Sie sollte es nie erfahren: Dr. Norden Bestseller – Neue Edition 8 – Arztroman
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Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen.
In der Leitner-Klinik stand man vor einem schwierigen Problem, das Dr. Hans-Georg Leitner, Oberschwester Dora und die Chefsekretärin Heidi Baldus gemeinsam zu lösen suchten. Heidi war erst einige Monate in der Frauenklinik tätig, aber sie hatte durch ihre Umsicht dem vielbeschäftigten Arzt schon aus mancher Bedrängnis geholfen. Es ging einfach darum, dass sie nicht genügend Einzelzimmer hatten. Im Augenblick bestand auch keine Aussicht, dass in den nächsten Tagen eines verfügbar war, doch Dr. Leitner musste eine Patientin unterbringen, die man mit niemandem zusammenlegen konnte. »Frau Bolkow ist schwer krank«, hatte Dr. Leitner erklärt. »Sie hat sich schon zwei Operationen unterziehen müssen und leidet unter schwersten Depressionen. Aber ich kann sie auch nicht abweisen. Ich bin Dr. Bolkow zu Dank verpflichtet, da er mir das angrenzende Grundstück zu einem sehr kulanten Preis überlassen hat, sodass wir nun an einen Erweiterungsbau denken können.« Heidi hatte den Bettenplan vor sich liegen. »Frau Unger wird in vier Tagen entlassen. Frau Kuhn«, sie machte eine kleine Pause, »ja, vielleicht könnte man die beiden doch zusammenlegen. Frau Kuhn ist ja ein bisschen schwierig, aber man könnte mit ihr reden.« »Sie will ihr Baby im Zimmer haben, Frau Unger bekommt viel Besuch«, wandte Oberschwester Dora ein.
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Dr. Norden – Die Anfänge
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Sie sollte es nie erfahren - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller – Neue Edition
– 8 –
Sie sollte es nie erfahren
Patricia Vandenberg
In der Leitner-Klinik stand man vor einem schwierigen Problem, das Dr. Hans-Georg Leitner, Oberschwester Dora und die Chefsekretärin Heidi Baldus gemeinsam zu lösen suchten.
Heidi war erst einige Monate in der Frauenklinik tätig, aber sie hatte durch ihre Umsicht dem vielbeschäftigten Arzt schon aus mancher Bedrängnis geholfen. Es ging einfach darum, dass sie nicht genügend Einzelzimmer hatten. Im Augenblick bestand auch keine Aussicht, dass in den nächsten Tagen eines verfügbar war, doch Dr. Leitner musste eine Patientin unterbringen, die man mit niemandem zusammenlegen konnte.
»Frau Bolkow ist schwer krank«, hatte Dr. Leitner erklärt. »Sie hat sich schon zwei Operationen unterziehen müssen und leidet unter schwersten Depressionen. Aber ich kann sie auch nicht abweisen. Ich bin Dr. Bolkow zu Dank verpflichtet, da er mir das angrenzende Grundstück zu einem sehr kulanten Preis überlassen hat, sodass wir nun an einen Erweiterungsbau denken können.«
Heidi hatte den Bettenplan vor sich liegen. »Frau Unger wird in vier Tagen entlassen. Frau Kuhn«, sie machte eine kleine Pause, »ja, vielleicht könnte man die beiden doch zusammenlegen. Frau Kuhn ist ja ein bisschen schwierig, aber man könnte mit ihr reden.«
»Sie will ihr Baby im Zimmer haben, Frau Unger bekommt viel Besuch«, wandte Oberschwester Dora ein. »Es ist einfach nichts zu machen. Ich habe auch schon alles überlegt.«
»Muss es sofort sein?«, fragte Heidi den Chefarzt.
»Ja, sie ist in einem sehr schlechten Zustand.«
»Dann müssen wir eben das Problemzimmer herrichten«, schlug Heidi vor. »Zurzeit haben wir ja keine Problembabys.«
»Und wenn wir das machen, können wir nur beten, dass wir die nächsten Tage keines bekommen«, sagte Schwester Dora.
Momentan schien Heidi geistesabwesend. Ihr Blick wanderte zum Fenster hinaus. Ihr klares Gesicht war überschattet. Aber sie nahm sich zusammen. Sie wollte jetzt nicht wieder Erinnerungen wach werden lassen.
Das Problemzimmer war nicht sehr groß, aber es war ein hübscher Raum, und es kostete nicht viel Mühe, ihn als Krankenzimmer einzurichten. Dr. Leitner hatte nur Bedenken, dass Ruth Bolkow, die anspruchsvolle Frau des bekannten Architekten, damit nicht einverstanden sein könnte.
»Ich werde Dr. Bolkow anrufen und ihn offen über unsere Schwierigkeiten informieren«, sagte er. »Vielleicht kann er ein paar persönliche Dinge mitbringen, die Frau Bolkow über gewisse Mängel hinwegblicken lassen.«
Sein Anruf schien von Erfolg gekrönt. Schon eine Stunde später lernte Heidi Baldus Christoph Bolkow kennen.
Dr. Leitner war im Kreißsaal und derzeit unabkömmlich. Schwester Dora hatte ihre Mittagspause. Es blieb Heidi überlassen, Dr. Bolkow zu dem Zimmer zu führen.
Er hatte dichtes dunkles Haar und braune Augen und machte einen müden, geistesabwesenden Eindruck.
Irritiert wurde Heidi dadurch, dass er sie oft forschend, ja, fragend anblickte, jedoch nicht mit dem Interesse eines Mannes, der ihre äußeren Vorzüge zur Kenntnis nahm.
Deren besaß Heidi einige, ohne dass man sie als Schönheit hätte bezeichnen können. Ihr blondes Haar war schlicht frisiert, ihr ovales Gesicht wies eine kleine, aber sehr aparte Unregelmäßigkeit auf. Die grauen Augen standen weit auseinander, die Nase war kurz und fein, der Mund war schön geschwungen, schien aber sehr selten zu lächeln, obgleich in der linken Wange ein tiefes Grübchen saß.
Mit leiser dunkler Stimme sagte Dr. Bolkow, dass er einige persönliche Dinge mitgebracht hätte.
»Meine Frau ist in einem apathischen Zustand«, erklärte er. »Sie wird sich nicht viel umschauen. Es ist leider nicht möglich, sie länger zu Hause zu behalten wegen unseres Sohnes. Er ist vier Jahre alt und sehr lebhaft. Das stört sie, aber sie liebt ihn abgöttisch und würde ihn nie ermahnen. Dr. Leitner ist der einzige Arzt, dem sie vertraut.« Er machte eine Pause und blickte Heidi wieder nachdenklich an.
»Sind wir uns vielleicht schon einmal begegnet?«, fragte er, während er den kleinen Tisch näher ans Bett rückte und eine wunderschöne geschnitzte Madonna aufstellte.
»Nicht, dass ich wüsste«, erwiderte Heidi verwirrt. Bewundernd betrachtete sie dann die Madonna.
»Irgendwie kommen Sie mir bekannt vor«, erklärte er beiläufig, um dann schnell wieder das Thema zu wechseln.
»Ich habe noch zwei Bilder im Wagen. Vielleicht kann man ein paar Nägel einschlagen.«
»Das werde ich gern tun«, erwiderte Heidi.
»Das Bett sollte man besser so stellen, dass nicht das Licht darauf fällt. Meine Frau hat sehr empfindliche Augen. Aber Dr. Leitner kennt sie ja.«
»Wir werden bemüht sein, Ihrer Frau den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen, trotz dieser Schwierigkeiten«, erklärte Heidi höflich.
»Es war nicht vorauszusehen, dass sich ihr Zustand wieder so schnell verschlechtern würde«, sagte Dr. Bolkow. »Besten Dank für die Mühe, die Sie sich machen, Frau …?« Er sah sie wieder fragend an.
»Baldus«, nannte Heidi ihren Namen.
»Nein, an diesen Namen kann ich mich nicht erinnern«, sagte er geistesabwesend. Und mit einem höflichen Gruß entfernte er sich rasch.
Von eigenartigen Gedanken bewegt blieb Heidi noch zurück und betrachtete die Madonna. Sie hatte eine solche schon einmal gesehen, und sie täuschte sich nicht. Sie konnte sich sehr gut erinnern, wo das gewesen war.
Ein Frösteln kroch über ihren Rücken. Sie war ganz sicher, Christoph Bolkow nicht begegnet zu sein, aber es war möglich, dass er sie gesehen hatte in diesem hübschen kleinen Gebirgsort, in dem so mancher von künstlerischer Holzschnitzerei lebte. Ihr Herz hämmerte wild, als sie die Madonna in die Hände nahm und umdrehte, und da sah sie das bekannte Zeichen: M und R, ineinander verschlungen, Markus Rettinger! Ihre Hände zitterten, als sie die Madonna wieder auf den Tisch stellte. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Mit ihrer Selbstbeherrschung war es vorbei. Markus Rettinger war schon fast fünf Jahre tot, und ihr hatte er alles bedeutet, was das Leben ausmachte.
Sie hatte versucht zu vergessen, und jetzt hatte sie gemeint, dass es ihr gelingen könnte. Aber das Schicksal wollte es anders. Es war, als würde sie gemahnt, nicht zu vergessen.
Wie gut mochte Christoph Bolkow Markus gekannt haben? So gut, dass er Bilder von ihr gesehen hatte, die Markus gemalt hatte?
Mochte das auch sein, alles konnte er unmöglich wissen. Ihr Geheimnis hatte sie gewahrt. Niemand wusste davon, und den Schmerz musste sie ganz allein tragen.
*
Mit Mühe hatte Heidi ihre Fassung zurückgewonnen. Dr. Bolkow hatte die beiden Bilder gebracht. Sie hatte das Bett so gerückt, dass kein direktes Licht darauffiel.
Die beiden Aquarelle stellten unterschiedliche Landschaften dar. Das eine ein Haus im maurischen Stil, eingebettet in einen bunten Garten, das andere eine weibliche Gestalt auf einer blühenden Bergwiese. Einen Kommentar dazu gab Dr. Bolkow nicht.
Heidi fühlte sich einen Augenblick versucht, ihn zu fragen, woher er die Madonna hätte, aber sie verdrängte diesen Gedanken.
»Ich werde meine Frau gegen fünf Uhr bringen«, sagte er. Dann verschwand er endgültig.
Heidi ging wieder an ihre Arbeit, aber es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren. Dann kam Dr. Leitner herein. Er war guter Dinge, denn er hatte eben einen gesunden Jungen in die Arme einer glücklichen Mutter legen können.
Er sagte es Heidi. Sie sagte ihm, dass Dr. Bolkow da gewesen sei.
»Was meinte er?«, fragte Dr. Leitner.
»Er hat einige Bilder und eine Madonna gebracht, die seiner Frau anscheinend viel bedeuten.«
»Sie ist eine bedauernswerte Frau und er irgendwie ein bedauernswerter Mann«, sagte Dr. Leitner gedankenverloren.
»Er bringt seine Frau gegen fünf Uhr«, sagte Heidi.
Nun fühlte sie sich auch von Dr. Leitner forschend gemustert.
»Fehlt Ihnen etwas, Heidi?«, fragte er freundlich. »Mute ich Ihnen zu viel zu?«
»Aber nein«, erwiderte sie rasch.
»Diesmal halten Sie Ihr freies Wochenende ein«, erklärte er energisch. »Ich bestehe darauf.«
»Was soll ich denn damit anfangen, wenn schlechtes Wetter ist?«, fragte sie gleichmütig.
»Haben Sie denn gar keine Freunde?«, fragte er behutsam.
»Nein.«
»Dann leisten Sie doch meiner Frau mal Gesellschaft.«
»Sie haben Ihr freies Wochenende auch verdient, wenn ich Sie daran erinnern darf«, machte sie ihn aufmerksam. »Dr. Ruthart hat Dienst.«
»Ich muss erreichbar sein, solange wir Frau Bolkow zu betreuen haben«, erwiderte Dr. Leitner.
*
Dr. Bolkow brachte seine Frau pünktlich um fünf Uhr. Dass Ruth Bolkow schwer leidend war, konnte man mit einem Blick feststellen. Abgemagert war sie, und ihre Haut war fahl, das Haar von einem hellen glanzvollen Aschblond. Sie stützte sich schwer auf den Arm ihres Mannes, und nur mühsam konnte sie sich fortbewegen.
Dem Krankenblatt hatte Heidi entnommen, dass sie zweiundvierzig Jahre war, aber sie sah noch zwanzig Jahre älter aus.
Aber nicht allein das war es, was Heidi nachdenklich stimmte. Sie meinte diese Frau schon einmal gesehen zu haben.
Schwester Dora und Dr. Leitner bemühten sich um die Patientin. Damit hatte Heidi nichts zu tun. Sie ging auch schnell wieder in ihr Büro zurück.
In ihren Schläfen hämmerte das Blut. Ich rede mir alles ein wegen der Madonna, ging es ihr durch den Sinn, und weil Dr. Bolkow diese Andeutung machte, ob wir uns schon gesehen hätten. Das jedenfalls kann doch nicht die Frau von damals sein.
Damals! Wie eine Drohung stand jene Zeit wieder vor Heidis Augen. Aber diese Zufälle, so befremdliche Zufälle! Heidi drückte ihre Finger an die pochenden Schläfen, doch diesmal wollte der Schmerz nicht weichen.
Sie ertappte sich wieder dabei, das Krankenblatt von Ruth Bolkow zu betrachten.
Seit drei Jahren war sie Patientin von Dr. Leitner. Eine Brustoperation, eine