Wise Woman lachte nur. „Nun, ich habe seit dem Tag seiner Geburt stets auf diese Weise mit ihm gesprochen. Er weiß genau, dass er zu mir gehört. Sie kraulte seine Ohren und befahl: „So, nun sei brav und trabe los mit den Kindern. Gehorsam trottete Burro nun hinter den Schafen her.

    Um sich die lange Zeit beim Viehhüten zu vertreiben, mussten die Kinder ihre eigenen Spiele erfinden. Manchmal war es nämlich ziemlich langweilig. Dann fielen den beiden nur noch Dummheiten ein. Am späten Nachmittag trottete eine Ziege dort vorbei, wo Kee gerade die Schafe hütete. Er wusste, dass diese Ziege ziemlich störrisch sein konnte, wenn man sie ärgerte. Trotzdem stand er auf und schubste die Ziege, um zu sehen, wie sie darauf reagieren würde. Die Ziege senkte den Kopf, dann drehte sie sich wütend um und ging auf den Jungen los. Kee suchte lieber das Weite. Als Hasba sah, dass die Ziege hinter Kee herrannte, stellte sie sich ihr furchtlos entgegen. Doch nun stürmte sie nicht mehr auf Kee, sondern auf Hasba zu! Das Mädchen sprang geschickt zur Seite – die Ziege raste vorbei, drehte jedoch schnell um – und jagte nun beiden Kindern hinterher.

    Hilfe! Die Kinder versuchten verzweifelt, Burro zu erreichen. Wenn sie auf den Esel klettern könnten, würde sich die Ziege hoffentlich wieder davontrollen. Aber die Ziege war klug und versperrte ihnen den Weg. Also rannten die Kinder in Richtung des Hogans. Schnaufend erreichten sie einen kleinen Hügel, der aus großen Felsbrocken bestand. Zwischen den Felsbrocken war eine Höhle, und flugs krochen die Kinder hinein, um sich dort zu verstecken. Die Ziege aber kletterte hinauf zum Eingang und versuchte, in die Füße der Kinder zu beißen, die noch aus der Höhle herauslugten.

    Schreiend und tretend versuchte Kee, die Ziege zu vertreiben. Da erschallte plötzlich Hufgetrappel und die Ziege suchte das Weite. Erleichtert krochen Kee und Hasba aus der Höhle und schauten sich um. Ein weißer Mann in einer blauen Uniform saß auf einem wunderschönen Pferd und lachte sie kräftig aus.

    Kee hatte noch nie zuvor einen Soldaten der Vereinigten Staaten gesehen, aber er wusste, dass es einer war, weil Strong Man ihm beschrieben hatte, welche Kleidung die Soldaten trugen. Kee hatte Angst, denn er befürchtete, dass vielleicht noch mehr Soldaten in der Gegend waren. Dann dachte er daran, dass sicherlich kein Soldat es wagen würde, so ganz allein durch das Navajo-Land zu reiten. Die Diné, wie sich die Navajo selbst nennen, waren schließlich Feinde der Soldaten.

    Der Uniformierte zeigte auf die Ziege, die in einiger Entfernung davonrannte. Die Kinder starrten ihn mit aufgerissenen Augen an, bis er – noch immer lachend – davonritt.

    Hasba begann zu weinen, und Kee sagte: „Hab‘ keine Angst. Wenn wir noch mehr Soldaten sehen, gehen wir mit Großmutter und einigen unserer Schafe zu unserem Versteck – der Höhle im Canyon. Dort verstecken wir uns, und wenn die Soldaten kommen, rollen wir einfach Felsbrocken auf sie hinab."

    Kee war nicht ganz so mutig, wie es klang, aber er wollte Hasbas Furcht etwas beschwichtigen.

    Der treue Hund hatte die Schafe inzwischen sicher in Richtung des Hogans getrieben. Erleichtert bemerkte Kee, dass auch Burro ihnen gefolgt war. Großmutter würde es ihnen niemals verzeihen, wenn ihrem Lieblingstier etwas passiert wäre.

    Kee stieg auf den Esel und hob auch Hasba herauf. Dann trieb er mit Rufen und Schnalzen die Schafe vorwärts.

    Großmutter wartete bereits am Stall auf sie. „Hast du den Soldaten gesehen?, fragte sie aufgeregt. „Er kam hierher zum Hogan. Ich glaube, er hat nach Strong Man gesucht.

    Kee wunderte sich, woher Wise Woman wusste, dass der Soldat seinen Vater aufsuchen wollte. Sie verstand doch die Sprache des Weißen Mannes gar nicht.

    Als sie den Hogan betraten, stieg ihnen der gute Geruch des Hammeleintopfs zur Begrüßung in die Nase. Wise Woman setzte sich zu ihnen neben die Feuerstelle und füllte ihre Schalen. Sehnsüchtig sagte sie: „Ich hoffe so sehr, dass euer Vater bei diesem Raubzug Gentle Woman findet und zurückbringt. Dann kann er endlich damit aufhören, zu kämpfen und auf Raubzüge zu gehen. Alle Diné müssen damit aufhören. Wenn wir so weitermachen, jagen sie uns bald auf der Straße des Weißen Mannes davon, und die Kojoten sind dann die Einzigen, die noch auf unserem Land leben werden. "

    Ein Kojote ist ein nordamerikanischer Präriewolf, oder auch Steppenwolf genannt, der aussieht wie ein kleiner Wolf. Er ist aber schlanker, hat eine längere Schauze und längere Ohren. Er hat die Größe eines mittelgroßen Hundes und wiegt zwischen 14 und 20 Kilo.

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